Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 11.02.2021, RV/5101683/2017

Vertreterhaftung bei jahrelangen Verletzungen abgabenrechtlicher Pflichten

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den RichterRi in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Vertreter über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Linz vom , Steuernummer 46-***BF1StNr1***, betreffend Geltendmachung der Haftung gemäß § 9 i.V.m. §§ 80 ff der Bundesabgabenordnung für die aushaftenden Abgabenschuldigkeiten der Firma Firma, Firmenbuchnummer ***1***, Ort, Straße, im Ausmaß von 755.732,46 Euro nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am zu Recht erkannt:

I. Der angefochtene Bescheid wird gemäß § 279 BAO wie folgt abgeändert:

Die beschwerdeführende Partei wird die nachstehenden aushaftenden Abgabenschuldigkeiten der Firma Firma, Firmenbuchnummer ***1***, Ort, Straße, im Ausmaß von insgesamt 748.567,56 Euro in Anspruch genommen:


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Abgabe
Zeitraum
Haftungsbetrag
Umsatzsteuer
2007
4.291,10
Umsatzsteuer
2008
22.966,44
Umsatzsteuer
2009
26.765,40
Umsatzsteuer
2010
20.721,60
Umsatzsteuer
2011
17.026,25
Umsatzsteuer
2012
10.420,60
Umsatzsteuer
Mär.13
14.038,51
Umsatzsteuer
Apr.13
61.983,49
Körperschaftsteuer
2007
32.809,20
Körperschaftsteuer
2008
6.738,06
Körperschaftsteuer
2009
8.372,93
Körperschaftsteuer
2010
76.685,46
Körperschaftsteuer
2011
82.786,25
Kapitalertragsteuer
2007
51.165,95
Kapitalertragsteuer
2008
55.425,10
Kapitalertragsteuer
2009
65.899,87
Kapitalertragsteuer
2010
53.813,13
Kapitalertragsteuer
2011
59.750,48
Kapitalertragsteuer
2012
54.524,01
Lohnsteuer
2007
4.260,87
Lohnsteuer
2008
6.065,28
Lohnsteuer
2009
6.049,17
Lohnsteuer
2010
6.008,40
748.567,56

Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Bisheriger Verfahrensgang

Die beschwerdeführende Partei war vom bis alleiniger handelsrechtlicher Geschäftsführer der Primärschuldnerin ***11*** (FN ***27***).

Gegenüber der Primärschuldnerin erging am folgender Körperschaftsteuerbescheid für 2007:

[...]

Gegenüber der Primärschuldnerin erging am folgender Körperschaftsteuerbescheid für 2008:

[...]

Gegenüber der Primärschuldnerin erging am folgender Körperschaftsteuerbescheid für 2009:

[...]

Gegenüber der Primärschuldnerin erging am folgender Körperschaftsteuerbescheid für 2010:

[...]

Gegenüber der Primärschuldnerin erging am folgender Körperschaftsteuerbescheid für 2010:

[...]

Gegenüber der Primärschuldnerin erging am folgender Körperschaftsteuerbescheid für 2011:

[...]

Am erging an die Primärschuldnerin zu Handen der beschwerdeführenden Partei ein Bericht gem. § 150 BAO über das Ergebnis der Außenprüfung betreffend Lohnsteuer, Dienstgeberbeitrag und Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag bis .

[...]

Mit Bescheiden vom wurden gegenüber der Primärschuldnerin zu Handen der beschwerdeführenden Partei unter Hinweis auf den Betriebsprüfungsbericht vom folgende Abgaben festgesetzt bzw. die Haftung wie folgt geltend gemacht:


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Abgabe
Zeitraum
Fälligkeit
Nachforderung in Euro
Lohnsteuer
2007
4.934,99
Lohnsteuer
2008
7.024,88
Lohnsteuer
2009
7.006,22
Lohnsteuer
2010
6.959,00
Dienstgeberbeitrag
2007
612,00
Dienstgeberbeitrag
2008
3.002,09
Dienstgeberbeitrag
2009
909,00
Dienstgeberbeitrag
2010
909,00
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag
2007
48,96
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag
2008
72,72
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag
2009
72,72
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag
2010
72,72

Die Primärschuldnerin teilte mit Anbringen vom der belangten Behörde mit, die ***28*** sei jedenfalls überschuldet. Aus heutiger Sicht sei die Einleitung eines Sanierungsverfahrens unumgänglich. Es werde insbesonders auch zu klären sein, ob eine Betriebsschließung notwendig ist oder Fortführung des Unternehmens angestrebt wird. Es wurde angeregt, dass vor dem kein Konkursantrag vom Finanzamt gestellt wird. Es wurde in Aussicht gestellt, die Umsatzsteuerbetråge ab zu bezahlen.

Seitens der Zollverwaltung wurde der belangten Behörde mitgeteilt, dass die beschwerdeführende Partei am von der ***29*** kommend in Österreich eingereist sei und dabei einen Bargeldbestand von Euro 240.000,00 mit sich geführt hätte.

Am wurde über folgende Zeiträume Abgaben eine Betriebsprüfung nach § 150 BAO bei der Primärschuldernin abgeschlossen:

Anwesend bei der Schlussbesprechung war laut Niederschrift unter anderem die beschwerdeführende Partei.

[...]

Im Zuge der Betriebsprüfung wurden folgende Feststellungen getroffen:

"Sicherheitszuschlag - Entsorgung der Belege

Sachverhalt

Im Zuge der Aufnahme der Niederschrift vom wurde auch das Lager besichtigt, um sämtliche Buchhaltungsbelege einzusehen. Dabei wurde festgestellt, dass Belege fehlen.

Vom steuerlichen Vertreter, Herrn ***2***, wurde mittels Mail vom mitgeteilt, dass die gesamten Belege für die Jahre 2011 und 2012 vorhanden sind. Die anderen Belege, den Prüfungszeitraurn 2007 bis 2010 betreffend, wurden entsorgt.

Prüferfeststellung

Gem. § 184 BAO hat die Abgabenbehörde die Besteuerungsgrundlagen zu schätzen, wenn die Bücher und Aufzeichnungen sachlich unrichtig sind oder formelle Mängel aufweisen, die geeignet sind, die sachliche Richtigkeit der Bücher und Aufzeichnungen in Zweifel zu ziehen. 2u schätzen ist nach ständiger Rechtsprechung jedenfalls, wenn der Abgabe pflichtige Bücher oder Aufzeichnungen die er nach den Abgabevorschriften zu führen hat, nicht führt oder nicht verlegt oder sogar vernichtet hat.

Abgesehen davon, dass die Nichtvorlage von Grundaufzeichnungen in der Regel triftige Gründe hat und zu berechtigten Zweifeln Anlass gibt, ist die sachliche Richtigkeit der Bücher in Zweifel zu ziehen, wenn Grundaufzeichnungen, die wesentliche Aufschlüsse Über die Vollständigkeit und Richtigkeit der erklärten Einnahmen zu liefern geeignet sind, nachträglich vernichtet werden.

Die Anwendung eines Sicherheitszuschlages gehört zu den Elementen der Schätzung. Ziel der Schätzung ist es, die Besteuerungsgrundlagen festzustellen, die die größte Wahrscheinlichkeit für sich haben.

Aufgrund obiger Ausführungen wird ein Sicherheitszuschlag wie nachstehend dargestellt verhängt. Der Sicherheitszuschlag stellt eine verdeckte Ausschüttung dar. Die Kapitalertragsteuer trägt das Unternehmen.

Aufwandskürzung Scheinrechnungen/Sicherheitszuschlag

Sachverhalt

In der Buchhaltung befinden sich Eingangsrechnungen der ***3***, der ***4***, sowie der ***5***. Eingangsrechnungen von diesen Unternehmen sind in den Jahren 2011 und 2012 vorzufinden. Die Eingangsrechnungen der ***3*** und der ***4*** wurden mit Umsatzsteuer ausgestellt.

Prüferfeststellung

Im Zuge einer Überprüfung obiger Betriebe wurde festgestellt, dass diese Unternehmen Scheinrechnungen ausstellten. Auch bei der ***11*** (kurz "***6***") wurden Eingangsrechnungen der gegenständlichen Unternehmen aufwandsmäßig erfasst und laut Buchhaltung bar bezahlt. Im Zuge der Niederschrift vom wurde Herr BF zu diesen Rechnungen befragt. Es wurde von ihm die Auskunft erteilt, dass er zu diesem Sachverhalt nicht mehr sagt, als dass dieses Geld für die Firma verwendet wurde. Nach weiterem Nachfragen wurde von Herrn BF noch ausgesagt, dass das Geld zur Bezahlung von Fahrern der bulgarischen Firma "***7***" verwendet wurde.

Diese niederschriftliche Aussage wurde Im Zuge der Außenprüfung überprüft. Dabei ergab sich die Ungereimtheit, dass lt. niederschriftlicher Aussage des Herrn BF die bulgarische Firma bereits Anfang 2011 beendet wurde, aber die Vorgehensweise mit der Ausstellung von Scheinrechnungen erst mit dem 4. Quartal 2011 einsetzte.

Da Herr BF im Jahr 2011 ebenfalls im 4. Quartal in der Slowakei in ***30*** die ***8***. gründete, besteht der begründete Verdacht, dass die Fahrer dieses Unternehmens mit dem Geld der Scheinrechnungen bezahlt wurden. Im Zuge der Besprechung vom führte Herr BF, der Geschäftsführer der "***6***" bis , aus, dass dieses Geld sicher nicht für die "***9***" in der Slowakei verwendet wurde. Wofür Herr BF das Geld verwendete wurde von ihm nicht bekanntgegeben.

Die vorliegenden Scheinrechnungen führen zu einer Aufwandskürzung bei der "***6***". Da nicht ausgeschlossen werden kann, dass weitere Eingangsrechnungen als Scheinrechnungen verbucht wurden Ist auch ein Sicherheitszuschlag In nachstehende angeführter Höhe zu verhängen.

Die Aufwandskürzung und der verhängte Sicherheitszuschlag stellen eine verdeckte Ausschüttung dar. Die Kapitalertragsteuer trägt lt. steuerlichen Vertreter, Herr ***2***, das Unternehmen.

….

Zahlungen an den Gesellschafter und Geschäftsführer BF

Sachverhalt

Herr BF hat bei der Bank das Konto Nummer eröffnet und war bis Geschäftsführer des gegenständlichen Betriebes.

Laut niederschriftlicher Aussage wurde dieses Konto für das bulgarische Unternehmen "***7***" eröffnet. Laut seinen Ausführungen in der Niederschrift vom wurde das bulgarische Unternehmen Anfang 2011 beendet. Auf dem gegenständlichen Konto gingen jedoch noch bis 2012 Zahlungen der ***11*** (kurz: "***6***") ein.

In der Buchhaltung (***6***) wurden die Überweisungen aufwandsmäßig erfasst.

Dass ein Konto bei der Bank auf den Namen BF anstatt auf den Namen "***7*** bzw. ***10***" eröffnet wurde, wird damit begründet, dass die Bank auf den Namen des Unternehmen In Bulgarien kein Konto eröffnete.

Prüferfeststellung

Lt. Niederschrift wurde das Unternehmen ***7*** In Bulgarien Anfang 2011 beendet. Im Zuge der Besprechung vom wurde durch den Gesellschafter und Geschäftsführer, Herrn BF, ausgeführt, dass Anfang 2011 die operative Tätigkeit beendet wurde.

Das Bankkonto der Bank, Kto. Nummer wurde im Zuge der Niederschrift vorgelegt.

Daraus ist ersichtlich, dass auch nach Beendigung der Firma "***7***" weiterhin Eingänge der ***11*** erfasst wurden.

Diese Zahlungseingänge auf dem Konto der Bank wurden aufwandsmäßig bei der "***6***" verbucht.

Vom gegenständlichen Bankkonto wurden laufend Beträge bar abgehoben. Dass diese Beträge für das bulgarische Unternehmen "***7*** bzw. ***12***" verwendet wurden, kann nicht nachvollzogen werden. Grundsätzlich muss Bargeld ab E 10.000,00 bei der Ein- und Ausreise aus der Europäischen Union angemeldet werden. In niederschriftlichen Aussagen ihrerseits wurden zwar Beträge angemeldet, in diesen Anmeldungen haben aber diverse Abhebungen vom gegenständlichen Bankkonto nicht Platz.

Da das bulgarische Unternehmen wie bereits ausgeführt Anfang 2011 beendet wurde, jedoch weiterhin Beträge der ***6*** auf diesem Konto eingingen, ist bei der "***6***" der Aufwand um diese Eingänge zu kürzen. Die Aufwandskürzung stellt eine verdeckte Ausschüttung dar. Die Kapitalertragsteuer trägt das Unternehmen.

Domizilgesellschaft - Bulgarien

Sachverhalt

In der ***11*** gibt es Verrechnungen mit der ***14*** bzw. mit der ***13***. Die Rechnungen wurden überprüft. Dabei ergab sich, dass die Rechnungen z.B. der ***13*** den falschen Briefkopf, sowie eine unrichtige UID aufweisen.

Auf den Rechnungen sind weiters die Kontonummer, die Telefon- und Faxnummer der österreichischen ***15*** angeführt. Auch die Adresse, die auf den Rechnungen aufscheint, Ist nicht die betriebliche Adresse lt. einer durchgeführten IWD-Abfrage (Internationale Wirtschaftsdaten).

Die Auskunft der internationalen Wirtschaftsdaten ergab, dass die auf der Rechnung angeführte UID der Firma ***16*** in Bulgarien gehört. Der einzige Gesellschafter dieser "Ein-Mann GMBH" ist Herr BF, der auch bei der ***11*** alleiniger Geschäftsführer bis war und gemeinsam mit seiner Gattin Gesellschafter ist.

Eine Anfrage beim KSV (Kreditschutzverband) ergab, dass das in Bulgarien registrierte Unternehmen 1 bzw. 2 Beschäftigte hatte.

Laut Herrn BF fuhr er zwei Mal monatlich zum Firmensitz in Bulgarien.

Prüferfeststellung

Mit Herrn BF und dessen steuerlichen Vertreter, Herrn ***2*** wurde eine Niederschrift aufgenommen.

Lt. niederschriftlicher Aussage des Herrn BF kam die falsche Anschrift dadurch

zustande, dass es in Bulgarien keinen Buchstaben "H" gibt und dadurch der Firmenwortlaut "***7***" ist. Dass auch der Firmenwortlaut "***13***" verwendet wurde, wurde von Herrn BF nicht näher ausgeführt, außer dass er behauptete, dass es sich bei der "***17***", "***7***" oder bei der "***13***" um ein und dieselbe Firma handelt.

Dass unrichtige Angaben wie bereits oben ausgeführt (falsche UlD,...) auf den Rechnungen aufscheinen, dazu weiß Herr BF nichts. Er konnte nur sagen, dass die UID auf den Rechnungen der "***10***" gehört.

In der Niederschrift wurde Herr BF der Firmensitz anhand eines Fotos aus Google Maps gezeigt. Darauf hin gab Herr BF in der Niederschrift bekannt, dass er diesen Firmensitz nicht kennt und dass er eigentlich immer nur zum steuerlichen Vertreter in Bulgarien gefahren ist.

Weiters wurde bekanntgegeben, dass der einzige Geschäftspartner der bulgarischen Firma die ***11*** in Ort war. Lt. niederschriftlicher Aussage gibt es die Firma in Bulgarien nicht mehr. Diese gab es bis Anfang 2011.

Herr BF wurde auch auf das Firmenkonto des bulgarischen Unternehmens angesprochen.

Dieses lautet auf Herrn BF persönlich bei der Bank AG am ***18*** in Ort. Die Bank AG eröffnete kein Konto auf die bulgarische Firma, daher wurde laut Herrn BF das Konto auf seinen Namen und Adresse eröffnet.

Als Domizilgesellschaften sind jene Rechtsgebilde anzusehen, die im Land ihrer Registrierung (Firmenbuch, Handelsregister, Öffentlichkeitsregister) keinen eigenen Geschäftsbetrieb unterhalten, sondern bei einem so genannten Domizilträger (idR einem Rechtsanwalt, berufsmäßigen Treuhänder usw.) ansässig sind.

Gemäß § 21 BAO ist für die Beurteilung abgabenrechtlicher Fragen in wirtschaftlicher Betrachtungsweise der wahre wirtschaftliche Gehalt und nicht die äußere Erscheinungsform des Sachverhaltes maßgebend.

Der Sachverhalt wurde auch bereits mit dem steuerlichen Vertreter, Herrn ***2*** eingehend besprochen. Die obigen Ausführungen (wie z.B. das Bankkonto, Telefon oder Fax der österreichischen ***11*** auf den Ausgangsrechnungen der ***7***), aber auch, dass die Aufträge von der ***11*** in Österreich koordiniert wurden, begründen die Zurechnung der Gewinne der bulgarischen Firma ***7*** der österreichischen ***11***.

Dass Herr BF, Geschäftsführer bis und Gesellschafter der bulgarischen als auch der österreichischen Firma, als solcher das bulgarische Unternehmen grundsätzlich vom Sitz der ***11*** aus managte, untermauert die Zurechnung der Einkünfte der ***11***. Der Ort der Geschäftsleitung ist dort, wo der für die Geschäftsführung maßgebende Wille gebildet wird und wo die für die Führung des Unternehmens notwendigen Maßnahmen angeordnet werden.

Unterlagen des bulgarischen Unternehmens wurden zwar nach Österreich verbracht, wurden aber nicht in deutscher Sprache vorgelegt. Für das Jahr 2009 wurde in Bulgarien ein Verlust erklärt. Dieser Verlust wurde nicht auf Grund ordnungsmäßiger Buchführung ermittelt.

Der 2009 in Bulgarien erklärte Verlust kann daher in Österreich nicht berücksichtigt werden."

Mit den Bescheiden vom , und wurden auf Grund der Feststellungen der Betriebsprüfung folgende Abgaben festgesetzt:


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Abgabe
Zeitraum
Fälligkeit der Erstfestsetzung
Nachforderung in Euro
Umsatzsteuer
2007
25.800,00
Umsatzsteuer
2008
26.600,00
Umsatzsteuer
2009
31.000,00
Umsatzsteuer
2010
24.000,00
Umsatzsteuer
2011
19.720,00
Umsatzsteuer
2012
12.069,26
Körperschaftsteuer
2007
38.000,00
Körperschaftsteuer
2008
7.804,10
Körperschaftsteuer
2009
9.697,63
Körperschaftsteuer
2010
88.818,00
Körperschaftsteuer
2011
95.884,00
Kapitalertragsteuer
2007
59.261,00
Kapitalertragsteuer
2008
64.194,00
Kapitalertragsteuer
2009
76.326,00
Kapitalertragsteuer
2010
62.327,00
Kapitalertragsteuer
2011
69.203,71
Kapitalertragsteuer
2012
63.150,35

Mit Beschluss des Landesgerichtes Ort vom ***19***.2013, Az. ***20*** wurde über das Vermögen der Primärschuldnerin das Konkursverfahren eröffnet.

Im Zeitpunkt der Konkurseröffnung hafteten bei der Primärschuldnerin noch folgende Selbstbemessungsakten aus:


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Abgabe
Zeitraum
ursprüngliche Fälligkeit
Nachforderung in Euro
Umsatzsteuer
03/2013
16.259,57
Umsatzsteuer
04/2013
71.790,01

Mit Bescheid vom wurde gegenüber dem Masseverwalter der Primärschuldnerin die Haftung gemäß § 82 des Einkommensteuergesetzes für die Lohnsteuer 2013 in Höhe von 5.701,97 Euro geltend gemacht.

Insbesondere wurden folgende Abgaben- und Haftungsbeträge im Konkursverfahren als Konkursforderungen angemeldet.


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Abgabe
Zeitraum
Konkursanmeldung
Umsatzsteuer
2007
4.970,00
Umsatzsteuer
2008
26.600,00
Umsatzsteuer
2009
31.000,00
Umsatzsteuer
2010
24.000,00
Umsatzsteuer
2011
19.720,00
Umsatzsteuer
2012
12.069,26
Umsatzsteuer
Mär.13
16.259,57
Umsatzsteuer
Apr.13
71.790,01
Körperschaftsteuer
2007
38.000,00
Körperschaftsteuer
2008
7.804,10
Körperschaftsteuer
2009
9.697,63
Körperschaftsteuer
2010
88.818,00
Körperschaftsteuer
2011
95.884,00
Kapitalertragsteuer
2007
59.261,00
Kapitalertragsteuer
2008
64.194,00
Kapitalertragsteuer
2009
76.326,00
Kapitalertragsteuer
2010
62.327,00
Kapitalertragsteuer
2011
69.203,71
Kapitalertragsteuer
2012
63.150,35
Lohnsteuer
2007
4.934,99
Lohnsteuer
2008
7.024,88
Lohnsteuer
2009
7.006,22
Lohnsteuer
2010
6.959,00

Mit Beschluss des Landesgerichtes Ort vom ***21***.2015, Az. ***20*** wurde der Konkurs über das Vermögen der Primärschuldnerin aufgehoben. Die Konkursgläubiger erhielten eine Quote von 13,33 %.

Mit Vorhalt vom wurde die beschwerdeführende Partei aufgefordert darzulegen, weshalb er nicht dafür Sorge habe tragen können, dass die näher bezeichneten Abgaben entrichtet wurden. Die entsprechenden Unterlagen zum Beweis seiner Rechtfertigung seine vorzulegen. Falls vorhandene Mittel anteilig für die Begleichung aller Verbindlichkeiten verwendet worden seien, so sei dies durch geeignete Unterlagen zu belegen. Der Beschwerdeführer wurde weiters ersucht, anhand des beigelegten Fragebogens seine derzeitigen persönlichen wirtschaftlichen Verhältnisse darzulegen. Mit Schreiben vom wurde von der rechtlichen Vertretung des Beschwerdeführers Fristverlängerung hinsichtlich der Beantwortung des Ergänzungsersuchens beantragt, welche auch mit Bescheid vom bis zum gewährt wurde. Eine Beantwortung des Ergänzungsersuchens erfolgte in weiterer Folge nicht. Mit Haftungsbescheid vom wurde der Beschwerdeführer als Haftungspflichtiger für die aushaftenden Abgabenschuldigkeiten der ***11*** i.L. in Anspruch genommen. Mit Eingabe vom wurde gegen den Haftungsbescheid das Rechtsmittel der Beschwerde eingebracht.

Mit dem angefochtenen Haftungsbescheid wurden für folgende Abgaben und Haftungsbeträge der Primärschuldnerin die Vertreterhaftung (§§ 9, 80 BAO) gegenüber der beschwerdeführenden Partei geltend gemacht:

Nach den Ausführungen im angefochtenen Bescheid wurden die den obigen Abgabenvorschreibungen zugrunde liegenden Bescheide dem Haftungsbescheid als Beilage angeschlossen. Die Umsatzsteuern für 03/2013 und 04/2013 wurden erklärt.

Zur Begründung wurde ausgeführt, die Haftung nach § 9 BAO sei eine Ausfallshaftung. Voraussetzung sei die objektive Uneinbringlichkeit. Diese liege vor, weil über die Firma ***22*** in Liquidation am ***19***.2013 das Konkursverfahren eröffnet wurde und dieses Verfahren am ***23***.2015 nach Verteilung aufgehoben worden ist. Die Verteilungsquote hätte 13,33% betragen und sei jeweils anteilig auf die angemeldeten Abgaben verrechnet worden. Der Schaden (Ausfall) betrage demnach 86,66% (abgerundet).

Auf Grund der Aktenlage sei davon auszugehen, dass zwar Gesellschaftsmittel vorhanden waren, diese aber nicht zur (anteiligen) Entrichtung der Abgabenschulden verwendet wurden. Es liege eine Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes vor. Sämtliche angeführte Steuernachforderungen (ausgenommen die Umsatzsteuern 03/13 und 04/13) ergäben sich aus den Feststellungen von Außenprüfungen, bei denen schwerwiegende Mängel (grobe Pflichtverletzungen) festgestellt wurden: unter anderem verdeckte Gewinnausschüttungen und als Folge daraus waren Kapitalertragsteuern für die Jahre 2007-2012 vorgeschrieben worden. Diese Kapitalertragsteuern wären bis spätestens am 15 der Folgemonate nach Zufluss - also lange vor Konkurseröffnung - abzuführen gewesen. Hinsichtlich der Körperschaftsteuerrückstände 2007-2011 sei festzuhalten, dass bei ordnungsgemäßer Erklärung die Nachforderungen binnen einem Monat nach Ergehen der Erstbescheide - also ebenfalls lange vor Konkurseröffnung - fällig gewesen wären. Beim Lohnsteuerrückstand 2013 handle es sich um Abfuhrdifferenzen, die Monate Mai bis Oktober 2013 betreffend.

Die haftungsgegenständliche Lohnsteuer sei vom Gleichbehandlungsgrundsatz ausgenommen. Nach § 78 Abs. 3 EStG hat nämlich der Arbeitgeber, wenn die zur Verfügung stehenden Mittel nicht zur Zahlung des vollen vereinbarten Arbeitslohnes ausreichen, die Lohnsteuer von dem tatsächlich zur Auszahlung gelangenden niedrigeren Betrag zu berechnen und einzubehalten Im Übrigen hätte nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes der Vertreter darzutun, aus welchen Gründen ihm die Erfüllung abgabenrechtlicher Pflichten unmöglich war.

Dies hätte die beschwerdeführende Partei verabsäumt, weil das Schreiben (= Ersuchen um Ergänzung vom ) des Finanzamtes Linz nicht beantwortet wurde. Es sei wohl ein Fristerstreckungsantrag eingereicht und die Frist zur Beantwortung antragsgemäß bis erstreckt worden, auch seien über Ersuchen vom am die Grundlagenbescheide per Mail übermittelt worden. Antwort hierauf sei keine eingelangt.

In Ausübung des freien Ermessens werde den Zweckmäßigkeitserwägungen gegenüber allfälligen Billigkeitsgründen - welche aus der Aktenlage nicht ersichtlich sind und welche bislang auch nicht geltend gemacht wurden - der Vorzug gegeben. Nachdem die oben angeführten Abgaben bei der Firma selbst nicht mehr einbringlich seien, werde die beschwerdeführende Partei zur Haftung herangezogen und durch deren Geltendmachung (§ 224 Bundesabgabenordnung) zum Gesamtschuldner nach § 7 Bundesabgabenordnung. Diese Haftungsinanspruchnahme stelle die einzige Möglichkeit zur Durchsetzung des obigen Abgabenanspruches (= Steuerausfall es) dar. In Anbetracht Ihrer Vermögens- und Einkommenslage (soweit bekannt) könne davon ausgegangen werden, dass der Haftungsrückstand (zumindest teilweise) einbringlich ist.

Die Zustellung des angefochtenen Bescheides ist wie folgt nachgewiesen:

[...]

Dagegen richtet sich die gegenständliche Beschwerde vom , eingebracht am , wie folgt:

"Der Bescheid I. Instanz wird in seinem gesamten Umfang bekämpft. Beschwerdegründe Mangelhaftigkeit des Verfahrens, unrichtige Sachverhaltsfeststellungen und unrichtige rechtliche Beurteilung geltend gemacht. Die Beschwerde wird wie folgt ausgeführt:

1. Unstrittig ist lediglich, dass der Beschwerdeführer im Zeitraum bis Geschäftsführer der ***11***, FN ***1***, war. Über das Vermögen dieser Firma wurde mit Beschluss des ***24*** vom ***23***.2015 das Konkursverfahren eröffnet. Die ***11*** ist mittlerweile als Firma gemäß § 40 FBG aufgelöst und im Firmenbuch gelöscht. Der Masseverwalter hat eine Verteilungsquote von 13,33% an die Gläubiger ausgeschüttet. Die ***11*** verfügt über kein weiteres Vermögen mehr. Allfällige Verbindlichkeiten des Finanzamtes sind daher uneinbringlich.

2. Ausdrücklich bestritten bzw. bekämpft wird die Anspruchsgrundlage von EUR 755.732,46. Der Beschwerdeführer war zum Prüfungszeitpunkt nicht mehr Geschäftsführer, sodass er selbst keine Möglichkeit mehr gehabt hat, seinen Standpunkt darzulegen und eine Stellungnahme anlässlich der Schlussbesprechung zur Abgabenfestsetzung abzugeben.

Sollten die Abgabenbescheide als Bemessungsgrundlage für den Bescheid herangezogen werden, so verstoßt diese Vorgangsweise gegen die Verfahrensgarantien insbesonders gegen den Grundsatz der Chancen- und Waffengleichheit, das Recht auf persönlich Teilnahme an der Verhandlung und ein ordentliches Verfahren, sowie das Recht auf Zeugen und das Recht auf Entscheidung in angemessener Frist.

Eine Bindungswirkung an allfällige Abgabenbescheide ist daher nicht gegeben.

Ausdrücklich bestritten wird, dass im Zeitraum 2007 bis 2012 Umsatzsteuer, Körperschaftssteuer und Kapitalertragssteuer in der Höhe von EUR 755.732,46 hinterzogen worden ist. Es handelt sich dabei um reine Zuschätzungen, wobei in den Jahren 2007, 2008, 2009 und 2010 überhaupt keine Hinweise auf Steuerhinterziehungen existieren. Die behaupteten Scheinrechnungen tauchen erstmalig 2011 auf und sind ausschließlich von Herr ***25*** ausgestellt worden. Eine Zuschätzmöglichkeit für die Jahre 2007 bis 2010 besteht daher nach der BAO nicht.

3. Die Bescheide wurde zu einem Zeitpunkt erstellt, als die Gesellschaft keine liquiden Mittel zur Verfügung gehabt hat. Zahlungen wurden zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung nicht mehr getätigt. Eine schuldhafte Verletzung der abgaben rechtlichen Verpflichtungen des Beschwerdeführers liegt daher nicht vor. Eine Haftung nach § 9 BAO ist daher nicht gegeben.

Selbst wenn der Fälligkeitszeitpunkt der Abgabgenverbindlichkeiten vor Bescheiderlassung eingetreten sein sollte - was ausdrücklich bestritten wird - so stünde nach der Differenzquotenrechnung dem Finanzamt nur jene Quote zu, die die Gläubiger unter Berücksichtigung der nunmehr dazugekommenen Finanzamtverbindlichkeiten erhalten hätten.

Der Berufungswerber wird daher zu den relevanten Zeitpunkten seine gesamten Verbindlichkeiten und sonstigen Zahlungen der mündlichen Berufungsverhandlung vorlegen.

Die Behörde I. Instanz hat sich mit dieser Differenzquotenrechnung nicht ansatzweise auseinandergesetzt. Das Verfahren I. Instanz ist daher mangelhaft geblieben bzw. war nicht spruchreif.

4. Im Übrigen liegt keine schuldhaft Pflichtverletzung des Beschwerdeführers vor. Dieser hat die Nichteinbringlichkeit der Abgaben nicht verursacht. Eine solche ist ausschließlich von Herrn ***31*** zu verantworten.

Es wird daher beantragt

1.eine mündliche Berufungsverhandlung anzuberaumen und der Beschwerde Folge zu geben und den bekämpften Bescheid voll inhaltlich aufzuheben.

2.der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen."

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Bescheidbeschwerde vom als unbegründet abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, dass nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes Einwendungen gegen die Rechtmäßigkeit einer dem Primärschuldner bescheidmäßig vorgeschriebenen Abgabe nicht im Haftungsverfahren, sondern durch eine dem Haftenden gemäß § 248 BAO ermöglichte Beschwerde gegen den Abgabenbescheid geltend zu machen sind (vgl. z. B. ). Solange Bescheide über den Abgabenanspruch dem Rechtsbestand angehören, könnten Einwendungen gegen die Richtigkeit (Höhe) der Abgabenfestsetzung nicht im Haftungsverfahren, sondern nur im Rechtsmittelverfahren betreffend den Bescheid über den Abgabenanspruch erhoben werden. (vgl. , ; ).

Im Zuge der Prüfung im Jahr 2013 sei festgestellt worden, dass Belege, für den Prüfungszeitraum 2007 bis 2010 entsorgt wurden und Herr BF somit die ihm als Geschäftsführer auferlegten Pflichten verletzt hätte. Gem. § 184 BAO hätte die Abgabenbehörde die Besteuerungsgrundlagen zu schätzen, wenn die Bücher und Aufzeichnungen sachlich unrichtig sind oder formelle Mängel aufweisen. Zu schätzen sei nach ständiger Rechtsprechung jedenfalls, wenn der Abgabepflichtige Bücher oder Aufzeichnungen nicht führt, nicht vorlegt oder sogar vernichtet hat. Abgesehen davon, dass die Nichtvorlage von Grundaufzeichnungen in der Regel triftige Gründe hätte und zu berechtigten Zweifeln Anlass gäbe, sei die sachliche Richtigkeit der Bücher in Zweifel zu ziehen, wenn Grundaufzeichnungen nachträglich vernichtet werden.

Herr BF sei im Zeitraum von bis zum lt. Firmenbuch alleiniger Geschäftsführer der Fa. ***26*** und somit nur er für die Entrichtung der in diesem Zeitraum anfallenden Abgaben zuständig gewesen.

Lt. Feststellungen des Finanzamtes sei anzunehmen, dass zum Zeitpunkt der Fälligkeiten zwar Gesellschaftsmittel vorhanden waren, diese aber nicht zur (anteiligen) Entrichtung der Abgaben schulden verwendet wurden.

Herr BF sei entgegen der Behauptung in der Beschwerde bei der Schlussbesprechung am anwesend gewesen und sei auch während des Prüfungsverfahrens mehrfach zu Sachverhalten befragt worden. Diese Tatsache sei in der Niederschrift über die Schlussbesprechung gem. § 149 Abs. 1 BAO festgehalten worden.

Dazu legte die belangte Behörde die Niederschrift über die Schlussbesprechung am vor, aus der Folgendes hervorgeht:

[...]

Das Vorbringen in der Beschwerde, dass die Gesellschaft zum Zeitpunkt der Erlassung der Bescheide über keine liquiden Mittel mehr verfügte, gehe ins Leere, da zur Erlassung eines Haftungsbescheides die objektive Uneinbringlichkeit bzw. die Gefährdung/Erschwerung der Einbringung der Abgaben im Zeitpunkt der Inanspruchnahme des Haftenden beim Primärschuldner Voraussetzung ist.

Zum Vorbringen, dass dem Finanzamt nur jene Quote zusteht, welche die Gläubiger unter Berücksichtigung der nunmehr dazugekommenen Finanzverbindlichkeiten erhalten hätten wurde festgestellt, dass bei der Erstellung des Haftungsbescheides, auf Grund der Quotenzahlung vom ***23***.2015 ohnehin nur 86,66% der unberichtigt gebliebenen Abgabenforderungen herangezogen wurden.

Der Beschwerdeführer hätte mit seinem Vorbringen keinesfalls das Nichtvorliegen einer schuldhaften Pflichtverletzung nachweisen bzw. glaubhaft gemacht.

Die Zustellung der Beschwerdevorentscheidung am ist wie folgt nachgewiesen:

[...]

Mit Telefax vom wurde ein Vorlageantrag eingebracht.

Die Beschwerde wurde am dem Bundesfinanzgericht vorgelegt. Im Vorlagebericht wurde ergänzend ausgeführt:

Die Haftungsinanspruchnahme des Beschwerdeführers sei hinsichtlich der Lohnsteuern 2013 in Höhe von EUR 4.333,33 einzuschränken, zumal der Beschwerdeführer lediglich bis 16./ für die Abfuhr der Lohnabgaben verantwortlich gewesen wäre und nach den Feststellungen der GPLA-Prüfung in diesem Zeitraum zwar Abfuhrdifferenzen an DB und DZ festgestellt wurden, jedoch Gutschriften im betraglich identen Ausmaß an Lohnsteuern angefallen seien. Die geltend gemachte Haftungsinanspruchnahme verringere sich dadurch auf einen Gesamtbetrag in Höhe von EUR 751.399,13.

Die Rechtssache wurde der Gerichtsabteilung GA zugeteilt, welche seit unbesetzt ist. Mit Beschluss des Geschäftsverteilungsausschusses vom wurde die Rechtsache mit Wirksamkeit der Gerichtsabteilung GA abgenommen und der Gerichtsabteilung GA neu zugeteilt.

In der mündlichen Verhandlung am wurde festgestellt, dass die Ladungen zur mündlichen Verhandlung am (Vertreter des Beschwerdeführers) und (belangte Behörde) zugestellt worden sind.

In der Ladung wurde der bisherige Verfahrensablauf umfassend dargestellt. Die Parteien verzichteten auf die Verlesung des Verfahrensablaufes.

Der Vertreter des Beschwerdeführers wendet ein, dass die Abgabenfestsetzungen im Zusammenhang mit Scheinrechnungen und anderen Malversationen des nachfolgenden Geschäftsführers entstanden seien

Der Vertreter des Beschwerdeführers behauptete, dem angefochtenen Bescheid seien die Steuerbescheide nicht angeschlossen gewesen.

Dazu wurde vorgehalten:

"Es liegt vor der Haftungsbescheid vom , im Haftungsbescheid vom ist angeführt: "Die den obigen Abgabenvorschreibungen zugrundeliegenden Steuerbescheide sind angeschlossen. Die Umsatzsteuer für 03/2013 und 04/2013 wurden selbst errechnet und erklärt.""

Der Vertreter der belangten Behörde verweist auf die Aktenlage, wonach die Bescheide der Abgabenbescheide laut Ausführungen im Haftungsbescheid angeschlossen waren.

Der Vertreter des Beschwerdeführers führte an, dass die Bescheide gelocht seien, was in seiner Kanzlei nicht üblich wäre.

Seitens der belangten Behörde wird ergänzend ausgeführt, dass es üblich sei, sämtliche Abgabenescheide dem Haftungsbescheid beizulegen. Sie würden bei der Aktenvorlage an das BFG nicht zusätzlich eingescannt bzw. hochgeladen, da sie ohnehin aus dem Akt ersichtlich seien.

Seitens der Beschwerdeführenden Partei gab es dazu keine weiteren Ausführungen.

Die belangte Behörde beantragt die Einschränkung der Haftung wie im Vorlagebericht ausgeführt.

Die beschwerdeführende Partei beantragt die Aufhebung des angefochtenen Bescheides.

II. Rechtslage:

Gemäß § 9 Abs 1 der Bundesabgabenordnung (BAO) haften die in den §§ 80 ff. bezeichneten Vertreter neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für die diese treffenden Abgaben insoweit, als die Abgaben infolge schuldhafter Verletzung der den Vertretern auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden können.

Nach § 80 Abs. 1 BAO haben die zur Vertretung juristischer Personen berufenen Personen und die gesetzlichen Vertreter natürlicher Personen alle Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen obliegen, und sind befugt, die diesen zustehenden Rechte wahrzunehmen. Sie haben insbesondere dafür zu sorgen, dass die Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalten, entrichtet werden.

Gemäß § 224 Abs. 1 BAO werden die in Abgabenvorschriften geregelten persönlichen Haftungen durch Erlassung von Haftungsbescheiden geltend gemacht. In diesen ist der Haftungspflichtige unter Hinweis auf die gesetzliche Vorschrift, die seine Haftungspflicht begründet, aufzufordern, die Abgabenschuld, für die er haftet, binnen einer Frist von einem Monat zu entrichten.

Nach § 248 BAO kann der nach Abgabenvorschriften Haftungspflichtige unbeschadet der Einbringung einer Bescheidbeschwerde gegen seine Heranziehung zur Haftung (Haftungsbescheid, § 224 Abs. 1 BAO) innerhalb der für die Einbringung der Bescheidbeschwerde gegen den Haftungsbescheid offenstehenden Frist auch gegen den Bescheid über den Abgabenanspruch Bescheidbeschwerde einbringen. Beantragt der Haftungspflichtige die Mitteilung des ihm noch nicht zur Kenntnis gebrachten Abgabenanspruches, so gilt § 245 Abs. 2, 4 und 5 sinngemäß.

III. Über die Beschwerde wurde erwogen

Angefochtener Haftungsbescheid

Geht einem Haftungsbescheid ein Abgabenbescheid voran, so ist die Behörde daran gebunden und hat sich in der Entscheidung über die Heranziehung zur Haftung grundsätzlich an diesen Abgabenbescheid zu halten ().

Die in § 248 BAO ausgedrückte Bindungswirkung fordert lediglich wirksame, nicht jedoch rechtskräftige Abgabenbescheide (). Zudem sind dem Haftungsbescheid - ausgenommen im Fall des § 224 Abs 3 - die maßgeblichen Abgabenbescheide beizulegen, andernfalls ein Mangel des Verfahrens vorliegt, der im Verfahren über die Beschwerde gegen den Haftungsbescheid nicht sanierbar ist (vgl ; ).

Im gegenständlichen Fall behauptete der Vertreter der beschwerdeführenden Partei erstmals in der mündlichen Verhandlung, dass dem angefochtenen Haftungsbescheid die zu Grunde liegenden Abgabenbescheide nicht beigelegt waren. Aus der Aktenlage ergibt sich jedoch ein anderes Bild, wurden doch die haftungsgegenständlichen Abgabenbescheide ausdrücklich als Beilage im Haftungsbescheid angeführt.

In der gegenständlichen Beschwerde wurde ausgeführt:
"Ausdrücklich bestritten wird, dass im Zeitraum 2007 bis 2012 Umsatzsteuer, Körperschaftssteuer und Kapitalertragssteuer in der Höhe von EUR 755.732,46 hinterzogen worden ist. Es handelt sich dabei um reine Zuschätzungen, wobei in den Jahren 2007, 2008, 2009 und 2010 überhaupt keine Hinweise auf Steuerhinterziehungen existieren. Die behaupteten Scheinrechnungen tauchen erstmalig 2011 auf und sind ausschließlich von Herr ***25*** ausgestellt worden. Eine Zuschätzmöglichkeit für die Jahre 2007 bis 2010 besteht daher nach der BAO nicht.

Die Bescheide wurde zu einem Zeitpunkt erstellt, als die Gesellschaft keine liquiden Mittel zur Verfügung gehabt hat. Zahlungen wurden zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung nicht mehr getätigt. Eine schuldhafte Verletzung der abgaben rechtlichen Verpflichtungen des Beschwerdeführers liegt daher nicht vor. …"

Diese Kenntnis der beschwerdeführenden Partei über den Inhalt der dem Haftungsbescheid zu Grunde liegenden Abgabenbescheide setzt voraus, dass ihr diese bei der Ausfertigung der gegenständlichen Beschwerde vorgelegen sind. Andernfalls hätte sie nicht diese spezifischen Kenntnisse über den Inhalt der Abgabenbescheide haben können. Zudem ergibt sich aus dem Inhalt des angefochtenen Bescheides, dass die der Haftung zu Grunde liegenden Abgabenbescheide dem angefochtenen Bescheid beigelegt wurden. In freier Beweiswürdigung geht das Gericht daher davon aus, dass dem angefochtenen Haftungsbescheid die darin angeführten Abgabenbescheide beigelegt waren und somit die aus dem § 248 BAO hervorgehende Bindungswirkung an die Abgabenbescheide besteht. Beim Vorbringen in der mündlichen Verhandlung handelt es sich um eine reine Schutzbehauptung, um der in Raum stehenden Haftung zu entgehen.

Vertreter

Die Haftung des § 9 BAO trifft Vertreter gemäß den §§ 80 bis 83 BAO. Das sind beispielsweise bei einer GmbH die Geschäftsführer (§§ 18 ff GmbHG). Die beschwerdeführende Partei war vom bis alleiniger handelsrechtlicher Geschäftsführer der Primärschuldnerin ***11*** (FN ***27***). Diese Feststellung ist unstrittig und durch die Aktenlage bewiesen.

Uneinbringlichkeit

Die Haftung setzt die Uneinbringlichkeit beim Primärschuldner voraus (Ausfallshaftung). Objektive Uneinbringlichkeit liegt vor, wenn Vollstreckungsmaßnahmen erfolglos waren oder voraussichtlich erfolglos wären. Aus der Konkurseröffnung allein ergibt sich noch nicht zwingend die Uneinbringlichkeit. Diese ist erst dann anzunehmen, wenn im Laufe des Insolvenzverfahrens feststeht, dass die Abgabenforderung im Konkurs mangels ausreichenden Vermögens nicht befriedigt werden kann; schließlich würde selbst eine geringe Quote die Haftung betragsmäßig entsprechend vermindern ().

Im gegenständlichen Fall ergibt sich die Uneinbringlichkeit der im angefochtenen Haftungsbescheid angeführten Abgabenrückstände der Primärschuldnerin aus dem Umstand, dass eine Konkursaufhebung nach Schlußverteilung die Löschung der Gesellschaft im Firmenbuch erfolgte. Diese Feststellungen sind unstrittig und durch die Aktenlage bewiesen.

Verletzung abgabenrechtlicher Pflichten

Für die Haftung relevant ist die Verletzung abgabenrechtlicher Pflichten (zB Entrichtungspflicht in § 80 Abs 1 letzter Satz, aus der das Gleichbehandlungsgebot abgeleitet wird, Einbehaltungs- und Abfuhrpflicht gem § 78 Abs. 3 EStG 1988 für Lohnsteuer oder gem § 95 Abs. 2 Satz 2 EStG 1988 für Kapitalertragsteuer).

Zur Umsatzsteuer, Körperschaftsteuer, Dienstgeberbeitrag und Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag

Den Vertreter trifft die Verpflichtung zur rechtzeitigen Entrichtung. Der Zeitpunkt, für den zu beurteilen ist, ob den Vertreter die Gleichbehandlungpflicht getroffen hat, bestimmt sich danach, wann die Abgabe nach den abgabenrechtlichen Vorschriften zu entrichten gewesen wäre. Bei Selbstbemessungsabgaben ist maßgebend, wann die Abgabe bei ordnungsgemäßer Selbstberechnung zu entrichten oder abzuführen gewesen wäre (). Eine Haftung kommt auch für aufgrund einer Schätzung der Besteuerungsgrundlagen entstandene Abgabenschulden in Betracht (vgl. ; ). Auch wird etwa gemäß § 21 Abs. 5 UStG 1994 durch eine Nachforderung auf Grund der Veranlagung keine von § 21 Abs. 1 und 3 UStG 1994 abweichende Fälligkeit begründet. Das bedeutet, dass nicht der Zeitpunkt der bescheidmäßigen Festsetzung der Umsatzsteuernachzahlung für die Fälligkeit relevant ist, sondern die entsprechende gesetzliche Bestimmung, die besagt, dass sich im Fall rückständiger Vorauszahlungen der 15. des auf den betreffenden Voranmeldungszeitraum zweitfolgenden Kalendermonates als Fälligkeitstag ergibt (). Gleiches gilt für Lohnabgaben wie Dienstgeberbeitrag und Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag mit der Maßgabe, dass diese am 15. des folgenden Kalendermonates fällig sind.

Der beschwerdeführenden Partei wurden im Zuge der Schlussbesprechung die Feststellungen der Betriebsprüfung zur Kenntnis gebracht und auch im Beschwerdeverfahren nochmals detailliert vorgehalten. Die beschwerdeführende Partei hat kein konkretes Vorbringen zu den einzelnen Feststellungen erstattet, sondern diese lediglich pauschal in Abrede gestellt. Wurden im Zuge einer Betriebsprüfung nachträglich zusätzliche Abgabenverbindlichkeiten festgestellt, dann kann nicht von vornherein davon ausgegangen werden, dass der für die GmbH handelnde Vertreter zuvor seinen abgabenrechtlichen Pflichten gesetzmäßig nachgekommen ist ().

Zudem hat es die beschwerdeführende Partei unterlassen darzutun, dass der Primärschuldnerin bezogen auf die maßgeblichen Fälligkeitstage der haftungsgegenständlichen Abgaben (siehe obige Ausführungen) die vorhandenen Mittel zur ordnungsgemäßen Entrichtung der Abgaben zu verwenden.

Von einer Verletzung abgabenrechtlicher Pflichten ist daher auszugehen.

Zur Lohnsteuer

Nach § 78 Abs. 3 EStG 1988 hat der Arbeitgeber in jenen Fällen, in denen die dem Arbeitgeber zur Verfügung stehenden Mittel zur Zahlung des vollen vereinbarten Arbeitslohnes nicht ausreichten, die Lohnsteuer von dem tatsächlich zur Auszahlung gelangenden niedrigeren Betrag zu berechnen und einzubehalten. Diese Bestimmung ist nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ausschlaggebend dafür, dass jede vom Vertreter vorgenommene Zahlung voller vereinbarter Arbeitslöhne, wenn die zur Verfügung stehenden Mittel nicht auch für die darauf entfallende Lohnsteuer ausreichen, eine schuldhafte Verletzung seiner abgabenrechtlichen Pflichten mit den Rechtsfolgen des § 9 Abs 1 BAO darstellt. Darauf, dass das Finanzamt bei "ordnungsgemäßer" - fiktiver - Reduktion der Löhne auch nicht "die volle Lohnsteuer" erhalten hätte, kommt es dabei nicht an (vgl. Vgl für viele ; , 2009/15/0127; , 2008/15/0220 und ).

Aufgabe des potenziell Haftungspflichtigen ist es, allfällige vorliegende Gründe aufzuzeigen, dass und aus welchen Gründen ihm ein Verschulden an den Fehlberechnungen (im Zeitpunkt der Auszahlung der Löhne) nicht anzulasten ist und dass im Zeitpunkt der Vorschreibung der Abgaben im Anschluss an die abgabenbehördliche Prüfung keine liquiden Mittel mehr vorhanden gewesen sind. Werden solche Gründe nicht dargetan, kann die Behörde eine schuldhafte Pflichtverletzung annehmen ().

Diesbezüglich hat die beschwerdeführende Partei kein substantiiertes Vorbringen erstattet, sodass von einer Verletzung abgabenrechtlicher Pflichten auszugehen ist.

Kapitalertragsteuer

Gem § 95 Abs 2 zweiter Satz EStG 1988 ist die Kapitalertragsteuer durch Abzug einzubehalten. Der zum Abzug Verpflichtete hat die Kapitalertragsteuer gem § 95 Abs 4 EStG 1988 im Zeitpunkt des Zufließens der Kapitalerträge abzuziehen. Die Bestimmung sieht in Anlehnung an das Lohnsteuerrecht (§ 82 EStG 1988) vor, dass der Abzugsverpflichtete dem Bund für die (richtige) Einbehaltung und die Abfuhr (§ 96 EStG 1988) der KESt haftet. Die Rechtsstellung des Abzugsverpflichteten entspricht dabei grundsätzlich jener des Arbeitgebers im Lohnsteuerrecht (vgl. ).

Der beschwerdeführenden Partei wurde im Zuge der Schlussbesprechung die Feststellungen der Betriebsprüfung zur Kenntnis gebracht und auch im Beschwerdeverfahren nochmals detailliert vorgehalten. Die beschwerdeführende Partei hat kein konkretes Vorbringen zu den einzelnen Feststellungen erstattet, sondern diese lediglich pauschal in Abrede gestellt. Wurden im Zuge einer Betriebsprüfung nachträglich zusätzliche Abgabenverbindlichkeiten festgestellt, dann kann nicht von vornherein davon ausgegangen werden, dass der für die GmbH handelnde Vertreter zuvor seinen abgabenrechtlichen Pflichten gesetzmäßig nachgekommen ist ().

Die beschwerdeführende Partei ist der Abzugs- und Abfuhrverpflichtung in keiner Weise nachgekommen. Von einer Verletzung abgabenrechtlicher Pflichten ist daher auszugehen.

Verschulden

Als schuldhaft im Sinne des § 9 Abs. 1 BAO gilt jede Form des Verschuldens. Leichte Fahrlässigkeit genügt. Der Vertreter hat darzutun, aus welchen Gründen ihm die Erfüllung abgabenrechtlicher Pflichten unmöglich war, widrigenfalls angenommen wird, dass die Pflichtverletzung schuldhaft war (). Dem Vertreter obliegt es auch, entsprechende Beweisvorsorgen - etwa durch Erstellung und Aufbewahrung von Ausdrucken - zu treffen (). Es ist dem Vertreter, der fällige Abgaben der Gesellschaft nicht oder nicht zur Gänze entrichten kann, schon im Hinblick auf seine mögliche Inanspruchnahme als Haftungspflichtiger zumutbar, sich - spätestens dann, wenn im Zeitpunkt der Beendigung der Vertretungstätigkeit fällige Abgabenschulden unberichtigt aushaften - jene Informationen zu sichern, die ihm im Falle der Inanspruchnahme als Haftungspflichtiger die Erfüllung der Darlegungspflicht im oben beschriebenen Sinn ermöglichen. Diese Darlegungspflicht trifft nämlich auch solche Haftungspflichtige, die im Zeitpunkt der Feststellung der Uneinbringlichkeit der Abgaben bei der Gesellschaft nicht mehr deren Vertreter sind (vgl. ebenfalls ).

Die beschwerdeführende Partei ist dieser Darlegungspflicht in keiner Weise nachgekommen, sodass von einem schuldhaften Verhalten auszugehen ist.

Kausalzusammenhang

Die Pflichtverletzung muss für den Abgabenausfall kausal sein. Hat der Vertreter schuldhaft seine Pflicht verletzt, für die Abgabenentrichtung aus den Mitteln der Gesellschaft zu sorgen, so darf die Abgabenbehörde davon ausgehen, dass die Pflichtverletzung für die Uneinbringlichkeit ursächlich war ().

Die Zeitpunkte, zu denen die einzelnen Abgabenverbindlichkeiten bei pflichtgemäßer Entrichtung aus den Mitteln der Primärschuldnerin zu tilgen gewesen wären, lagen teilweise lange vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens und ausschließlich im Zeitraum der Geschäftsführerverantwortlichkeit der beschwerdeführenden Partei. Es liegt daher auf der Hand, dass die von der beschwerdeführenden Partei zu verantwortenden Pflichtverletzungen für den Abgabenausfall kausal waren.

Ermessen

Die Inanspruchnahme zur Haftung liegt im Ermessen (§ 20 BAO) der Abgabenbehörde. Dabei ist im Rahmen des Ermessens etwa die Unbilligkeit angesichts lange verstrichener Zeit zu berücksichtigen (). Das Ausmaß des Verschuldens kann bei der Bestimmung des Haftungsumfanges Berücksichtigung finden (; Stoll, BAO, 127; ). Es ist daher auch sachgerecht, das steuerliche Verhalten des Haftungsschuldners als Vertreter der Primärschuldnerin gegenüber dem Abgabengläubiger im haftungsrelevanten Zeitraum als Ermessenskriterium heranzuziehen ().

Die beschwerdeführende Partei zeigte in keiner Weise Einsicht und hat auch nicht zu einer Schadensminimierung beigetragen. Die Feststellungen der Betriebsprüfung weisen auf grobe Verletzungen abgabenrechtlicher Pflichten hin. Lediglich die mit Bescheid vom wurde gegenüber dem Masseverwalter der Primärschuldnerin geltend gemachte Haftung gemäß § 82 des Einkommensteuergesetzes für die Lohnsteuer 2013 in Höhe von 5.701,97 Euro wird aus den im Vorlagebericht genannten Gründen von der Haftung ausgenommen.

Es ist durchaus sachgerecht, den Abgabenausfall bei der Primärschuldnerin durch Geltendmachung der Haftung gegenüber jener Person zu minimieren, die über Jahre hinweg massive Verletzungen abgabenrechtlicher Pflichten zu verantworten hat. Dies ist im gegenständlichen Fall die beschwerdeführende Partei, also der ehemalige alleinige handelsrechtliche Geschäftsführer der Primärschuldnerin jenes Zeitraumes, in dem die haftungsgegenständlichen Abgaben bei pflichtgemäßem Verhalten zu entrichten gewesen wären.

Berechnung der Haftung

Abweichend von der Berechnung der belangten Behörde ergibt sich bei Abzug der Konkursquote (13,33 %) von den im Konkursverfahren angemeldeten Abgabenschuldigkeiten folgende Haftung:


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Abgabe
Zeitraum
Konkursanmeldung
Konkursquote 13,33 %
Abgabenausfall
Umsatzsteuer
2007
4.970,00
678,90
4.291,10
Umsatzsteuer
2008
26.600,00
3.633,56
22.966,44
Umsatzsteuer
2009
31.000,00
4.234,60
26.765,40
Umsatzsteuer
2010
24.000,00
3.278,40
20.721,60
Umsatzsteuer
2011
19.720,00
2.693,75
17.026,25
Umsatzsteuer
2012
12.069,26
1.648,66
10.420,60
Umsatzsteuer
Mär.13
16.259,57
2.221,06
14.038,51
Umsatzsteuer
Apr.13
71.790,01
9.806,52
61.983,49
Körperschaftsteuer
2007
38.000,00
5.190,80
32.809,20
Körperschaftsteuer
2008
7.804,10
1.066,04
6.738,06
Körperschaftsteuer
2009
9.697,63
1.324,70
8.372,93
Körperschaftsteuer
2010
88.818,00
12.132,54
76.685,46
Körperschaftsteuer
2011
95.884,00
13.097,75
82.786,25
Kapitalertragsteuer
2007
59.261,00
8.095,05
51.165,95
Kapitalertragsteuer
2008
64.194,00
8.768,90
55.425,10
Kapitalertragsteuer
2009
76.326,00
10.426,13
65.899,87
Kapitalertragsteuer
2010
62.327,00
8.513,87
53.813,13
Kapitalertragsteuer
2011
69.203,71
9.453,23
59.750,48
Kapitalertragsteuer
2012
63.150,35
8.626,34
54.524,01
Lohnsteuer
2007
4.934,99
674,12
4.260,87
Lohnsteuer
2008
7.024,88
959,60
6.065,28
Lohnsteuer
2009
7.006,22
957,05
6.049,17
Lohnsteuer
2010
6.959,00
950,60
6.008,40
748.567,56

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im gegenständlichen Fall wird auf die zitierte höchstgerichtliche Judikatur verwiesen. Somit war keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu lösen.

Linz, am

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