Gegenstandsloserklärung nach § 261 Abs. 2 BAO
Entscheidungstext
BESCHLUSS
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter ***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, betreffend Beschwerde vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Österreich vormals des Finanzamtes Salzburg-Land vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2013, Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2014 und Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2015 zu Steuernummer ***BF1StNr1*** beschlossen:
1. Die Beschwerden werden gemäß § 261 Abs. 2 für gegenstandslos erklärt.
2. Gegen diesen Beschluss ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Begründung
I. Verfahrensgang:
Der BF wurde aufgrund seiner Erklärungen am zur Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) für 2013, am zur Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) für 2014 und am zur Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) für 2015 veranlagt, wobei neben seinen Einkünften aus dem Ruhegenuss für seine ehemalige Tätigkeit beim BMLV auch verschiedene Sonderausgaben berücksichtigt wurden.
Mit Bescheid vom wurde das Verfahren betreffend die Einkommensteuer für 2013 wiederaufgenommen und ein neuer Einkommensteuerbescheid für 2013 erlassen. Mit Bescheiden vom wurden die Verfahren betreffend die Einkommensteuer für 2014 und für 2015 wiederaufgenommen und neue Einkommensteuerbescheide für 2014 und 2015 erlassen. Zur Begründung der Wiederaufnahme verwies das FA auf die mit jeweils gleichen Datum ergangenen Einkommensteuerbescheide. Dort wurde zur Begründung ausgeführt, dass sich durch die nachträgliche Übermittlung eines Lohnzettels des BMLV neue Tatsachen ergeben hätten, die eine Wiederaufnahme des Verfahrens erforderlich gemacht hätten. Diese Lohnzettel umfassten Bezüge über einen geldwerten Vorteil aus der Überlassung einer Naturalwohnung i.H.v. € 668,12 für 2013, € 542,24 für 2014 und € 636,29 für 2015.
Gegen diese sechs Bescheide sowie Bescheide über die nicht näher bezeichnete Festsetzung von Anspruchszinsen erhob der BF durch seinen ausgewiesenen Vertreter fristgerecht Beschwerde und begründete dies hinsichtlich der Wiederaufnahme der Verfahren im Wesentlichen damit, dass nach einer vom zuständigen FA durchgeführten Nachschau erst über Anregung des Rechnungshofes eine neuerliche Überprüfung der steuerlichen Sachbezüge durch das FA erfolgt sei und erst dann Haftungsbescheide für die Lohnsteuer erlassen worden seien, wogegen das BMLV Beschwerde erhoben habe. Der BF habe sich diesem Verfahren angeschlossen.
Der Sachverhalt sei nach der ersten und der zweiten Nachschau des FA der Gleiche gewesen, weswegen die Wiederaufnahme auch wegen der verspäteten bzw. verfristeten Geltendmachung unbillig sei. Den angefochtenen Wiederaufnahmebescheiden könne keine Interessenabwägung unter den Gesichtspunkten der Zweckmäßigkeit bzw. der Billigkeit entnommen werden, den Bescheiden hafte wegen der formularhaften Begründung ein Begründungsmangel an. Letztlich stelle die bis dato nicht ergangene Entscheidung über den Haftungsbescheid beim BMLV eine Vorfrage dar, die gegenüber der Partei des wiederaufzunehmenden Verfahrens bindend sein müsse.
Weiters enthielten die Beschwerden inhaltlich umfassende Vorbringen zur Unrichtigkeit der Einkommensteuerbescheide sowie zum Schicksal von Anspruchszinsenbescheiden bei einer Änderung der Einkommensteuerbescheide.
Mit Beschwerdevorentscheidungen vom (für 2013) und vom wies das FA die Beschwerden des BF als unbegründet ab und begründete dies hinsichtlich der Wiederaufnahme der Verfahren im Wesentlichen damit, dass die zusätzlichen Lohnzettel des BMLV erst mit Mai 2019 an die Abgabenbehörde übermittelt worden seien. Dies sei unzweifelhaft eine neue Tatsache, die sich auf den Inhalt des Einkommensteuerbescheides auswirken müsse. Zudem lägen die Voraussetzungen für eine Pflichtveranlagung vor, da für den Steuerpflichtigen neben dem Lohnzettel für seine Pensionsbezüge durch das BVA Pensionsservice ein weiterer Lohnzettel durch das BMLV ausgestellt worden sei.
In der Begründung führte das FA zur Besteuerung des geldwerten Vorteiles dem Grunde und der Höhe nach aus.
Darauf beantragte der BF durch seinen ausgewiesenen Vertreter fristgerecht die Vorlage der Beschwerden betreffend die Wiederaufnahme der Verfahren zur Einkommensteuer 2013, 2014 und 2015 sowie der Beschwerden betreffend die Einkommensteuer 2013, 2014 und 2015 zur Entscheidung durch das BFG und ergänzte sein Vorbringen zur Unzulässigkeit der Wiederaufnahme der Verfahren und der Unrichtigkeit der Einkommensteuern. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung durch das Finanzgericht wurde angeregt.
Mit Erkenntnis vom zu RV/6100445/2020 hat das BFG den Beschwerden gegen die Wiederaufnahme der Verfahren stattgegeben und die angefochtenen Bescheide aufgehoben.
II. Das Bundsfinanzgericht hat dazu erwogen:
1. Sachverhalt und Beweiswürdigung
Das BFG legt seiner Entscheidung den im Folgenden dargestellten Sachverhalt zugrunde, der sich aus dem Vorbringen der Verfahrensparteien im Beschwerdeverfahren und den vorgelegten Verwaltungsakten sowie dem Erkenntnis des BFG zu RV/6100445/2020 ergibt.
Das BFG hat in dem oben angesprochenen Verfahren den vom FA in allen drei Jahren genannten Wiederaufnahmsgrund unter Verweis auf die Judikatur des VwGH als keinen tauglichen Wiederaufnahmsgrund nach § 303 Abs. 1 lit. b BAO qualifiziert.
Da die Entscheidung des BFG über die Beschwerden gegen die Wiederaufnahme der Verfahren betreffend die Einkommensteuer 2013,2014 und 2015 durch die "Sache" (den vom FA angeführten Wiederaufnahmsgrund) begrenzt ist, war den Beschwerden des BF gegen die Bescheide über die Wiederaufnahme der Verfahren betreffend die Einkommensteuer 2013, 2014 und 2015 bereits aus diesem Grund stattzugeben. Die Wiederaufnahmesbescheide wurden gemäß § 279 Abs.1 BAO aufgehoben.
2. Rechtliche Beurteilung:
2.1. Zur Amtspartei ab :
Gemäß § 323b Abs.1 BAO treten das Finanzamt Österreich und das Finanzamt für Großbetriebe für ihren jeweiligen Zuständigkeitsbereich am an die Stelle des jeweils am zuständig gewesenen Finanzamtes.
Gemäß § 323b Abs. 2 BAO werden die am bei einem Finanzamt … anhängigen Verfahren von der jeweils am zuständigen Abgabenbehörde in dem zu diesem Zeitpunkt befindlichen Verfahrensstand fortgeführt.
In den gegenständlichen Beschwerdeverfahren, das vom FA Salzburg-Land dem BFG vorgelegt worden waren, ist somit ab das FA Österreich zuständig.
2.2. Zur Anregung einer mündlichen Verhandlung:
Zu der oben angeführten Anregung einer mündlichen Verhandlung ist auszuführen, dass gemäß § 274 Abs. 1 Z. 1 lit. b) BAO über die Beschwerde eine mündliche Verhandlung stattzufinden hat, wenn dies im Vorlageantrag (§ 264) beantragt wird.
Wie bei jedem Anbringen kommt es auf den Inhalt und nicht auf zufällige verbale Formen an. Kein ausreichender Antrag ist nach der Rechtsprechung jedoch das Ersuchen, zur Minimierung des verwaltungsökonomischen Zeiteinsatzes falls erforderlich, um Einladung zu einer mündlichen Verhandlung über das gegenständliche Berufungsthema (), …, der Antrag, "allenfalls" eine mündliche Verhandlung durchzuführen ( , 140-142), …, der Antrag "sofern notwendig eine mündliche Verhandlung anzuberaumen" ( ). (Ritz, BAO6, § 274, Tz. 5)
Im Antrag, "in eventu eine mündliche Berufungsverhandlung im Sinn des § 284 Abs. 1 BAO (jetzt § 274 Abs. 1 BAO)" anzuberaumen, vermochte der Gerichtshof im Hinblick auf seine Unbestimmtheit (in eventu) nicht als einen Parteienantrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu erkennen (Ellinger/Sutter/Urtz, BAO, § 2 74, E 18 unter Verweis auf ).
Der gegenständliche Vorlageantrag, in dem diese "Anregung" einer mündlichen Verhandlung enthalten ist, wurde von einem Rechtsanwalt erstellt, der in seinem Schriftsatz sehr wohl Anträge (auf Vorlage verschiedenster Bescheide an das BFG) enthielt.
Unabhängig davon, dass die gegenständliche "Anregung" nicht in den Anträgen des BF formuliert wurde, sondern im Bereich einer ergänzenden Begründung des Beschwerdevorbringens im Vorlageantrag, ist sich aus Sicht des BFG ein berufsmäßiger Parteienvertreter jedenfalls darüber im Klaren, dass eine Anregung lediglich eine unverbindliche Empfehlung und damit nicht die Ausübung eines die Behörde oder das Gericht bindendes Antragsrechtes darstellt. Damit liegt aber vergleichbar mit den oben dargestellten Beispielen kein tauglicher Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor. Die Formulierung einer "Anregung" ist nach dem Verständnis des BFG sogar noch weiter von einem bestimmten Antrag nach § 274 Abs. 1 BAO entfernt, als dies die oben dargestellten Beispiele von bedingten Anträgen sind.
Da damit kein Antrag im Sinne des § 274 Abs. 1 BAO vorliegt und seitens des erkennenden Richters auch keine Notwendigkeit für die Durchführung einer mündlichen Verhandlung erkannt werden kann, konnte die gegenständliche Entscheidung ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung getroffen werden.
2.3. Zu Spruchpunkt I. (Gegenstandsloserklärung)
Gemäß § 261 Abs. 2 BAO ist, wenn einer Bescheidbeschwerde … gegen einen die Wiederaufnahme des Verfahrens bewilligenden oder verfügenden Bescheid (§ 307 Abs. 1) entsprochen wird, eine … gegen die Sachentscheidung (§ 307 Abs. 1) gerichtete Bescheidbeschwerde … mit Beschluss (§ 278) als gegenstandslos zu erklären.
Gemäß § 307 Abs. 3 BAO tritt das Verfahren durch die Aufhebung des die Wiederaufnahme des Verfahrens bewilligenden oder verfügenden Bescheides in die Lage zurück, in der es sich vor seiner Wiederaufnahme befunden hat.
Das BFG hat mit Erkenntnis vom zu RV/6100445/2020 den Beschwerden gegen die Wiederaufnahme der Einkommensteuerverfahren vom (betreffend 2013) bzw. vom (betreffend 2014 und 2015) stattgegeben und die Wiederaufnahmebescheide gemäß § 271 Abs. 1 BAO (ersatzlos) aufgehoben.
Die Bescheidbeschwerden gegen die nach Wiederaufnahme der Verfahren erlassenen Einkommensteuerbescheide für 2013, 2014 und 2015 sind daher gemäß § 261 Abs. 2 BAO für gegenstandslos zu erklären. Damit treten die ursprünglichen Einkommensteuerbescheide vom betreffend die Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) für 2013, vom betreffend die Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) für 2014 und von betreffend die Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) für 2015 wieder in Kraft.
2.4. Zu Spruchpunkt II. (Zulässigkeit einer Revision)
Gegen einen Beschluss des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Der gegenständliche Beschluss auf Gegenstandsloserklärung der nach Wiederaufnahme der Verfahren ergangenen Einkommensteuerbescheide für 2013, 2014 und 2015 nach Aufhebung der korrespondierenden Wiederaufnahmebescheide basiert direkt auf den oben angeführten gesetzlichen Bestimmungen. Eine Rechtsfrage von Grundsätzlicher Bedeutung liegt nicht vor.
Salzburg, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 261 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2021:RV.6100440.2020 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at