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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 25.01.2021, RV/1100238/2014

Badumbau bei eigener Behinderung; Aufwendungen für den Einbau einer bodenebenen Dusche als außergewöhnliche Belastung

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Mag. Josef Ungericht in der Beschwerdesache der A.A., Adr1, Ort1, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Feldkirch vom betreffend Einkommensteuer 2012 zu Recht erkannt:

Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben. Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.

Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgabe/n sind dem am Ende der Entscheidungsgründe dem/n als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt/blättern zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

1. Die am tt.mm.2018 verstorbene Beschwerdeführerin (in der Folge kurz: Bf.) machte in ihrer Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung für das Jahr 2012 u.a. Aufwendungen für einen Badumbau in Höhe von 14.206,55 Euro als außergewöhnliche Belastungen (ohne Selbstbehalt) geltend.

2. Nach einem Ergänzungsersuchen des Finanzamtes vom , mit dem die Bf. gebeten wurde, die geltend gemachten Aufwendungen (Versicherungen, Kirchenbeitrag und außergewöhnliche Belastungen) mittels geeigneter Belege nachzuweisen, ist der Einkommensteuerbescheid 2012 am ergangen. Die geltend gemachten Aufwendungen wurden vom Finanzamt nicht zuerkannt. Als Begründung wurde dazu angegeben: "Da Sie trotz Aufforderung die noch benötigten Unterlagen nicht beigebracht haben, konnten die geltend gemachten Aufwendungen nur insoweit berücksichtigt werden, als die Beweismittel vorlagen."

3. Dieser am ergangene Einkommensteuerbescheid 2012 wurde vom Finanzamt mit Bescheid vom gemäß § 299 BAO aufgehoben. Im gleichzeitig erlassenen und nunmehr angefochtenen Einkommensteuerbescheid 2012 vom wurden Sonderausgaben (Sonderausgabenpauschale von 60,00 Euro, Spenden von 75,00 Euro und Kirchenbeitrag von 37,00 Euro) und außergewöhnliche Belastungen (Rezeptgebühren von 184,24 Euro mit Selbstbehalt [die sich allerdings unter Berücksichtigung des Selbstbehaltes steuerlich nicht auswirken] und der Freibetrag wegen eigener Behinderung im Sinne des § 35 Abs. 3 EStG 1988 von 243,00 Euro) als abzugsfähig berücksichtigt. Die beantragten Aufwendungen für den Badumbau in Höhe von 14.206,55 Euro wurden auch in diesem am ergangenen Einkommensteuerbescheid 2012 seitens des Finanzamtes nicht als außergewöhnliche Belastungen anerkannt. Als Begründung dazu wurde vom Finanzamt angegeben: "Dem Wunsch, die Umbauarbeiten des Bades als aussergewöhnliche Belastungen zu gewähren kann nicht entsprochen werden, da keine Behinderung durch das Bundessozialamt festgestellt wurde."

4. In der fristgerecht eingebrachten Berufung vom wurde vorgebracht, die Bf. habe einen Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses beim Bundessozialamt gestellt und die Bf. würde eine "Bestätigung des Bundessozialamtes wg. einer Behinderung" sofort nach deren Erhalt dem Finanzamt vorlegen.

5. Mit Ergänzungsersuchen des Finanzamtes vom wurde die Bf. um Vorlage einer Bestätigung der Firma F1 ersucht, aus welcher hervorgeht, welche behindertengerechte Vorrichtungen angebracht worden seien. Weiters wurde die Bf. vom Finanzamt aufgefordert, eine Bestätigung des Bundessozialamtes bezüglich der Art ihrer Behinderung vorzulegen (Behindertenpass). Dieses Ergänzungsersuchen vom blieb unbeantwortet.

6. Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies das Finanzamt die Beschwerde als unbegründet ab. Als Begründung wurde angegeben: "Der Beschwerde konnte nicht Folge geleistet werden, da das Ergänzungsschreiben nicht beantwortet wurde."

7. Dagegen brachte die Bf. mit Schreiben vom einen Vorlageantrag ein. Begründend wurde darin vorgebracht, das vom Finanzamt ergangene Ergänzungsschreiben vom habe deshalb nicht beantwortet werden können, da die Bestätigung des Bundessozialamtes über die Behinderung (Behindertenausweis) noch nicht vorliege. Dazu wurde seitens der Bf. ergänzend angemerkt, dass sie zwischenzeitlich vom Bundessozialamt eine Vorladung zur ärztlichen Untersuchung erhalten habe (Termin: tt.mm.2014). Bis spätestens Ende Mai 2014 würden die notwendigen Bestätigungen vorliegen.

8. Die Beschwerde wurde dem Bundesfinanzgericht am zur Entscheidung vorgelegt (Vorlagebericht des Finanzamtes vom ).

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Die Bf. ist nach fristgerechter Eingabe der Berufung vom bzw. des Vorlageantrags vom am tt.mm.2018 verstorben.

Aus dem vom Bundesfinanzgericht eingeholten Einantwortungsbeschluss ist zu ersehen, dass mit Einantwortungsbeschluss des Bezirksgerichtes Feldkirch vom tt.mm.2020, zz x zzz/zz, die Verlassenschaft dem erbl. Ehegatten B.A. ins Alleineigentum eingeantwortet wurde. Mit diesem Einantwortungsbeschluss wurde der erbl. Ehegatte B.A. zum Gesamtrechtsnachfolger nach seiner verstorbenen Ehegattin.

Gemäß § 19 Abs. 1 erster Satz BAO gehen bei Gesamtrechtsnachfolge die sich aus Abgabenvorschriften ergebenden Rechte und Pflichten des Rechtsvorgängers auf den Rechtsnachfolger über. Dies betrifft nicht nur die Rechte und Pflichten, die sich aus dem Abgabenschuldverhältnis (§ 4 BAO) ergeben, sondern auch die Rechte und Pflichten aus dem Abgabenpflichtverhältnis (vgl. z.B. , wonach der Gesamtrechtsnachfolger in materiell- und in verfahrensrechtlicher Hinsicht bezüglich aller Rechte und Pflichten in die gesamte Rechtsstellung des Rechtsvorgängers tritt; vgl. Ritz, BAO-Kommentar, 6. Aufl., § 19 Rz 4, mwN).

Sachverhalt

Hinzuweisen ist darauf, dass nach Vorlage der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht (Vorlagebericht vom ) seitens der Bf. mit Schreiben vom im Wege des Finanzamtes eine Bescheinigung des Bundessozialamtes (datiert mit tt.mm.2014) "zwecks Vorlage beim zuständigen Finanzamt (§ 35 EStG 1988)", ein Behindertenpass (datiert mit tt.mm.2014) und eine Bestätigung der Installationsfirma F1 (datiert mit tt.mm.2013) über die behindertengerechte Ausführung der Installationen nachgereicht wurden.

Laut der (in Kopie) vorliegenden Bescheinigung des Bundessozialamtes vom tt.mm.2014 wird bestätigt, dass der bei der Bf. "festgestellte Grad der Behinderung (GdB) von 80 von Hundert (vH) zumindest ab dem Jahr 2013 besteht." Im Behindertenpass vom tt.mm.2014 wird bescheinigt, dass die Bf. schwer hörbehindert und Trägerin einer Prothese ist.

Ergänzend zu den nachgereichten Bestätigungen hat die Bf. im diesbezüglichen (Begleit-)Schreiben vom vorgebracht, dass die baulichen Umbaumaßnahmen im Hinblick auf die bevorstehende Operation bereits im Jahre 2012 erforderlich gewesen wären, damit nach der Entlassung aus dem Spital bzw. Reha-Zentrum das behindertengerechte Bad benutzt hätte werden können (Spitalsaufenthalt tt.mm.2013 bis tt.mm.2013, Operation am tt.mm.2013 und anschließend Reha-Zentrum Ort2 vom tt.mm.2013 bis tt.mm.2013).

Das Bundesfinanzgericht hat folgenden Sachverhalt festgestellt:

Die Bf., im streitgegenständlichen Zeitraum 85 Jahre alt, hat im Jahr 2012 ihr Bad umbauen lassen. An Sanierungs- bzw. Umbaumaßnahmen des Bades wurden im Jahr 2012 Heizungsinstallationen, Sanitärinstallationen (u.a. Einbau Dusche) und Fliesenlegearbeiten vorgenommen. Die diesbezüglich geltend gemachten Aufwendungen in Höhe von 14.206,55 Euro sind belegmäßig nachgewiesen und wurden von der Bf. im Jahr 2012 bezahlt.

Seitens der Bezirkshauptmannschaft Feldkirch liegt eine amtsärztliche Bestätigung vom tt.mm.2004 vor (der damals zuständigen Behörde), wonach die Bf. zu 50 % erwerbsgemindert ist (Schwerhörigkeit nicht altersbedingt). Mit Bescheinigung des Bundessozialamtes vom tt.mm.2014 wird bestätigt, dass der bei der Bf. "festgestellte Grad der Behinderung (GdB) von 80 von Hundert (vH) zumindest ab dem Jahr 2013 besteht." Im Behindertenpass vom tt.mm.2014 wird bescheinigt, dass die Bf. schwer hörbehindert und Trägerin einer Prothese ist.

Diese Feststellungen ergeben sich aus dem Akteninhalt und sind unstrittig.

Gesetzliche Grundlagen und rechtliche Beurteilung

Die gesetzlichen Bestimmungen der §§ 34 und 35 EStG 1988 über die "Außergewöhnliche Belastung" in der für den gegenständlichen Fall maßgebenden Fassung lauten (auszugsweise):

"§ 34. (1) Bei der Ermittlung des Einkommens (§ 2 Abs. 2) eines unbeschränkt Steuerpflichtigen sind nach Abzug der Sonderausgaben (§ 18) außergewöhnliche Belastungen abzuziehen. Die Belastung muß folgende Voraussetzungen erfüllen:

1. Sie muß außergewöhnlich sein (Abs. 2).

2. Sie muß zwangsläufig erwachsen (Abs. 3).

3. Sie muß die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wesentlich beeinträchtigen (Abs. 4).

Die Belastung darf weder Betriebsausgaben, Werbungskosten noch Sonderausgaben sein.

(2) Die Belastung ist außergewöhnlich, soweit sie höher ist als jene, die der Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse erwächst.

(3) Die Belastung erwächst dem Steuerpflichtigen zwangsläufig, wenn er sich ihr aus tatsächlichen, rechtlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann.

(4) Die Belastung beeinträchtigt wesentlich die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit, soweit sie einen vom Steuerpflichtigen von seinem Einkommen (§ 2 Abs. 2 in Verbindung mit Abs. 5) vor Abzug der außergewöhnlichen Belastungen zu berechnenden Selbstbehalt übersteigt. Der Selbstbehalt beträgt bei einem Einkommen


Tabelle in neuem Fenster öffnen
von höchstens 7 300 Euro …………………………………………………6%.
mehr als 7 300 Euro bis 14 600 Euro ………………………………….8%.
mehr als 14 600 Euro bis 36 400 Euro ………..…………………….10%.
mehr als 36 400 Euro ……………………………………………………….12%.

(6) Folgende Aufwendungen können ohne Berücksichtigung des Selbstbehaltes abgezogen werden:

- …

- Aufwendungen im Sinne des § 35, die an Stelle der Pauschbeträge geltend gemacht werden (§ 35 Abs. 5).

- Mehraufwendungen aus dem Titel der Behinderung, wenn die Voraussetzungen des § 35 Abs. 1 vorliegen, soweit sie die Summe pflegebedingter Geldleistungen (Pflegegeld, Pflegezulage, Blindengeld oder Blindenzulage) übersteigen.

Der Bundesminister für Finanzen kann mit Verordnung festlegen, in welchen Fällen und in welcher Höhe Mehraufwendungen aus dem Titel der Behinderung ohne Anrechnung auf einen Freibetrag nach § 35 Abs. 3 und ohne Anrechnung auf eine pflegebedingte Geldleistung zu berücksichtigen sind.

§ 35. (1) Hat der Steuerpflichtige außergewöhnliche Belastungen

- durch eine eigene körperliche oder geistige Behinderung,

- …

und erhält weder der Steuerpflichtige noch sein (Ehe-)Partner noch sein Kind eine pflegebedingte Geldleistung (Pflegegeld, Pflegezulage, Blindengeld oder Blindenzulage), so steht ihm jeweils ein Freibetrag (Abs. 3) zu.

(2) Die Höhe des Freibetrages bestimmt sich nach dem Ausmaß der Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung). Die Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung) richtet sich in Fällen,

1. in denen Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden, nach der hiefür maßgebenden Einschätzung,

2. in denen keine eigenen gesetzlichen Vorschriften für die Einschätzung bestehen, nach § 7 und § 9 Abs. 1 des Kriegsopferversorgungsgesetzes 1957 bzw. nach der Einschätzungsverordnung, BGBl. II Nr. 261/2010, für die von ihr umfassten Bereiche.

Die Tatsache der Behinderung und das Ausmaß der Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung) sind durch eine amtliche Bescheinigung der für diese Feststellung zuständigen Stelle nachzuweisen. Zuständige Stelle ist:

- Der Landeshauptmann bei Empfängern einer Opferrente (§ 11 Abs. 2 des Opferfürsorgegesetzes, BGBl. Nr. 183/1947).

- Die Sozialversicherungsträger bei Berufskrankheiten oder Berufsunfällen von Arbeitnehmern.

- In allen übrigen Fällen sowie bei Zusammentreffen von Behinderungen verschiedener Art das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen; dieses hat den Grad der Behinderung durch Ausstellung eines Behindertenpasses nach §§ 40 ff des Bundesbehindertengesetzes, im negativen Fall durch einen in Vollziehung dieser Bestimmungen ergehenden Bescheid zu bescheinigen.

(5) Anstelle des Freibetrages können auch die tatsächlichen Kosten aus dem Titel der Behinderung geltend gemacht werden (§ 34 Abs. 6).

…"

Nach § 4 der auf die §§ 34 und 35 EStG 1988 gestützten Verordnung des Bundesministers für Finanzen über außergewöhnliche Belastungen, BGBl. Nr. 303/1996, sind nicht regelmäßig anfallende Aufwendungen für Hilfsmittel (zB Rollstuhl, Hörgerät, Blindenhilfsmittel) sowie Kosten der Heilbehandlung im nachgewiesenen Ausmaß zu berücksichtigen.

Strittig ist im vorliegenden Fall, ob die geltend gemachten Aufwendungen für die Umbaumaßnahmen am Bad in Höhe von 14.206,55 Euro als außergewöhnliche Belastungen ohne Selbstbehalt anzuerkennen sind.

Was zunächst allgemein die Beurteilung einer außergewöhnlichen Belastung ohne Selbstbehalt angeht, sind nach § 34 Abs. 6 iVm § 35 Abs. 2 EStG 1988 die Tatsache der Behinderung und das Ausmaß der Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung) durch eine amtliche Bescheinigung der für diese Feststellung zuständigen Stelle nachzuweisen. Die Abgabenbehörde hat ihrer Entscheidung die jeweils vorliegende amtliche Bescheinigung iSd § 35 Abs. 2 EStG 1988 zugrunde zu legen (). Der vom Steuerpflichtigen vorzulegenden amtlichen Bescheinigung kommt feststellende, die Abgabenbehörden bindende Wirkung zu (vgl. ; Althuber/Schimmer in Hofstätter/Reichel, EStG 1988 - Kommentar, § 35 Tz 4).

Dazu ist nun seitens des Bundesfinanzgerichts festzustellen, dass für das Jahr 2012 eine amtsärztliche Bestätigung vom tt.mm.2004 vorliegt. Die darin ausgewiesene Schwerhörigkeit als Grund der bescheinigten Erwerbsminderung der Bf. im Ausmaß von 50 % steht allerdings mit den Aufwendungen für den Badumbau in keinem ursächlichen Zusammenhang. Hinsichtlich der von der Bf. nachgereichten Bescheinigung des Bundessozialamtes vom tt.mm.2014 ist festzustellen, dass diese (rückwirkend) mit Wirksamkeit ab dem Jahr 2013 ausgestellt wurde und somit für das Streitjahr 2012 nicht maßgeblich ist.

Auf dieser gesetzlichen Grundlage und der zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sind die beantragten Aufwendungen für den Badumbau nicht als abzugsfähige außergewöhnliche Belastungen ohne Selbstbehalt zu berücksichtigen.

Zu beurteilen ist weiters, ob die beantragten Aufwendungen nach den allgemeinen Bestimmungen des § 34 EStG 1988 als außergewöhnliche Belastungen mit Selbstbehalt anzuerkennen sind.

Gemäß § 34 Abs. 1 EStG 1988 werden bei der Ermittlung des Einkommens außergewöhnliche Belastungen abgezogen, die dem Steuerpflichtigen zwangsläufig erwachsen, als sie außergewöhnlich sind und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wesentlich beeinträchtigen.

Den eigenen Angaben der Bf. zufolge wurden die Umbaumaßnahmen im Jahr 2012 im Hinblick auf die bevorstehende Operation im Jänner 2013 vorgenommen bzw. um nach der Entlassung aus dem Spital bzw. Reha-Zentrum das behindertengerechte Bad benützen zu können.

In dem von der Bf. nachgereichten Schreiben der Installationsfirma F1 (datiert mit tt.mm.2013) wird ausgeführt:

"Betreff: Sanierung Bad im Erdgeschoß,

ich bestätige die Installationen für eine Duschanlage, Waschtischanlage sowie einer WC-Anlage wurde behindert gerecht installiert und ausgeführt. Die Installationen wurden nach den vorgeschriebenen lFS- Menschengerechtes Bauen Institut für Sozialdienste Vorarlberg durchgeführt. Weiteres wurden die bestehenden Heizkörper in eine Fußbodenheizung um installiert, um das Bad Rollstuhlgerecht nützen zu können. …"

Aus dem im Veranlagungsakt einliegenden Schreiben des Arztes für Allgemeinmedizin Dr. Arzt vom tt.mm.2013 geht hervor, dass dieser den Umbau in eine behindertengerechte Dusche befürwortet. In diesem Schreiben heißt es:

"Arztbestätigung:

Frau A.A. erhielt im Januar dieses Jahres eine Hüft Prothese links.


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Diagnose:
Zustand Hüft TEP li. (Hüftnekrose li.)
Paroxysmales tachykardes Vorhofflimmern
Zustand nach Thrombose re Wade
Steatosis hepatis
Hypakusis
Inguinalhernien OP

Aufgrund der heurigen OP ist Frau A.A. nicht mehr in der Lage sich in einem normalen Bad zu waschen.

Es wurde die Dusche behindertengerecht umgebaut, mit ebenerdigem Einstieg, da das Bad auf Grund der Behinderung von Fr. A.A. nicht mehr benutzt werden kann."

Unter Belastungen im Sinn des § 34 EStG 1988 sind nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nur vermögensmindernde Ausgaben, also solche zu verstehen, die mit einem endgültigen Verbrauch, Verschleiß oder sonstigen Wertverzehr verknüpft sind. Ihnen stehen die Ausgaben gegenüber, die nicht zu einer Vermögensminderung, sondern zu einer bloßen Vermögensumschichtung führen und die deshalb nicht als außergewöhnliche Belastung anerkannt werden (vgl. ). Aufwendungen für den Erwerb von Wirtschaftsgütern stellen dann keine außergewöhnliche Belastung dar, wenn durch sie ein entsprechender Gegenwert erlangt wird, wenn somit bloß eine Vermögensumschichtung und keine Vermögensminderung eintritt (vgl. ).

Ausgaben für den Erwerb eines Wirtschaftsgutes sind somit in der Regel von einer Berücksichtigung als außergewöhnliche Belastung ausgeschlossen (). Eine andere Beurteilung könnte dann geboten sein, wenn Wirtschaftsgüter beschafft werden müssen, die infolge Verwendbarkeit für nur bestimmte individuelle Personen (zB deren Prothesen, Seh- und Hörhilfen) oder wegen ihrer spezifisch nur für Behinderte geeigneten Beschaffenheit (zB Rollstühle) keinen oder nur einen sehr eingeschränkten allgemeinen Verkehrswert haben (vgl. , mwN und unter Hinweis auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes , B 220/81, betreffend einen Aufzug für ein bloß einstöckiges Wohnhaus eines Querschnittgelähmten).

Voraussetzung für die Berücksichtigung einer außergewöhnlichen Belastung nach § 34 EStG 1988 ist u.a., dass die Belastung zwangsläufig erwachsen ist, sich der Steuerpflichtige ihr also aus tatsächlichen, rechtlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen konnte (§ 34 Abs. 3 EStG 1988).

Seitens der Bf. wurde für den Badumbau bzw. die Badsanierung ein Betrag von 14.206,55 Euro aufgewendet und diese Aufwendungen im gesamten Umfang als außergewöhnliche Belastungen geltend gemacht. Aus den vorliegenden Rechnungen (Rechnungen der Firma F1 vom tt.mm.2012 (1.315,18 Euro) und vom tt.mm.2012 (7.439,53 Euro) und der Firma F2 vom tt.mm.2012 (5.451,84 Euro) ergibt sich, dass es sich bei den geltend gemachten Aufwendungen für den Badumbau um eine umfangreiche Badsanierung handelt (zB Duschvorrichtung, Stand-Bidet samt Bidetmischer, Badheizkörper). Auf Fliesenlegearbeiten entfallen laut vorliegender Rechnung 5.451,84 Euro brutto (Fliesen für ca. 32 m2, 60 abgerechnete Facharbeiterstunden), wobei seitens der Installationsfirma auch bestätigt wird (vgl. o.a. Schreiben vom tt.mm.2013), dass "die bestehenden Heizkörper in eine Fußbodenheizung um installiert" wurden.

Die Bf. war im Streitjahr 2012 85 Jahre alt. In der o.a. Arztbestätigung vom tt.mm.2013 werden der Bf. gesundheitliche Beeinträchtigungen wie Zustand Hüft TEP li. (Hüftnekrose li.), Paroxysmales tachykardes Vorhofflimmern, Zustand nach Thrombose re Wade, Steatosis hepatis, Hypakusis und Inguinalhernien OP attestiert. Vom Bundessozialamt wurde bestätigt, dass der bei der Bf. "festgestellte Grad der Behinderung (GdB) von 80 von Hundert (vH) zumindest ab dem Jahr 2013 besteht." Die Bf. war laut Behindertenpass vom tt.mm.2014 schwer hörbehindert und Trägerin einer Prothese.

Nach Ansicht des Bundesfinanzgerichts ist davon auszugehen, dass die von der Bf. im Jahr 2012 getätigten Aufwendungen, soweit sie auf die Installation der behindertengerechten ebenerdigen Dusche entfallen, in unmittelbarem Zusammenhang mit dem der Bf. diagnostizierten Krankheitszustand bzw. der gegebenen Körperbeeinträchtigung stehen. Es war der Bf. auch im Hinblick auf die altersbedingte körperliche Beeinträchtigung durchaus zuzugestehen, die tägliche Hygiene in sicherer Umgebung allein ohne fremde Hilfe vorzunehmen. In der o.a. Arztbestätigung vom tt.mm.2013 wird die Installation der behindertengerechten Dusche auch als nötig erachtet. Es bestehen seitens des Bundesfinanzgerichts auch keine Zweifel, dass es sich hier um einen längeren Krankheitsprozess handelte und der in der Arztbestätigung geschilderte Krankheitszustand bereits im Jahr 2012 bestanden hat. Für die Aufwendungen der vorliegenden Installation der behindertengerechten Dusche steht auch der Gegenwertgedanke, der ansonsten bei außergewöhnlichen Belastungen zu beachten ist, der steuerrechtlichen Berücksichtigung nicht entgegen (vgl. ; GZ. RV/5100959/2012). Davon ausgehend sind die Aufwendungen, soweit sie mit der Installation der behindertengerechten Dusche im Zusammenhang stehen, als außergewöhnliche Belastungen anzuerkennen. Das Bundesfinanzgericht erachtet es dabei unter Berücksichtigung der gesamten Umstände des gegenständlichen Falles und unter Zugrundelegung der vorliegenden Rechnungen als sachgerecht, einen Betrag in Höhe von 5.635,19 Euro als abzugsfähig zu berücksichtigen (Rechnung der Firma F1 vom tt.mm.2012, Positionen 7-12 [2.112,90 Euro]; Rechnung der Firma F1 vom tt.mm.2012, Position 1.1-1.13 und 1.31 [2.159,33 Euro]; 25 % der Aufwendungen für Fliesenlegearbeiten [Material samt Facharbeiterstunden] laut Rechnung der Firma F2 vom tt.mm.2012 in Höhe von 5.451,84 Euro [1.362,96 Euro]). Die diesbezüglichen Aufwendungen in Höhe von gesamt 5.635,19 Euro werden seitens des Bundesfinanzgerichtes als angemessen beurteilt und als abzugsfähige außergewöhnliche Belastungen (mit Selbstbehalt) beurteilt. In diesem Umfang war der Beschwerde daher teilweise stattzugeben.

Anderes gilt nach Ansicht des Bundesfinanzgerichtes für den Rest der geltend gemachten Aufwendungen. Der Rest der beantragten Aufwendungen bezieht sich auf jene Aufwendungen (zB umfangreiche Fliesenlegearbeiten, Installation Fußbodenheizung), wo kein direkter Zusammenhang mit dem (altersbedingten) Krankheitsbild bzw. der körperlichen Beeinträchtigung der Bf. anzunehmen ist. Diesbezüglich ergibt sich somit, dass diese nicht aus tatsächlichen Gründen zwangsläufig erwachsen sind. Zudem steht einer steuermindernden Anerkennung dieser Aufwendungen auch der o.a. Grundsatz der Gegenwerttheorie entgegen, da davon auszugehen ist, dass diese Aufwendungen für das Gebäude bei einer unterstellten Verwertung abgegolten würden. Der Beschwerde war daher insoweit nicht Folge zu geben.

Aus diesen Gründen war spruchgemäß zu entscheiden.

Zulässigkeit der Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im gegenständlichen Fall wurde von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht abgewichen bzw. ergeben sich die Rechtsfolgen unmittelbar und eindeutig aus den gesetzlichen Bestimmungen, weshalb eine (ordentliche) Revision nicht zuzulassen war.

Insgesamt war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Feldkirch, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Schlagworte
Badumbau
außergewöhnliche Belastung
Behinderung
bodenebene Dusche
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2021:RV.1100238.2014

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at