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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 20.01.2021, RV/2101104/2016

Zeitungszusteller als Dienstnehmer

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin***Ri*** in der Beschwerdesache

***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Schlösser & Partner Rechtsanwälte OG, Korösistraße 17/I, 8010 Graz,

über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Graz-Stadt vom betreffend Haftung für Lohnsteuer 2007 - 2013, Dienstgeberbeitrag 2007 - 2013 und Zuschlag zum Dienstgebereitrag 2007 - 2013 zu Recht erkannt:

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Die Beschwerdeführerin, Frau ***1*** ***Bf*** betreibt ein Zeitungszustellungsunternehmen. Sie erhält ihre Aufträge größtenteils von unterschiedlichen Unternehmen des ***2*** (transportiert werden unter anderem die ***3***).

Als Folge einer abgabenbehördlichen Überprüfung hat das Finanzamt die hier strittigen Bescheide betreffend Haftung für Lohnsteuer 2007 - 2013, Dienstgeberbeitrag 2007 - 2013 und Zuschlag zum Dienstgebereitrag 2007 - 2013 erlassen, weil es davon ausging, dass diverse "Subunternehmer" nach den wahren wirtschaftlichen Verhältnissen als Dienstnehmer anzusehen sind.
Die Feststellungen betreffen die Leistungen von ***4***, ***5***, ***6***, ***7***, ***8***, ***9***, ***10***, ***11***, ***12***, ***13***, ***14***, ***15***, ***16***, ***17***, ***18***, ***19***, ***20***, ***21***, ***22***, ***23***, ***24***, ***25***, ***26***, ***27***, ***28***, ***29***, ***30***, ***31***, ***32***, ***33***, ***34***, ***35***, ***36***, ***37***, ***38***, ***39***, ***40***, ***41***, ***42***, ***43***, ***44***, ***45***, ***46***, ***47***, ***48*** und ***49*** für die jeweils im Bericht angegebenen Zeiträume.

Der Sachverhalt wurde im Zuge der abgabenbehördlichen Überprüfung besprochen. Der Betriebsprüfungsbericht listet die betroffenen Fahrer nach Zeit ihrer Tätigkeit auf. Als Bemessungsgrundlage diente der Betrag, den die Bf. laut Buchhaltung an die Fahrer ausgezahlt hat. Die Niederschrift der Schlussbesprechung gibt Auskunft darüber, dass das Finanzamt nach dem Gesamtbild der Verhältnisse von Dienstverhältnissen ausgegangen ist.

In ihren Beschwerden vom wandte sich die Bf. zunächst gegen die fehlende Bescheidbegründung.

In der Sache brachte die Bf. vor, dass die genannten Personen als "neue Selbständige" nicht in einem Dienstverhältnis gestanden seien, da die Merkmale der persönlichen und wirtschaftlichen Unabhängigkeit überwogen hätten.
Da insbesondere im "im delegierten Aktionsbereich eines Unternehmens" die Grenzziehung zwischen der Konkretisierung der Hauptleistung bei einer bloß nach Gattungsmerkmalen umschriebenen Leistungspflicht durch den "Leistungsabruf", wie er bei Werkverträgen und (vor allem) freien Dienstverträgen häufig ist und der Erteilung arbeitsrechtlich relevanter Weisungen schwierig ist, kommt in solchen Fällen anderen Merkmalen besondere Bedeutung zu. Die Rechtsprechung führt in diesem Zusammenhang das Konkurrenzverbot, den Bezug eines Fixums oder einer Spesenvergütung, die Berichterstattungspflicht sowie die mangelnde Verfügung über eine eigene Betriebsstätte und eigene Betriebsmittel, als für die Beurteilung des Bestehens der Pflichtversicherung maßgebliche Merkmale an ().

Weiters wird darauf verwiesen, dass hinsichtlich folgender Personen

***41***
***43***
***52***
***42***
***39***
***9***
***11***

bereits Verfahren beim UVS (GZ: UVS 333.13-4/2013-36 und UVS 33.13-6/2013-36) sowie bei der Stadt Graz als Bau- und Anlagenbehörde (GZ: A5 47935/2012-40) anhängig waren und sämtliche Verfahren aufgrund mangelnder Dienstnehmereigenschaft eingestellt wurden.

Mit der abweisenden Beschwerdevorentscheidung vom , zugestellt am wurde über die Lohnsteuer-Haftungsbescheide, den Dienstgeberbeitrag und den Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag 2007 - 2013 abgesprochen.

Zum Sachverhalt ist der Beschwerdevorentscheidungzu entnehmen, dass die Transporte von Personen durchgeführt wurden, mit denen die Bf. schriftliche Verträge abgeschlossen hat, die folgende Punkte beinhalten:
- die Berechtigung einen Subunternehmer zu beauftragen
- ein Konkurrenzverbot gegenüber der Firma ***50***
- eine Kündigungsregelung sowie
- eine Verpflichtung für den Fahrer, bei Beendigung der Frachtvereinbarung den neuen Auftragnehmer in die Aufgaben einzuweisen.

Zu Beginn der Tätigkeit wurden die Fahrer eingeschult. Es waren unterschiedliche Zeitungstransporte durchzuführen, wobei die Fahrer in den einzelnen Touren orts- und zeitgebunden waren. Dabei mussten die Fahrer die Zeitungspakete bei den vorgegebenen Druckereien abholen, zu den vorgegebenen Depotplätzen transportieren und abladen. Die Arbeitszeiten konnten nicht frei gewählt werden, da die Abholzeiten bei den einzelnen Druckereien vorgegeben waren und bis zum Verbringen zu den laut Tourplan vorgegeben Depots nur eine bestimmte festgelegte Zeitspanne verstreichen durfte.
Gab es Probleme in der Druckerei und dadurch eine Verzögerung bei der Auslieferung der Zeitungspakete, wurden die Fahrer angerufen und ihnen mitgeteilt, dass sie erst zu einem späteren Zeitpunkt zur Abholung kommen sollten.

Für regelmäßig stattfindende Fahrten nach Salzburg-gab es zum Teil einen Dienstplan, in dem für die Fahrer ersichtlich war, wann sie für diese Fahrten eingeteilt waren.
Darüber hinaus konnten auch Spezialfahrten oder aber Extra-Arbeiten wie z.B. Garagenreinigung anfallen.

Im Fall einer Verhinderung (Krankheit, Arzttermin etc) mussten die Fahrer Herrn ***Bf*** anrufen, der sich um einen Ersatz kümmerte.

Bei der Druckerei in ***Straße*** waren immer die Bf., Herr ***Bf*** oder ein gewisser "***51***" anwesend und kontrollierten, ob alle Fahrer da waren, ob jemand betrunken war, oder ob eine Aushilfe benötigt wurde.

Die Fahrten wurden mit den Firmenfahrzeugen der Bf. durchgeführt.
Darüber hinaus wurden Fahrten auch mit dem eigenen Fahrzeug erledigt. Bei Fahrten mit dem eigenen Fahrzeug wurde teilweise den Fahrern das Benzingeld ersetzt, teilweise mussten sie die Kosten auch selbst tragen.

Bei Fahrten mit einem Firmenauto musste der Fahrer das Fahrzeug in einer Garage in ***Straße1*** abholen und nach Erledigung der Fahrt wieder zurück in die Garage stellen. Für die Touren musste ein Fahrtenbuch geführt werden. Außerdem musste Herr ***Bf*** telefonisch informiert werden, damit dieser wusste, wann das Auto wieder für den nächsten Fahrer zur Verfügung stand. Für die Firmenfahrzeuge musste keine Miete bezahlt werden. Reparaturen und Service wurden von der Bf. erledigt.

Die Entlohnung der einzelnen Touren erfolgte nach festgelegten Fixbeträgen. Für die Fahrt Graz-Salzburg-Graz erhielten die Fahrer 72,70 Euro pro Fahrt, für eine Depotfahrt 25 Euro und für einen Nachtdienst 75 Euro. Für Extra-Fahrten bzw. sonstige Arbeiten wurde ein Stundenlohn von 10 Euro bezahlt.

Die Entlohnung erfolgte um den 20. jeden Monats und wurde in bar ausbezahlt. Dabei wurde den Fahrern eine Lohnabrechnung ausgefolgt welche aus zwei Belegen bestand: Auf dem ersten Beleg waren nur der jeweilige Monat und ein pauschaler Betrag angeführt. Dieser Beleg musste vom Fahrer unterschrieben werden und verblieb sodann bei der Bf. Der zweite Beleg enthielt die Anzahl der einzelnen Fahrten und eine Aufschlüsselung der jeweiligen Touren sowie einen daraus resultierenden Gesamtbetrag. Dieser zweite Beleg verblieb bei den Fahrern.
Die Fahrer selbst mussten keine Honorarnoten erstellen.

Die in Rede stehenden Personen verfügten in dem am Bericht angeführten Zeiträumen über keinen Gewerbeschein und waren auch nicht bei der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft versichert.
Für die Genannten wurde weder Lohnsteuer noch Einkommensteuer abgeführt.

Der Vorlageantrag vom verwies auf die Ausführungen in der Beschwerde.

Laut aktenkundiger "Transportverträge" wurden diese zunächst gem. § 19 Abs 2 AngG auf zwei Wochen abgeschlossen, danach auf unbestimmte Zeit. Die Fahrer verpflichteten sich laut Punkt 1 des Vertrages idR Produkte der ***A*** auf Depot abzulegen. Dafür stand ihnen laut Punkt 2 entweder ein Monatslohn (von 1.020 Euro) oder eine Vergütung abhängig von der Anzahl der Fahrten zu. Punkt 3 der Verträge regelt die wöchentliche Arbeitszeit von 21 Stunden, sieben Tage die Woche. Bei Nichterscheinen werden dem Fahrer 9 Euro exkl. Fahrer in Rechnung gestellt. Laut Punkt 4 ist eine Kündigung unter Einhaltung einer 14-tägigen Kündigungsfrist möglich während laut Punkt 5 "ein Urlaub nur darin erfolgen" kann, "wenn Sie einen Aushilfsfahrer haben, der ihren Transport mit der gleichen Leistung wie Sie verrichten". Punkt 6 regelt die Pflichten betr. Wartung der Fahrzeuge u.a. Sorgfaltspflichten, Punkt 7 sieht ein Konkurrenzverbot zur Firma ***50*** vor. Mit Punkt 8 nimmt der Fahrer die Betriebsvereinbarung der Bf. zur Kenntnis. Daneben bestehen laut Punkt 9 keine sonstigen Vereinbarungen.

Auf einen Vorhalt des BFG hin, inwieweit der Sachverhalt falsch erhoben worden sei, erklärte die Bf., dass dem Finanzamt im Wesentlichen eine falsche rechtliche Beurteilung unterlaufen sei. Zusätzlich lägen "auch sekundäre Feststellungsmängel vor, zumal (…) jedenfalls keine abschließenden Feststellungen durch die Behörde erster Instanz getroffen wurden, aus welchen sich das Vorliegen eines Dienstverhältnisses zur Beschwerdeführerin ergeben würde".
Die Bf. blieb allerdings zusätzliche Feststellungen schuldig.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Sachverhalt und Beweiswürdigung

Auf einen Vorhalt des BFG, inwieweit der Sachverhalt falsch festgestellt worden sei, machte die Bf. keine Einwendungen zu den in der Beschwerdevorentscheidung dargelegten Ermittlungsergebnissen. Es ist daher davon auszugehen, dass der Sachverhalt wie beschrieben verwirklicht wurde zumal auch die aktenkundigen Vereinbarungen den Feststellungen des Finanzamtes entsprechen:

Laut Punkt 1 der "Transportverträge", die eine Probezeit von zwei Wochen vorsahen, verpflichteten sich die Fahrer idR dazu, Produkte der ***A*** auf Depot abzulegen.
Zu Beginn der Tätigkeit wurden sie von der Bf. eingeschult. Die Fahrer waren bei den einzelnen Touren orts- und zeitgebunden, indem sie die Zeitungspakete laut Tourplan bei den vorgegebenen Druckereien abholen, zu den vorgegebenen Depotplätzen transportieren und abladen mussten. Die Abholzeiten waren ebenso vorgegeben wie die Zeitspanne, die zwischen Abholung und Ablieferung vergehen durfte.
Gab es Probleme in der Druckerei und dadurch eine Verzögerung bei der Auslieferung der Zeitungspakete, wurden die Fahrer angerufen und ihnen mitgeteilt, dass sie erst zu einem späteren Zeitpunkt zur Abholung kommen sollten.
Für regelmäßig stattfindende Fahrten nach Salzburg-gab es zum Teil einen Dienstplan, in dem für die Fahrer ersichtlich war, wann sie für diese Fahrten eingeteilt waren.
Darüber hinaus konnten auch Spezialfahrten oder aber Extra-Arbeiten wie z.B. Garagenreinigung anfallen.

Die Bf. kontrollierte die Arbeitsleistung indem bei der Druckerei immer die Bf., Herr ***Bf*** oder ein gewisser "***51***" anwesend waren und kontrollierten, ob alle Fahrer da waren, ob jemand betrunken war, oder ob eine Aushilfe benötigt wurde.

Als Entlohnung für ihre Dienste stand den Fahrern entweder ein Monatslohn oder eine Vergütung abhängig von der Anzahl der Fahrten zu.

Die Entlohnung erfolgte um den 20. jeden Monats und wurde in bar ausbezahlt. Dabei wurde den Fahrern eine Lohnabrechnung ausgefolgt welche aus zwei Belegen bestand: Auf dem ersten Beleg waren der jeweilige Monat und ein pauschaler Betrag angeführt. Dieser Beleg musste vom Fahrer unterschrieben werden und verblieb sodann bei der Bf. Der zweite Beleg enthielt die Anzahl der einzelnen Fahrten und eine Aufschlüsselung der jeweiligen Touren sowie einen daraus resultierenden Gesamtbetrag. Dieser zweite Beleg verblieb bei den Fahrern. Die Fahrer selbst stellten keine Honorarnoten.

Punkt 3 der Verträge regelt die wöchentliche Arbeitszeit von 21 Stunden, sieben Tage die Woche. Bei Nichterscheinen werden dem Fahrer 9 Euro exkl. Fahrer in Rechnung gestellt. Im Fall einer Verhinderung (Krankheit, Arzttermin etc) mussten die Fahrer Herrn ***Bf*** anrufen, der sich um einen Ersatz kümmerte.

Laut Punkt 4 ist eine Kündigung unter Einhaltung einer 14-tägigen Kündigungsfrist möglich während laut Punkt 5 "ein Urlaub nur darin erfolgen" kann, "wenn Sie einen Aushilfsfahrer haben, der ihren Transport mit der gleichen Leistung wie Sie verrichten".

Punkt 6 regelt die Pflichten betr. Wartung der Fahrzeuge u.a. Sorgfaltspflichten. Die Fahrten wurden idR mit den Firmenfahrzeugen der Bf. durchgeführt.

Der Fahrer musste das Fahrzeug in einer Garage in ***Straße1*** abholen und nach Erledigung der Fahrt wieder zurück in die Garage stellen. Für die Touren musste ein Fahrtenbuch geführt werden. Außerdem musste Herr ***Bf*** telefonisch informiert werden, damit dieser wusste, wann das Auto wieder für den nächsten Fahrer zur Verfügung stand. Für die Firmenfahrzeuge musste keine Miete bezahlt werden. Reparaturen und Service wurden von der Bf. erledigt.

Darüber hinaus wurden Fahrten auch mit dem eigenen Fahrzeug erledigt. Bei Fahrten mit dem eigenen Fahrzeug wurde teilweise den Fahrern das Benzingeld ersetzt, teilweise mussten die Fahrer die Kosten selbst tragen.

Punkt 7 sieht ein Konkurrenzverbot zur Firma ***50*** vor. Mit Punkt 8 nimmt der Fahrer die Betriebsvereinbarung der Bf. zur Kenntnis. Daneben bestehen laut Punkt 9 keine sonstigen Vereinbarungen.

Rechtliche Beurteilung

Der Begriff des Dienstverhältnisses iSd § 47 Abs 2 EStG 1988 ein eigenständiger Begriff des Steuerrechts. Er deckt sich weder mit dem Arbeitsrecht noch mit dem Sozialversicherungsrecht, weil sie an gesetzlich anders definierte Voraussetzungen anknüpfen. Insbesondere ist dem Steuerrecht der Begriff eines "neuen Selbständigen" oder "Freien Dienstnehmers" fremd. Daher ist das in der Beschwerde angeführte Einstellen von Verfahren vor dem UVS auch nicht präjudiziell für das hier anhängige Verfahren. Ebensowenig ist die zitierte Judikatur des VwGH zum ASVG für die steuerrechtliche Beurteilung einschlägig.

Die Begründung des Bescheides kann auch durch Verweisung auf die der Partei mitgeteilten Feststellungen des abgabenbehördlichen Prüfers erfolgen (vgl. zB. ). (Allfällige) Mängel einer Begründung können auch (wirksam) im Rechtsmittelweg saniert werden (vgl. oder , mwN).

Im Beschwerdefall ist der Beschwerdevorentscheidung eine ausführliche Darstellung der bereits im Bericht der abgabenbehördlichen Überprüfung getroffenen Feststellungen zu entnehmen. Die angefochtenen Bescheide sind damit ausreichend begründet.

Rechtslage

§ 47 Abs 2 EStG 1988:

(2) Ein Dienstverhältnis liegt vor, wenn der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber seine Arbeitskraft schuldet. Dies ist der Fall, wenn die tätige Person in der Betätigung ihres geschäftlichen Willens unter der Leitung des Arbeitgebers steht oder im geschäftlichen Organismus des Arbeitgebers dessen Weisungen zu folgen verpflichtet ist. Ein Dienstverhältnis ist weiters dann anzunehmen, wenn bei einer Person, die an einer Kapitalgesellschaft nicht wesentlich im Sinne des § 22 Z 2 beteiligt ist, die Voraussetzungen des § 25 Abs. 1 Z 1 lit. b vorliegen. Ein Dienstverhältnis ist weiters bei Personen anzunehmen, die Bezüge gemäß § 25 Abs. 1 Z 4 und 5 beziehen.

Dienstverhältnis

Nach der Rechtsprechung des (verst.Sen), ist das Vorliegen eines Dienstverhältnisses nach § 47 Abs. 2 EStG 1988 anhand zweier Kriterien, nämlich der
- Weisungsgebundenheit gegenüber dem Arbeitgeber und der
- Eingliederung in den geschäftlichen Organismus des Arbeitgebers zu beurteilen.

Die beiden Merkmale lassen sich nicht eindeutig voneinander abgrenzen und bedingen einander teilweise. Eine Person, die in den betrieblichen Organismus eingegliedert ist, wird auch dem Weisungsrecht unterliegen (Doralt, EStG § 47 Tz 23).

Nur in den Fällen, in denen diese beiden Kriterien noch keine klare Abgrenzung zwischen einer selbständig und einer nichtselbständig ausgeübten Tätigkeit ermöglichen, ist auf weitere Abgrenzungskriterien, wie etwa auf das Fehlen eines Unternehmerrisikos, oder die Befugnis, sich vertreten zu lassen, Bedacht zu nehmen (vgl. etwa , , oder ).

Die persönlichen Weisungen sind auf den zweckmäßigen Einsatz der Arbeitskraft gerichtet und dafür charakteristisch, dass der Arbeitnehmer nicht die Ausführung einzelner Arbeiten verspricht, sondern seine Arbeitskraft zur Verfügung stellt (vgl. ; ).

Die Eingliederung in den geschäftlichen Organismus des Arbeitgebers zeigt sich u.a. in der Vorgabe der Arbeitszeit, des Arbeitsortes und der Arbeitsmittel durch den Auftraggeber sowie die unmittelbare Einbindung der Tätigkeit in betriebliche Abläufe des Arbeitgebers (vgl. ; ; ).

Im Beschwerdefall waren die Fahrer in den geschäftlichen Organismus der Bf. insofern eingebunden, als sie bei der Verrichtung ihrer Arbeit sowohl in zeitlicher als auch in örtlicher und sachlicher Hinsicht verpflichtet waren, die Weisungen der Bf. zu befolgen:
Sie mussten die Zeitungspakete laut der Vorgaben der Bf. bei den Druckereien zu einem bestimmten Zeitpunkt abholen und bis zu einem bestimmten Zeitpunkt an den vorgegebenen Depotplätzen abladen. Die Abfahrtszeiten wurden von der Bf. festgelegt und zT auch verschoben (wenn es zB Probleme in der Druckerei gab).
Auch die Zeit für die regelmäßig stattfindenden Fahrten zB nach Salzburg gab die Bf. vor.
Die Einhaltung dieser Vorgaben wurde von der Bf. selbst bzw. ihren Bevollmächtigten Herrn ***Bf*** bzw. Herrn ***51*** auch kontrolliert.
Vertraglich war eine wöchentliche Arbeitszeit vorgesehen und im Fall einer Verhinderung (Krankheit, Arzttermin etc) mussten die Fahrer die Bf. davon verständigen. Ebenso waren Urlaube mit der Bf. zu vereinbaren.

Auch die Verwendung der Fahrzeuge der Bf. erfolgte - vertraglich und tatsächlich - anhand der Vorgaben der Bf (Information von Herrn ***Bf***, Fahrtenbuch, Waschen, Service).
Schließlich nahmen die Fahrer vertraglich eine Betriebsvereinbarung der Bf. zur Kenntnis.

Die Fahrer waren mit ihrer Tätigkeit derart in betriebliche Abläufe der Bf. eingebunden, als sie ihre Tätigkeiten genau so ausgeführt haben, wie es ihnen die Bf. in zeitlicher, örtlicher und qualitativer Hinsicht vorgegeben hat.

Das tatsächlich ausgeübte Weisungsrecht der Bf. (in Hinblick auf das Vorliegen eines Dienstverhältnisses ist nach bzw. weniger auf die vertraglich vorgesehene, als auf tatsächlich erfolgte Weisungen abzustellen) hat bei den Fahrern einen Zustand wirtschaftlicher Abhängigkeit und persönlicher Gebundenheit hervorgerufen (vgl. dazu beispielsweise ; oder ) und die Bestimmungsfreiheit der Fahrer bei Ausführung ihrer Tätigkeit weitreichend ausgeschaltet (vgl dazu auch zum Zeitungskolporteur).

Bereits durch die Erfüllung dieser beiden Merkmale ist von einem Dienstverhältnis auszugehen.

Die Bf. hat auch keine anderen Umstände aufgezeigt, die für eine selbständige Tätigkeit sprechen.

Der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass die Entlohnung sowohl mit einem fixen Monatslohn als auch durch eine Vergütung abhängig von der Anzahl der Fahrten kein Indiz für ein Unternehmerwagnis darstellt (vgl. ). Die Fahrer wurden im Beschwerdefall im Endeffekt für die geleisteten Stunden bezahlt wurden, da ihnen für die einzelnen Fahrten Zeiten vorgegeben waren.
Die Vereinbarung eines Stundenhonorars stellt nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ein Indiz dafür dar, dass die im Betrieb eines Arbeitgebers tätigen Personen nicht einen bestimmten Arbeitserfolg geschuldet, sondern ihre Arbeitskraft zur Verfügung gestellt haben. Monatliche Einnahmenschwankungen auf Grund einer unterschiedlich hohen Anzahl geleisteter Arbeitsstunden sprechen dabei auch nicht gegen das Vorliegen eines Dienstverhältnisses (vgl. unter Hinweis auf ).

Auch die Vertretungsbefugnis ist im Beschwerdefall nicht dazu geeignet, eine andere Sichtweise zu begründen:
Das Finanzamt hat festgestellt, dass die Fahrer im Fall einer Verhinderung Herrn ***Bf*** Bescheid geben mussten, damit er sich um einen Ersatz kümmern kann.
Da auch die Bf. keine Einwendungen zu einem tatsächlich gelebten Vertretungsrecht gemacht hat, ist davon auszugehen, dass dieses nicht bestanden hat.

Das laut Punkt 7 der Verträge bestehende Konkurrenzverbot zur Firma ***50*** sowie eine allfällige Berichterstattungspflicht oder die mangelnde Verfügung über eine eigene Betriebsstätte und eigene Betriebsmittel stellen im Sinne der höchstgerichtlichen Judikatur () maßgebliche Merkmale für die Beurteilung des Bestehens der Pflichtversicherung dar. Inwieweit sie für die steuerrechtliche Beurteilung maßgeblich sind, konnte die Bf. nicht dartun.

Da die Fahrer - wie oben beschrieben - nach dem Gesamtbild der Verhältnisse in der Betätigung ihres geschäftlichen Willens im geschäftlichen Organismus der Bf. deren Weisungen zu folgen verpflichtet waren, liegen Dienstverhältnisse iSd § 47 Abs 2 EStG 1988 vor.

Die Bf. haftet dem Bund als Arbeitgeber für die Einbehaltung und Abfuhr der vom Arbeitslohn einzubehaltenden Lohnsteuer (§ 82 EStG).

Gemäß § 41 Abs 1 FLAG 1967 haben den Dienstgeberbeitrag alle Dienstgeber zu leisten, die im Bundesgebiet Dienstnehmer beschäftigen.

Der Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag ist gem. § 122 Abs 7 und 8 Wirtschaftskammergesetz 1998 idF BGBl I 153/2001 von der in § 41 FLAG 1967 festgelegten Bemessungsgrundlage zu erheben.

Daher hat das Finanzamt die Bf. zur Haftung für die Lohnsteuer 2007 - 2013 je einzelnem Fahrer heranzuziehen. Die Bf. schuldet dafür auch den Dienstgeberbeitrag sowie den Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag für die Jahre 2007 - 2013 im vorgeschriebenen Ausmaß.

Die Beschwerde war daher - wie im Spruch ersichtlich - abzuweisen.

Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im Beschwerdefall gibt es ausreichend Judikatur zu der Frage, unter welchen Voraussetzungen ein Dienstverhältnis vorliegt. Die Revision ist daher nicht zulässig.

Graz, am

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Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at