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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 27.01.2021, RV/7102674/2020

Vorliegen eines inländischen Wohnsitzes

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Ri in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch ***Vertr1***, ***Vertr1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vormals Finanzamt Baden-Mödling vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2018 zu Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:

I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben.

II. Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgabe sind dem Ende der Entscheidungsgründe dem als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

III. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Der BF wurde mit Bescheid vom zur Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2018 veranlagt. Dabei wurden bei den Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit neben den Bezügen eines inländischen Arbeitgebers für den Zeitraum vom bis auch Einkünfte ohne inländischen Steuerabzug für den Zeitraum vom bis zum angesetzt, in dem der BF in Großbritannien arbeitete. Zur Begründung führte das FA an, dass der BF in Österreich bis dato seinen Hauptwohnsitz habe, weshalb Österreich als Ansässigkeitsstaat das Besteuerungsrecht für das Welteinkommen zustehe. Zur Vermeidung der Doppelbesteuerung sehe das DBA mit Großbritannien die Anrechnung der dort bezahlten Steuer vor. Da ein Nachweis dieser Steuer jedoch nicht vorliege, seien die Einkünfte zur Gänze bei der Arbeitnehmerveranlagung zu berücksichtigen gewesen.

Gegen diesen Bescheid erhob der BF durch seine ausgewiesene Vertreterin fristgerecht Beschwerde und führte dazu im Wesentlichen aus, dass der BF von seinem österreichischen Arbeitgeber mit befristet bis voraussichtlich nach Großbritannien entsendet worden sei. Der BF habe jedoch seinen Wohnsitz in Adresse lediglich bis aufrechterhalten und mit einen Wohnsitz in Großbritannien begründet. Dies sei der einzige Wohnsitz des BF ab gewesen, der weitere Wohnsitz in ***Bf1-Adr*** sei der Meldewohnsitz des BF bei seinen Eltern. Damit stehe Österreich bis zum als Ansässigkeitsstaat gemäß Art. 4 Abs. 1 DBA Österreich/Großbritannien das Besteuerungsrecht auf das gesamte Welteinkommen des BF zu. Ab dem stehe Großbritannien als Ansässigkeitsstaat des BF das Besteuerungsrecht zu. Dazu legte die steuerliche Vertretung des BF eine entsprechende Aufteilung der Einkünfte des BF im Jahr 2018 vor.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies das FA die Beschwerde des BF als unbegründet ab und begründete dies im Wesentlichen damit, dass der BF während seiner Entsendung durch den österreichischen Dienstgeber einen - zumindest abgeleiteten - Wohnsitz in Österreich gehabt habe, weswegen im gesamten Veranlagungsjahr 2018 unbeschränkte Steuerpflicht vorliege. Aufgrund der kurzfristigen Dauer der Entsendung sei außerdem davon auszugehen, dass keine Verlagerung des Lebensmittelpunktes nach Großbritannien erfolgt sei, weshalb die Ansässigkeit in Österreich verblieben sei und somit das Besteuerungsrecht des Welteinkommens Österreich zufalle.

Darauf beantragte der BF durch seine ausgewiesene Vertreterin fristgerecht die Vorlage der Beschwerde zur Entscheidung durch das BFG und begründete dies im Wesentlichen damit, dass der BF seinen eigenen Hausstand in Adresse mit aufgegeben habe. Bei der Aufgabe des Wohnsitzes sei irrtümlich die melderechtliche Abmeldung verabsäumt worden mit der Entsendung habe der BF am einen Wohnsitz in Großbritannien begründet, nach der Beendigung der Entsendung habe der BF mit einen ständigen Wohnsitz in XY begründet, wo er ab diesem Zeitpunkt einen unbefristeten Vertrag bei der Muttergesellschaft des österreichischen Arbeitgebers abgeschlossen habe. Der BF habe vor seinem Wegzug einen eigenen Wohnsitz begründet gehabt, er wohne nicht mehr am elterlichen Wohnsitz. Es könne somit von keinem abgeleiteten Wohnsitz mehr ausgegangen werden. Er habe nach Aufgabe seines eigenen Wohnsitzes in Österreich mit seiner Übersiedlung einen eigenen Wohnsitz nach Großbritannien begründet, weswegen sich die Ansässigkeit ab diesem Zeitpunkt nach Großbritannien verlagert habe.

Nach Vorlage der Beschwerde an das BFG führte der Richter am einen Erörterungstermin durch, bei dem im Wesentlichen Fragen zu den Themen Vorliegen eines Wohnsitzes in Österreich ab September 2018, Vorliegen von Wohnsitzen in Österreich und Großbritannien, zum Mittelpunkt der Lebensinteressen im Jahr 2018 und zur Tätigkeit des BF in Großbritannien angesprochen wurden. In weiterer Folge wurden Berechnungen zur Aufteilung der Einkünfte angefordert, die die steuerliche Vertretung des BF vorlegte und dem FA zur Kenntnis gebracht wurde.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt und Beweiswürdigung:

Das BFG legt der Entscheidung den im folgenden dargestellten Sachverhalt zugrunde, der sich aus den Akten des Verwaltungsverfahrens und dem Vorbringen des Beschwerdeführers ergibt. Dieser Sachverhalt ist von den Parteien des Verfahrens nicht bestritten.

Der BF übte seit dem Jahr 2012 seine Tätigkeit bei der ***1*** GmbH in ***2*** aus. Er war auch im gesamten Kalenderjahr 2018 bei diesem Unternehmen angestellt.

Der BF war ab 2013 bis zum in Adresse gemeldet. Dieser Wohnsitz, der im Zentralen Melderegister als Nebenwohnsitz aufscheint, war der Wohnsitz den der BF während seiner beruflichen Tätigkeit in ***2*** nutzte.

Im Jahr 2018 bewarb sich der BF auf eine im Konzern ausgeschriebene Stelle in Großbritannien und wurde in der Folge von seinem österreichischen Arbeitgeber ab dem zunächst für die voraussichtliche Dauer von einem Jahr zu dieser Konzerngesellschaft nach Großbritannien entsendet. Die Entsendung nach Großbritannien war kein Teil eines unternehmensinternen Qualifizierungsprogrammes. Aufgabenbereich des BF war in Österreich und in Großbritannien die Wartung und Einstellung von Produktionsmaschinen. Es handelte sich in beiden Fällen sowohl in ***2*** als auch in England um eine Vollzeittätigkeit.

Der BF übersiedelte mit nach Großbritannien, konkret nach Großbritannien.

Die Wohnung in Großbritannien wurde durch den Arbeitgeber ***1*** GmbH finanziert. Sie stand dem Beschwerdeführer vollumfänglich während seiner Tätigkeit in England zur Verfügung. Ein Mietvertrag des Beschwerdeführers liegt nicht vor. Dies wurde durch den Arbeitgeber erledigt.

Dies ergibt sich aus dem zentralen Melderegister bzw. den Ausführungen des Vertreters des BF im Erörterungstermin vom .

Den Wohnsitz in Adresse gab der BF mit dem Ende der dreimonatigen Kündigungsfrist zum auf, wobei die Übergabe der mittlerweile geräumten Wohnung durch die Eltern des BF stattfand.

Dies ergibt sich aus den ergänzenden Ausführungen des steuerlichen Vertreters des BF vom .

Der BF verfügte laut dem zentralen Melderegister in Österreich über das Jahr 2018 hinaus über zwei weitere "Wohnsitze":

An der Adresse ***Bf1-Adr*** scheint ab im ZMR der Hauptwohnsitz des BF auf. Bei diesem Wohnsitz handelt es sich um den Wohnsitz der Eltern des Beschwerdeführers. Der Beschwerdeführer hat dort nach wie vor sein Kinderzimmer zur Verfügung, dsd zB im Falle von Feiern genutzt wird. Dem BF steht keine eigene Wohneinheit in diesem Haus zur Verfügung, es gibt kein eigenes Bad bzw. keine eigenen Wohnräumlichkeiten. Das Verhältnis des Beschwerdeführers zu seinen Eltern ist ein gutes, er ist bei den zuvor genannten Anlässen an diesem Wohnort willkommen.

Von 1986 bis zum scheint im ZMR als Hauptwohnsitz die Adresse ***Adr-alt*** auf. Dies war der ursprüngliche Wohnsitz der Eltern des Beschwerdeführers, der in der Folge der Schwester übertragen wurde. Die Schwester hat auf diesem Grundstück in weiterer Folge ein neues Haus errichtet. An dieser Adresse hat der Beschwerdeführer keine Schlafgelegenheit oder eine sonstige Wohneinheit zur Verfügung, die Adresse scheint aber nach wie vor als Nebenwohnsitz des BF auf.

Der Beschwerdeführer war in den letzten vier Monates des Jahres 2018 pro Monat ca. vier Tage in Österreich. Zu Weihnachten war er ca. sieben Tage in Österreich. Im Jänner 2019 ist er überhaupt nicht nach Österreich gekommen und in der Folge ist er im Schnitt zwei Tage pro Monat in Österreich gewesen.

Der Beschwerdeführer war im Zeitpunkt des Wechsels des Arbeitsplatzes, von Österreich nach England alleinstehend und war dies auch in den beiden Jahren in England. Er hatte keine Partnerin in Österreich oder England.

Die persönlichen Anknüpfungspunkte, die in Österreich verblieben, waren im Wesentlichen die Eltern, Kindheitsfreunde sowie Kollegen aus der Tätigkeit in ***2***. Ein Freundeskreis in England hat sich der BF im Laufe der Zeit aufgebaut.

Die Werkzeuge und Materialien wurden in England von ***3*** zur Verfügung gestellt. Der Beschwerdeführer war auch hinsichtlich seiner laufenden Tätigkeit dort in die Weisungskette eingegliedert.

Das Dienstverhältnis bei ***Firma-XY*** im Jahr 2020 war dann ein neues Dienstverhältnis, das nahtlos an die Entsendung angeschlossen hat. Bis dorthin war nicht klar, ob die Entsendung verlängert wird, der BF möglicherweise in ein anderes Land gehen könnte oder wiederum nach ***2*** zurückkehrt.

2. Rechtliche Beurteilung

2.1. Zur Zuständigkeit ab :

Gemäß § 323b Abs.1 BAO treten das Finanzamt Österreich und das Finanzamt für Großbetriebe für ihren jeweiligen Zuständigkeitsbereich am an die Stelle des jeweils am zuständig gewesenen Finanzamtes.

Gemäß § 323b Abs. 2 BAO werden die am bei einem Finanzamt … anhängigen Verfahren von der jeweils am zuständigen Abgabenbehörde in dem zu diesem Zeitpunkt befindlichen Verfahrensstand fortgeführt.

Im gegenständlichen Beschwerdeverfahren, das vom FA Baden Mödling dem BFG vorgelegt worden war, ist somit ab das FA Österreich zuständig.

2.2. Zu Spruchpunkt I.und II. (teilweise Stattgabe)

Gemäß § 1 Abs. 1 EStG 1988 sind nur natürliche Personen einkommensteuerpflichtig.

Gemäß § 1 Abs. 2 EStG 1988 sind jene natürlichen Personen unbeschränkt steuerpflichtig, die im Inland einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben. Die unbeschränkte Steuerpflicht erstreckt sich auf alle in- und ausländischen Einkünfte.

Gemäß § 1 Abs. 3 EStG 1988 sind jene natürlichen Personen beschränkt steuerpflichtig, die im Inland weder einen Wohnsitz noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben. Die beschränkte Steuerpflicht erstreckt sich nur auf die im § 98 aufgezählten Einkünfte.

Gemäß § 98 Abs. 1 Z. 4 EStG 1988 unterliegen der beschränkten Einkommensteuerpflicht (§ 1 Abs. 3) Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit (§ 25), die im Inland … ausgeübt … oder im Inland verwertet wird oder worden ist, d.h. wenn sie zwar nicht im Inland persönlich ausgeübt wird, aber ihr wirtschaftlicher Erfolg der inländischen Volkswirtschaft unmittelbar zu dienen bestimmt ist.

Gemäß Art. 15 Abs. 1 DBA Österreich-Großbritannien dürfen … Gehälter, Löhne und ähnliche Vergütungen, die eine in einem Vertragsstaat ansässige Person aus unselbstständiger Arbeit bezieht nur in diesem Staat besteuert werden, es sei denn, dass die Arbeiten dem anderen Vertragsstaat ausgeübt wird. Wird die Arbeit dort ausgeübt, so dürfen die dafür bezogenen Vergütungen in dem anderen Staat besteuert werden.

Gemäß Art. 15 Abs. 2 DBA Österreich-Großbritannien dürfen Vergütungen, die eine in einem Vertragsstaat ansässige Person für eine in dem anderen Vertragsstaat ausgeübte unselbstständige Tätigkeit bezieht, nur dem erstgenannten Staat besteuert werden, wenn der Empfänger sich in dem anderen Staat insgesamt nicht länger als 183 Tage während des betreffenden Steuerjahres dieses anderen Staates aufhält und die Vergütungen von einem Arbeitgeber oder für einen Arbeitgeber gezahlt werden, der nicht in dem anderen Staat ansässig ist und die Vergütungen nicht einer Betriebsstätte oder einer festen Einrichtung getragen werden, die der Arbeitgeber in dem anderen Staat hat.

Gemäß § 26 Abs. 1 BAO hat jemand dort einen Wohnsitz im Sinn der Abgabenvorschriften, wo er eine Wohnung innehat unter Umständen, die darauf schließen lassen, dass er die Wohnung beibehalten und benutzen wird.

Eine Wohnung iSd § 26 Abs 1 sind Räumlichkeiten, die nach der Verkehrs¬auffassung zum Wohnen geeignet sind, also ohne wesentliche Änderung jederzeit zum Wohnen benützt werden können und ihrem Inhaber nach Größe und Ausstattung ein dessen Verhältnissen entsprechendes Heim bieten (zB ; , 95/13/0150; , 2002/15/0102; , 2007/15/0292; , 2011/15/0133). Sie müssen so ausgestattet sein, dass sie es erlauben, sich nicht nur ganz kurz¬fristig dort aufzuhalten: Die Möglichkeiten zum Schlafen, zur Körperpflege, zur Zubereitung von Essen und zur Aufbewahrung persönlicher Gegenstände muss gewährleistet sein ( ) (Ritz BAO6, § 26 Tz. 1)

Innehaben bedeutet, über eine Wohnung tatsächlich oder rechtlich verfügen zu können, sie also jederzeit für den eigenen Wohnbedarf benützen zu können ( ; , 99/15/0104; , 99/15/0008; , 2004/16/0001; , 2007/15/0292). Die bloße Überlassung eines Zimmers zur vorübergehenden Nutzung reicht nicht ( ). (Ritz BAO6, § 26 Tz. 5)

Die polizeiliche Ab- und Anmeldung (§ 1 Abs 1 MeldeG) ist nicht entscheidend ( ; , 95/13/0150; , 99/15/0104), kann aber in Zweifelsfällen einen Begründungsanhalt bieten ( ; , 2004/16/0001). (Ritz BAO6, § 26 Tz. 7)

Volljährige Kinder, die keine eigene Wohnung haben und bei ihren Eltern leben, haben dort einen sog abgeleiteten Wohnsitz; dasselbe gilt für Ehepartner (). (Ritz BAO6, § 26 Tz. 12)

Gemäß Art 4 Abs. 1 des DBA zwischen Österreich und Großbritannien ist eine in einem Vertragsstaat ansässige Person jemand, der nach dem Recht dieses Staates dort aufgrund seines Wohnsitzes, seines ständigen Aufenthaltes, … oder eines anderen ähnlichen Merkmals steuerpflichtig ist; der Ausdruck umfasst nicht eine natürliche Person die in diesem Vertragsstaat nur steuerpflichtig ist, wenn sie Einkünfte aus Quellen in diesem Staat bezieht.

Gemäß § 4 Abs. 2 dieses DBA gilt Folgendes, wenn nach Abs. 1 dieses Artikels eine natürliche Person in beiden Vertragsstaaten ansässig ist: Die Person gilt als in dem Vertragsstaat ansässig, in dem sie über eine ständige Wohnstätte verfügt. Verfügt sie in beiden Vertragsstaaten über eine ständige Wohnstätte so gilt sie als in dem Vertragsstaat ansässig, zu dem sich die engeren persönlichen und wirtschaftlichen Beziehungen hat (Mittelpunkt der Lebensinteressen).

Legt man diese Aussagen auf den Beschwerdefall um, so ist dazu festzuhalten, dass der BF im Jahr 2018 in Österreich nach dem Verständnis des BFG im Sinne der oben angeführten Ausführungen in Österreich lediglich einen Wohnsitz innehatte. Dabei handelte es sich um seine Wohnung in Adresse. Diesen Wohnsitz hatte der BF bis zum inne. Das BFG geht zwar mit den Ausführungen des BF davon aus, dass er mit Beginn seiner neuen Tätigkeit zum nach England übersiedelt ist, den Wohnsitz in Österreich hatte jedoch erst mit der Beendigung des Mietvertrages zum aufgegeben. Damit liegt im Zeitraum September und Oktober 2018 ein Wohnsitz des BF sowohl in Österreich als auch einer in Großbritannien vor.

Bei Wohnsitzen in beiden Vertragsstaaten besteht nach § 4 Abs. 2 des DBA Österreich - Großbritannien die Ansässigkeit in dem Vertragsstaat, zu dem die engeren persönlichen und wirtschaftlichen Beziehungen bestehen. Dieser Mittelpunkt der Lebensinteressen bestand im gegenständlichen Verfahren in den Monaten September und Oktober 2018 auf Grund des oben dargestellten Sachverhaltes jedenfalls noch in Österreich. Der BF war daher auch nach DBA in Österreich ansässig und damit in diesem Zeitraum in Österreich noch unbeschränkt steuerpflichtig.

Ab November 2018 besteht aus Sicht des BFG - trotz der nach wie vor bestehenden Wohnsitze des BF nach dem ZMR - im Sinne der steuerrechtlichen Vorschriften kein Wohnsitz des BF in Österreich mehr. Die nach wie vor aufrechte Meldung des BF im Hause seiner Schwester ist nach den Bestimmungen der BAO ohne jeden Belang, da der BF in diesem Haus über gar keine ihm zur Verfügung stehenden Räumlichkeiten verfügt.

Vergleichbares trifft auf die nach wie vor aufrechte Meldung des BF an der Adresse seiner Eltern als Hauptwohnsitz zu. Der BF hatte bereits seit 2012 durchgängig einen eigenen Wohnsitz in Österreich bzw. ab 2018 einen eigenen Wohnsitz in Großbritannien gehabt. Unter dieser Voraussetzung ist ein abgeleiteter Wohnsitz an der Adresse der Eltern nur unter der Voraussetzung denkbar, dass er dort eine vollständig eingerichtete Wohnung innehat, die die Möglichkeiten zum Schlafen, zur Körperpflege, zur Zubereitung von Essen und zur Aufbewahrung persönlicher Gegenstände gewährleistet. Dies ist nach dem Vorbringen des steuerlichen Vertreters des BF jedoch an der Adresse seiner Eltern nicht der Fall. Damit kann aber auch spätestens ab dem Jahr 2012 nicht davon ausgegangen werden, dass an dieser Adresse ein (abgeleiteter) Wohnsitz des BF bestanden hätte.

Somit bestand ab November 2018 kein Wohnsitz des BF in Österreich mehr. Ab diesem Zeitpunkt gibt es weder einen Anknüpfungspunkt für die unbeschränkte Steuerpflicht in Österreich über einen Wohnsitz, noch einen Anknüpfungspunkt für die beschränkte Steuerpflicht in Österreich.

Damit unterliegt der BF im Ergebnis bis zum Oktober 2018 der unbeschränkten Steuerpflicht in Österreich. Die Einkünfte seiner Tätigkeit in Großbritannien im Oktober und im November 2018 sind ggf. unter Anrechnung der im Ausland entrichteten Steuer in Österreich der Besteuerung zu unterwerfen.

Die Einkünfte des BF aus nichtselbständiger Arbeit in Großbritannien unterliegen ab November 2018 keiner Besteuerung in Österreich mehr.

Damit war der Beschwerde teilweise (hinsichtlich der unbeschränkten Steuerpflicht für November und Dezember 2018) stattzugeben.

2.3. Zu Spruchpunkt III. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Das gegenständliche Erkenntnis stützt sich hinsichtlich der Frage des Vorliegens eines Wohnsitzes auf die im Begründungsteil dargestellten gesetzlichen Grundlagen, die angesprochenen höchstgerichtlichen Entscheidungen sowie die dazu vertretenen Kommentarmeinungen. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung liegt nicht vor.

Salzburg, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 26 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
ECLI
ECLI:AT:BFG:2021:RV.7102674.2020

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at