Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 04.02.2021, RV/7400199/2019

Vorschreibung von Aussetzungszinsen (Wiener Landes- und Gemeindeabgaben)

Beachte

VfGH-Beschwerde zur Zahl E 1058/2021 anhängig. Behandlung der Beschwerde mit Beschluss vom abgelehnt.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Mag. Mirha Karahodzic MA in der Beschwerdesache der ***Bf***, vertreten durch RA Dr. Georg Lehner, Südtirolerstraße 12A, 4600 Wels, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 6, Buchhaltungsabteilung 33 vom , AbgKNr. *****, betreffend Festsetzung von Aussetzungszinsen gemäß § 212a iVm § 212b BAO für den Zeitraum bis iHv € 453,70, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

1. Sachverhalt

Bei der belangten Behörde war ein Abgabenfestsetzungsverfahren der beschwerdeführenden Gesellschaft betreffend Kommunalsteuer für Zeitraum 01/2004 bis 12/2006 iHv € 1.434,13 anhängig, im Zuge dessen am das Rechtsmittel der Bescheidbeschwerde eingebracht und ein Antrag auf Aussetzung der Einhebung iSd § 212a BAO gestellt wurde. Dieser Antrag wurde mit Bescheid vom bewilligt, weshalb zunächst ein Zahlungsaufschub eintrat. Über die Beschwerde wurde am entschieden. Am verfügte die belangte Behörde bescheidmäßig gemäß § 212a Abs. 5 BAO den Ablauf der seitens der beschwerdeführenden Gesellschaft in Anspruch genommenen Aussetzung der Einhebung der davon betroffen gewesenen Kommunalsteuer iHv € 1.434,13. Diese Verfügung ist der beschwerdeführenden Gesellschaft am zugegangen.

Mit gesondertem, nunmehr angefochtenen Bescheid vom wurden gegenüber der beschwerdeführenden Gesellschaft für den Zeitraum bis Aussetzungszinsen iHv € 453,70 festgesetzt. Eine Berechnungstabelle war dem Bescheid nicht angefügt, befand sich aber im Verwaltungsakt. Die Berechnung stellt sich wie folgt dar:


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Rückstand
von
Bis
Tage
Prozent (Zinssatz)
Zinsen €
€ 1.434,13
3849
3
453,70

In der Beschwerdevorentscheidung vom wurde diese Berechnung insoweit verbalisiert, als auf das Ausmaß der Zinsen iHv 3% sowie den Zeitraum bis hingewiesen wurde.

Mit Ladung vom schrieb das Bundesfinanzgericht die beantragte mündliche Verhandlung für den aus. Auf Grund einer urlaubsbedingten Vertagungsbitte des Rechtsvertreters kam es zu einer Vertagung, letztlich auf unbestimmte Zeit, da der Rechtsvertreter trotz Aufforderung durch das Bundesfinanzgericht mit E-Mail vom keinen neuen Termin genannt hat und ihm bis zum eine Fristerstreckung zur Beantwortung des mit E-Mail vom übermittelten Vorhaltes, in dem die Bemessungsgrundlagen der Aussetzungszinsen dargelegt wurden, gewährt wurde. Der Vorhalt wurde nicht beantwortet.

Mit Ladung vom schrieb das Bundesfinanzgericht die beantragte mündliche Verhandlung nun für den aus. Auf Grund einer neuerlichen Vertagungsbitte kam es zur Verlegung der mündlichen Verhandlung auf den , 14 Uhr. Am Vormittag des langte beim Bundesfinanzgericht eine neuerliche Vertagungsbitte per Fax ein, da der Rechtsvertreter erkrankt sei. Eine ärztliche Bestätigung war nicht beigefügt.

Die mündliche Verhandlung am fand in Anwesenheit des Behördenvertreters statt.

2. Beweiswürdigung

Die getroffenen Feststellungen, die zugleich den Verfahrensgang abbilden, ergeben sich widerspruchslos aus dem Verwaltungsakt bzw. den Eingaben des Beschwerdeführers. Dass es tatsächlich zu einer Aussetzung der Einhebung gekommen ist, ist ebenso unstrittig wie die Höhe des ausgesetzten Betrages an Kommunalsteuer. Dasselbe gilt für den Zeitraum der Aussetzung.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)

3.1.1. In der gegen den Bescheid eingebrachten Beschwerde wurde im Wesentlichen vorgebracht, dem Bescheid sei nicht zu entnehmen, wie sich die Aussetzungszinsen konkret im Einzelnen errechneten. Es sei für die beschwerdeführende Gesellschaft in keiner Weise nachvollziehbar, wie die belangte Behörde zu Aussetzungszinsen in der genannten Höhe gelange, zumal auf dem Bescheid auch keine Fälligkeitstermine erkennbar seien. Insgesamt sei nicht erkennbar, auf welche Grundlagen sich der angefochtene Bescheid stütze. Zudem seien gemäß § 212a Abs. 9 BAO Aussetzungszinsen, die den Betrag von € 50,00 nicht erreichten, nicht festzusetzen; dies sei jedoch nicht überprüfbar.

Die Rechtslage stellt sich in diesem Zusammenhang wie folgt dar:

§ 212a BAO lautet auszugsweise:

"(1) Die Einhebung einer Abgabe, deren Höhe unmittelbar oder mittelbar von der Erledigung einer Bescheidbeschwerde abhängt, ist auf Antrag des Abgabepflichtigen von der Abgabenbehörde insoweit auszusetzen, als eine Nachforderung unmittelbar oder mittelbar auf einen Bescheid, der von einem Anbringen abweicht, oder auf einen Bescheid, dem kein Anbringen zugrunde liegt, zurückzuführen ist, höchstens jedoch im Ausmaß der sich bei einer dem Begehren des Abgabepflichtigen Rechnung tragenden Beschwerdeerledigung ergebenden Herabsetzung der Abgabenschuld. Dies gilt sinngemäß, wenn mit einer Bescheidbeschwerde die Inanspruchnahme für eine Abgabe angefochten wird.

(2) - (4) [...]

(5) Die Wirkung einer Aussetzung der Einhebung besteht in einem Zahlungsaufschub. Dieser endet mit Ablauf der Aussetzung oder ihrem Widerruf (§ 294). Der Ablauf der Aussetzung ist anlässlich einer (eines) über die Beschwerde (Abs. 1) ergehenden

a) Beschwerdevorentscheidung (§ 262) oder

b) Erkenntnisses (§ 279) oder

c) anderen das Beschwerdeverfahren abschließenden Erledigung

zu verfügen. Die Verfügung des Ablaufes anlässlich des Ergehens einer Beschwerdevorentscheidung schließt eine neuerliche Antragstellung im Fall der Einbringung eines Vorlageantrages nicht aus. Wurden dem Abgabepflichtigen für einen Abgabenbetrag sowohl Zahlungserleichterungen (§ 212) als auch eine Aussetzung der Einhebung bewilligt, so tritt bis zum Ablauf der Aussetzung oder ihrem Widerruf der Zahlungsaufschub auf Grund der Aussetzung ein.

(6) - (7) [...]

(8) Zur Entrichtung oder Tilgung von Abgabenschuldigkeiten, deren Einhebung ausgesetztist, dürfen Zahlungen, sonstige Gutschriften (§ 213 Abs. 1) sowie Guthaben (§ 215 Abs. 4) nur auf Verlangen des Abgabepflichtigen verwendet werden. Hiebei ist § 214

Abs. 4 sinngemäß anzuwenden, wenn bei Bekanntgabe des Verwendungszweckes auf den Umstand der Aussetzung der Einhebung der zu entrichtenden oder zu tilgenden Abgabenschuldigkeit ausdrücklich hingewiesen wurde.

(9) Für Abgabenschuldigkeiten sind

a) solange auf Grund eines Antrages auf Aussetzung der Einhebung, über den noch nichtentschieden wurde, Einbringungsmaßnahmen weder eingeleitet noch fortgesetzt werden (§ 230 Abs. 6) oder

b) soweit infolge einer Aussetzung der Einhebung ein Zahlungsaufschub eintritt, Aussetzungszinsen in Höhe von zwei Prozent über dem jeweils geltenden Basiszinssatz pro Jahr zu entrichten. Aussetzungszinsen, die den Betrag von 50 Euro nicht erreichen, sind nicht festzusetzen. Im Fall der nachträglichen Herabsetzung einer Abgabenschuld hat die Berechnung der Aussetzungszinsen unter rückwirkender Berücksichtigung des Herabsetzungsbetrages zu erfolgen. Wird einem Antrag auf Aussetzung der Einhebung nicht stattgegeben, so sind Aussetzungszinsen vor der Erlassung des diesen Antrag erledigenden Bescheides nicht festzusetzen. Im Fall der Bewilligung der Aussetzung der Einhebung sind Aussetzungszinsen vor der Verfügung des Ablaufes (Abs. 5) oder des Widerrufes der Aussetzung nicht festzusetzen."

Für die hier gegenständlichen Landes- und Gemeindeabgaben gilt gemäß § 212b BAO zusätzlich Folgendes:

"1. - 2. […]

3. Abweichend von § 212a Abs. 9 erster Satz sind Aussetzungszinsen in Höhe von drei Prozent pro Jahr zu entrichten.

4. Abweichend von § 212a Abs. 9 zweiter Satz sind Aussetzungszinsen, die den Betrag von zehn Euro nicht erreichen, nicht festzusetzen."

Für den Beschwerdefall bedeutet dies:

Bemessungsgrundlage der Aussetzungszinsen ist der für die Aussetzung in Betracht kommende Abgabenbetrag, der im Antrag darzustellen ist (vgl. § 212a Abs. 3 BAO) bzw. die im Aussetzungsbescheid angeführte Abgabenschuldigkeit.

Dass eine beantragte Aussetzung der Einhebung grundsätzlich zu Aussetzungszinsen führt und die Einhebung von Aussetzungszinsen im Hinblick darauf, dass diese Zinsen durch den vom Abgabepflichtigen eingebrachten Antrag auf Aussetzung der Einhebung strittiger Abgaben ausgelöst wurden, nicht sachlich unbillig ist, hat der Verwaltungsgerichtshof bereits wiederholt ausgesprochen, zumal den Aussetzungszinsen der Aspekt des Zinsengewinnes durch den Zahlungsaufschub beim Abgabepflichtigen gegenübersteht (; , Ra 2015/15/0005).

Will der Abgabepflichtige Aussetzungszinsen vermeiden oder geringhalten, kann er entweder von einer Antragstellung gemäß § 212a Abs. 1 BAO Abstand nehmen oder - wenn ihm über seinen Antrag die Aussetzung bereits bewilligt wurde - den dadurch bewirkten Zahlungsaufschub jederzeit durch die in § 212a Abs. 8 BAO vorgesehene Tilgung beenden (vgl. mwH).

Gemäß dem auch für Aussetzungszinsen geltenden § 4 Abs. 1 BAO entsteht der Abgabenanspruch, sobald der Tatbestand verwirklicht ist, an den das Gesetz die Abgabepflicht knüpft. Dabei knüpft § 212a Abs. 9 BAO die Verpflichtung zur Entrichtung von Aussetzungszinsen bereits an den Zeitpunkt, ab welchem infolge eines Antrages, über den noch nicht entschieden wurde, Einhebungsmaßnahmen weder eingeleitet noch fortgesetzt werden dürfen, somit an die Antragstellung selbst.

Dass die beschwerdeführende Gesellschaft am einen Antrag auf Aussetzung gestellt hat, ist unbestritten. Der Tatbestand, an den das Gesetz die Abgabepflicht knüpft, ist bereits mit erfolgter Antragstellung verwirklicht, wobei der Aussetzungszinsenanspruch laufend während jener Zeit entsteht, in der der Zahlungsaufschub in Anspruch genommen wird (vgl. mwH). Der tageweisen Abgabenentstehung und dem sich dabei auch verändernden Aussetzungszinssatz nach § 212a Abs. 9 BAO trägt die gesonderte Berechnung der Aussetzungszinsen für einzelne Zeiträume der Aussetzung Rechnung.

Die Vorschreibung der Aussetzungszinsen war daher von der Abgabenbehörde im Sinne des § 212 Abs. 9 lit. a BAO zwingend vorzunehmen, zumal abweichend von § 212a Abs. 9 erster Satz im Falle von Landes- und Gemeindeabgaben die Aussetzungszinsen drei Prozent pro Jahr betragen. Das Beschwerdevorbringen übersieht weiters, dass im vorliegenden Beschwerdefall, der den Wirkungsbereich der Wiener Landes- und Gemeindeabgaben betrifft, § 212b Z 3 und 4 BAO zur Anwendung kommen, weshalb auch das Vorbringen, dass Aussetzungszinsen nicht festzusetzen seien, die den Betrag von € 50,00 nicht erreichten, ins Leere geht.

Gegen die in der Beschwerde in Zweifel gezogene Richtigkeit der Zinsenberechnung hegt das Bundesfinanzgericht keine Bedenken, da aus der im Sachverhalt dargestellten Berechnung Anfangsbestand, der Aussetzungsbetrag, die Anzahl der Tage sowie der Jahreszinssatz ersichtlich sind, wobei der Jahreszinssatz und der Zeitraum ( bis ) bereits im angefochtenen Bescheid dargelegt waren. Im Übrigen sind Aussetzungszinsen für die Dauer des Beschwerdeverfahrens auch nicht deshalb rechtswidrig, weil das Beschwerdeverfahren unangemessen lang gedauert hat (vgl. mwN).

Zur Vertagungsbitte vom , der nicht nachgekommen wurde, ist abschließend Folgendes auszuführen:

Der Rechtsvertreter der beschwerdeführenden Gesellschaft beantragte am Tag der frühzeitig anberaumten und mit dem Rechtsvertreter terminlich abgestimmten Verhandlung seine dritte Vertagungsbitte mit der Begründung seiner Erkrankung "(grippaler Infekt mit hohem Fieber)", weshalb es ihm unmöglich sei, den Verhandlungstermin wahrzunehmen. Eine Substitution sei "aufgrund der Komplexität der Sach- und Rechtslage des fortgeschrittenen Verfahrensstadiums und der kurzen verbleibenden Zeit untunlich und unmöglich. Der Vertreter der Beschwerdeführerin beschäftigt derzeit auch keine weitere juristische Person."

Dem ist zunächst zu erwidern, dass nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes eine Partei im Falle einer ordnungsgemäßen Ladung zwingende Gründe für das Nichterscheinen darzutun. Das bedeutet, dass nicht allein die Tatsache des Vorliegens einer Erkrankung behauptet und dargetan werden muss, sondern auch die Hinderung aus diesem Grunde, bei der Verhandlung zu erscheinen. Die Triftigkeit des Nichterscheinens zu einer Verhandlung muss überprüfbar sein (). Der Rechtsvertreter hat seine Erkrankung lediglich behauptet, ohne eine ärztliche Bestätigung vorzulegen. Darüber hinaus hat der Rechtsvertreter weder in der Beschwerde noch im weiteren Verfahrensverlauf (insbesondere nach dem Vorhalt vom ) vorgebracht, welchen konkreten Sachverhalt die beschwerdeführende Gesellschaft über das bisherige Vorbringen hinaus in der mündlichen Verhandlung behauptet hätte, zumal weder eine komplexe Sach- noch Rechtslage vorlag.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Unzulässigkeit der Revision)

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die Revision ist nicht zulässig, da keine Rechtsfrage iSd Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Die Entscheidung folgt vielmehr der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. die unter 3.1. zitierte Judikatur, insbesondere ) bzw. ergibt sich die Folge direkt aus dem Gesetz.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Landesabgaben Wien
betroffene Normen
§ 212b BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2021:RV.7400199.2019

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at