Hinzurechnung bei Nichtberücksichtigung von Kursgewinnen
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Vorsitzende ***V*** und die weiteren sachkundigen Senatsmitglieder Richter ***R***, ***B1*** und ***B2*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1Adr***, vertreten durch ***Stb***, über die Beschwerde vom gegen den Körperschaftssteuerbescheid 2009 des Finanzamtes ***FA*** vom in der Sitzung am zu Recht erkannt:
Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig
Entscheidungsgründe
Verfahrensgang
Die ***BF*** GmbH war eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung und betrieb einen Handel mit Lebensmittel.
Am wurde die Abgabenerklärung betreffend Körperschaftsteuer 2009 elektronische eingereicht. Am wurde der Erstbescheid verbucht, wobei eine erklärungsgemäße Veranlagung erfolgte.
Im Rahmen einer abgabenrechtlichen Prüfung durch die Großbetriebsprüfung wurde folgende steuerliche Feststellung getroffen:
Tz 1 Erträge aus Kursgewinnen
"In der steuerlichen Mehr/Weniger-Rechnung für das Jahr 2012 wurden unter dem Titel "Erträge aus Vorperioden" aufgrund des Nachholverbotes Erträge abgezogen, die durch Dollar-Kursänderungen der Jahre 2007 bis 2011 entstanden waren und in der Bilanz 2012 eingebucht wurden. Die Kursgewinne entstanden auf dem bei der ***Bank geführten und in Dollar lautenden Konto, über welches Wareneinkäufe in Dollar im asiatischen und amerikanischen Raum getätigt wurden. Die Wechselkursdifferenzen ergaben sich durch Dollarkäufe für Handelswareneinkäufe zwischen Tageskurs und Bewertung am Abschlusstag.
Kursgewinne bei Geschäften in ausländischer Währung wirken sich beim Zahlungsvorgang in Form einer niedrigeren Ausgabe bzw. höheren Einnahme aus und bewirken daher einen Vermögenszuwachs, der im jeweiligen Wirtschaftsjahr zu erfassen ist.
Die Berichtigung der SB durch die Betriebsprüfung im ersten nicht verjährten Jahr 2009 würde sich in der Folge der Berichtigung der EB 2009 für die Vorjahre steuerlich nicht auswirken. Daher ist für die nicht enthaltenen Erträge der Vorjahre 2009 ein Zuschlag nach § 4 Abs. 2 Z 2 EStG erforderlich. Da die Einträge erst im Zuge der Bilanzerstellung für das Jahr 2012 durch das Unternehmen bemerkt wurden und daraufhin in der steuerlichen Mehr/Weniger-Rechnung für das Jahr 2012 offengelegt wurden, korrigiert die Betriebsprüfung im Rahmen der Wiederaufnahme gem. § 303 Abs. 1 BAO wie folgt:"
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Zuschlag gem. § 4 (2) Z 2 EStG | 59.654,96 | ||
Kursgewinn | 531,68 | 9.397,16 | 12.354,85 |
Hinzurechnung | 60.186,64 | 9.397,16 | 12.354,85 |
Steuerliche Auswirkungen | |||
Körperschaftsteuer Gesamtbetrag der Einkünfte | 60.186,64 | 9.397,16 | 12.354,85 |
Unter Zugrundelegung der Feststellungen der abgabenbehördlichen Prüfung wurde am das Verfahren betreffend Körperschaftsteuer 2009 wiederaufgenommen und ein neuer Sachbescheid erlassen. Im Körperschaftsteuerbescheid 2009 vom wurden die Einkünfte aus Gewerbebetrieb um 60.186,64 € erhöht, es entstand eine Abgabennachforderung in Höhe von 15.046,66 €.
Mit Schriftsatz vom wurde gegen den Körperschaftsteuerbescheid 2009 vom das Rechtsmittel der Beschwerde eingebracht. Zum Sachverhalt wurde Folgendes ausgeführt: Die Beschwerdeführerin kaufe unter anderem Handelswaren im asiatischen und amerikanischen Raum. Die Zahlungen würden überwiegend in Dollar erfolgen. Ein entsprechendes Fremdwährungskonto sei bei der Bank und im Rechnungswesen eingerichtet. Die auf diesem Konto unterjährig laufend durch Kauf und Verkauf mit verschiedenen Dollarkursen entstandenen Kursdifferenzen seien allerdings bis 2011 weder in der laufenden Buchhaltung noch in den Bilanzen (sowohl unternehmensrechtlich als auch steuerrechtlich) ausgebucht worden. Per Saldo sei von 2007 bis 2011 aus all diesen Bewegungen in Summe jährlich ein Kursgewinn entstanden, welcher als - sich von Jahr zu Jahr erhöhende - Verbindlichkeit in der Bilanz ausgewiesen worden sei. Unternehmensrechtlich sei die gewinnerhöhende Umbuchung (Berichtigung) dieser Differenz erst in der Bilanz 2012 über die GuV-Rechnung erfolgt. Steuerlich sei in der Mehr/Weniger-Rechnung 2012 aufgrund des Nachholverbotes dieser Kursgewinn allerdings wieder neutralisiert worden. Eine entsprechende Offenlegung und Anregung auf Wiederaufnahme der Vorjahre sei in der Beilage zur Körperschaftsteuererklärung 2012 erfolgt. Dies sei vom Finanzamt aber nicht wahrgenommen worden, sondern erst mit der nunmehrigen Betriebsprüfung aufgegriffen worden.
Die gegenständliche Beschwerde richte sich gegen den im Körperschaftsteuerbescheid 2009 angewandten Zuschlag gem. § 4 Abs. 2 Z 2 EStG für die Kursgewinne 2007 (inklusive Vorjahre) und 2008 in Höhe von 59.654,96 €.
Zur Begründung wurde ausgeführt: Die Anwendung des Zuschlagssystems gem. § 4 Abs. 2 Z 2 EStG sei aus zwei Gründen nicht möglich:
1. Das Zuschlagssystem gem. § 4 Abs. 2 Z 2 EStG idF Abgabenänderungsgesetz 2012 dürfe aufgrund der Inkrafttretensbestimmung erstmals für die Veranlagung 2013 und nicht rückwirkend für die Veranlagung 2009 angewendet werden.
2. Das Zuschlagssystem gem. § 4 Abs. 2 Z 2 EStG dürfe bei einer Berichtigung einer nicht bestehenden Verbindlichkeit nicht angewendet werden, da dieser Fehler bzw. die Berichtigung keine steuerlichen Auswirkungen in der Zukunft haben könne.
ad 1: Gemäß § 124b Z 225 EStG würde das System der Zu- und Abschläge nach § 4 Abs. 2 idF Abgabenänderungsgesetz 2012 mit in Kraft treten und sei erstmals auf Fehler anzuwenden, die Veranlagungszeiträume ab 2003 betreffen würden. Grundsätzlich seien daher Verstöße die sich im Veranlagungsjahr 2003 oder später ereignet hätten bei Vorliegen der Voraussetzungen durch Zu- oder Abschläge nachzuerfassen.
§ 4 Abs. 2 Z 2 EStG sei eine Norm des materiellen Einkommensteuerrechts, weil sie Einfluss auf die Höhe des Gewinns/Verlustes nehmen würde. Materielle Abgabengesetze würden grundsätzlich Tatbestände erfassen, die sich ab dem Inkrafttreten, somit gem. § 124b Z 225 EStG ab verwirklichen würden. Nur wenn das Veranlagungsjahr 2013 das älteste nicht verjährte Jahr sei, könnten Zuschläge gem. § 4 Abs. 2 Z 2 EStG für Zwecke der Berechnung der Körperschaftsteuer 2013 vorgenommen werden. Somit könnten die Zu- und Abschläge erstmals das Einkommen 2013 erhöhen bzw. vermindern. Im gegenständlichen Jahr (Körperschaftsteuer 2009) finde daher ein Zuschlag gem. § 4 Abs. 2 Z 2 EStG keine Anwendung.
ad 2: Gemäß § 4 Abs. 2 Z 2 EStG sei die Fehlerberichtigung im ersten zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung noch nicht verjährten Veranlagungszeitraum insoweit vorzunehmen, als der Fehler noch steuerliche Auswirkungen haben könne. Das Tatbestandsmerkmal "… insoweit …., als der Fehler noch steuerliche Auswirkungen haben kann" sei genauer anhand der Beispiele im ErlassungsRV zum Abgabenänderungsgesetz 2012 zu durchleuchten:
Im Beispiel 1 sei in einem bereits verjährten Jahr Herstellungsaufwand voll abgesetzt worden, anstatt diesen zu aktivieren und über die Restnutzungsdauer abzuschreiben. Der "richtige" Restbuchwert im ersten nicht verjährten Jahr sei in der Eröffnungsbilanz mittels Zuschlag gem. § 4 Abs. 2 Z 2 EStG erfolgswirksam eingestellt.
Die Beibehaltung des Fehlers hätte im ersten noch nicht verjährten Jahr und in den Folgejahren keine steuerlichen Auswirkungen ergeben, da die Vollabschreibung bereits vorher erfolgt wäre. Erst durch die Bilanzberichtigung (Bilanzkorrektur im Ursprungsjahr an der Wurzel, somit Erhöhung des bilanziellen aktiven Buchwertes) würde sich für die zukünftigen nicht verjährten Jahre eine Gewinnminderung über die "zusätzliche" Abschreibung dieses Buchwertes ergeben, welche durch den Zuschlag gem. § 4 Abs. 2 Z 2 EStG in gleicher Höhe wieder neutralisiert werde.
Im Beispiel 2 sei in einem bereits verjährten Jahr eine Rückstellung nicht bzw. zu niedrig angesetzt worden. Die Bilanzberichtigung sei grundsätzlich wieder im Ursprungsjahr an der Wurzel durch Einstellung einer Rückstellung erfolgt. Da der Rückstellungsgrund nach wie vor aufrecht sei, sei im ersten noch nicht verjährten Jahr der "richtige" Buchwert in die Eröffnungsbilanz noch immer vorhanden. Da die Auflösung bzw. Verwendung der Rückstellung in den nicht verjährten Jahren zu einer Gewinnerhöhung führen würde, sei ein Abschlag gem. § 4 Abs. 2 Z 2 EStG gewinnmindernd einzustellen.
In diesem Beispiel hätte die Beibehaltung des Fehlers im ersten noch nicht verjährten Jahr und in den Folgejahren keine steuerliche Auswirkung ergeben. Erst durch die Bilanzberichtigung ergebe sich für die nicht verjährten Jahre eine Gewinnerhöhung durch Auflösung der Rückstellung welche durch den Abschlag gem. § 4 Abs. 2 Z 2 EStG in gleicher Höhe wieder neutralisiert werde.
Somit führe nicht die Beibehaltung des Fehlers zu steuerlichen Auswirkungen, sondern die Korrektur gem. § 4 Abs. 2 Z 2 EStG. Steuerliche Auswirkungen in der Zukunft könne eine solche Korrektur allerdings nur haben, wenn Bilanzposten (sowohl Aktiva als auch Passiva) erhöht würden (vergleiche Beispiel oben). Seien Bilanzposten zu hoch angesetzt, könne eine Verminderung mittels § 4 Abs. 2 Z 2 EStG in der Zukunft keine steuerliche Auswirkung mehr haben.
Im gegenständlichen Bescheid sei die Verbindlichkeit "Fremdwährungsbankkonto" wie oben bereits erläutert versehentlich nicht laufend abgestimmt worden. Durch die laufend unterjährig entstandenen Kursgewinne seien auf diesem Konto irrtümlich per eine zu hohe Verbindlichkeit von 59.654,96 € ausgewiesen worden. Per bzw. stelle sich dieses Konto wie folgt richtig dar.
Buchwert "alt" falsch -66.259,46
Laufende Kursgewinne Vorjahre 59.654,96
Buchwert "neu" richtig -6.604,50
Da die Verbindlichkeit in den Ursprungsjahren (vor 2009) um 59.654,96 € berichtigt werden müsse, könne diese Änderung in Zukunft ab 2009 keine steuerliche Auswirkung mehr haben. Dies deshalb, da die ausgewiesene Verbindlichkeit in Höhe von 66.259,46 € per nicht geschuldet worden sei und die Berichtigung dieser Verbindlichkeit auf den korrigierten Betrag von 6.604,50 € in den nächsten Jahren weder zu einer Gewinnerhöhung noch zu einer Gewinnminderung führen könne. Anders wie bei einer Erhöhung von Aktiv- oder Passivposten könne die Verminderung von Aktiv- oder Passivposten mangels Abschreibung bzw. Auflösung zu keinen steuerlichen Auswirkungen in der Zukunft führen.
Es werde daher beantragt den gegenständlichen Bescheid aufzuheben und ohne Zuschlag gem. § 4 Abs. 2 Z 2 EStG festzusetzen. Gleichzeitig werde beantragt gem. § 272 Abs. 2 BAO die Entscheidung durch den gesamten Senat sowie gem. § 274 BAO die mündliche Verhandlung. Es werde gem. § 212a BAO die Aussetzung der Einhebung der Körperschaftsteuer in Höhe von 14.913,74 € beantragt.
Seitens der Großbetriebsprüfung wurde zur Beschwerde vom wie folgt Stellung genommen:
ad 1 "das Zuschlagssystem gem. § 4 Abs. 2 Z 2 EStG idF Abgabenänderungsgesetz 2012 darf aufgrund der Inkrafttretensbestimmung erstmals für die Veranlagung 2013 und nicht rückwirkend für die Veranlagung 2009 angewendet werden."
Das Zuschlagssystem gem. § 2 Abs. 2 Z 2 EStG idF Abgabenänderungsgesetz 2012 sei mit in Kraft getreten und für alle zu diesem Zeitpunkt noch aufzunehmenden oder offenen Verfahren anzuwenden. Andernfalls hätte der Gesetzgeber diese Bestimmung ausdrücklich für "Veranlagungen" ab 2013 in Kraft gesetzt. In den erläuternden Bemerkungen sei auch kein Hinweis zu entnehmen, dass diese Bestimmung erst für die Veranlagung 2013 und somit erstmals anzuwenden sei, wenn es sich bei dem Jahr 2013 um das erste nicht verjährte Jahr handle.
Für diese Sichtweise spreche auch die Verwaltungspraxis:
§ 4 Abs. 2 EStG 1988 idF des Abgabenänderungsgesetzes 2012 sei mit in Kraft gesetzt worden und sei erstmals auf Fehler anzuwenden, deren Wurzel in Veranlagungszeiträumen ab 2003 gelegen sei (vergleiche § 124b Z 225 EStG 1988 idF des Abgabenänderungsgesetzes 2012). Damit könnten ab dem Fehler der Veranlagungszeiträume ab 2003 auch dann mit steuerlicher Wirkung berichtigt werden, wenn sie - ohne diese Bestimmung - aufgrund des Nachholverbotes wegen eingetretener Verjährung keine steuerlichen Auswirkungen hätten. Der mit 2003 beginnende, verjährte Zeiträume betreffende Berichtigungszeitraum würde sich kontinuierlich verlängern. Die Dauer des Zurückliegens des Fehlers sei im Rahmen der Ermessensübung zu berücksichtigen (siehe Rz 652k). Bis noch nicht erledigte Anträge nach § 293c BAO könnten vom Steuerpflichtigen in Anträge nach § 4 Abs. 2 EStG 1988 abgeändert werden, bzw. zurückgenommen und neu als Anträge nach § 4 Abs. 2 EStG 1988 eingebracht werden (vergleiche EStR Rz 652 idF GZ 060104/9-IV/6/00 idF GZ BMF-010200/0012-IV/6/2013 vom ).
ad 2: "Das Zuschlagssystem gem. § 4 Abs. 2 Z 2 EStG darf bei einer Berichtigung einer nicht bestehenden Verbindlichkeit nicht angewendet werden, da dieser Fehler bzw. diese Berichtigung keine steuerlichen Auswirkungen in die Zukunft haben kann."
Der Argumentation der steuerlichen Vertretung: "wurden Bilanzposten zu hoch angesetzt (sowohl Aktiva als auch Passiva) kann eine Verminderung mittels § 4 Abs. 2 Z 2 EStG in der Zukunft keine steuerliche Auswirkungen mehr haben!" werde durch die Betriebsprüfung Folgendes entgegnet: Dieses Argument widerspreche dem System der Gleichbehandlung von Aktiva und Passiva da es irrelevant sein müsse, ob es sich um eine Erhöhung oder Verringerung von Bilanzposten handle. Sei eine Verbindlichkeit zu hoch angesetzt, da die Auflösung gegen Ertrag unterblieben sei, habe das Unterlassen der Korrektur jedenfalls Auswirkung auf den Gesamtgewinn.
Der Beschwerdeführer führe auf Seite 3 der Beschwerde letzter Absatz an: "Das Fremdwährungsbankkonto wurde versehentlich nicht laufend abgestimmt." Er führe auch aus, dass es gegen das Konto Kursgewinne erfolgswirksam ausgebucht hätte werden müssen. Daher sei nach Ansicht der Betriebsprüfung der richtige Totalgewinn nur über einen Zuschlag möglich. Auch die vom Steuerberater vorgenommene Zurechnung in der Unternehmensbilanz 2012 und die gleichzeitig vorgenommene Abrechnung der Vorjahre in der steuerlichen Mehr-Weniger-Rechnung 2012 weise ebenso darauf hin, da dies mit der Anmerkung "periodenfremder Ertrag" begründet werde. Die Begründung dieser Abrechnung wegen Periodenunrichtigkeit würde zwingend ergeben, dass die Richtigkeit des Totalgewinnes nur durch diesen Zuschlag erreicht werden könne.
Wie in der angeführten Tabelle ersichtlich würde sich in der Schlussbilanz 2009 (erstes nicht verjährtes Jahr) der betreffende Unterschiedsbetrag zum Vorjahr in Höhe von 59.654,96 € ergeben, welcher über die Eröffnungsbilanz 2010 den Gewinn für 2010 erhöhe.
Tabellenwerte seien angelehnt an Seite 4 der Beschwerde.
Tabelle in neuem Fenster öffnen
EB 2009 | SB 2009 | EB 2010 | |
Verbindlichkeit Fremdwährungs-bankkonto bisher |
|
| - 66.259,46 |
Bilanz berichtigt durch BP gem. § 4 Abs. 2 Z 2 EStG |
|
|
|
| 0 | 59.654,96 | 0 |
Nach Ansicht der Betriebsprüfung (vergleiche auch Rz 652d EStR 2000) seien Forderungen bzw. Verbindlichkeiten mit zu niedrigen bzw. zu hohen Werten eines bereits verjährten Jahres im ältesten nicht verjährten Jahr mittels Nacherfassung durch einen Zu- oder Abschlag zu korrigieren. Das in der oben angeführten Rz angeführte Beispiel Punkt 4 zeige einen ähnlichen Fall, wobei in diesem Beispiel die Verbindlichkeit mittels eines Gewinnabschlages im ersten nicht verjährten Jahr zu erhöhen wäre. Daraus sei für den beschwerdegegenständlichen Fall zwingend abzuleiten, dass bei einer notwendigen Verringerung einer Verbindlichkeit ein Zuschlag Anwendung finde.
Die steuerwirksame Korrektur über einen Zu- oder Abschlag trage dem Grundsatz der Besteuerung des richtigen Totalgewinnes Rechnung. Durch die Bestimmung werde die Erfassung des richtigen Totalgewinnes unter Aufrechterhaltung des Bilanzzusammenhanges sichergestellt und eine sachlich gebotene konsistente Einmalerfassung betrieblicher Vorgänge erreicht (vergleiche Rz 652a der EStR 2000). Genau diese Korrektur werde mit dem durch die Betriebsprüfung erfassten Zuschlag durchgeführt, da die ausgewiesene Bankverbindlichkeit in den geprüften Jahren steuerlich zu hoch gewesen wäre und die korrespondierende Erlösbuchung fehle. Wenn für 2009 kein Zuschlag erfolgen würde, hätte dies zur Folge, dass der Jahresgewinn und somit auch der Totalgewinn entsprechend zu niedrig wären.
Zum Argument der Beschwerdeseite 4 letzter Satz: "Anders wie bei einer Erhöhung von Aktiv- oder Passivposten kann die Verminderung von Aktiv- oder Passivposten mangels Abschreibung bzw. Auflösung zu keinen steuerlichen Auswirkungen in der Zukunft führen" halte die Betriebsprüfung Folgendes entgegen: Es handle sich hierbei um eine nicht schlüssige Aussage. Diese widerspreche dem Grundsatz des Bilanzzusammenhanges. Durch die Auflösung der Verbindlichkeiten der Jahre bis inklusive 2011 in der Unternehmensbilanz 2012 komme es gerade zu einer wie auf Seite 4 der Beschwerde zitierten Auflösung. Da im gleichen Jahr eine Abrechnung in der Mehr-Weniger-Rechnung erfolgt sei mit der Begründung "periodenfremder Ertrag", wirke sich diese Abrechnung steuerlich nicht aus. Eben gerade durch diese steuerliche Abrechnung im Jahr 2012 laut Erklärung komme es zu keiner steuerlichen Auswirkung. Es ergebe sich daher die Unrichtigkeit der Aussage auf Seite 3 drittletzter Absatz der Beschwerde: "Somit führt nicht die Beibehaltung des Fehlers zur steuerlichen Auswirkung, sondern die Korrektur gem. § 4 Abs. 2 Z 2 EStG" dies deshalb, da ansonsten jegliche Korrektur die aufgrund des § 4 Abs. 2 Z 2 EStG zur Erzielung eines richtigen Totalgewinnes erfolge, hinfällig wäre, wenn man in einem Folgejahr durch eine außerbilanzmäßige Abrechnung mit Begründung "periodenfremder Ertrag" die Anwendung des § 4 Abs. 2 Z 2 überflüssig machen würde.
Um diesen steuerlich falschen Totalgewinn zu verhindern, sei der § 4 Abs. 2 Z 2 eingeführt worden. Es sei daher deshalb die steuerliche Korrektur über einen Zu- oder Abschlag notwendig, da diese dem Grundsatz der Besteuerung des richtigen Totalgewinnes unter Aufrechterhaltung des Bilanzzusammenhanges sichergestellt und eine sachlich gebotene konsistente Einmalerfassung betrieblicher Vorgänge erreiche. Nach Ansicht der Betriebsprüfung sei die Beschwerde abzuweisen.
Im Schreiben vom führte die steuerliche Vertretung der Beschwerdeführerin ihrerseits zum Schreiben der Großbetriebsprüfung Folgendes aus:
ad 1: Neben der in der Beschwerde bereits angeführten Literatur möchten wir auch auf die eindeutigen Aussagen des Bundesfinanzgerichtes vom , RV/2100388/2013 zu der Inkrafttretungsbestimmung des § 124b Z 225 EStG verweisen.
ad 2: Gemäß § 4 Abs. 2 Z 2 EStG sei die Fehlerberichtigung insoweit vorzunehmen als der Fehler noch steuerliche Auswirkungen haben könne. Wie bereits in der Beschwerde ausgeführt führe nicht die Beibehaltung des Fehlers zu steuerlichen Auswirkungen, sondern die Korrektur gem. § 4 Abs. 2 Z 2 EStG. Steuerliche Auswirkungen in der Zukunft könne eine solche Korrektur allerdings nur haben, wenn Bilanzposten (sowohl Aktiva als auch Passiva) erhöht würden. Würden Bilanzposten zu hoch angesetzt (sowohl Aktiva als auch Passiva), könne eine Verminderung mittels § 4 Abs. 2 Z 2 EStG in der Zukunft keine steuerlichen Auswirkungen mehr haben. Detaillierte Ausführungen seien der Beschwerde zu entnehmen.
Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Beschwerde vom gegen den Körperschaftsteuerbescheid 2009 vom als unbegründet abgewiesen. Begründend wurde auf die Stellungnahme des Prüfungsorganes der Großbetriebsprüfung verwiesen.
Mit Schreiben vom wurde beantragt die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorzulegen. Gleichzeitig wurde die Entscheidung durch den gesamten Senat sowie die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragt.
Mit Vorlagebericht vom legte das Finanzamt die Beschwerdesache dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor. Ergänzend wurde Folgendes vorgebracht: Zum Punkt 1 der Beschwerde, dass das Zuschlagssystem gem. § 4 Abs. 2 Z 2 EStG idF Abgabenänderungsgesetz 2012 aufgrund der Inkrafttretungsbestimmung erstmals für die Veranlagung 2013 und nicht rückwirkend für die Veranlagung 2009 angewendet werden dürfe, verweise der steuerliche Vertreter im Schreiben vom auf das Erkenntnis des . Dazu sei das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Ra 2015/15/0062, angeführt, in dem die Entscheidung des BFG wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts aufgehoben worden sei. Im Übrigen werde der Stellungnahme der Großbetriebsprüfung gefolgt, wobei die Zulässigkeit der Bilanzberichtigung auch in den Jahren vor dem gegeben sei. Diese Rechtsansicht komme auch in der BFG-Entscheidung vom , RV/3591-W/10, in der dort ausgesprochenen Abweisung der Berufung zum Ausdruck. Der Punkt 2 der Beschwerde führe an: "Das Zuschlagssystem gem. § 4 Abs. 2 Z 2 EStG darf bei einer Berichtigung einer nicht bestehenden Verbindlichkeit nicht angewendet werden, da dieser Fehler bzw. diese Berichtigung keine steuerlichen Auswirkungen in der Zukunft haben kann." Um weitere Wiederholungen zu vermeiden sei auf die Stellungnahme der Großbetriebsprüfung verwiesen.
Mit Schreiben vom wurde der Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung zurückgezogen.
Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
Sachverhalt
Die Beschwerdeführerin hatte ein Fremdwährungskonto bei der Bank eingerichtet, über welches die Zahlungen von Handelswaren aus dem asiatischen und amerikanischen Raum getätigt wurden. Die auf diesem Konto unterjährig laufend durch Kauf und Verkauf mit verschiedenen Dollarkursen entstandenen Kursdifferenzen wurden bis 2011 weder in der laufenden Buchhaltung noch in den Bilanzen ausgebucht. Von 2007 bis 2012 sind laufend Kursgewinne entstanden, die nicht berücksichtigt wurden. Per wurde daher eine zu hohe Verbindlichkeit von 59.654,96 € ausgewiesen. Unternehmensrechtlich erfolgte die gewinnerhöhende Umbuchung dieser Differenz erst in der Bilanz 2012 über die Gewinn- und Verlustrechnung. Steuerlich wurde in der Mehr-Weniger-Rechnung 2012 aufgrund des Nachholverbotes dieser Kursgewinn wieder neutralisiert.
Seitens der Betriebsprüfung wurde für die nicht enthaltenen Erträge im Jahr 2009 ein Zuschlag gemäß § 4 Abs. 2 Z 2 EStG 1988 in Höhe von 59.654,96 € vorgenommen.
Beweiswürdigung
Der Sachverhalt geht unbestritten aus den vorgelegten Aktenteilen und aus den Parteienvorbringen hervor.
Rechtliche Beurteilung
Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)
§ 4 Abs. 2 EStG 1988 lautet:
"Die Vermögensübersicht (Jahresabschluss, Bilanz) ist nach den allgemeinen Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung zu erstellen. Nach Einreichung der Vermögensübersicht beim Finanzamt gilt Folgendes:
1. Eine Änderung der Vermögensübersicht ist nur mit Zustimmung des Finanzamts zulässig (Bilanzänderung). Die Zustimmung ist zu erteilen, wenn die Änderung wirtschaftlich begründet ist.
2. Entspricht die Vermögensübersicht nicht den allgemeinen Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung oder den zwingenden Vorschriften dieses Bundesgesetzes, ist sie zu berichtigen (Bilanzberichtigung). Kann ein Fehler nur auf Grund der bereits eingetretenen Verjährung nicht mehr steuerwirksam berichtigt werden, gilt Folgendes:
- Zur Erreichung des richtigen Totalgewinnes kann von Amts wegen oder auf Antrag eine Fehlerberichtigung durch Ansatz von Zu- oder Abschlägen vorgenommen werden.
- Die Fehlerberichtigung ist im ersten zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung noch nicht verjährten Veranlagungszeitraum insoweit vorzunehmen, als der Fehler noch steuerliche Auswirkungen haben kann.
- Die Nichtberücksichtigung von Zu- oder Abschlägen gilt als offensichtliche Unrichtigkeit im Sinne des § 293b der Bundesabgabenordnung."
Hinsichtlich des Inkrafttretens des § 4 Abs. 2 regelt § 124b Z 225 EStG 1988 Folgendes:
"§ 4 Abs. 2 und 3 und § 28 Abs. 7, jeweils in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 112/2012, treten mit in Kraft und sind erstmals bei der Veranlagung für das Kalenderjahr 2004 auf Fehler anzuwenden, die Veranlagungszeiträume ab 2003 betreffen."
Der Verwaltungsgerichtshof hat im Erkenntnis vom , Ra 2016/15/0026, Folgendes ausgesprochen: "Gemäß § 124b Z 225 EStG 1988 (idF BGBl. I Nr. 112/2012) trat (u.a.) § 4 Abs. 2 EStG 1988 idF BGBl. I Nr. 112/2012 mit in Kraft und ist erstmals auf Fehler anzuwenden, die Veranlagungszeiträume ab 2003 betreffen.
Diese Inkrafttretensbestimmung warf Fragen auf (vgl. Zorn/Varro in Doralt et al, EStG17, § 4 Tz 167). Mit dem Abgabenänderungsgesetz 2015, BGBl. I Nr. 163/2015, wurde § 124b Z 225 EStG 1988 dahin geändert, dass § 4 Abs. 2 und 3 und § 28 Abs. 7, jeweils in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 112/2012, mit in Kraft treten und erstmals bei der Veranlagung für das Kalenderjahr 2004 auf Fehler anzuwenden sind, die Veranlagungszeiträume ab 2003 betreffen. Nach den Erläuterungen zur Regierungsvorlage (896 BlgNR 25. GP 8) soll es sich hiebei um eine Klarstellung handeln."
Im gleichen Tenor ist das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Ra 2018/15/0040: "Gemäß § 124b Z 225 EStG 1988 ist die Bestimmung mit in Kraft getreten und erstmals bei der Veranlagung für das Kalenderjahr 2004 auf Fehler anzuwenden, die Veranlagungszeiträume ab 2003 betreffen (vgl. AbgÄG 2015, BGBl. I Nr. 163/2015, sowie ).
Die Erläuterungen zur Regierungsvorlage zum AbgÄG 2015, 896 BlgNR XXV. GP, 8, führen zu § 124b Z 225 EStG 1988 aus wie folgt:
"Die Änderung dient ausschließlich der Klarstellung. Mit dem Abgabenänderungsgesetz 2012, BGBl. I Nr. 112/2012, wurde die in § 4 Abs. 2 verankerte Regelung über die steuerwirksame Korrektur periodenübergreifender Fehler aus verjährten Veranlagungszeiträumen in das EStG 1988 aufgenommen; die Regelung wurde mit in Kraft gesetzt. Gleichzeitig wurde durch § 323 Abs. 33 BAO u.a. die Verfahrensnorm des § 293c BAO, die ebenfalls eine Berichtigung periodenübergreifender Fehler zum Gegenstand hatte, mit außer Kraft gesetzt. Die Erläuterungen zur Regierungsvorlage des gegenständlichen Gesetzes führen diesbezüglich begründend aus, dass "§ 293c BAO durch die Änderung im § 4 Abs. 2 ersetzt werden soll". Die Zusammenschau der beiden legistischen Maßnahmen lässt erkennen, dass das Inkrafttreten der Regelung im EStG und das Außerkrafttreten des § 293c BAO demselben legistischen Konzept folgt und zeitlich aufeinander abgestimmt ist. Demzufolge können die §§ 4 Abs. 2 bis 3 und 28 Abs. 7 ab erstmalig bei der Veranlagung zur Anwendung gebracht werden, die den zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung ersten nicht verjährten Zeitraum betrifft. Dies ist für die erstmals von der Norm betroffenen Fehler des (verjährten) Jahres 2003 das Veranlagungsjahr 2004. Dies soll nunmehr auch sprachlich klar zum Ausdruck gebracht werden.
Da die Bestimmung keinen eigenständigen materiellen Besteuerungstatbestand für im jeweils betroffenen Veranlagungsjahr verwirklichte Sachverhalte schafft, sondern - im Interesse der richtigen Gesamtbesteuerung - lediglich die nachträgliche Korrektur einer falschen rechtlichen Beurteilung in Bezug auf bereits verwirklichte Sachverhalte zum Gegenstand hat, ist sie ihrem wesentlichen Gehalt nach nicht als materiell-rechtliche Norm einzustufen. Damit ist es zulässig, die Anwendung der Bestimmung auch auf zum Zeitpunkt des Inkrafttretens bereits abgelaufene Veranlagungsjahre zu beziehen, denn nach Rechtsprechung und Lehre (vgl. ; Stoll, BAO-Kommentar, 62) können Normen des Verfahrensrechts auch auf Verfahrensschritte angewendet werden, die Zeiträume vor dem Inkrafttreten der Norm betreffen."
Schließlich hat der Verfassungsgerichtshof in Bezug auf die zeitliche Anwendbarkeit des § 4 Abs. 2 Z 2 EStG 1988 mit Beschluss vom , E 2108/2019-15, ausgesprochen, dass selbst wenn der Bestimmung der Vorschrift des § 4 Abs. 2 Z 2 EStG materiell-rechtlicher Charakter zuzumessen wäre, der Gleichheitssatz deren Anwendung auf die ab Inkrafttreten durchgeführtenVeranlagungen der Zeiträume ab 2003 nicht entgegen stehe, da die Vorschrift in denFällen der Bilanzberichtigung doch - je nach Sachlage zugunsten wie auch zulastendes Steuerpflichtigen - der Erzielung einer richtigen Totalgewinnbesteuerung diene, die jener entsprechen solle, wenn die Bilanz von vornherein richtig erstellt wordenwäre. Vor diesem Hintergrund begegne auch die mit dem AbgÄG 2015 (BGBl. I 163/2015) erfolgte Neufassung des § 124 b Z 225 EStG keinen verfassungsrechtlichen Bedenken.
Damit ist jedenfalls geklärt, dass die Bestimmung des § 4 Abs. 2 Z 2 EStG 1988 auf die beschwerdegegenständliche Veranlagung 2009 Anwendung findet.
§ 4 Abs. 2 Z 2 EStG 1988 in der Fassung des AbgÄG 2012 bietet die Möglichkeit, Fehler verjährter Jahre steuerwirksam zu korrigieren, wenn die Folgewirkungen in noch nicht verjährte Veranlagungszeiträume hineinreichen. Es sollen also Fehler, die sich in mehreren Besteuerungsperioden auswirken, bereinigt werden, sofern nur die eingetretene Verjährung einer eigentlichen Bilanzberichtigung entgegensteht.
Ein Vorgehen iSd § 4 Abs. 2 Z 2 EStG 1988 ist unter folgende Voraussetzungen möglich:
a. ein Fehler in der Bilanz
b. Berichtigung im ersten nicht verjährten Jahr
c. einer Bilanzberichtigung im eigentlichen Sinn steht (nur) die Verjährung entgegen
d. der Fehler muss seine Wurzel in einem verjährten Zeitraum haben und die Folgewirkungen müssen in nicht verjährte Zeiträume reichen
ad a.:
Ein Fehler in der Bilanz liegt immer dann vor, wenn sie nicht den Grundsätzen der ordnungsmäßigen Buchhaltung entspricht oder gegen zwingende Vorschriften des Steuerrechts verstößt. Die Bilanz ist dann fehlerhaft, wenn nicht alle tatsächlichen Umstände berücksichtigt worden sind, die im Zeitpunkt der Bilanzerstellung bekannt waren oder bekannt hätten sein müssen. Es muss also eine fehlerhafte Vermögensübersicht für einen vergangenen Zeitraum vorliegen.
Eine Verbindlichkeit liegt vor, wenn ein Gläubiger einen durchsetzbaren Anspruch geltend machen kann, der quantifizierbar ist und das Unternehmen wirtschaftlich belastet. Die Bewertung hat mit jenem Betrag zu erfolgen, den der Schuldner zu Erfüllung aufbringen muss. Gegenständlich wurden die Kursdifferenzen nicht berücksichtigt, die durch Kauf und Verkauf zu unterschiedlichen Dollarkursen entstanden sind. Die Verbindlichkeit wurde zu hoch angesetzt, da die Auflösung gegen Ertrag unterblieb. Gleichzeitig wurde der Gewinn zu niedrig ausgewiesen. Somit liegt ein Verstoß gegen die Bewertungsvorschriften des § 6 EStG vor, was einen Fehler im Sinne des § 4 Abs. 2 Z 2 EStG 1988 darstellt.
ad b.:
§ 4 Abs. 2 Z 2 EStG 1988 lässt die Vornahme von Zu- und Abschlägen bloß für den ersten im Zeitpunkt der Bescheiderlassung noch nicht verjährten Veranlagungszeitraum zu, also nur für das älteste noch nicht verjährte Veranlagungsjahr ().
Im Jahr 2015 wurde im Rahmen einer Außenprüfung der Fehler (Ausweis einer zu hohen Verbindlichkeit in der Bilanz) festgestellt. Gemäß § 207 BAO beträgt die Festsetzungsverjährung für die Körperschaftsteuer fünf Jahre und beginnt gemäß § 208 BAO mit Ablauf jenes Jahres, in dem der Abgabenanspruch entstanden ist. Die Körperschaftsteuer 2009 wäre nach diesen Regelungen mit verjährt gewesen. § 209 BAO normiert die Verlängerung der Verjährungsfrist um ein Jahr, wenn innerhalb der Verjährungsfrist eine Unterbrechungshandlung unternommen wird. Der Erstbescheid, mit dem die Körperschaftsteuer 2009 im Jahr 2010 veranlagt wurde, ist eine derartige Unterbrechungshandlung, sodass die Verjährung erst am eingetreten wäre und die Körperschaftsteuer 2009 am noch nicht verjährt war.
Die Körperschaftsteuer 2008 wäre am verjährt, aufgrund der Erlassung des Erstbescheides im Jahr 2009 erst am . Im Mai 2015 war sie daher mangels weiterer Unterbrechungshandlungen bereits verjährt, sodass das Veranlagungsjahr 2009 das erste noch nicht verjährte Jahr darstellt.
Gemäß § 209 Abs. 3 BAO verjährt das Recht auf Festsetzung einer Abgabe spätestens zehn Jahre nach Entstehung des Abgabenanspruches, sodass die Körperschaftsteuer 2009 mittlerweile verjährt wäre. § 209a Abs. 1 BAO normiert jedoch, dass eine Abgabenfestsetzung, die in einer Beschwerdevorentscheidung oder in einem Erkenntnis zu erfolgen hat, der Eintritt der Verjährung nicht entgegensteht. Das bedeutet, dass eine Abgabenfestsetzung in einem Erkenntnis eines Verwaltungsgerichtes auf Grund eines Rechtsmittels gegen eine vorangegangenen, innerhalb der Verjährungsfrist erlassenen Bescheid auch nach Ablauf der Verjährungsfrist erfolgen darf.
ad c.:
Im Erkenntnis vom , Ra 2018/15/0072, hat der Verwaltungsgerichtshof Folgendes ausgesprochen: "Sind die tatbestandsmäßigen Voraussetzungen des § 4 Abs. 2 Z 2 EStG 1988 erfüllt, liegt die iZm einer Bilanzberichtigung erfolgende Vornahme von Zu- oder Abschlägen zur Erreichung des richtigen Totalgewinnes im Ermessen der Behörde. Eines der Tatbestandsmerkmale besteht darin, dass "nur" aufgrund der bereits eingetretenen Verjährung die steuerwirksame Korrektur des Bilanzierungsfehlers nicht mehr im "Wurzeljahr" erfolgen kann. Wie die ErlRV des AbgÄG 2012, mit welchem § 4 Abs. 2 EStG 1988 neu gefasst wurde (1960 BlgNR 24. GP 19), ausführen, kommen die Zu- oder Abschläge nur in Betracht, "wenn ein Verfahrenstitel vorliegt, der es ermöglichen würde, den fehlerhaften Bescheid (des Wurzeljahres) in Durchbrechung der Rechtskraft zu korrigieren und der Einsatz dieses Verfahrenstitels bloß deswegen nicht möglich ist, weil dem die eingetretene Verjährung entgegensteht. Auf diese Weise ist gewährleistet, dass für eine Fehlerberichtigung in Bezug auf verjährte Zeiträume dieselben verfahrensrechtlichen Anforderungen für die Durchbrechung der Rechtskraft gelten wie sie für eine derartige Maßnahme in Bezug auf nicht verjährte Zeiträume besteht." Somit ist zu prüfen, ob - bei Ausblendung der eingetretenen Verjährung - die verfahrensrechtlichen Voraussetzungen für die berichtigte Festsetzung der Einkommen- bzw. Körperschaftsteuer des Wurzeljahres gegeben sind, insbesondere etwa weil auch im Vergleich zur bisherigen Veranlagung des Wurzeljahrs Tatsachen neu hervorgekommen sind und somit eine Wiederaufnahme des Verfahrens nach § 303 BAO möglich wäre (vgl. Doralt et al, EStG17, § 4 Tz 154)."
Im Rahmen der Bilanzerstellung für das Jahr 2012 wurde offenkundig, dass in den Jahre 2007 bis 2011 Erträge nicht offengelegt worden waren. Dabei handelt es sich um neue Tatsachen iSd § 303 Abs. 1 lit b BAO, die bei Abschluss der Jahre 2009 bis 2011 nicht bekannt waren. Wäre für die Jahre 2007 und 2008 im Jahr 2015 nicht schon Verjährung eingetreten gewesen, wäre der Fehler im Rahmen einer Wiederaufnahme des Verfahrens bereits ab 2007 korrigiert worden.
Da somit für das Wurzeljahr ein Verfahrenstitel für die Richtigstellung vorliegen würde - nämlich die Wiederaufnahme des Verfahren gemäß § 303 Abs. 1 BAO -, dem nur der Tatbestand der Verjährung entgegensteht, ist die Anwendung des § 4 Abs. 2 Z 2 EStG 1988 möglich.
ad d.:
§ 4 Abs. 2 Z 2 EStG 1988 ist anzuwenden auf Fehler aus verjährten Veranlagungsjahren, deren Folgewirkungen in noch nicht verjährte Veranlagungszeiträume hineinreichen (periodenübergreifende Fehlerwirkung). Sie führt im Ergebnis zu einer steuerwirksamen Nachholung aller in den verjährten Zeiträumen eingetretenen gewinnwirksamen Fehler im ersten noch nichtverjährten Veranlagungszeitraum. Der Zu- oder Abschlag ist somit der Saldo aus den steuerlichen Korrekturen betreffend die bereits verjährten Zeiträume. Im Ergebnis soll dadurch ein richtiger Totalgewinn sichergestellt werden.
Die Bestimmung ist anwendbar, wenn eine Bilanzberichtigung einen Bilanzansatz der Eröffnungsbilanz des Wirtschaftsjahres des ersten nicht verjährten Veranlagungsjahres betrifft und sich daraus Auswirkungen auf den Totalgewinn ergeben. Eine steuerwirksame Bilanzberichtigung würde die Korrektur von Fehlern aus verjährten Zeiträumen in der Schlussbilanz fordern. Im Interesse der Aufrechterhaltung des Bilanzzusammenhanges erfolgt eine Korrektur in Anwendung des § 4 Abs. 2 Z 2 EStG 1988 jedoch nicht in der Schlussbilanz, sondern außerbilanziell durch einen Zu- oder Abschlag. Die Bestimmung tritt somit hinsichtlich der Korrektur von Fehlern aus verjährten Zeiträumenan die Stelle einer (erfolgswirksamen) Korrektur dieser Fehler in der Schlussbilanz. Sie ist daher anwendbar, wenn eine im ersten nicht verjährten Zeitraum vorgenommene Berichtigung der Schlussbilanz steuerliche Auswirkungen entfalten würde, die aber infolge der Berichtigung der Eröffnungsbilanz nicht eintreten.
Die Vornahme von Zu- und Abschlägen iSd § 4 Abs. 2 Z 2 EStG 1988 ist insoweit vorzunehmen, als der Fehler noch steuerliche Wirkungen haben kann. Der Fehler muss sich also in dem zu berichtigenden Jahr bzw. in den Folgejahren noch steuerlich auswirken.
§ 4 Abs. 2 Z 2 EStG 1988 ist auf Fehler aus verjährten Veranlagungsjahren anzuwenden, deren steuerliche Auswirkungen in noch nicht verjährte Veranlagungszeiträume hineinreichen. Sie führt im Ergebnis zu einer steuerwirksamen Nachholung aller in den verjährten Zeiträumen eingetretenen gewinnwirksamen Fehler im ersten noch nicht verjährten Veranlagungszeitraum.
Aus der Anordnung des § 4 Abs. 2 zweiter Satz EStG 1988, wonach Unrichtigkeiten in der Bilanz bis zur Wurzel zu berichtigen sind, und zwar auch dann, wenn die Berichtigung für die abgelaufenen Jahre etwa wegen der Rechtskraft der Veranlagungsbescheide oder wegen eingetretener Bemessungsverjährung keine Änderung der Abgabenvorschreibung zur Folge hat, ergibt sich, dass das Gesetz der Richtigkeit der Periodenbesteuerung den Vorrang gegenüber dem Grundsatz der "Gesamtgewinnbesteuerung" einräumt ().
Gegenständlich wurde - wie unter Punkt a dargelegt - eine Verbindlichkeit mit einem zu hohen Wert in die Bilanz aufgenommen, Kursgewinne wurden nicht berücksichtigt und fanden im Gewinn keinen Niederschlag. Daraus ergibt sich in der Folge, dass in den einzelnen verjährten und folgenden Zeiträumen Verbindlichkeiten aus Wareneinkäufen in unrichtiger Höhe bilanziert wurden und der Gewinn jeweils zu niedrig ausgewiesen wurde.
Nunmehr wurden die Fehler der Jahre 2007 bis 2009 durch Zuschlag bei den Kursgewinnen korrigierten. In der Schlussbilanz 2009 ergibt sich der Unterschiedsbetrag zum Vorjahr in Höhe von 59.654,96 €, welcher über die Eröffnungsbilanz 2010 den Gewinn für 2010 erhöht. Aufbauend auf diesem richtig gestellten Wert wurden die Kursgewinne der Folgejahre korrekt verbucht und wirkten sich auf den jeweiligen Gewinn entsprechend aus. Das Rechenwerk für die Jahre 2010 und 2011 spiegelt somit ein richtiges Bild wider.
Die Berücksichtigung eines Zu- oder Abschlages unterliegt dem Ermessen ("kann") und ist somit unter dem Gesichtspunkt von Billigkeit und Zweckmäßigkeit (§ 20 BAO) zu würdigen. In diesem Rahmen ist es einerseits möglich, (im Verhältnis zum Totalgewinn- oder -verlust) geringfügige steuerliche Auswirkungen nicht zu korrigieren; andererseits kann auch die absolute Dauer des Zurückliegens des Fehlers berücksichtigt werden. Je länger der Fehler in die Vergangenheit zurückreicht, umso größer müssen die steuerlichen Auswirkungen sein, um im Rahmen der Ermessensübung einen Zu- oder Abschlag festzusetzen.
Gegenständlich wurde lediglich in zwei bereits verjährte Jahre eingegriffen, nämlich 2007 und 2008. Der Zuschlag beträgt 59.654,96 € (= 14.913,74 € KSt), das entspricht rund 10 % der ursprünglich für 2007 bis 2009 erklärten Einkünfte aus Gewerbebetrieb (602.865,08 €). Das bedeutet, dass der Fehler einerseits lediglich geringfügig in die Vergangenheit reicht und andererseits die Auswirkung sowohl absolut als auch im Verhältnis zu den gesamten Einkünften der betroffenen Jahre nicht als geringfügig bezeichnet werden kann.
Aus den dargelegten Gründen war zu Gunsten der Richtigkeit der Periodenbesteuerung zu entscheiden. Im Übrigen wurde kein Vorbringen erstattet, demzufolge das Ermessen zu Gunsten der Beschwerdeführerin zu üben wäre.
Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Gegenständlich liegt keine derartige Rechtsfrage vor und wurde im Sinne der zitierten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes entschieden, sodass eine ordentliche Revision nicht zulässig ist.
Aus den dargelegten Gründen war spruchgemäß zu entscheiden.
Linz, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 4 Abs. 2 Z 2 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2021:RV.5101360.2017 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at