Frühestmöglicher Beginn einer Berufsausbildung
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Braunau Ried Schärding vom zu VNR ***2*** betreffend Rückforderung zu Unrecht für das Kind ***K*** für die Zeiträume Juli 2014 bis August 2014 und März 2015 bis September 2015 bezogener Beträge an Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträgen zu Recht erkannt:
I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Verfahrensgang
Mit Eingabe vom teilte der Beschwerdeführer dem Finanzamt mit, dass sein Sohn ***K*** im Juni 2014 maturiert habe. Im Zeitraum vom bis habe er den Grundwehrdienst geleistet. Sein Sohn werde im Herbst 2015 ein Studium beginnen und zwar voraussichtlich "Biotechnologie/Biomedizin". Derzeit bereite er sich für den Aufnahmetest vor. Sein Sohn gehe derzeit keiner Beschäftigung nach und beziehe keinerlei Einkommen. Er beantrage daher, beginnend mit wiederum die Familienbeihilfe zu gewähren.
Daraufhin wurde dem Beschwerdeführer die Familienbeihilfe, die bis zum Beginn des Grundwehrdienstes ausbezahlt worden war, ab März 2015 wieder gewährt.
In einem Vorhalt vom ersuchte das Finanzamt den Beschwerdeführer um Vorlage eines Nachweises über die Ablegung der Aufnahmeprüfung an der Veterinärmedizinischen Universität Wien.
Der Beschwerdeführer teilte dazu am mit, dass sein Sohn die Aufnahmeprüfung leider nicht positiv absolviert habe. Er habe daher mit an der Uni Wien das Studium "Chemie" begonnen.
Daraufhin forderte das Finanzamt mit Bescheid vom die vom Beschwerdeführer für seinen Sohn für die Zeiträume Juli 2014 bis August 2014 und März 2015 bis September 2015 bezogenen Beträge an Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträgen in Höhe von insgesamt 1.955,70 € zurück. Nach Zitierung der Bestimmung des § 2 Abs. 1 lit. e FLAG führte das Finanzamt aus, dass der Sohn des Beschwerdeführers sein Studium nicht zum frühestmöglichen Termin begonnen habe. Die Familienbeihilfe und der Kinderabsetzbetrag stünden daher für die Zeiten zwischen Matura und Bundesheer sowie Bundesheer und Studienbeginn nicht zu.
Dagegen richtet sich die Beschwerde vom . Darin wurde der angefochtene Bescheid ausdrücklich nur hinsichtlich der Rückforderung für die Monat Juli 2014, August 2014 und März 2015 angefochten. Der Beschwerdeführer wies darauf hin, dass sein Sohn im Juni 2014 maturiert und vom bis seinen Präsenzdienst abgeleistet habe. Mit habe er an der Universität Wien das Studium Chemie begonnen. Nach § 2 Abs. 1 lit. d FLAG 1967 hätten volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, für die Zeit zwischen dem Abschluss der Schulausbildung und dem Beginn einer weiteren Berufsausbildung, wenn die weitere Berufsausbildung zum frühest möglichen Zeitraum nach Abschluss der Schulausbildung begonnen wird, Anspruch auf Familienbeihilfe. Nach ständiger Rechtsprechung des UFS sowie des VwGH bestehe der Anspruch auf Familienbeihilfe auch für einen Zeitraum von drei Monaten nach Abschluss der Schulausbildung. Dadurch soll insbesondere die Zeit zwischen der Matura und dem frühestmöglichen Termin eines Studiums abgedeckt werden, zumal die Eltern in dieser Zeit weiterhin unterhaltspflichtig wären (UFS Wien vom RV/2236-W/12 u.a.). Für diesen Zeitraum von drei Monaten nach Abschluss der Schulausbildung (Matura) bestehe daher Anspruch auf Familienbeihilfe, sofern innerhalb dieser Frist der Beginn einer weiterführenden Ausbildung nicht möglich gewesen wäre. Indem sein Sohn im Juni 2014 maturiert habe, hätte er frühestens im Oktober 2014 ein Studium beginnen können. Auch den Präsenzdienst hätte er nicht früher antreten können, weil es in den Monaten Juli und August in ganz Österreich keine Einrückungstermine gäbe. Demnach habe für drei Monate nach der Matura, sohin für die Monate Juli 2014, August 2014 und auch September 2014 jedenfalls ein Anspruch auf Familienbeihilfe bestanden. Da nach ständiger Rechtsprechung die Ableistung des Präsenzdienstes eine Unterbrechung der Ausbildung darstelle und während dieser Zeit der Anspruch auf Familienbeihilfe beseitigt würde, werde in dieser Zeit der Lauf der dreimonatigen Frist für die Weitergewährung der Familienbeihilfe gemäß § 2 Abs. 1 lit. d FLAG gehemmt. Dies habe im vorliegenden Fall zur Folge, dass auch noch für den März 2015 Anspruch auf Kinderbeihilfe bestehe, weil zwischen der Matura (Juni 2014) und dem Beginn des Präsenzdienstes () nur zwei Monate des dreimonatigen Weitergewährungszeitraumes verbraucht wurden, sodass das dritte Monat nach dem Ende des Präsenzdienstes (nach Ablauf der Hemmung) zum Tragen komme. Dieser dritte Monat sei im vorliegenden Fall der März 2015. Demnach sei die Rückforderung der Familienbeilhilfe und des Kinderabsetzbetrages für die Monate Juli 2014, August 2014 und März 2015 zu Unrecht erfolgt. Er beantrage daher, den Bescheid vom entsprechend abzuändern und die Rückforderung von Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträge für die Monate Juli 2014, August 2014 und März 2015 aufzuheben.
In einem weiteren Vorhalt vom wurde der Beschwerdeführer um Mitteilung ersucht, wann die Aufnahmeprüfung für das Biotechnologie/Biomedizin Studium an der Veterinärmedizinischen Universität Wien stattgefunden habe. Es möge ein Nachweis für das Antreten des Sohnes zu dieser Prüfung vorgelegt werden. Ferner möge bekannt gegeben werden, wie sich der Sohn auf die Prüfung vorbereitet habe (Eigenstudium, Besuchen von Vorbereitungskursen). Schließlich wurde um Mitteilung ersucht, wann der Sohn über die Nichtzulassung zu diesem Studium informiert worden sei. Das diesbezügliche Schreiben der Veterinärmedizinischen Universität Wien möge vorgelegt werden.
Dazu gab der Beschwerdeführer mit Eingabe vom bekannt, dasss die Aufnahmeprüfung für das Biotechnologie/Biomedizin-Studium am stattgefunden habe. Dazu wurde eine entsprechende Bestätigung der Veterinärmedizinischen Universität Wien vorgelegt. Sein Sohn habe sich auf diese Prüfung in einem mehrmonatigen Eigenstudium vorbereitet. Eine dezidierte Information (Schreiben) über die Nichtzulassung zu diesem Studium sei nicht erfolgt. Sein Sohn sei nach dem Ergebnis der Aufnahmeprüfung auf die Warteliste gesetzt worden. Sein Sohn habe die Anmeldenummer ***3*** gehabt. Diesbezüglich wurde auf das beigelegte Ergebnis des Eignungstestes verwiesen. Im Sinn des § 3 der beiliegenden Erläuterungen zum Verfahrensablauf habe er keine Verständigung erhalten, wonach er im "Nachrückverfahren" einen Studienplatz erhalten hätte. Dieser Umstand sei der Nichtzulassung zum Biotechnologie/Biomedizin-Studium gleichzusetzen.
Daraufhin wies das Finanzamt mit Beschwerdevorentscheidung vom die Beschwerde als unbegründet ab. Nach Zitierung der Bestimmungen des § 2 Abs. 1 lit. d und lit. e FLAG führte das Finanzamt aus:
"Als frühestmöglicher Zeitpunkt ist jener Zeitpunkt anzunehmen, in dem nach Beendigung des Präsenzdienstes die Inskription der gewählten Studienrichtung vorgenommen werden kann. Auch ein nach den studienrechtlichen Vorschriften möglicher "Quereinstieg" in ein gewähltes Studium mit der Möglichkeit, bereits in diesem Semester mit der Berufsausbildung zu beginnen und Prüfungen ablegen zu können, ist der frühestmögliche Zeitpunkt im Sinne der Bestimmung des § 2 Abs. 1 lit. e FLAG 1967.
Ihr Sohn ***K*** hat im Juni 2014 maturiert und im Zeitraum bis seinen Grundwehrdienst abgeleistet. Der Plan Ihres Sohnes war es, im Herbst 2015 das Studium der Biotechnologie/Biomedizin zu beginnen. Die für die Zulassung zu diesem Studium notwendige Aufnahmeprüfung fand am statt. Ihr Sohn wurde nach dem Ergebnis der Aufnahmeprüfung auf die Warteliste gesetzt. Da Ihr Sohn keinen Studienplatz für das Bachelorstudium Biomedizin und Biotechnologie bekommen hat, hat er am das Studium der Chemie an der Universität Wien begonnen.
Subjektive Überlegungen beim Bezug der Familienbeihilfe spielen keine Rolle, vielmehr kommt es auf den tatsächlich verwirklichten Sachverhalt an. Es gibt keinen Interpretationsspielraum, was den klaren Gesetzeswortlaut angeht. Daran vermag auch das beabsichtigte Biotechnologie/Biomedizin- Studium, für das ein Beginn frühestens im Oktober 2015 möglich gewesen wäre, nichts zu ändern, kommt es doch auf den tatsächlich verwirklichten Sachverhalt, nicht aber auf einen möglichen, fiktiven Sachverhalt an.
Die Voraussetzung des frühestmöglichen Beginnes einer weiteren Berufsausbildung nach Abschluss der Schulausbildung wäre der Zeitpunkt gewesen, zu dem Ihr Sohn ***S*** [richtig: ***K***] frühestmöglich nach dem Ende des Präsenzdienstes das beabsichtigte Studium an der WU Wien beginnen hätte können. Konkret wäre dies der Beginn des Sommersemesters 2015 gewesen, da er mit Ende Februar 2015 den Präsenzdienst beendet hat.
Dass ein solcher "Quereinstieg" aufgrund des Studienplanes zu gewissen Erschwernissen und Hindernissen im Studienverlauf führen kann, ändert jedoch nichts daran, dass Ihr Sohn ***S*** [richtig: ***K***] die Möglichkeit gehabt hätte, bereits im Sommersemester 2015 mit dem beabsichtigten Studium zu beginnen.
Im Zuge der Vorhaltsbeantwortung haben Sie, befragt zum Thema, wie sich Ihr Sohn auf die Prüfung vorbereitet hat, angegeben, dass er sich auf die Prüfung in einem mehrmonatigen Eigenstudium vorbereitet hat. Es wurde keine Angaben hinsichtlich des genauen Zeitaufwandes der Prüfungsvorbereitung angegeben. Daher wird davon ausgegangen, dass sich Ihr Sohn auch im Monat März 2015 in keiner Berufsausbildung befunden hat."
Am beantragte der Beschwerdeführer die Entscheidung durch das Bundesfinanzgericht (Vorlageantrag). Weiteres Vorbringen wurde dabei nicht erstattet.
Am legte das Finanzamt die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor.
Der für die Erledigung der Beschwerde zuständig gewesene Richter trat mit in den Ruhestand. Aufgrund einer Verfügung des Geschäftsverteilungsausschusses des Bundesfinanzgerichtes wurde in weiterer Folge die Gerichtsabteilung des erkennenden Richters zur Erledigung (unter anderem) der gegenständlichen Beschwerde zuständig.
Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
Sachverhalt
Der Sohn des Beschwerdeführers legte im Juni 2014 die Reifeprüfung erfolgreich ab. Anschließend absolvierte er in der Zeit vom bis seinen Grundwehrdienst.
In weiterer Folge war geplant, dass der Sohn des Beschwerdeführers im Wintersemester 2015/16 mit dem Studium der Biotechnologie/Biomedizin an der Veterinärmedizinischen Universität Wien beginnt. Die für die Zulassung zu diesem Studium notwendige Aufnahmeprüfung fand am statt. Der Sohn des Beschwerdeführers wurde nach dem Ergebnis der Aufnahmeprüfung auf die Warteliste gesetzt.
Da der Sohn des Beschwerdeführers keinen Studienplatz für das in Aussicht genommene Studium an der Veterinärmedizinischen Universität Wien bekommen hat, hat er am das Studium der Chemie an der Universität Wien begonnen. Ab Oktober 2015 wurde dem Beschwerdeführer für seinen Sohn aufgrund dieser Berufsausbildung wieder Familienbeihilfe gewährt.
Die Zulassung zu diesem Studium erfolgte am . Zu diesem Zeitpunkt war für das Bachelorstudium Chemie (UA 033 662) noch kein Aufnahmeverfahren vorgesehen. Nach den Informationen auf der Homepage der Universität Wien wird ein solches erst seit dem Wintersemester 2019/20 durchgeführt.
Der Feststellung des Finanzamtes in der Beschwerdevorentscheidung, dass ein Quereinstieg in dieses Studium bereits im Sommersemester 2015 - somit unmittelbar nach Beendigung des Präsenzdienstes - möglich gewesen wäre, trat der Beschwerdeführer im Vorlageantragt nicht entgegen. Auch den Informationen auf der Homepage der Universität Wien ist nichts Gegenteiliges zu entnehmen. Demnach sei ein solcher Quereinstieg grundsätzlich möglich, wobei allerdings einige Dinge zu beachten wären. Da die meisten Studierenden im Wintersemester beginnen, sei das Lehrveranstaltungsangebot (vor allem bei der STEOP - Studieneingangs- und Orientierungsphase bei Bachelorstudien) im Wintersemester größer. Die STEOP werde - außer bei manchen Studien mit Aufnahmeverfahren - auch im Sommersemester angeboten, aber es könne sein, dass es diese wirklich nur zu einem Termin in der Woche gäbe, während man im Wintersemester zwischen vier verschiedenen Terminen auswählen könne. Das habe aber auch seine Vorteile: so bestehe kein Entscheidungszwang, welcher Termin gewählt werde - was zu Beginn des Studiums überfordern könne. Hinsichtlich der Zulassungsfrist sei zu beachten, dass die Zulassungsfrist für das Sommersemester nur ein Monat dauere (für das Wintersemester seien es zwei Monate). Daher sei weniger Zeit, um Organisatorisches zu erledigen. Hinsichtlich der Studien- und Familienbeihilfe verhalte es sich beim Quereinstieg nicht anders als beim "normalen" Einstieg. Vor allem bei Studienwechsel sollte man sich aber vorher bei den zuständigen Stellen erkundigen, wie es mit diesen Förderungen aussieht. Ab dem zweiten Semester - egal ob im Winter- oder Sommersemester eingestiegen - seien alle Studierenden "irgendwie gleich". Denn die Grundlagen eines Unistudiums, wie Selbstorganisation des Stundenplans, seien schon bekannt und die ersten Freundschaften geschlossen (Quelle: https://blog.univie.ac.at/quereinstieg-studienbeginn-im-sommersemester-geht-das/).
Der vom Finanzamt mit dem angefochtenen Bescheid zurückgeforderte Betrag wurde mit Überweisung per zurückgezahlt.
Beweiswürdigung
Der festgestellte und unstrittige Sachverhalt ergibt sich aus dem Vorbringen des Beschwerdeführers, den zitierten Aktenteilen, den Eintragungen und Anmerkungen in der Beihilfendatenbank, dem Abgabenkonto zu StNr. ***1*** und den Angaben der Universität Wien auf ihrer Homepage.
Zu klären ist im vorliegenden Fall die Rechtsfrage, ob der Sohn des Beschwerdeführers frühestmöglich im Sinne des § 2 Abs. 1 lit. d und e FLAG sein Studium begonnen hat.
Rechtliche Beurteilung
Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)
Die Bestimmungen des § 2 Abs. 1 lit. d und e FLAG 1967 lauteten in der vor Änderung durch das Budgetbegleitgesetz 2011, BGBl I Nr. 111/2010, geltenden Fassung:
§ 2. (1) Anspruch auf Familienbeihilfe haben Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, …
d) für volljährige Kinder, die das 26. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, für die Dauer von drei Monaten nach Abschluss der Berufsausbildung, sofern sie weder den Präsenz- oder Ausbildungsdienst noch den Zivildienst leisten,
e) für volljährige Kinder, die das 26. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, für die Zeit zwischen der Beendigung des Präsenz- oder Ausbildungs- oder Zivildienstes und dem Beginn oder der Fortsetzung der Berufsausbildung, wenn die Berufsausbildung zum frühestmöglichen Zeitpunkt nach dem Ende des Präsenz- oder Zivildienstes begonnen oder fortgesetzt wird, …
Durch das Budgetbegleitgesetz 2011 wurden diese Bestimmungen wie folgt geändert:
§ 2. (1) Anspruch auf Familienbeihilfe haben Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, …
d) für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, für die Zeit zwischen dem Abschluss der Schulausbildung und dem Beginn einer weiteren Berufsausbildung, wenn die weitere Berufsausbildung zum frühestmöglichen Zeitpunkt nach Abschluss der Schulausbildung begonnen wird,
e) für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, für die Zeit zwischen der Beendigung des Präsenz- oder Ausbildungs- oder Zivildienstes und dem Beginn oder der Fortsetzung der Berufsausbildung, wenn die Berufsausbildung zum frühestmöglichen Zeitpunkt nach dem Ende des Präsenz- oder Zivildienstes begonnen oder fortgesetzt wird, …
Zunächst ist im vorliegenden Fall festzuhalten, dass die in der Beschwerde ins Treffen geführte Bestimmung des § 2 Abs. 1 lit. d FLAG idF vor der Änderung durch das Budgetbegleitgesetz 2011, welche die vom Beschwerdeführer mehrfach erwähnte Dreimonatsfrist enthalten hatte, auf den verfahrensgegenständlichen Zeitraum nicht mehr anzuwenden ist. § 2 Abs. 1 lit. d FLAG idF BGBl I Nr. 111/2010 trat am in Kraft (§ 55 Abs. 17 lit. e FLAG 1967) und § 2 Abs. 1 lit. e FLAG idF BGBl I Nr. 111/2020 am (§ 55 Abs. 17 lit. g FLAG 1967). Aus dem diesbezüglich erstatteten Beschwerdevorbringen ist daher für den vorliegenden Fall nichts zu gewinnen.
Für die Frage, ob im gegenständlicher Fall ein frühestmöglicher Studienbeginn im Sinne des § 2 Abs. 1 lit. d und e FLAG vorliegt, ist zwischen dem zunächst beabsichtigten Studium Biomedizin/Biotechnologie an der Veterinärmedizinischen Universität Wien und dem tatsächlich begonnenen Bachelorstudium Chemie an der Universität Wien zu unterscheiden.
Dem beabsichtigten Studium an der Veterinärmedizinischen Universität kann bei der Prüfung des Beihilfenanspruches schon deswegen keine Bedeutung zukommen, weil dieses Studium tatsächlich nicht begonnen wurde, die zitierten Bestimmungen des FLAG aber ausdrücklich auf den "Beginn" einer (weiteren) Berufsausbildung abstellen. Einer - dann gar nicht begonnenen -Ausbildung vorangehende Schritte einer Bewerbung einschließlich eines Tests stellen noch keine Ausbildung dar ().
Das Bachelorstudium Chemie an der Universität Wien hätte dagegen nach den unwidersprochen gebliebenen Feststellungen des Finanzamtes in der Beschwerdevorentscheidung, der nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes Vorhaltecharakter zukommt (z.B. ), und die in Einklang mit den zitierten Angaben der Universität auf ihrer Homepage stehen, bereits im Sommersemester 2015 begonnen werden können. Der "frühestmögliche Zeitpunkt" ist nach rein objektiven Kriterien zu beurteilen. Persönliche oder andere nicht unmittelbar mit der Berufsausbildung im Zusammenhang stehende Gründe sind dabei unbeachtlich ().
Da somit das Bachelorstudium Chemie nicht "frühestmöglich" begonnen wurde, bestand für die im angefochtenen Bescheid angeführten Zeiträume kein Beihilfenanspruch. Nur wenn der Beginn dieses Studium im Wintersemester 2015/16 "frühestmöglich" im Sinn der genannten Bestimmungen gewesen wäre, hätte jedenfalls für die Monate März bis September 2015 und allenfalls auch für die Monate Juli bis August 2014 (vgl. ) ein Beihilfenanspruch bestanden.
Gemäß § 26 Abs. 1 FLAG 1967 hat derjenige, der Familienbeihilfe zu Unrecht bezogen hat, die entsprechenden Beträge zurückzuzahlen. Dies gilt gemäß § 33 Abs. 3 EStG auch für zu Unrecht bezogene Kinderabsetzbeträge.
Aus § 26 Abs. 1 FLAG ergibt sich eine rein objektive Rückzahlungspflicht desjenigen, der die Familienbeihilfe zu Unrecht bezogen hat. Es kommt nur auf die objektive Rechtswidrigkeit des Bezugs von Familienbeihilfe an, also auf das Fehlen der Anspruchsvoraussetzungen für den Leistungsbezug. Subjektive Momente, wie Verschulden an der (ursprünglichen oder weiteren) Auszahlung der Familienbeihilfe, Gutgläubigkeit des Empfangs der Familienbeihilfe oder die Verwendung derselben sind nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes für die Verpflichtung zur Rückerstattung unrechtmäßiger Beihilfenbezüge unerheblich. Entscheidend ist lediglich, ob der Empfänger die Beträge zu Unrecht erhalten hat. Wie der Bezieher die erhaltenen Beträge verwendet hat, ist nicht von Bedeutung; ebenso, ob der Bezieher diese im guten Glauben entgegengenommen hat. Der gutgläubige Verbrauch der Beträge ist rechtlich ohne Bedeutung, weil der Rückforderungsanspruch nach § 26 Abs. 1 FLAG nur auf die objektive Unrechtmäßigkeit des Bezuges der Familienbeihilfe abstellt (Lenneis/Wanke, FLAG, § 26 Rz 12 ff mit zahlreichen Judikaturnachweisen).
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Da die entscheidungsrelevanten Rechtsfragen bereits durch die zitierten Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes geklärt sind, ist eine ordentliche Revision nicht zulässig.
Linz, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer FLAG |
betroffene Normen | § 2 Abs. 1 lit. d und e FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967 § 26 Abs. 1 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2021:RV.5100092.2017 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at