Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 21.12.2020, RV/3100395/2019

Sechstelbegünstigung einer Grenzgängerin

Rechtssätze


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Stammrechtssätze
RV/3100395/2019-RS1
Selbst wenn die steuerliche Sechstel-Begünstigung für die Vereinbarung im Arbeitsvertrag, sich das Jahresgehalt (das in Summe 12 Monatsbezügen des nicht verbindlichen Tarifvertrages entspricht) an 13 Auszahlungspunkten (in 13 Monatsbezügen) auszahlen zu lassen, im Vordergrund gestanden haben mag, so führt dies nicht dazu, dass der vereinbarte 13. Monatsbezug nicht als steuerlich begünstigter sonstiger Bezug im Sinne des § 67 Abs. 1 EStG 1988 anzusehen ist, zumal es eines besonderen, in der betrieblichen Tätigkeit liegenden Anlasses oder eines außerbetrieblichen Grundes (Urlaubsgeld) für die begünstigte Besteuerung des 13. und 14. Monatsbezuges als sonstigen Bezug nicht bedarf.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Dr. A in der Beschwerdesache Bf, vertreten durch die Steuerberatungs- und Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, Adr., über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes vom (Steuernummer xxxx ) mit dem der Antrag gemäß § 299 BAO auf Aufhebung des Einkommensteuerbescheides für das Jahr 2017 abgewiesen worden ist, zu Recht erkannt:

Der Beschwerde wird Folge gegeben.
Der angefochtene Bescheid wird dahingehend abgeändert, dass dem Antrag vom auf Aufhebung des Einkommensteuerbescheides für das Jahr 2017 stattgegeben und der Einkommensteuerbescheid vom aufgehoben wird.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang:

1. Die Beschwerdeführerin (kurz: Bf) ist Diplom-Psychologin und als solche bei der AB Fachklinik GmbH in F-Stadt (Deutschland) als Grenzgänger unselbständig tätig.

2. In der gemeinsam mit der Einkommensteuererklärung für das Jahr 2017 übermittelten, von der ausländischen Arbeitgeberin ausgestellte Lohnbescheinigung (L17) sind unter der Kennzahl 351 die "Sonstige Bezüge, die neben dem laufenden Arbeitslohn nicht monatlich gewährt werden" mit 7.323,60 EUR ausgewiesen.

3. Auf Ersuchen des Finanzamtes (Schreiben vom und ) legte die Bf die von ihrer Arbeitgeberin ausgestellten monatlichen "Verdienstabrechnungen" für das Jahr 2017 und den Arbeitsvertrag vom vor.
Den Lohnabrechnungen ist zu entnehmen, dass sie (neben dem monatlichen Gehalt) im Juli 2017 einen als "Urlaubsgeld" ausgewiesen Betrag in der Höhe eines Monatsgehaltes von brutto 3.798,46 EUR, im November 2017 eine "Sonderzahlung fix" von 2.459,40 EUR und im Dezember 2017 eine "Sonderzahlung vari" von 1.065,74 EUR erhalten hat.
Unter § 4 des Arbeitsvertrages wird ausgeführt, dass sich das Entgelt nach dem Tarifvertrag richte. Dementsprechend werde die Bf derzeit in Entgeltgruppe 11/1 eingestuft. Das sich daraus ergebende Jahresentgelt werde in 13 Auszahlungspunkten zur Auszahlung gebracht, in den Monaten Januar bis Dezember sowie zusätzlich im Juli. Im Übrigen würden die Regelungen zur Jahressonderzahlung gemäß dem Tarifvertrag gelten.

4. In dem am erlassenen Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2017 kürzte das Finanzamt die sonstigen Bezüge (vor Abzug der darauf entfallenden Sozialversicherungsbeiträge von 728,83 EUR) auf 3.525,24 EUR. In der Begründung wurde dazu ausgeführt, laut Arbeitsvertrag werde der Bf das Jahresentgelt an 13 Auszahlungszeitpunkten zur Auszahlung gebracht, in den Monaten Januar bis Dezember sowie zusätzlich im Juli. Die Auszahlung im Juli könnte nur als sonstiger Bezug berücksichtigt werden, wenn dadurch die laufenden Bezüge nicht unter das Entgelt gemäß Tarifvertrag fallen würden. Laut Arbeitsvertrag richte sich der Lohn nach dem Tarifvertrag. Die Auszahlung im Juli stelle daher keinen sonstigen Bezug im Sinne des § 67 EStG dar, der neben dem laufenden Arbeitslohn gemäß Tarifvertrag bezahlt werde.

5. Mit Schreiben vom beantragte die Bf den oben angeführten Einkommensteuerbescheid für 2017 gemäß § 299 BAO wegen Unrichtigkeit des Spruches aufzuheben und die Sonderzahlungen gemäß § 67 Abs. 1 BAO mit dem in der von der Arbeitgeberin ausgestellte Lohnbescheinigung (L17) ausgewiesenen Betrag von 7.326,60 EUR anzusetzen.
In der Begründung wurde dazu ausgeführt, die Bf habe mit der Personalabteilung der Arbeitgeberin einen Jahresbezug vereinbar, der ein Urlaubsgeld sowie weitere fixe und variable Sonderzahlungen beinhalte. In Summe seien dies 7.323,60 EUR. Diese Zahlungen seien unzweifelhaft als Sonderzahlungen gemäß § 67 Abs. 1 EStG 1988 anzusehen. § 67 Abs. 1 EStG 1988 stelle nicht auf die Bezeichnung dieser nicht laufend bezahlten Entgelte ab. Welche Regelungen der Tarifvertrag beinhalte, sei für die Besteuerung der Sonderzahlungen nicht von Relevanz. Der Arbeitsvertrag der Bf enthalte klare Regelungen über die Sonderzahlungen, die in den monatlichen Lohnabrechnungen und im Jahreslohnzettel L17 für das Jahr 2017 richtig dargestellt seien.
Der Einkommensteuerbescheid vom beinhalte eine unrichtige Berechnung der Sonderzahlung und sei deshalb gemäß § 299 Abs. 1 BAO zu korrigieren. Die Begründung sei inhaltlich unrichtig. Das Abgehen von einem richtig ausgestellten amtlichen Formular L17 stelle eine Verletzung von Verfahrensvorschriften dar.

6. Mit Bescheid vom wies das Finanzamt den Antrag auf Aufhebung des Einkommensteuerbescheides für das Jahr 2017 als unbegründet ab. Begründend wurde dazu ausgeführt, es liege keine unrichtige Beurteilung des Sachverhaltes vor. Dazu werde auf die Ausführungen im Erstbescheid verwiesen. Für die Beurteilung als sonstiger Bezug komme es nicht nur auf die tatsächliche Auszahlung, sondern auch auf den Rechtstitel, auf den sich der Anspruch begründe, an. Gemäß § 4 des Arbeitsvertrages des Bf richte sich der Entgeltanspruch nach dem Tarifvertrag. Für die Zahlung einer Sonderzahlung finde sich im Tarifvertrag eine separate Regelung. Diese Jahressonderzahlung (Auszahlung anteilig im November und Dezember) sei bereits im Erstbescheid als sonstiger Bezug im Sinne des § 67 EStG berücksichtigt worden. Die Bf habe eine Einzelvereinbarung mit ihrer Arbeitgeberin getroffen, sich das Jahresgehalt nach Tarifvertrag unter 13 Mal auszahlen zu lassen. Bei einer Besteuerung des 13. Gehaltes als Sonderzahlung im Sinne des § 67 EStG würde das laufende Gehalt unter den Tariflohn fallen. Es liege daher rechtlich kein sonstiger Bezug, der zusätzlich zum laufenden Bezug bezahlt werde, vor.

7. In der mit Schreiben vom erhobenen Beschwerde wurde eingewendet, der Tarifvertrag sei in Deutschland im Gegensatz zu Österreich keine verbindliche Rechtsnorm, sondern nur eine Richtschnur, eine Orientierungshilfe. Jeder deutsche Mitarbeiter könne mit seinem dt. Dienstgeber seine Bezüge frei verhandeln. Selbstverständlich auch unterhalb des Tarifvertrages. Es gebe auch keine arbeitsrechtlichen Sanktionen bei Unterschreitung des nicht verbindlichen Tarifvertrages. So habe die Bf im Abtausch gegen zusätzliche 10 Urlaubstage einen Gehaltsverzicht mit ihrer Dienstgeberin rechtswirksam vereinbart. Dies wäre in Österreich arbeitsrechtlich nie möglich. In Deutschland sei dies ganz legal, genauso wie die autonome Verhandlung von zusätzlichen Sonderzahlungen im Abtausch gegen einen Verzicht auf laufende Bezugsteile.

8. In der abweisenden Beschwerdevorentscheidung vom führte das Finanzamt ergänzend aus, der Tarifvertrag in Deutschland sei ein Vertrag zwischen den Tarifvertragsparteien. Ein vergleichbares Rechtsinstitut sei in Österreich der Kollektivertrag. Nach deutschem Recht beinhalte der Tarifvertrag Rechtsnormen, die den Inhalt, den Abschluss und die Beendigung von Arbeitsverhältnissen sowie betriebliche und betriebsverfassungsrechtliche Fragen (normativer Teil) regeln und die Rechte und Pflichten der Tarifvertragsparteien (schuldrechtlicher Teil) festlegen würden (Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Tarifvertrag).
Da bei einer Besteuerung des 13. Gehaltes (Urlaubsgeld) als Sonderzahlung nach § 67 EStG das laufende Gehalt unter den Tariflohn fallen würde, handle es sich bei der zusätzlichen Auszahlung in Höhe von 3.798,46 EUR nachweislich um kein Urlaubsgeld, sondern um das laufende Entgelt nach dem Tarifvertrag.

9. Im Vorlageantrag vom wiederholte die Bf ihr Vorbringen, wonach es in Deutschland zulässig sei, abweichende einzelvertragliche Abmachungen mit dem Dienstgeber zu treffen und somit sowohl rechtlich als auch steuerrechtlich ein sonstiger Bezug vorliege der begünstigt zu besteuern sei.

10. Auf ein Ergänzungsersuchen des Gerichtes teilte das Finanzamt mit Schreiben vom ua mit, der für die Bf anzuwendende Tarifvertrag liege dem Finanzamt nicht vor, es könne daher nicht mit Sicherheit gesagt werden, dass bei der Besteuerung des 13. Gehaltes als Sonderzahlung, der laufende Gehalt unter den Tariflohn fallen würde. Das Finanzamt stütze seine Ansicht allerdings hauptsächlich auf die in § 1 Abs. 9 und § 4 des Arbeitsvertrages der Bf getroffenen Regelungen. Aufgrund dieser Regelungen gehe das Finanzamt davon aus, dass sich im Tarifvertrag eine eigene Regelung zur Jahressonderzahlung finde. Aufgrund der im Arbeitsvertrag festgehaltenen Bindung an den Tarifvertrag habe der Argumentation der Bf nicht gefolgt werden können, dass dieser keine verbindliche Rechtsnorm sei.
Zudem gehe bereits aus dem Wortlaut des § 4 Abs. 2 des Arbeitsvertrages eindeutig hervor, dass das laufende Jahresentgelt an 13 Auszahlungspunkten im Jahr (Jänner bis Dezember, sowie Juli) ausbezahlt werde und es sich somit bei den Auszahlungen von Jänner bis Dezember sowie im Juli um das laufende Jahresentgelt handle und nur bei den zusätzlichen Zahlungen im November und Dezember Sonderzahlungen vorliegen würden.

11. Mit Schreiben vom legte die Bf auf Ersuchen des Gerichtes (Vorhalt vom ) jenen Tarifvertrag zur Einsicht vor, dessen Entgelttarif ihrem Arbeitsvertrag zu Grunde gelegt worden ist. Unter Pkt. 2 des Vorhaltes wurde die Bf ersucht, von ihrer Arbeitgeberin eine schriftliche Auskunft beizubringen, ob die Arbeitgeberin hinsichtlich des Arbeitsverhältnisses der Bf an einen Tarifvertrag gebunden gewesen sei, oder ob für das Dienstverhältnis der Bf eine allgemeine Tarifbindung nicht bestanden habe.
In dem an das Bundesfinanzgericht gerichtete mit datierten Schreiben führt die Arbeitgeberin der Bf aus, hinsichtlich des Arbeitsverhältnisses mit der Bf sei sie nicht an einen Tarifvertrag gebunden, da ausdrücklich eine einzelvertragliche Vereinbarung mit ihr abgeschlossen worden sei. Die Bf sei auch nicht Mitglied einer Gewerkschaft und sei als Diplom-Psychologin auf Basis eines individuellen Arbeitsvertrages angestellt worden. Der Entgelttarifvertrag diene nur als Orientierung für die Einstufung. Es sei im Arbeitsvertrag der Bf eine weitere Sonderzahlung im Juli eines jeden Jahres vereinbart worden, die es für deutsche Dienstnehmer in dieser Form nicht gebe.
Als Grund für die im Arbeitsvertrag getroffenen Vereinbarung, das Jahresgehalt (abweichend vom Tarifvertrag) an 13 Auszahlungspunkten zur Auszahlung zu bringen (Pkt. 5 des Vorhaltes), gab die Bf an, sie habe im Juli eines jeden Jahres einen weiteren Monatsbezug zur Bestreitung der Urlaubskosten zu Verfügung haben wollen.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt:

12. Die Bf wohnt in C-Stadt (Österreich) und ist seit Jänner 2016 als Grenzgängerin in rd. 25 km entfernten F-Stadt (Deutschland) an der AB Fachklinik L-See als Diplom-Psychologin tätig. Sie ist nicht Mitglied einer Gewerkschaft. Der am zwischen der Bf und der Abreitgeberin abgeschlossenen Arbeitsvertrag enthält ua folgende Bestimmungen:

§ 1 Tätigkeit
a. Sofern und solange die Gesellschaft eine Tarifbindung eingeht, richten sich die Arbeitsbedingungen nach den Bestimmungen des für den jeweiligen Standort der Gesellschaft jeweils geltende Tarifvertrag in der jeweils geltenden Fassung. Beendet die Gesellschaft die Tarifbindung, so finden die Bestimmungen des Tarifvertrages in der Folgezeit in ihrer zum Zeitpunkt der Beendigung geltenden Fassung Anwendung.
b. Diese Bezugnahme erfasst auch den künftigen Wechsel zu einem anderen Tarifwerk, insbesondere auch einen anderen Bereich, aber auch einer anderen Gewerkschaft. Die Gesellschaft wird entsprechend dem Nachweisgesetz auf jeden Wechsel pauschal hinweisen. Ist die Gesellschaft an mehrere einschlägige Tarifverträge gebunden, bestimmt sie auch die Leistungsbestimmung nach § 315 BGB, welches Tarifwerk arbeitsvertraglich gelten soll.
c. Sämtliche Bezugnahmeklauseln greifen nicht ein, soweit auf das Arbeitsverhältnis Tarifvertragsvorschriften aufgrund beiderseitiger Tarifgebundenheit und/oder kraft gesetzlicher Anordnung anzuwenden ist.

§ 4 Entgelt
1 Das Entgelt richtet sich nach dem Tarifvertrag / den Tarifverträgen gemäß § 1 Abs. 9 dieses Vertrages.
2 Frau
(Bf) wird dementsprechend derzeit in die Entgeltgruppe 11/1 eingestuft. Das sich daraus ergebende Jahresentgelt (Kalenderjahr) wird an 13 Auszahlungszeitpunkten zur Auszahlung gebracht: in den Monaten Jänner bis Dezember sowie zusätzlich im Juli.
3 Im Übrigen gelten die Regelungen zur Jahressonderzahlung gemäß dem Tarifvertrag bzw. den Tarifverträgen nach § 1 Abs. 9 dieses Vertrages.

13. Die Bf erhielt vom Jänner bis Dezember 2017 monatlich einen Bruttobezug von 3.798,46 EUR abzüglich eines Gehaltsverzichtes von monatlich 174,51 EUR für zusätzliche 10 Urlaubstage. Im Juli wurde ihr entsprechend der Vereinbarung in § 4 Z 2 des Arbeitsvertrages zusätzlich ein als "Urlaubsgeld" ausgewiesener Monatsbezug von 3.798,46 EUR, im November eine "Sonderzahlung fix" von 2.459,40 € und im Dezember eine "Sonderzahlung vari" von 1.065,74 EUR gewährt.

Die Bf war bis Ende Jänner 2017 in der Entgeltgruppe 11 und ab Februar 2017 in der Entgeltgruppe 12 der Beschäftigungsstufe II entsprechend der Anlage 2a (Entgelttarif) des mit Wirksamkeit ab zwischen dem Verband der Privatkrankenanstalten in Bayern e.V. (VPKA) und der Vereinten Dienstleistungsgesellschaft (ver.di) abgeschlossenen "Entgelttarifvertrag Nr. 6" eingestuft. In der Tarifstufe 11/II (Jänner 2017) betrug das monatliche Gehalt 3.837 EUR und in der Gehaltsstufe 12/II (Februar bis August 2017) 4.109 EUR und (nach einer Tariferhöhung) ab September 4.195 EUR. Insgesamt ergab sich für die Bf nach dieser Entgelttariftabelle bei 12 Monatsbezügen ein im Beschwerdejahr 2017 (ohne die oben angeführten Sonderzahlungen von 3.525,14 EUR) ein Jahresbezug von 49.380 EUR. Dieser Jahresbezug wurde (entsprechend der Vereinbarung im Arbeitsvertrag) in 12 laufenden Monatsbezügen von 3.798,46 EUR und einen in gleicher Höhe als Urlaubsentgelt ausgewiesenen zusätzlichen Bezug im Juli 2017 zur Auszahlung gebracht (49.380 EUR / 13 = 3.798,46 EUR).

14. Die mit den Monatsbezügen November und Dezember 2017 zur Auszahlung gelangen Sonderzahlungen von insgesamt 3.525,14 EUR richteten sich nach dem mit Wirksamkeit vom zwischen den oben angeführten Tarifparteien VPKA und ver.di abgeschlossenen "Tarifertrag Nr. 5 zur Zahlung einer Jahressonderzahlung, eines Urlaubsgeldes und vermögenswirksamer Leistungen."

15. Nach § 2 dieses Tarifvertrages besteht die Jahressonderzahlung aus einem festen Anteil sowie aus einem variablen, ergebnisabhängigen Anteil.
Der feste Anteil der Sonderzahlungen beträgt nach § 3 dies Tarifvertrages "grundsätzlich 50 von Hundert des individuell dem anspruchsbeschäftigten Beschäftigten zustehenden Bruttomonatsentgeltes, für Einrichtungen, die vor dem den Entgelttarifvertrag Nr. 1 vom angewandt haben, 60 von Hundert. Grundlage der Berechnung ist der Durchschnitt der im Zeitraum Januar bis Oktober eines Jahres abgerechneten tariflichen monatlichen Entgelte, einschließlich Zulagen und Zuschlägen sowie etwaiger Rufbereitschafts- und Bereitschaftsdienstvergütungen."
Entsprechend dieser Bestimmung ergab sich für die Bf bei der im Zeitraum Jänner bis Oktober abgerechneten monatlichen Entgelten (ohne Urlaubsgeld) von insgesamt 40.990 EUR, wie in der Verdienstabrechnung 11/2007 ausgewiesen, eine "Sonderzahlung fix" von 2.459,40 EUR (40.990 EUR / 10 Monate x 0,6). Der in der Verdienstabrechnung 12/2017 ausgewiesene variable Teil der Sonderzahlung von 1.065,74 EUR wurde entsprechend der in § 4 des angeführten Tarifvertrages näher beschriebenen Regelung berechnet.

16. Vom Finanzamt wurde nur die Sonderzahlung (fixer und variabel Anteil) von insgesamt 3.525,14 EUR nach § 67 Abs. 1 EStG 1988 begünstigt besteuert.

17. Die Feststellung, wonach die Bf nicht Mitglied einer bestimmten Gewerkschaft ist, ergibt aus der Anfragebeantwortung (zu Pkt. 3) der Bf vom und aus dem von der Arbeitgeberin an das Bundesfinanzgericht gerichtete Schreiben vom . Für das Gericht gab es keinen Anlass diese Angaben in Zweifel zu ziehen.
Die Einstufung (Entgeltgruppe und Beschäftigungsstufe) der Bf im Jahr 2017 in die Entgelttariftabelle, Anlage 2a des Entgelttarifvertrages Nr. 6 wurde von der Personalabteilung der Bf aufgrund einer Anfrage des Gerichtes bekannt gegeben.

18. Die oben angeführten Tarifverträge wurden dem Gericht vom Verband der Privatkrankenanstalten in Bayern E.V mit Sitz in München auf Anfrage übermittelt.
Die übrigen unstrittigen Feststellungen ergeben sich aus dem vom Finanzamt vorgelegten Verwaltungsakt.

III. Rechtslage und rechtliche Beurteilung:

19. § 67 Abs. 1 EStG 1988 in der für das Streitjahr geltenden Fassung normiert:

Erhält der Arbeitnehmer neben dem laufenden Arbeitslohn von demselben Arbeitgeber sonstige, insbesondere einmalige Bezüge (zum Beispiel 13. und 14. Monatsbezug, Belohnungen), beträgt die Lohnsteuer für sonstige Bezüge innerhalb des Jahressechstels gemäß Abs. 2 nach Abzug der in Abs. 12 genannten Beträge

1. für die ersten 620 Euro …………….………..0%,
2. für die nächsten 24.380 Euro ……………..6%,
3. für die nächsten 25.000 Euro …………….27%.
4. für die nächsten 33.333 Euro ………..35,75%.

Die Besteuerung der sonstigen Bezüge mit diesen festen Steuersätzen unterbleibt, wenn das Jahressechstel gemäß Abs. 2 höchstens 2.100 Euro beträgt. Der Freibetrag von 620 Euro und die Freigrenze von 2.100 Euro sind bei Bezügen gemäß Abs. 3, Abs. 4 Abs. 5 erster Teilstrich, Abs. 6 bis 8 und Abs. 10 nicht zu berücksichtigen.

20. § 67 EStG 1988 legt für "sonstige Bezüge" eine begünstigte Besteuerung fest, indem diese Bezüge aus der allgemeinen Besteuerungsgrundlage ausgeschieden und einer selbständigen Besteuerung unterworfen werden.
Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung zur Vorschrift des § 67 Abs. 1 EStG 1988 und ihren Vorgängerbestimmungen erkennt, liegen sonstige Bezüge nur vor, wenn die Bezüge neben dem laufenden Arbeitslohn (idR für einen Zeitraum von einem Monat) und von demselben Arbeitgeber ausbezahlt werden. Eine weitere Definition enthält die Bestimmung nicht. Bei einem "sonstigen Bezug" handelt es sich um einen Lohnteil, den der Arbeitgeber neben, also zusätzlich zum laufenden Arbeitslohn, auszahlt, was aus äußeren Merkmalen ersichtlich sein muss. Die sonstigen Bezüge müssen sich sowohl durch den Rechtstitel, aus dem der Arbeitnehmer den Anspruch ableiten kann, als auch durch die tatsächliche Auszahlung deutlich von den laufenden Bezügen unterscheiden. Sonstige Bezüge sind demnach solche, die nicht für den üblichen Lohnzahlungszeitraum geleistet werden. (vgl. , und die dort angeführte Vorjudikatur; vgl. auch: Fellner in Hofstätter/Reichel, EStG Kommentar, § 67 Abs. 1 und 2 Tz 5-9; Kirchmayr/Schaunig in Doralt et.al, EStG19 § 67 Tz 9, Knecht in Wiesner/Grabner/Knecht/Wanke, EStG, 20. EL, § 67 Anm. 3-6; ebenso Jakom/Kanduth-Kristen, EStG, 2020, § 67 Rz 2).

21. § 67 EStG 1988 unterscheidet nicht zwischen inländischen und ausländischen Einkünften (vgl. ). Die Bestimmung des § 67 EStG ist daher auf Einkünfte gemäß § 25 Abs. 1 Z 1 lit. a EStG 1988 unabhängig davon anwendbar, ob es sich um inländische oder ausländische Einkünfte handelt, sofern diese die Voraussetzungen des § 67 EStG erfüllen (vgl. ).

22. Das Finanzamt lehnte die begünstigte Besteuerung des 13. Monatsbezuges als sonstigen Bezug nach § 67 Abs. 1 EStG im Wesentlichen mit der Begründung ab, dass sich nach der mit der Arbeitgeberin vereinbarten Auszahlungsform, bei der das Jahresgehalt (bestehend aus 12 Monatsgehältern nach dt. Tarifvertrag) in 13 gleich hohen Auszahlungsbeträgen zur Auszahlung gelangt, die laufenden Monatsgehälter unter dem Monatsgehalt laut Tarifvertrag fallen würden. Es liege daher rechtlich kein zusätzlicher zum laufenden Gehalt bezahlter Bezug vor.

23. Wie oben dargestellt, betrug das Monatsgehalt der Bf (entsprechend der Regelung in § 4 des Arbeitsvertrages) 3.798,48 EUR. Hingegen betrug das Monatsgehalt nach dem Entgelttarifvertrag vom im Jänner 2017 (Tarifstufe 11/II) 3.837 EUR, ab Februar (nach einem Wechsel in die höhere Tarifstufe 12/II) 4.109 EUR und ab September (nach einer Tariferhöhung) 4.195 EUR (Tarifstufe 12/II).

24. Das vereinbarte Monatsgehalt der Bf lag daher zweifelsfrei unter dem Entgeltarifvertrag, obschon das Jahresgehalt einschließlich des vereinbarten 13. Monatsbezuges im Summe dem Entgelttarifvertrag entsprach, auf dem im Arbeitsvertrag Bezug genommen wird.

25. Der Umstand, dass der laufende Monatsbezug der Bf unter dem Tarifvertrag lag, führt nach Ansicht des Gerichtes nicht dazu, dass der vereinbarte 13. Monatsbezug den laufenden Bezügen zuzurechnen ist.

26. Das Finanzamt geht offensichtlich davon aus, dass die Vorschriften des Tarifvertrages, die ein Mindestentgelt festlegen, für beide Vertragsparteien des gegenständlichen Arbeitsvertrages unmittelbar rechtsverbindlich sind und daher die Vereinbarung eines Monatsgehaltes unter dem im Tarifvertrag festgesetzten Betrag nicht zulässig sei.

27. Der Tarifvertrag in Deutschland ist ein Vertrag zwischen den Tarifvertragsparteien im Rahmen der grundgesetzlich garantierten Tarifautonomie und ist in Österreich mit dem im Arbeitsverfassungsgesetz normierten Kollektivvertrag vergleichbar. Hinsichtlich des persönlichen Geltungsbereiches ist der Tarifvertrag in Deutschland aber wesentlich eingeschränkter als in Österreich. In Österreich ist nach dem Arbeitsverfassungsgesetz ein geltender Kollektivvertrag für alle räumlich und fachlich betroffenen Dienstnehmer (unabhängig davon, ob sie gewerkschaftlich organisiert sind) unmittelbar verbindlich anzuwenden, wenn ihr Arbeitgeber dem kollektivertragsabschließenden Arbeitgeberverband angehört. Dies trifft im Bereich der Privatwirtschaft für nahezu alle Arbeitgeber zu, da zu den kollektivertragsfähigen Arbeitgeberverbänden primär die Fachverbände bzw. Fachgruppen der Wirtschaftskammer gehören, bei der die meisten Arbeitgeber wiederum Zwangsmitglieder sind.

28. In Deutschland sind die Rahmenbedingungen des Tarifvertrags im dt. Tarifvertragsgesetz (TVG) geregelt. Zu den Tarifvertragsparteien zählen Arbeitgeberverbände (für die Arbeitgeber) einerseits und Gewerkschaften (für die Arbeitnehmer) andererseits (§ 2 TVG). Die Tarifgebundenheit (Tarifbindung) ist Voraussetzung für das unmittelbare Unterworfensein eines Arbeitgebers oder eines Arbeitnehmers unter die Geltung der Rechtsnormen des Tarifvertrages. Tarifgebunden sind nach § 3 TVG die Mitglieder der Tarifvertragsparteien. Voraussetzung der Tarifbindung des Arbeitgebers ist es somit, dass er Mitglied des tarifvertragsabschließenden Arbeitgeberverbandes ist. Arbeitnehmer müssen für die Tarifbindung Mitglied der tarifvertragschließenden Gewerkschaft sein.
Nur wenn beide Arbeitsvertragsparteien tarifgebunden sind, führt dies nach § 4 TVG zur unmittelbaren Anwendbarkeit des Tarifvertrages auf das Arbeitsverhältnis. Dies ist in vielen Fällen nicht gegeben.

29. Im gegenständlichen Fall handelt es sich bei dem im Arbeitsvertrag der Bf Bezug genommenen Tarifvertrag um einen zwischen dem "Verband der Privatkrankenanstalten in Bayern e.V." und der "Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di)" abgeschlossenen Vertrag. Nur wenn die Arbeitgeberin den hier angeführten Arbeitgeberverband und die Bf der Gewerkschaft verd.di angehört hätten, wäre der Tarifvertrag unmittelbar anwendbar gewesen, wobei auch da Abweichungen zu Gunsten der Bf erlaubt gewesen wären.

30. Tarifgebundene Arbeitgeber behandeln in der Regel alle Arbeitnehmer eines Betriebes, unabhängig von deren tatsächlicher Tarifbindung, nach den Regeln des Tarifvertrages. Dies geschieht im Regelfall durch eine Klausel im Individualarbeitsvertrag, in der auf dem Tarifvertrag Bezug genommen wird (vgl. https://de.wikibedia.org/wiki/Tarifvertrag). Unabhängig davon, steht es den Vertragsparteien aber frei andere Regelungen und Vereinbarungen zu treffen.

31. Die Bf war im Beschwerdejahr wie oben festgestellt nicht Mitglied der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft. Der angeführte Entgelttarifvertrag war daher für ihr Arbeitsverhältnis nicht unmittelbar anwendbar.
In § 4 Z 1 des Arbeitsvertrages wurde zwar vereinbart, dass sich das Entgelt nach dem Tarifvertrag richtet, den Vertragsparteien war es aber unbenommen davon abweichende Regelungen zu treffen.
Entsprechend ist es auch nicht zu beanstanden, dass die Bf mit ihrer Arbeitgeberin in § 4 Z 2 des Arbeitsvertrages die Vereinbarung getroffen hat, sich ihr Jahresgehalt, das der Summe von 12 Monatsbezügen des Tarifvertrages entspricht, an 13 Auszahlungspunkten (somit in 13. Monatsbezügen) auszahlen zu lassen, auch wenn dadurch der laufende Monatsbezug unter den Entgelttarifvertrag gesunken ist.

32. Wie bereits oben ausgeführt, liegt nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ein sonstiger Bezug im Sinne des § 67 Abs. 1 EStG 1988 nur dann vor, wenn sich dieser sowohl durch den Rechtstitel, auf den sich der Anspruch begründet, als auch durch die tatsächliche Auszahlung deutlich von den laufenden Bezügen unterscheidet (vgl. ua).

33. Beide Voraussetzungen sind nach Ansicht des Gerichtes gegeben. Ein derartiger Rechtstitel liegt in der einzelvertraglichen Regelung in § 4 des Arbeitsvertrages zweifelsfrei vor. Auch die tatsächliche Auszahlung unterscheidet sich deutlich von den laufenden Monatsbezügen, indem der Bf im Juli des Streitjahres, entsprechend der vertraglich Vereinbarung, zusätzlich zum laufenden Monatsbezug der 13. Monatsbezug von 3.798,46 EUR als Urlaubsgeld ausbezahlt worden ist.

34. Das Gericht verkennt nicht, dass die Bf die in § 4 ihres Arbeitsvertrages vorgesehene Entlohnung, die es - wie die Arbeitgeberin in ihrem Schreiben vom ausführt - für deutsche Dienstnehmer in dieser Form nicht gibt, in erster Linie wohl deshalb vereinbart hat, um die im österreichischen Steuerrecht vorgesehene steuerliche Sechstelbegünstigung bestmöglich nutzen zu können, auch wenn das Vorbringen der Bf (zu Pkt. 5 der Vorhaltsbeantwortung vom ) - im Juli einen weiteren Monatsbezug zur Bestreitung ihrer Urlaubskosten zur Verfügung zu haben - durchaus mit ein Grund für diese Regelung gewesen sein mag.
Selbst wenn die steuerliche Begünstigung für diese individuelle Regelung im Vordergrund gestanden haben mag, so führt dies nicht dazu, dass der vereinbarte 13. Monatsbezug nicht als steuerlich begünstigter sonstiger Bezug im Sinne des § 67 Abs. 1 EStG 1988 anzusehen ist, zumal es eines besonderen, in der betrieblichen Tätigkeit liegenden Anlass oder einen außerbetrieblichen Grund (Urlaubsgeld) für die begünstigte Besteuerung des 13. und 14. Monatsbezuges als sonstigen Bezug nicht bedarf.

35. Nur der Vollständigkeit halber und zum besseren Verständnis dieser steuerlichen Begünstigung sei erwähnt, dass die in Österreich für Dienstnehmer üblichen 14 Monatsbezüge eine Folge der begünstigen Sechstelbesteuerung ist und nicht umgekehrt. Die ursprünglich aus dem reichsdeutschen Einkommensteuergesetz (dRGBl 1934 I, S 1005 v. ) stammende Bestimmung in § 40 dEStG über die begünstigte Besteuerung von sonstigen, insbesondere einmaligen Bezügen (wie zB. Tantiemen und Gratifikationen) ist nach der Austrifizierung des Einkommensteuergesetzes im Jahr 1946, mit der Einkommensteuernovelle 1947 (BGBl 127/1947) abgeändert und ab dem Jahre 1954 mit dem damals neuen Einkommensteuergesetz 1954 (BGBl 1/1954) in eine Sechstelbegünstigung umgewandelt worden. Diese Begünstigung wirkt sich allerdings nur dann voll aus, wenn die Bezüge aus den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit in idealer Weise auf 14 gleich hohe Monatsbezüge aufgeteilt sind.

36. Die lohnpolitische Reaktion auf diese steuerliche Begünstigung hat dazu geführt, dass im Laufe der folgenden Jahre die Kollektivvertragspartner in der Privatwirtschaft und die Vertragspartner in den individuell gestalteten Arbeitsverträgen, aber auch der Gesetzgeber für die öffentlich Bediensteten, die Monatsbezüge der Dienstnehmer so umgestaltet haben, dass die Summe der Jahresbezüge auf volle 14 Monatsbezüge oder auf 12 Monatsbezüge und zusätzlich vier halbe Monatsbezüge aufgeteilt wurden, um die Sechstelbegünstigung zur Gänze ausschöpfen zu können (vgl. ; Hollik, Die Vor- und Nachteile der Sechstelbegünstigung, FJ 10/2006, 380 ff und 7-8/2007, 255 ff). Selbst für Pensionisten wurde die Auszahlung der Pension in der gleichen Form umgestaltet, um in den vollen Genuss dieser Reglung zu kommen.

37. Es ist daher auch bei der Bf nicht zu beanstanden, dass sie die Entlohnung in ihrem Arbeitsvertrag so gestaltet hat, um die steuerliche Sechstelbegünstigung des § 67 Abs. 1 EStG 1988 bestmöglich nutzen zu können, auch wenn die außersteuerlichen Gründe für diese Gestaltung in den Hintergrund treten mögen.

38. Gemäß § 299 Abs. 1 BAO kann die Abgabenbehörde auf Antrag der Partei oder von Amts wegen einen Bescheid der Abgabenbehörde aufheben, wenn der Spruch des Bescheides sich als nicht richtig erweist. Der Antrag hat die Bezeichnung des aufzuhebenden Bescheids und die Gründe, auf die sich die behauptete Unrichtigkeit stützt zu enthalten.

39. Nach Abs. 2 leg.cit. ist mit dem aufhebenden Bescheid der den aufgehobenen Bescheid ersetzende Bescheid zu verbinden. Dies gilt nur, wenn dieselbe Abgabenbehörde zur Erlassung beider Bescheide zuständig ist.

40. Nach Abs. 3 leg.cit. tritt durch die Aufhebung des aufhebenden Bescheides (Abs. 1) das Verfahren in die Lage zurück, in der es sich vor der Aufhebung (Abs.1) befunden hat.

41. Gemäß § 20 BAO müssen Entscheidungen, die die Abgabenbehörden nach ihrem Ermessen zu treffen haben (Ermessensentscheidungen), sich in den Grenzen halten, die das Gesetz dem Ermessen zieht. Innerhalb dieser Grenzen sind Ermessensentscheidungen nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände zu treffen.

42. Erweist sich ein geltend gemachter Aufhebungsgrund (wie hier die ertragsteuerliche Behandlung des im Juli 2017 ausbezahlten Urlaubsgeldes) im Beschwerdeverfahren als berechtigt, so hat das Verwaltungsgericht der Beschwerde Folge zu geben und den angefochtenen Bescheid dahin abzuändern, dass der Bescheid, dessen Aufhebung beantragt wurde (hier: der Einkommensteuerbescheid für 2017), aufgehoben wird ().

43. Wie oben ausgeführt, ist der hier strittige im Juli 2017 der Bf ausbezahlte 13. Monatsbezug als steuerlich begünstigter sonstiger Bezug im Sinne des § 67 Abs. 1 anzusehen. Der Spruch des Einkommensteuerbescheides für das Jahr 2007, in dem dieser Monatsbezug als laufender Bezug nach dem Lohnsteuertarif der Besteuerung unterzogen worden ist, erweist sich daher als nicht richtig.

44. Da der steuerliche Nachteil für die Bf nicht nur geringfügig ist, ist dem Begehren auf Bescheidaufhebung auch unter dem Blickwinkel des Ermessens zur Wahrung der Rechtsichtigkeit und der Gleichmäßigkeit der Besteuerung zu entsprechen.

45. Der Beschwerde war daher stattzugeben und der angefochtene Abweisungsbescheid dahingehend abzuändern, dass der Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2017 aufzuheben war.

46. Darauf hingewiesen wird, dass die Erlassung des neuen Einkommensteuerbescheides für das Jahr 2017 nach § 299 Abs. 2 Satz 2 BAO im Wirkungsbereich des Finanzamtes verbleibt.

47. Eine Bindungswirkung der Begründung des Aufhebungsbescheids für die nachfolgend vom Finanzamt zu treffende Sachentscheidung besteht jedoch nicht, weil diese selbst nicht Gegenstand des Beschwerdeverfahrens war. Ein Aufhebungsbescheid im Sinne des § 299 BAO ist lediglich ein Bescheid kassatorischer Art (vgl. ).

IV. Zulässigkeit einer Revision:

48. Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

49. Soweit Rechtsfragen für die hier zu klärenden Fragen entscheidungserheblich sind, sind sie durch die oben angeführte Rechtsprechung ausreichend geklärt. Für die Zulässigkeit der ordentlichen Revision besteht daher kein Anlass.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Innsbruck, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 67 Abs. 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 299 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise





Zitiert/besprochen in
BFGjournal 2021, 54
ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.3100395.2019

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at