zurück zu Linde Digital
TEL.: +43 1 246 30-801  |  E-MAIL: support@lindeverlag.at
Suchen Hilfe
Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 08.02.2021, RV/2101049/2018

Diensterfindungsvergütung und ermäßigter Steuersatz

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin***1*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Mag. Thomas Haidinger WP u STB GmbH, Hartenaugasse 24, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Graz-Stadt vom betreffend Einkommensteuer 2016 Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:

Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben.

Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit
Bezugsauszahlende Stelle
stpfl.Bezüge
***2*** GmbH
189.992,03
Freiw. Beiträge gem. § 16 (1) Z 3 lt. Veranlagung
-544,56
Pauschbetrag für Werbungskosten
-132,00
Gesamtbetrag der Einkünfte
189.315,47
Einkommen
188.115,47
Die Einkommensteuer gem. § 33 Abs. 1 EStG 1988 beträgt:(188.115,47 - 90.000,00) x 455.000,00 / 910.000,00 + 32.880,00
81.937,74
Steuer vor Abzug der Absetzbeträge
81.937,74
Alleinverdienerabsetzbetrag
-494,00
Verkehrsabsetzbetrag
-400,00
Steuer für den Durchschnittssteuersatz
81.043,74
Durchschnittssteuersatz in % (81.043,74 / 188.115,47 x 100)
43,08
Grenzsteuersatz in %
50,00
gem. § 33 EStG 1988 43,08 % von
170.195,47
73.320,21
gem. § 37 EStG 1988 21,54 % von
17.920,00
3.859,97
Steuer sonstige Bezüge wie z. B. 13. und 14. Bezug (220) nach Abzug der darauf entfallenden SV-Beiträge (225) und des Freibetrages von 620 € mit 6 %
1.462,80
Steuer sonstige Bezüge 27 %
563,86
2.026,66
KESt auf EK aus KV mit Verlustausgl. (4.943,24 x 27,50 %)
1.359,39
Einkommensteuer
80.566,23
Anrechenbare Lohnsteuer
-84.406,70
Festgesetzte Einkommensteuer - gerundet
-3.840,00

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Der Beschwerdeführer (Bf) erklärte in seiner Einkommensteuererklärung 2016 die Diensterfindungsvergütung in Höhe von 17.920 Euro als Halbsatzeinkünfte.

Das Finanzamt hat diese jedoch mit nachstehender Begründung der Tarifsteuer gem. § 33 Abs. 1 EStG 1988 unterworfen:
"Der beantragte Hälftesteuersatz gem. § 37 EStG für die Diensterfindungsvergütung konnte nicht anerkannt werden, da man sich die Qualifikation einer Zahlung (laufender Bezug oder sonstiger Bezug) nicht aussuchen kann."

Dagegen wandte sich der Bf mit dem Rechtsmittel der Beschwerde.

In der in der Folge ergangenen Beschwerdevorentscheidung hat das Finanzamt die Abweisung der Beschwerde im Wesentlichen damit begründet, dass eine Vergütung, die für ein und dieselbe Erfindung innerhalb eines Jahres in drei Teilbeträgen gewährt werde, als "Gesamtvergütung" anzusehen sei und die Progressionsermäßigung insgesamt nicht zustehe, wenn - wie im Fall des Bf - ein Teil auf Grund des Auszahlungszeitpunktes noch mit 6% versteuert werden könne.

In seinem dagegen gerichteten Antrag auf Vorlage der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht führte der Bf aus, dass in seinem Fall die Diensterfindung als laufender Bezug zum Normalsteuersatz versteuert worden sei. Nach den vorliegenden Unterlagen wurde keine Besteuerung der Diensterfindung gem. § 67 EStG vorgenommen, weshalb ihm die Ermäßigung gem. § 38 EStG zustehe.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Gemäß § 37 Abs. 1 dritter Teilstrich EStG 1988 ermäßigt sich der Steuersatz für Einkünfte aus der Verwertung patentrechtlich geschützter Erfindungen (§ 38) auf die Hälfte des auf das gesamte Einkommen entfallenden Durchschnittssteuersatzes.

Gemäß § 37 Abs. 7 zweiter Satz EStG 1988, in der ab geltenden Fassung BGBl. Nr. 201/1996, steht für Einkünfte, die zum Teil mit dem festen Steuersatz des § 67 versteuert werden, keine Progressionsermäßigung zu.

§ 38 EStG 1988 - Verwertung von Patentrechten - lautet:
"(1) Sind im Einkommen Einkünfte aus der Verwertung patentrechtlich geschützter Erfindungen durch andere Personen enthalten, so ermäßigt sich der Steuersatz auf die Hälfte des auf das gesamte Einkommen entfallenden Durchschnittssteuersatzes. Diese Begünstigung steht nur dem Erfinder selbst zu.

(2) Der patentrechtliche Schutz muss für jenen Zeitraum gegeben sein, für den Lizenzzahlungen erfolgen oder in dem die Erfindung veräußert wird. Die Erfindung muss in jenem Gebiet patentrechtlich geschützt sein, in dem sie im Sinne des Abs. 1 verwertet wird; erfolgt diese Verwertung im Ausland, so genügt es, wenn die Erfindung in Österreich patentrechtlich geschützt ist.

(3) Der ermäßigte Steuersatz steht nur für Veranlagungszeiträume zu, für die der Patentschutznach Abs. 2 aufrecht ist. Der aufrechte Patentschutz ist auf Verlangen der Abgabenbehörde vom Steuerpflichtigen nachzuweisen."

Fest steht, dass der Bf im Rahmen seiner nichtselbständigen Einkünfte für eine zum Patent angemeldete Diensterfindung eine Prämie, welche in drei Tranchen ausbezahlt wurde, bezogen hat.

Strittig ist, ob dieser Betrag dem ermäßigten Steuersatz nach § 37 EStG 1988 unterliegt.

Dazu hat das Bundesfinanzgericht im Erkenntnis vom , RV/2101067/2018, die Auffassung vertreten, dass es für die Lösung dieser Frage nicht darauf ankommen könne, ob ein Teil der Vergütung bei richtiger Zuordnung als sonstige Bezüge noch mit dem begünstigten festen Steuersatz des § 67 Abs. 1 EStG 1988 besteuert werden hätte können, zumal dieser zu den vorliegenden Auszahlungszeitpunkten noch im Jahressechstel Deckung gefunden hätte.
Eine derartige Interpretation, nach der die Inanspruchnahme des ermäßigten Steuersatzes letztlich vom Auszahlungszeitpunkt und damit von einer Zufälligkeit abhängig ist, erscheine dem Bundesfinanzgericht keinesfalls sachgerecht, weshalb der Beschwerde Folge zu geben war.

Die dagegen erhobene Amtsrevision hat der Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom , Ro2019/15/0014, als unbegründet abgewiesen und im Wesentlichen ausgeführt:

"Die mit der Bestimmung des § 37 Abs. 7 EStG 1988 beabsichtigte Vermeidung einer doppelten Begünstigung von Diensterfindungsvergütungen tritt nach der für das Streitjahr 2016 geltenden Rechtslage dann nicht ein, wenn wie vom Bundesfinanzgericht im Revisionsfall festgestellt, bei richtiger lohnsteuerlicher Behandlung der Diensterfindungsprämien zwar eine (teilweise) Versteuerung mit dem festen Steuersätzen des § 67 EStG 1988 hätte erfolgen müssen, dafür aber andere (später ausbezahlte) sonstige Bezüge (etwa der 13. und 14. Monatsbezug) wegen Sechstelüberschreitung zum vollen Tarif zu versteuern gewesen wären.
Eine vom Gesetzgeber nicht gewollte doppelte steuerliche Begünstigung der Diensterfindungsvergütung liegt nicht vor, wenn lediglich auf Grund des zufälligen Auszahlungszeitpunktes der feste Steuersatz des § 67 EStG 1988 zur Anwendung kommt (bzw. kommen müsste), über das Kalenderjahr betrachtet aber andere sonstige Bezüge wegen der begünstigten Besteuerung der Diensterfindungsprämie zum vollen Tarif versteuert werden müssen. Teleologische, historische und verfassungsrechtliche Erwägungen sprechen dafür, die Ausschlussbestimmung des § 37 Abs. 7 EStG 1988 dahingehend auszulegen, dass ein solcher Jahressechstelüberhang einer Progressionsermäßigung nach § 38 EStG 1988 im Rahmen der Veranlagung zugänglich
***2***. Fuchs in Doralt et al, EStG21, § 38 Tz 14/1; Bramerdorfer/Kovacevic, Steuerliche Behandlung von Diensterfindungsvergütungen, SWK 2018, 969ff; Jakom/Kanduth-Kristen EStG, 2020, § 38 Rz 14)."

Unter Bezugnahme auf diese VwGH-Rechtsprechung war daher - bei der im vorliegenden Beschwerdefall gleichlautenden Rechtsfrage - wie im Spruch ersichtlich zu entscheiden.

Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Im vorliegenden Fall folgte Bundesfinanzgericht der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes im Erkenntnis vom , Ro2019/15/0014, weshalb eine Revision nicht zulässig ist.

Graz, am

Zusatzinformationen


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie
Steuer
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2021:RV.2101049.2018

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at