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Bescheidbeschwerde – Senat – Erkenntnis, BFG vom 14.12.2020, RV/5101215/2014

Bindung im Haftungsverfahren Lohnsteuer an Straferkenntnis des Spruchsenats

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Senatsvorsitzende***2***, die Richterin***1*** sowie die fachkundigen Laienrichter ***3*** und ***4*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Kirchdorf Perg Steyr vom betreffend Haftung Lohnsteuer für das Jahr 2011, Steuernummer , in nichtmündlicher Sitzung zu Recht erkannt:

  • Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Entscheidungsgründe

  • Streitpunkt:

Strittig ist, ob der Beschwerdeführer, im folgenden "der Bf." im Jahr 2011 Dienstnehmer beschäftigt hat, für deren nicht abgeführte Lohnsteuer er haftet.

  • Verfahrensgang vor der Abgabenbehörde

Der Bf. wurde Ende März 2012 bei einer Finanzpolizei-Kontrolle bei einem Haus in ***14*** angetroffen, wo er mit einer Partie Fassadenarbeiten durchführte.

Daraufhin wurden umfangreiche Ermittlungen durchgeführt, die im Besprechungsprogramm vom für die Schlussbesprechung mündeten. Sukkus dieser Ermittlungen war, dass der Bf. als Arbeitgeber mit einer Arbeitspartie bestehend aus 3 Arbeitern selbständig Arbeiten im Bereich Fassadenbau verrichtet haben soll, tatsächlich aber bei verschiedenen Scheinfirmen in Wien als Arbeitnehmer gemeldet war. Die Zustellung des Besprechungsprogrammes an den Bf. erfolgte zusammen mit dem aktualisierten Prüfungsauftrag vom sowie der Vorladung gleichen Datums als Verdächtiger nach dem FinStrG.

Die Schlussbesprechung hat am stattgefunden. Die darüber aufgenommene Niederschrift über die Schlussbesprechung anlässlich der Außenprüfung gem. § 147 BAO iVm § 99 Abs. 2 FinStrG hat das Besprechungsprogramm vom vollinhaltlich übernommen. Ebenso stützte sich der nachfolgende Bericht gem. § 150 BAO über das Ergebnis der Außenprüfung darauf.

Auf Basis dieser Feststellungen ergingen je ein Haftungsbescheid Lohnsteuer, je ein Bescheid über die Festsetzung des Dienstgeberbeitrages und je ein Bescheid über die Festsetzung des Zuschlages zum Dienstgeberbeitrag, jeweils für die Jahre 2011, 2012 sowie den Zeitraum 01-08/2013, alle datiert mit . Die Abgaben wurden darin wie folgt vorgeschrieben bzw. festgesetzt in EUR:


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2011
2012
01-08/2013
Summe
Lohnsteuer
10.530,00
10.530,00
7.020,00
28.080,00
Dienstgeberbeitrag
2.970,00
2.970,00
1.980,00
7.920,00
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag
270,00
270,00
180,00
720,00
36.720,00

Gegen den Haftungsbescheid Lohnsteuer 2011 wurde von der damaligen anwaltlichen Vertretung des Bf. mit Anbringen vom Berufung erhoben und der Antrag gestellt, der Berufung stattzugeben und den Bescheid ersatzlos aufzuheben, in eventu den angefochtenen Bescheid aufzuheben und die Sache zur neuerlichen Entscheidung an die Unterinstanz zurückzuweisen.

Als Begründung führte die Berufung aus:

"Eine Haftung gem. § 202 Abs. 1 und § 224 Abs. 1 BAO iVm § 82 Einkommensteuergesetz (EStG) besteht nur für den Arbeitgeber. Der Einschreiter ist allerdings nicht Arbeitgeber, sondern einfacher Arbeitnehmer des betreffenden Unternehmens.

Der Einschreiter hatte und hat im gegenständlichen Unternehmen keinerlei Weisungsbefugnis. Er ist nicht für das Unternehmen vertretungsbefugt. Er kann von den Arbeitnehmern keine Arbeitsleistung verlangen und schuldet den Arbeitnehmern auch kein Arbeitsentgelt. Dem Einschreiter sind keine anderen Personen aufgrund eines privatrechtlichen Vertrages verpflichtet, für ihn Dienstleistungen zu erbringen.

Der Einschreiter steht aufgrund eines Arbeitsvertrages selbst in einem Beschäftigungsverhältnis zum gegenständlichen Unternehmen, das durch persönliche und wirtschaftliche Abhängigkeit gekennzeichnet ist. Er ist somit kein Arbeitgeber iSd § 82 EStG, sondern Arbeitnehmer. Der Arbeitnehmer kann von den Abgabenbehörden nicht unmittelbar auf Zahlung der Lohnsteuer in Anspruch genommen werden (6 Ob 339/OOx, vercöff: SZ 74/101; 4 Ob 80/84; RZ 1986/).

Beweis: Zeugen ***5***, ***6***, ***7***, ***8***."

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Beschwerde gegen den Haftungsbescheid Lohnsteuer für das Jahr 2011 als unbegründet abgewiesen. Begründend wurde ausgeführt:

"Es wird auf den Bericht über das Ergebnis der Außenprüfung hingewiesen. Dort ist detailliert dargestellt, warum die Abgabenbehörde in freier Beweiswürdigung festgestellt hat, dass der Bf. tatsächlich als selbständiger Einzelunternehmer und Arbeitgeber auf dem österreichischen Markt aufgetreten ist und dementsprechend Umsatz- und Einkommensteuer sowie Lohnabgaben festgesetzt hat.

In der ggstdl. Beschwerde wurde die Einvernahme der Zeugen ***5*** sowie ***7*** beantragt. Dazu wird folgendes ausgeführt:

  • ***5*** wurde bereits am zu diesem Thema als Abgabepflichtiger nach der BAO einvernommen. Er konnte bzw. wollte nichts zur Aufhellung des Sachverhalts beitragen. Auf das Besprechungsprogramm vom , Seite 11 letzter Absatz, wird hingewiesen. Eine nochmalige Einvernahme des ***5*** ist daher nicht notwendig.

  • Ein ***7*** ist laut dem Zentralen Melderegister weder an der Adresse ***8***, gemeldet noch sonst wo in Österreich. Er ist auch in den Datenbanken der Finanzverwaltung nicht auffindbar. Die Einvernahme dieses Zeugen ist daher nicht möglich. Im bisherigen Verfahren konnte außerdem nicht festgestellt werden, dass ein ***9*** an der Fassadenpartie des Bf. beteiligt gewesen sein sollte, und in der Berufungsschrift wurde dazu auch nichts ausgeführt."

Mit Anbringen vom stellte die anwaltliche Vertretung des Bf. den Antrag, die Beschwerde gegen den Haftungsbescheid Lohnsteuer für das Jahr 2011 dem BFG zur Entscheidung vorzulegen. Ferner wurde gem. § 272f. BAO eine Entscheidung durch den Senat beantragt.

Mit Beschluss des Bezirksgerichtes ***10*** vom ***11***, AZ ***12***, wurde über den Bf. ein Schuldenregulierungsverfahren eröffnet. Da der Zahlungsplan nicht angenommen wurde, wurde mit Beschluss vom ***13*** gegen den Bf. ein Abschöfpungsverfahren eingeleitet.

  • Verfahrensgang vor der Finanzstrafbehörde

Zeitgleich mit dem Besprechungsprogramm vom hat das Finanzamt Kirchdorf Perg Steyr als Finanzstrafbehörde I. Instanz den Bf. im Bescheid vom über die Einleitung des Strafverfahrens gemäß § 83 Abs. 2 des Finanzstrafgesetzes informiert, weil der Verdacht bestand, dass der Bf. als Abgabepflichtiger im Bereich des FA Kirchdorf Perg Steyr in den Jahren 2011 bis 2013 vorsätzlich

a) unter Verletzung einer abgabenrechtlichen Offenlegungs- und Wahrheitspflicht für die Veranlagungsjahre 2011 und 2012 eine Verkürzung an Umsatz- und Einkommensteuer iHv EUR 21.371,- (USt: EUR 16.440,-ESt: EUR 4.931,-) bewirkte, indem er die Aufnahme seiner gewerblichen Tätigkeit nicht anzeigte, wodurch die oa. Steuern durch Unkenntnis der Abgabenbehörde vom Abgabenanspruch nicht festgesetzt werden konnte;

b) unter Verletzung der Pflicht zur Abgabe von dem § 21 UStG 1994 entsprechenden Voranmeldungen für jedes der Monate Jänner bis August 2013 eine Verkürzung an Umsatzsteuer iHv EUR 5.460,- bewirkte, indem er in Fortsetzung der unter a) genannten Verhaltensweise keine Vorauszahlungen entrichtete und die in diesem Fall einzureichenden Voranmeldungen nicht abgab, wobei er die Verkürzung nicht nur für möglich, sondern für gewiss hielt;

c) unter Verletzung der Pflicht zur Führung von dem § 76 EStG 1988 entsprechenden Lohnkonten für jedes der Monate Jänner 2011 bis August 2013 eine Verkürzung an Lohnsteuer und Dienstgeberbeitrag zum Lastenausgleichsfonds für Familien in Höhe von EUR 36.720,- bewirkte, indem er für mehrere Arbeitnehmer überhaupt keine Lohnkonten geführt hat, wobei er die Verkürzung nicht nur für möglich, sondern für gewiss gehalten hat, wobei es ihm bei allen Taten darauf ankam, sich durch ihre wiederholte Begehung eine fortdauernde Einnahmenquelle zu verschaffen.

Der Bf. habe hierdurch zu a) das Finanzvergehen der gewerbsmäßigen Abgabenhinterziehung nach §§ 33(1) iVm § 38 Abs. 1 FinStrG, zu b) das Finanzvergehen der gewerbsmäßigen Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs. 2 lit a IVm § 38 Abs. 1 FinStrG und zu c) das Finanzvergehen der gewerbsmäßigen Abgabenhinterziehung nach § 33(2) lit b in Verbindung mit § 38 FinStrG begangen.

Zur Begründung wurde ausgeführt:

"Der im Spruch angeführte Tatbestand gründet sich auf die zu ABNr. 121055/13 durchgeführte Betriebsprüfung im Unternehmen des Beschuldigten. Dort kam hervor, dass der Beschuldigte mit einer Arbeitspartie selbständig Arbeiten im Bereich Fassadenbau verrichtete, tatsächlich aber bei verschiedenen Scheinfirmen in Wien als Arbeitnehmer gemeldet war. Für diese Anmeldungen hat er wohl bezahlen müssen, sie ermöglichten aber die selbständige Tätigkeit und die Beschäftigung von Arbeitnehmern, ohne dass dies zur Kenntnis der Abgabenbehörden gelangte. Betreffend die Details der Ermittlung und Festsetzung der Abgaben wird auf den Prüfbericht samt Besprechungsprogramm und Niederschrift über die Schlussbesprechung verwiesen.

In rechtlicher Hinsicht ergibt sich folgendes:

Der Beschuldigte hat die Aufnahme einer gewerblichen Tätigkeit entgegen §§ 119ff BAO nicht angezeigt und in der Folge auch keine wahrheitsgemäßen Abgabenerklärungen abgegeben, so dass die Abgabenbehörde bis zum Ablauf der Erklärungsfristen für die Jahreserklärungen keine Kenntnis von der Entstehung des Abgabenanspruches betreffend die Umsatz- und Einkommensteuern 2011 und 2012 hatte. Damit ist der objektive Tatbestand des § 33 Abs. 1 FinStrG erfüllt. Der subjektive Tatbestand erscheint nach den bisherigen Ergebnissen des Abgabenverfahrens erfüllt, weil der Beschuldigte im inkriminierten Zeitraum zwar Aufträge akquirierte und ausführte und gleichzeitig bei Firmen angemeldet war, denen aufgrund von Umständen, die er kannte, keine Arbeitgebereigenschaft zukam. Da die unterbliebene Entrichtung von Umsatzsteuervorauszahlungen und die Voranmeldung derselben nur eine Fortsetzung des nicht gemeldeten Gewerbebetriebes war, ergibt sich die Erfüllung des objektiven und subjektiven Tatbestandes nach § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG von selbst.

Für den Tatbestand nach § 33 Abs. 2 lit. b FinStrG gilt das oben Gesagte sinngemäß, denn dass die für den Beschuldigten tätigen Arbeitnehmer nicht als solche aufscheinen und die Lohnabgaben nicht abgeführt werden sollten, war von Anfang an so geplant. Mit diesem Plan verbunden war die Absicht, durch Etablierung einer unterpreisig anbietenden Fassadenpartie den Lebensunterhalt zu bestreiten und dabei dauerhaft Steuern zu sparen, was den Tatbestand des § 38 Abs. 1 FinStrG erfüllt.
Der Beschuldigte wird sich daher spruchgemäß verantworten müssen."

Der Beschwerdeführer wurde nach Durchführung eines umfangreichen Beweisverfahrens mit Erkenntnis gemäß § 141 Abs. 3 Finanzstrafgesetz (FinStrG) des Spruchsenates beim Finanzamt Linz als Organ des Finanzamtes Kirchdorf Perg Steyr als Finanzstrafbehörde am sämtlicher dieser Delikte, die ihm im Bescheid vom über die Einleitung eines Strafverfahrens bekannt gegeben wurden, für schuldig erkannt. Der Spruch lautete wie im Bescheid vom angeführt.

Der Spruchsenat erkannte weiters, dass der Bf. hierdurch das Finanzvergehen der gewerbsmäßigen Abgabenhinterziehung nach §§ 33(1), 33(2) lit a, 33(2) lit b jeweils in Verbindung mit § 38 FinStrG begangen hat und hiefür unter Anwendung des § 33 Abs. 5 iVm § 38 Abs. 1 FinStrG zu einer Geldstrafe in Höhe von EUR 45.000,00 (i.W. fünfundvierzigtausend Euro) verurteilt wird.

Die Begründung des Erkenntnisses entfiel gem. § 141 Abs. 3 FinStrG. Es wurde ein allseitiger Rechtsmittelverzicht abgegeben.

  • Verfahren vor dem Bundesfinanzgericht:

Die Beschwerde gegen den Haftungsbescheid betreffend Lohnsteuer 2011 wurde am dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung durch den gesamten Senat vorgelegt.

Die beantragte Senatsverhandlung hat am stattgefunden.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

  • Rechtliche Grundlagen:

I.1.

Gem. § 47 Abs. 1 EStG 1988 wird bei Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit (§ 25) die Einkommensteuer durch Abzug vom Arbeitslohn erhoben (Lohnsteuer), wenn im Inland eine Betriebsstätte (§81) des Arbeitgebers besteht. Arbeitnehmer ist eine natürliche Person, die Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit bezieht. Arbeitgeber ist, wer Arbeitslohn im Sinne des§ 25 auszahlt. (…). Nach § 47 Abs. 2 EStG 1988 liegt ein Dienstverhältnis vor, wenn der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber seine Arbeitskraft schuldet. Dies ist der Fall, wenn die tätige Person in der Betätigung ihres geschäftlichen Willens unter der Leitung des Arbeitgebers steht oder im geschäftlichen Organismus des Arbeitgebers dessen Weisungen zu folgen verpflichtet ist. (…).

Gem. § 82 1. Satz EStG 1988 haftet der Arbeitgeber dem Bund für die Einbehaltung und Abfuhr der vom Arbeitslohn einzubehaltenden Lohnsteuer.

Haftungspflichtig für die Lohnsteuer ist demnach der Arbeitgeber. Arbeitgeber kann nur derjenige sein, demgegenüber ein Dienstverhältnis iSd. § 47 Abs. 2 EStG 1988 besteht.

I.2.

Gemäß § 116 Abs. 2 BAO sind Entscheidungen der Gerichte, durch die privatrechtliche Vorfragen als Hauptfragen entschieden wurden, im Sinn des Abs. 1 zu beurteilen. Eine Bindung besteht nur insoweit, als in dem gerichtlichen Verfahren, in dem die Entscheidung ergangen ist, bei der Ermittlung des Sachverhaltes von Amts wegen vorzugehen war.

Im Strafverfahren erfolgt die Ermittlung des Sachverhalts von Amts wegen. Daher sind die Abgabenbehörden gem. § 116 Abs. 2 BAO an Entscheidungen der Strafgerichte gebunden. Als Strafgerichte sind auch die Spruchsenate anzusehen (Vgl. ), weil die Verfahrensgrundsätze, insbesondere die Amtswegigkeit des Verfahrens, die gleichen sind wie bei den Gerichten.

Diese Bindungswirkung hat ihren Grund darin, dass die Rechtsordnung der Beweiskraft von Beweismitteln, die zu einer strafgerichtlichen Verurteilung führen, anders als im Abgabeverfahren, wo die größte Wahrscheinlichkeit genügt, besondere Bedeutung beimisst, weil im Strafverfahren Beweismaßstab die volle Überzeugung der Strafbehörde ist. Es ist daher davon auszugehen, dass in den Fällen, in denen eine Straftat mit rechtskräftigem Urteil als erwiesen angenommen wurde, keine begründeten Zweifel mehr am Tatgeschehen offen geblieben sind (;

Nach ständiger Judikatur umfasst die Bindung im Fall einer Verurteilung die im Spruch eines die Partei betreffenden rechtskräftigen Strafurteiles festgestellten Tatsachen bzw. die tatsächlichen Feststellungen. Dazu gehören jene Tatumstände, aus denen sich die jeweilige strafbare Handlung nach ihren gesetzlichen Tatbestandselementen zusammensetzt. Die Bindungswirkung erstreckt sich somit auf die vom Gericht festgestellten und durch den Spruch gedeckten Tatsachen (vgl. ; , 95/14/0043; , Ro2014/15/0023). ). Die Bindungswirkung geht so weit, dass die diesbezüglichen Ergebnisse des strafgerichtlichen Ermittlungsverfahrens von der Abgabenbehörde zu übernehmen sind.

Gemäß § 2a BAO gelten die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes sinngemäß im Verfahren vor den Verwaltungsgerichten, soweit sie im Verfahren der belangten Abgabenbehörde gelten. Daraus folgt, dass auch das Bundesfinanzgericht an den einem rechtskräftigen Strafurteil zugrunde liegenden Sachverhalt gebunden ist. Ein vom bindenden Strafurteil abweichendes Abgabenverfahren würde nämlich zu Lasten der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes einer Durchbrechung der materiellen Rechtskraft und einer unzulässigen Kontrolle der Organe der Rechtsprechung durch die Verwaltung gleichkommen (; ; Ritz, BAO4, § 116 Tz. 5ff; Stoll, BAO-Kommentar, Seite 1331ff).

  • Anwendung auf den Beschwerdefall

Im gegenständlichen Fall wurde der Bf - wie oben dargestellt - vom Spruchsenat mit Erkenntnis vom wegen gewerbsmäßiger Abgabenhinterziehung unter anderem gem. § 33 Abs. 2 lit. b FinStrG verurteilt, weil er unter Verletzung der Pflicht zur Führung von dem § 76 EStG 1988 entsprechenden Lohnkonten für jedes der Monate Jänner 2011 bis August 2013 eine Verkürzung an Lohnsteuer und Dienstgeberbeitrag zum Lastenausgleichsfonds für Familien in Höhe von EUR 36.720,- bewirkte, indem er für mehrere Arbeitnehmer überhaupt keine Lohnkonten geführt hat, wobei er die Verkürzung nicht nur für möglich, sondern für gewiss gehalten hat, wobei es ihm bei allen Taten darauf ankam, sich durch ihre wiederholte Begehung eine fortdauernde Einnahmenquelle zu verschaffen.

§ 76 EStG 1988 lautet: "(1) Der Arbeitgeber hat für jeden Arbeitnehmer spätestens ab dem 15. Tag des Monats, der dem Beginn des Dienstverhältnisses folgt, ein Lohnkonto zu führen. (…)."

Haftungspflichtig ist gem. § 82 1. Satz EStG 1988 der Arbeitgeber für die Einbehaltung und Abfuhr der vom Arbeitslohn - eigene Einfügung: seiner Arbeitnehmer - einzubehaltenden Lohnsteuer.

Die Verkürzung der Lohnsteuer gem. § 33 Abs. 2 lit. b. FinStrG unter Verletzung der Pflicht zur Führung von Lohnkonten und die Haftung für die Lohnsteuer setzen demnach dieselben rechtlich bedeutsamen Tatsachen voraus: einen Dienstgeber, einen oder mehrere Dienstnehmer und die Nichtabfuhr von Lohnsteuer.

Der Spruchsenat hat mit seinem Urteilsspruch sowohl dem Grunde wie der Höhe nach die Feststellungen des Besprechungsprogrammes als erwiesen angenommen, wonach der Bf. Dienstgeber im Zeitraum 2011 bis 08/2013 war und Dienstnehmer beschäftigte, für die er Lohnkonten zu führen gehabt hätte, und in diesem Zeitraum Lohnabgaben in Höhe von EUR 36.720,00 verkürzte. Von diesem Verkürzungsbetrag entfielen, da der Spruchsenat dem Besprechungsprogramm folgte, EUR 10.530,00 auf die Haftung betreffend Lohnsteuer für das Jahr 2011. Dieser Betrag ist beschwerdegegenständlich.

Auf Grund der oben dargelegten Bindungswirkung des § 116 Abs. 2 BAO kann daher auch das BFG die Tatsachen als erwiesen annehmen, die bereits das Strafgericht als erwiesen angenommen hat und die zur rechtskräftigen Verurteilung des Bf. geführt haben. Das Beweisergebnis des Strafverfahrens wird daher übernommen. Für das BFG ist daher folgender Sachverhalt als erwiesen anzusehen und als entscheidungswesentlich diesem Erkenntnis zugrunde zu legen:

Im beschwerdegegenständlichen Jahr 2011 beschäftigte der Bf. als Dienstgeber drei Dienstnehmer und zahlte an sie Lohnzahlungen in Höhe von EUR 45.900,00 aus, für die er die darauf entfallende Lohnsteuer in Höhe von EUR 10.530,00 nicht einbehalten hat.

Unter Zugrundelegung dieses Sachverhaltes haftet der Bf. im Jahr 2011 für die nicht einbehaltene Lohnsteuer iHv EUR 10.530,00 gem. § 82 EStG 1988. Die Beschwerde war daher abzuweisen.

  • Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sievon der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondereweil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht,eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigenRechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird (Art.133 Abs. 4 B-VG).

Die Entscheidung entspricht hinsichtlich der Bindung an die im Rahmen eines Strafverfahrens getroffenen Feststellungen des Spruchsenates der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Das gegenständliche Erkenntnis hängt daher von keiner Lösung einer Rechtsfrage iSd Art. 133 Abs.4 B-VG ab. Die Revision ist nicht zulässig.

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 82 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 116 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.5101215.2014

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at