Bei mitgliedsstaatsübergreifendem Sachverhalt vorrangiger Familienbeihilfenanspruch der haushaltsführenden Mutter (Trapkowsi C-378/14)
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin***1*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Waldviertel vom betreffend Abweisung des Antrages auf Ausgleichszahlung für das Kind ***4*** ***3***, geb. ***5***, von Jän. 2018 bis Dez. 2018 zu Recht erkannt:
Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Verfahrensgang
Der Beschwerdeführer (Bf.) ***2*** ***3*** stellte am den Antrag auf Ausgleichszahlung für sein Kind ***4*** ***3***, geb. ***5***, von bis .
Der Bf. wohnt in ***6*** in Österreich.
Er arbeitet in Österreich, sein Dienstgeber ist das Bundesministerium für Inneres.
Er zahlt seinem Sohn einen Unterhalt von monatlich 219,02.
Sein Kind, Staatsbürgerschaft Tschechien, wohnt bei seiner Mutter ***7*** in Tschechien im gemeinsamen Haushalt.
Das Finanzamt wies den Antrag auf Ausgleichszahlung betreffend den Zeitraum Jän. 2018 bis Dez. 2018 ab und führte begründend aus:
"Gemäß § 53 Abs. 1 FLAG 1967 sind Staatsbürger von Vertragsparteien des Übereinkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum, soweit es sich aus dem genannten Übereinkommen ergibt, in diesem Bundesgesetz österr. Staatsbürgern gleichgestellt. Hierbei ist der ständige Aufenthalt eines Kindes in einem Staat des Europäischen Wirtschaftsraumes nach Maßgabe der gemeinschaftsrechtlichen Bestimmungen dem ständigen Aufenthalt eines Kindes in Österreich gleichzuhalten.
In Österreich ist jener Elternteil vorrangig anspruchsberechtigt, der das Kind in seinem Haushalt hat. Da Ihr Sohn ***4*** nicht in Ihrem Haushalt lebt, war wie im Spruch zu entscheiden."
Gegen den Abweisungsbescheid brachte der Bf. Beschwerde ein und führte aus:
"Die Beschwerde richtet sich gegen folgenden Punkt des Bescheides:
"In Österreich ist jener Elternteil vorrangig anspruchsberechtigt, der das Kind in seinem Haushalt hat.
Da Ihr Sohn ***4*** nicht in Ihrem Haushalt lebt, war wie im Spruch zu entscheiden."
Begründung:
Das Familienlastenausgleichsgesetz 1967 in der geltenden Fassung normiert:
"§ 2. (1) Anspruch auf Familienbeihilfe haben Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben a) für...
(2) Anspruch auf Familienbeihilfe für ein im Abs. 1 genanntes Kind hat die Person zu deren Haushalt das Kind gehört. Eine Person zu deren Haushalt das Kind nicht gehört, die jedoch die Unterhaltskosten für das Kind überwiegend trägt, hat dann Anspruch auf Familienbeihilfe wenn keine andere Person nach dem ersten Satz anspruchsberechtigt ist."
Da die Mutter, die mit meinem Sohn in einem gemeinsamen Haushalt in Tschechien wohnt nach eigenen Angaben keinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in Österreich hat, besteht nach nationalem Recht kein Anspruch der Mutter auf Familienbeihilfe in Österreich. Somit gibt es gemäß § 2 Abs. 2 erster Satz FLAG 1967 keinen (vorrangig) anspruchsberechtigten Elternteil, zu deren Haushalt das Kind gehört. Ich trage den überwiegenden Teil der Unterhaltskosten für meinen Sohn, der nicht mit mir im Haushalt wohnt. Weitere anspruchsberechtigte Personen gibt es nicht.
Ich beantrage deshalb weiterhin als einziger Anspruchsberechtigter die Zuerkennung der Familienbeihilfe (Ausgleichszahlung) und ersuche um Erlassung eines neuen positiven Bescheides."
Das Finanzamt wies die Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung als unbegründet ab und führte wie folgt aus:
"Sie beantragten im April 2019 die Ausgleichszahlung betreffend das Jahr 2018 für Ihren Sohn ***4***. Mit Bescheid vom wurde dieser Antrag mit Verweis auf § 2 Abs. 2 FLAG 1967 abgewiesen.
Gegen diesen Bescheid wurde Beschwerde erhoben und vorgebracht, dass die beantragte Ausgleichszahlung sehr wohl zustehe, da Sie den überwiegenden Teil der Unterhaltskosten für Ihren Sohn ***4*** tragen. Das Kind lebt bei der Kindesmutter in Tschechien und absolviert dort die Schulausbildung.
Da im gegenständlichen Fall ein grenzüberschreitender Sachverhalt vorliegt, sind bezüglich der Familienleistungen nicht nur die innerstaatlichen Bestimmungen des FLAG 1967 zu beachten, sondern auch die Verordnung (EG) 883/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom zur Koordinierung des Systems der sozialen Sicherheit sowie die Verordnung (EG) 987/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom zur Festlegung der Modalitäten für die Durchführung der Verordnung (EG) 883/2004 über die Koordinierung des Systems der sozialen Sicherheit.
Nach dem Urteil des Europäischen Gerichtshofes C- 378/14 (Tomislaw Trapkowski) obliegt es aber der zuständigen nationalen Behörde, zu bestimmen, welche Personen nach nationalem Recht den Anspruch auf Familienbeihilfe geltend machen können.
Gemäß § 2 Abs. 2 FLAG 1967 hat die Person Anspruch auf Familienbeihilfe, zu deren Haushalt das Kind gehört. Eine Person, zu deren Haushalt das Kind nicht gehört, die jedoch die Unterhaltskosten für das Kind überwiegend trägt, hat dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn keine andere Person nach dem ersten Satz anspruchsberechtigt ist.
Zum Haushalt einer Person gehört ein Kind nach § 2 Abs. 2 FLAG 1967 dann, wenn es bei einheitlicher Wirtschaftsführung eine Wohnung mit dieser Person teilt.
Bereits aus dem klaren Wortlaut des § 2 Abs. 2 FLAG 1967 geht hervor, dass der Anspruch auf Familienbeihilfe in zwei Stufen zu prüfen ist. Demnach räumt das Gesetz den Anspruch auf Familienbeihilfe zunächst demjenigen ein, zu dessen Haushalt das Kind gehört. Nur dann, wenn das Kind zu keinem Haushalt einer anspruchsberechtigten Person gehört, ist die Frage der Kostentragung relevant. Nur in diesem Fall steht nämlich laut dem eindeutigen Gesetzeswortlaut die Familienbeihilfe demjenigen zu, der die Kosten des Unterhalts überwiegend trägt.
Im gegenständlichen Fall ist unbestritten, dass Ihr Sohn ***4*** bei der Kindesmutter in Tschechien lebt und somit dem Haushalt der Kindesmutter angehört.
Für ein Kind, das im Haushalt der Kindesmutter betreut wird, kann daher bei Ihnen kein Anspruch auf Familienbeihilfe/Ausgleichszahlung aus dem Titel der überwiegenden Kostentragung vorliegen, unabhängig davon, ob und wieviel Unterhalt geleistet wird. Eine Prüfung von Unterhaltsleistungen kann aus diesem Grund unterbleiben.
Die Beschwerde war aus oben angeführten Gründen abzuweisen."
Der Bf. stellte den Antrag auf Entscheidung über die Beschwerde (Vorlageantrag) durch das Bundesfinanzgericht:
"Im Abweisungsbescheid vom und der Beschwerdevorentscheidung vom wurde mein Antrag vom um Gewährung auf Familienbeihilfe (Ausgleichszahlung) für meinen Sohn ***4******3*** abgelehnt. Begründend wird ausgeführt, dass in Österreich jener Elternteil vorranging anspruchsberechtigt ist, der das Kind in seinem Haushalt hat. Da mein Sohn ***4*** nicht in meinem Haushalt lebt, war wie im Spruch zu entscheiden.
Mein Sohn ***4*** lebt bei der Kindesmutter in Tschechien und absolviert dort die Schulausbildung. Nach eigenen Angaben der Kindesmutter hat sie keinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in Österreich. Der Mittelpunkt der Lebensinteressen liegt durch ihren gemeinsamen Wohnsitz mit ihren zwei Kindern und den engen persönlichen Bindungen in Tschechien.
Da diese grundentscheidenden Punkte für den Anspruch auf Familienbeihilfe gemäß § 2 Abs. 1 und 8 FLAG 1967 nicht zutreffen, gibt es gemäß § 2 Abs. 2 erster Satz FLAG 1967 keinen (vorrangig) anspruchsberechtigten Elternteil, zu deren Haushalt das Kind gehört. In diesem Fall hat die Person, zu deren Haushalt das Kind nicht gehört, die jedoch den überwiegenden Teil der Unterhaltskosten trägt - das im meinen Falle zutrifft - Anspruch auf Familienbeihilfe.
Ich beantrage deshalb weiterhin als einziger Anspruchsberechtigter die Zuerkennung der Familienbeihilfe (Ausgleichszahlung)."
Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
Sachverhalt
Sachverhaltsmäßig ist es als erwiesen anzunehmen, dass das Kind des Bf. im Haushalt der Kindesmutter, von der der Bf. geschieden ist, in Tschechien lebt.
Erwiesen ist weiters dass der Bf. hat monatliche Unterhaltszahlungen in der oben ausgewiesenen Höhe bezahlt hat.
2. Rechtliche Würdigung
2.1 Innerstaatliches Recht
Nach § 2 Abs. 1 lit. a FLAG 1967 haben Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, für minderjährige Kinder Anspruch auf Familienbeihilfe. Nach Abs. 2 leg. cit. hat jene Person Anspruch auf Familienbeihilfe für ein im Abs. 1 genanntes Kind, zu deren Haushalt das Kind gehört. Eine Person, zu deren Haushalt das Kind nicht gehört, die jedoch die Unterhaltskosten überwiegend für das Kind trägt, hat dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn keine andere Person nach dem ersten Satz anspruchsberechtigt ist.
Zum Haushalt einer Person gehört ein Kind gemäß § 2 Abs. 5 FLAG 1967 dann, wenn es bei einheitlicher Wirtschaftsführung eine Wohnung mit dieser Person teilt.
Gemäß § 5 Abs. 3 FLAG 1967 besteht kein Anspruch auf Familienbeihilfe für Kinder, die sich ständig im Ausland aufhalten.
In diesem Zusammenhang bestimmt jedoch § 53 Abs. 1 FLAG 1967, dass Staatsbürger von Vertragsparteien des Übereinkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR), soweit es sich aus dem genannten Übereinkommen ergibt, in diesem Bundesgesetz österreichischen Staatsbürgern gleichgestellt sind. Hierbei ist der ständige Aufenthalt eines Kindes in einem Staat des Europäischen Wirtschaftsraumes nach Maßgabe der gemeinschaftsrechtlichen Bestimmungen dem ständigen Aufenthalt eines Kindes in Österreich gleichzuhalten.
Im Sinne des ersten Abschnittes des FLAG 1967 sind gemäß § 2 Abs. 3 FLAG 1967 Kinder einer Person deren Nachkommen (lit. a), deren Wahlkinder und deren Nachkommen (lit b), deren Stiefkinder (lit c) sowie deren Pflegekinder im Sinne der §§ 186, 186a ABGB.
Die vom Bf. beantragte Ausgleichszahlung (zur Familienbeihilfe) ist weiters unter die Familienleistungen im Sinne des Art. 3 Abs. 1 lit. j VO 883/2004 zu subsumieren, daher ist diese Verordnung im gegenständlichen Fall auch sachlich anwendbar.
2.2. Gemeinschaftsrecht
Artikel 67 der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 lautet:
"Familienangehörige, die in einem anderen Mitgliedstaat wohnen
Eine Person hat auch für Familienangehörige, die in einem anderen Mitgliedstaat wohnen, Anspruch auf Familienleistungen nach den Rechtsvorschriften des zuständigen Mitgliedstaats, als ob die Familienangehörigen in diesem Mitgliedstaat wohnen würden. Ein Rentner hat jedoch Anspruch auf Familienleistungen nach den Rechtsvorschriften des für die Rentengewährung zuständigen Mitgliedstaats."
Gemäß Art. 2 der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 iVm § 2 Abs. 3 FLAG 1967 gilt diese Verordnung für den Bf., österreichischer Staatsbürger, und die Kindesmutter und deren gemeinsames Kind ***4***, tschechische Staatsbürger, und damit Staatsangehörige eines Mitgliedsstaates der Europäischen Union sind.
Der Kindesvater unterliegt aufgrund seiner nichtselbständigen Erwerbstätigkeit in Österreich gemäß Art. 11 Abs. 3 lit. a der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 den österreichischen Rechtsvorschriften, die Kindesmutter unterliegt den tschechischen Rechtsvorschriften.
Da allerdings die Kindesmutter in Tschechien mit dem Kind in einem Haushalt lebt hat vorrangige Familienbeihilfe Tschechien zu leisten.
Dazu bestimmt Art. 60 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 987/2009:
"Die Familienleistungen werden bei dem zuständigen Träger beantragt. Bei der Anwendung von Artikel 67 und 68 der Grundverordnung ist, insbesondere was das Recht einer Person zur Erhebung eines Leistungsanspruchs anbelangt, die Situation der gesamten Familie in einer Weise zu berücksichtigen, als würden alle beteiligten Personen unter die Rechtsvorschriften des betreffenden Mitgliedstaats fallen und dort wohnen. Nimmt eine Person, die berechtigt ist, Anspruch auf die Leistungen zu erheben, dieses Recht nicht wahr, berücksichtigt der zuständige Träger des Mitgliedstaats, dessen Rechtsvorschriften anzuwenden sind, einen Antrag auf Familienleistungen, der von dem anderen Elternteil, einer als Elternteil behandelten Person oder von der Person oder Institution, die als Vormund des Kindes oder der Kinder handelt, gestellt wird."
Im , Tomislaw Trapkowski, hat der EuGH unter Hinweis auf die Familienbetrachtungsweise mehrfach betont, dass die Frage, wem der Anspruch auf Familienleistungen (Differenzzahlungen) zusteht, ausschließlich nach den innerstaatlichen (hier also österreichischen) Rechtsvorschriften zu prüfen ist (siehe insbesondere die Rn 38 ff dieser Entscheidung), was sich im Übrigen schon unmissverständlich aus dem klaren und unzweideutigen Wortlaut des Art. 60 Abs.1 zweiter Satz der Durchführungsverordnung (EG) Nr. 987/2009 ergibt. Der EuGH stellte daher fest, dass der Anspruch auf Familienleistung auch einer Person zustehen kann, die nicht in dem Mitgliedsstaat wohnt, der für die Gewährung der Leistungen zuständig ist, sofern alle anderen durch das nationale Recht vorgeschriebenen Voraussetzungen für die Gewährung erfüllt sind.
Das Unionsrecht selbst vermittelt somit keinen originären Anspruch auf nationale Familienleistungen. Es ist nach wie vor Sache der Mitgliedstaaten, wem sie unter welchen Voraussetzungen wie lange Familienleistungen zuerkennen. Das Unionsrecht verlangt allerdings im Allgemeinen, dass diese Zuerkennung diskriminierungsfrei erfolgen muss, und im Besonderen, dass die Familienangehörigen einer Person, die in den Anwendungsbereich der VO 883/2004 fällt, so zu behandeln sind, als hätten alle Familienangehörigen ihren Lebensmittelpunkt in dem Mitgliedstaat, der Familienleistungen gewähren soll (zB ; ; ; ; ; ; ; ).
Die nach Art. 67 VO 883/2004 iVm Art. 60 Abs. 1 Satz 2 VO 987/2009 vorzunehmende Fiktion bewirkt, dass die Wohnsituation auf Grundlage der im Streitzeitraum im anderen EU-Mitgliedstaat gegebenen Verhältnisse (fiktiv) ins Inland übertragen wird. Diese Fiktion besagt aber nur, dass zu unterstellen ist, dass alle Familienangehörigen im zuständigen Mitgliedstaat wohnen. Ob etwa ein gemeinsamer Haushalt besteht, ist dagegen sachverhaltsbezogen festzustellen (zB ; ; ; ; ; ; ).
Wer von den unionsrechtlich grundsätzlich als anspruchsberechtigte Personen anzusehenden Familienangehörigen tatsächlich primär oder sekundär oder gar keinen Anspruch auf österreichische Familienleistungen hat, ist daher nach nationalem Recht zu beurteilen (zB ; ; ; ; ).
Wie oben ausgeführt, hat gemäß § 2 Abs. 2 FLAG 1967 Anspruch auf Familienbeihilfe für ein (im Abs. 1 genanntes) Kind die Person, zu deren Haushalt das Kind gehört. Eine Person, zu deren Haushalt das Kind nicht gehört, die jedoch die Unterhaltskosten für das Kind überwiegend trägt, hat dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn keine andere Person nach dem ersten Satz anspruchsberechtigt ist.
Da der Bf. im Streitzeitraum keinen gemeinsamen Haushalt mit seiner geschiedenen Ehegattin geführt hat, steht seinem Anspruch auf Familienbeihilfe der Umstand entgegen, dass primären Anspruch auf Familienbeihilfe die Person hat, zu deren Haushalt das Kind gehört, hier also die Kindesmutter.
Der vorrangige Anspruch auf Familienleistungen steht somit bei dem gegebenen Sachverhalt der Kindesmutter zu, solange die Anspruchsvoraussetzungen dem Grunde nach in der Person des Bf. erfüllt sind. Der im Verwaltungsverfahren erörterten Frage der überwiegenden Kostentragung durch den Bf. kommt keine Entscheidungsrelevanz zu.
Die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (zuletzt ) ist durch die dargestellte Rechtsprechung des EuGH überholt. Die Ansicht des VwGH, dass eine überwiegende Kostentragung eines in Österreich erwerbstätigen Unionsbürgers, die bei bestehender Haushaltszugehörigkeit der Kinder zum anderen Elternteil nachdem anzuwendenden innerstaatlichem Recht keine Entscheidungsrelevanz hat, hier doch Voraussetzung für einen Differenzzahlungsanspruch sein soll, findet weder im Unionsrecht noch im innerstaatlichen Recht Deckung. Diese Rechtsansicht führte im Ergebnis regelmäßig zu einer Diskriminierung von Unionsbürgern (der haushaltsführenden Kindesmutter) gegenüber inländischen Staatsbürgern.
Da im gegenständlichen Fall das Kind bei der Kindesmutter (in Tschechien) - getrennt vom Bf. - lebt und daher bei dieser haushaltszugehörig ist, besteht nach österreichischem Recht kein Anspruch auf Familienleistungen des Bf.; ein nach nationalem Recht nicht bestehender Anspruch kann nicht durch das Unionsrecht begründet werden. Der vorrangige Anspruch auf Familienleistungen steht somit bei dem gegebenen Sachverhalt der Kindesmutter zu, solange die Anspruchsvoraussetzungen dem Grunde nach in der Person des Bf. erfüllt sind.
Die Beschwerde war daher abzuweisen.
Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Da das Erkenntnis von der - wenn auch durch die zitierte Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes überholten - Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, ist keine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof zulässig (vgl. ).
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer FLAG |
betroffene Normen | § 2 Abs. 2 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967 § 2 Abs. 3 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967 Art. 11 Abs. 3 lit. a VO 883/2004, ABl. Nr. L 166 vom S. 1 Art. 60 Abs. 1 VO 987/2009, ABl. Nr. L 284 vom S. 1 Art. 67 VO 883/2004, ABl. Nr. L 166 vom S. 1 Art. 60 Abs. 1 VO 987/2009, ABl. Nr. L 284 vom S. 1 § 2 Abs. 5 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967 Art. 67 VO 883/2004, ABl. Nr. L 166 vom S. 1 § 2 Abs. 1 lit. a FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967 Art. 67 VO 883/2004, ABl. Nr. L 166 vom S. 1 § 5 Abs. 3 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967 Art. 60 Abs. 1 Satz 2 VO 987/2009, ABl. Nr. L 284 vom S. 1 § 2 Abs. 2 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967 Art. 2 VO 883/2004, ABl. Nr. L 166 vom S. 1 § 53 Abs. 1 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967 § 2 Abs. 1 und 8 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2021:RV.7101247.2020 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at