Antrag auf Wiederaufnahme eines Sicherstellungsverfahrens
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter***Ri*** in der Beschwerdesache der ***Bf1***, ***Bf1-Adr*** vertreten durch ***V***, ***V-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Zollamtes St. Pölten Krems Wiener Neustadt (nunmehr Zollamt Österreich) vom , Zahl: ***1***, betreffend Wiederaufnahme des Sicherstellungsverfahrens zu Recht erkannt:
Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Verfahrensgang
Mit Bescheid des Zollamtes vom wurde an die Beschwerdeführerin für Mineralölsteuer ein Sicherstellungsauftrag gemäß § 232 BAO erlassen. Die dagegen erhobene Berufung (nunmehr Beschwerde) wurde im Instanzenzug mit Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes vom , Zahl RV/4200017/2014, als unbegründet abgewiesen. Die gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes erhobene Revision der Beschwerdeführerin wurde mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zahl Ro 2014/16/0070, als unbegründet abgewiesen.
Mit Schreiben vom stellte die Beschwerdeführerin, vertreten durch ***V***, Steuerberater, den Antrag "auf Wiederaufnahme des durch "Bescheid - Sicherstellungsauftrag" des Zollamtes St. Pölten Krems Wr. Neustadt (Zollamt NÖ bzw belangte Behörde) vom (…) abgeschlossenen Verfahrens" gemäß § 303 Abs. 1 BAO. Neben umfangreichen Ausführungen allgemeiner Natur brachte die Beschwerdeführerin im Wesentlichen vor, die Beschwerdeführerin habe keinen Einfluss auf die Vorgänge auf dem Betriebsgelände des ***VN2*** ***NN2*** in Deutschland gehabt und habe somit nicht erreichen können, dass die Ware in Deutschland in Fahrzeuge eines slowenischen Frächters eingefüllt und nach Österreich verbracht und dort bei Kunden der Beschwerdeführerin abgeschlaucht worden sei.
Mit Bescheid der belangten Behörde vom , Zahl ***1***, wurde der Antrag der Beschwerdeführerin auf Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend Sicherstellungsauftrag als unbegründet abgewiesen. Begründend wurde ausgeführt:
"Mit Bescheid des Zollamtes St.Pölten Krems Wiener Neustadt wurde gegen die ***Bf1*** am gemäß § 232 BAO ein Sicherstellungsauftrag zur Sicherung des Abgabenanspruches des Bundes in der Höhe von (voraussichtlich) Euro 2.300.000,-- für die im Zeitraum Juni bis Dezember 2011 anfallende Mineralölsteuer erlassen. Dagegen brachte die ***Bf1*** frist- und formgerecht das Rechtsmittel der Berufung ein.
Mit Berufungsvorentscheidung wies das Zollamt am die Berufung als unbegründet ab. Dagegen brachte die Berufungswerberin am das Rechtsmittel der Beschwerde ein, welches der Unabhängige Finanzsenat (UFS) am als unbegründet abwies.
Dagegen brachte die Berufungswerberin Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof ein, welcher am die Behandlung der Beschwerde wegen nicht hinreichender Aussicht auf Erfolg ablehnte und die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof (VwGH) zur Entscheidung abtrat.
Der VwGH hob mit Erkenntnis vom den Bescheid des UFS wegen Verletzung von Verfahrensvorschriften auf.
Im fortgesetzten Verfahren wies das nunmehr zuständige Bundesgericht (BFG) mit Erkenntnis vom , ZI. RV/4200017/2014, die Beschwerde als unbegründet ab. Die dagegen erhobene Revision wies der VwGH mit Erkenntnis vom ZI. Ro2014/16/0070 ebenfalls als unbegründet ab.
Mit Schriftsatz vom (eingelangt am ) beantragte die ***Bf1*** die Wiederaufnahme gemäß § 303 Abs. 1 lit. b BAO des abgeschlossenen Sicherstellungsverfahrens zur ***Bf1*** und begründete eine Wiederaufnahme wie folgt, wobei hier nur auszugsweise die relevanten Passagen des 32 Seitenantrages zusammengefasst zitiert werden:
Beide Erledigungen des Zollamtes NÖ sind ziemlich nichtssagend. Der Sicherstellungsauftrag hat zwei, die BVE gerade einmal sechs Seiten, das - im dritten Anlauf erst mehr als zwei Jahre später ergangene - Erkenntnis des hingegen 47 Seiten. Der VwGH wiederum hat diesen Fall durch seine Entscheidung vom , Ro 2014/16/0070 auf völlig neue Beine gestellt. Daher liegt es nahe, diese beiden Erledigungen zum Maßstab der eigenen Argumentation und Beweisführung zu machen. Die Formel (Anm: des VwGH) - sie ist ebenso einfach wie bestechend - lautet:
Die Kriterien des § 21 Abs 1 Z 5 MinStG 1955 stehen allesamt außer Streit bis auf jenes der erstmaligen Abgabe von Kraftstoff im Steuergebiet. Daher steht und fällt unsere Steuerschuld damit.
Ein Rechtsgeschäft bedarf zu seiner Wirksamkeit der Erfüllung (modus). Das gilt auch hier für die diversen Kaufverträge über den Rust Cleaner.
In diesem Fall besteht die erstmalige Abgabe im Inland im Einfüllen des Kraftstoffs in die Tanks der (…) durch die LKW-Fahrer des slowenischen Frächters (…).
Sie ist demjenigen zuzurechnen, auf dessen Geheiß hin die Fahrzeuge das Anwesen des ***VN2******NN2*** in ***4*** im beladenen Zustand in Richtung Österreich verlassen haben.
Nach den Behauptungen des BFG - hier von Sachverhalt als Ergebnis der Überlegungen zu Beweiswürdigung (für alle: ) zu sprechen, wäre reichlich übertrieben - hätten wir dem VwGH zufolge "faktisch" erreicht, "dass gerade die von ihr verkauften Mengen des in Rede stehenden Kraftstoffes in ***4*** aus den Erdtanks in die Tankfahrzeuge des Frächters (…) gefüllt und zu ihrer Käuferin, der (…), nach Österreich befördert wurden."
Das hat auch eine Kehrseite: Damit diese Wiederaufnahme erfolgreich bleibt, genügt es, jene Beweise nachzuliefern, aus denen sich schlüssig ergibt, dass wir auf die damaligen Ereignisse, Vorgänge, Zustände am Blockheizkraftwerk (BHKW) ***NN2*** keinen wie auch immer gearteten Einfluss gehabt haben. Der Rest ergibt sich dann von selbst:
Ohne Einfluss auf die Verhältnisse in ***4*** keine Erfüllungshandlung im Ausland und damit kein Bezug von dort (kein Auslandsgeschäft).
Scheidet ein Import aus, so kann der Kraftstoff nur im Inland zugekauft worden sein. Dann liegt - wie bei der Umsatzsteuer (USt) - ein Inlandsgeschäft vor, bei dem der Tatbestand des § 21 Abs 1 Z 5 MinStG 1995 logischerweise nur vom Verkäufer (oder allenfalls von seinem Vormann) erfüllt worden sein kann, aber niemals von uns.
Die vom VwGH (unkritisch) übernommene Behauptung, wir hätten "jedenfalls faktisch erreichen können, dass die Ware in ***4*** in die Fahrzeuge der Frächters (…) eingefüllt, sodann nach Österreich verbracht und hier bei unseren Kunden (insb der …) abgeschlaucht worden ist, ist nur mit einem Mangel an Beweis und Kenntnis der Verhältnisse vor Ort zu erklären. Dazu sei an den ebenso richtigen wie wichtigen Hinweis des VwGH in seinem Erkenntnis vom auf Seite 16 unten erinnert. Darum ist sie leicht zu entkräften: Darum genügt der Nachweis, dass wir im Zeitraum 28.6. bis auf die Verhältnisse auf dem Betriebsgelände des ***VN2******NN2*** in ***4*** keinen wie auch immer gearteten Einfluss gehabt haben.
Zu den neuen Beweisen und Tatsachen im Einzelnen
Auch wenn es darauf nicht entscheidend ankommt, sei dennoch betont, dass die Beweise zuverlässig erlangt worden sind. Die Ereignisse und Zusammenhänge zeigen folgendes Bild:
***VN3******NN3*** war damals auf Grund der Handlungsvollmacht vom in ***4*** der große Zampano.
Er hat sich nicht nur des Namens und der Steuernummer des Herrn ***NN2***, sondern sich auch seines damaligen steuerlichen Vertreters, konkret der (…), (…) bedient (genauer: des Büros in …).
Er hat über seinen Boten (…) die Buchhaltungsunterlagen der formal über die BHKW ***NN2*** abgewickelten Dieselgeschäfte regelmäßig dorthin bringen lassen.
Durch Dilettantismus auf Seiten des ZFA München - erweckt lebhafte Erinnerungen an "Kottan ermittelt" - ist diese Kanzlei - obwohl langjähriger Steuerberater des Herrn ***NN2*** - von der Razzia vom verschont geblieben.
Herr (…) vom FA Traunstein hat dieses Material für eine USt-Prüfung benötigt und sie zu diesem Zweck am dort "in Empfang genommen".
Nach Abschluss dieser Steuerprüfung hat er sie Herrn ***NN2*** ad personam übergeben, nachdem bzw weil dieser von besagter GmbH mittlerweile getrennt hat.
Diese Unterlagen haben es in sich: Sie bestätigen schwarz auf weiß, was längst ein offenes - nur eben nicht beweisbares - Geheimnis war: Damals hat in ***4*** nur eine Person das Sagen gehabt: ***VN3******NN3***. Doch der Reihe nach:
neues Beweismittel:
Handlungsvollmacht vom , abgeschlossen zwischen ***VN2******NN2*** als dem alten und ***VN3******NN3*** als dem - selbst so bezeichneten - neuen Geschäftsführer des BHKW. Demnach führt Letzterer "den Geschäftszweig Tanklager (Einkauf und Verkauf des Produktes) einzig und alleine" bzw. "den An- und Verkauf von diversen Ölen, Dieselkraftstoffen einzig und allein". Das spricht für sich selbst, vor allem, weil der Inhalt nicht nur auf dem Papier besteht, sondern auch so gelebt worden ist. Dazu kommt noch ein weiterer - entscheidender - Vorteil: Diese Urkunde "passt wunderbar in die Landschaft", dh die steht in Einklang mit dem übrigen Beweismaterial.
113 Ausgangsrechnungen des BKHW ***NN2*** an ***5*** Kft (die Nummern 53 und 75 fehlen). Das BFG hat im Erkenntnis vom die Sachverhaltsfeststellung getroffen, dieses Vehikel (und ebenso die ***6*** HandelsgmbH) sei "als Puffer zwischen ***VN2******NN2*** und der ***Bf1*** benötigt" und seinen solcherart "Inlandsgeschäfte vorgetäuscht" worden. Die darin anklingende Vorstellung, wir hätten die Ware vom BHKW ***NN2*** - also aus dem Ausland - bezogen, ist nicht nur völlig unbewiesen, sondern längst widerlegt und damit unvertretbar.
Hauptzollamt Rosenheim. Das Schreiben der (…) an das HZA Rosenheim vom führt ein weiteres Mal mit Nachdruck vor Augen, dass ***VN3******NN3*** am Standort des BHKW ***NN2*** große Pläne gehabt hat.
Die Erklärungen des ***VN2******NN2*** vom und vom runden das bereits gewonnene Gesamtbild nur mehr ab. Sie bekunden wahrheitsgemäß, dass er Herrn ***NN7*** erst viel später (2014) kennen gelernt hat und dieser bis dahin auf seinem Betriebsgelände nie anzutreffen war.
neue Tatsachen:
diese neuen Beweise ergeben sowohl "allein" als auch "in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens" einen neuen, unsere MinSt-Schuld völlig ausschließenden Sachverhalt. Aus den neuen Beweismitteln ergibt sich im Konnex mit den sonstigen Verfahrensergebnissen schlüssig, dass wir auf die Ereignisse, Vorgänge, Zustände am Firmengelände des ***VN2******NN2*** keinen wie auch immer gearteten Einfluss gehabt, insbesondere die Ware nicht von ihm oder dem BHKW ***NN2*** zugekauft bzw dort Erfüllungshandlungen gesetzt haben.
Neuhervorkommen:
Die neuen Beweise, auf die sich diese Wiederaufnahme stützt, und die aus ihr abzuleitenden Tatsachen - und da vor allem unser völliger Ausschluss vom operativen Dieselgeschäft und den Ereignissen, Vorgängen, Zuständen in ***4*** sind ausnahmslos nova producta (Anm. gemeint wohl nova reperta) und angesichts ihrer Entscheidungserheblichkeit zu berücksichtigen.
Angesichts der klaren Beweis- und Faktenlage wird das Zollamt NÖ nicht umhin kommen, die Wiederaufnahme zu verfügen. Versuche, diese gebotene Maßnahme zu unterlassen oder sie mit fragwürdigen Argumenten abzuschmettern, sind - darauf sei vorsichtshalber schon jetzt hingewiesen - zum Scheitern verurteilt: Ein solches Vorgehen stünde in Widerspruch zur BMF-Richtlinie 2006/192 (Pkt 3.2.), der uns zur Nachsicht der MinSt-Vorschreibung auf Basis der Verordnung zu § 236 BAO (BGBl II 2005/435) berechtigt, die wiederum die Herausgabe des unserem Zugriff entzogenen Vermögens nach sich zieht. Ein solcher Umweg ist völlig unnötig.
Die weiteren Ausführungen der Bf., wie zum Beispiel
Punkt D/II: Anführungen zum Verlauf des bisherigen Verfahrens
Punkt D/III: Kriterien der Ermessensentscheidung
Punkt D/IV: Ergänzende rechtliche Aspekte
Punkt D/V: Schlussbemerkungen
und die darin auch aus Sicht der Bf. erfolgten und angeführten Fehlentscheidungen der in dieser Sache involvierten Instanzen (Zollamt, BFG und VwGH) werden hier nicht weiter wiedergegeben bzw. darauf auch im Folgenden nicht weiter eingegangen, da diese für das Wiederaufnahmeverfahren nicht relevant sind (keine neue hervorkommenden Tatsachen oder Beweismittel darstellen) und auch in die Entscheidung dazu nicht einzufließen haben.
Das Zollamt St.Pölten Krems Wiener Neustadt führt dazu aus:
Gemäß § 166 BAO kommt als Beweismittel im Abgabenverfahren alles in Betracht, was zur Feststellung des maßgebenden Sachverhaltes geeignet und nach Lage des einzelnen Falles zweckdienlich ist.
Gemäß § 303 Abs 1 BAO kann ein durch Bescheid abgeschlossenes Verfahren auf Antrag einer Partei oder von Amts wegen wiederaufgenommen werden, wenn
a) der Bescheid durch eine gerichtlich strafbare Tat herbeigeführt oder sonstwie erschlichen worden ist, oder
b) Tatsachen oder Beweismittel im abgeschlossenen Verfahren neu hervorgekommen sind, oder
c) der Bescheid von Vorfragen (§ 116) abhängig war und nachträglich über die Vorfrage von der Verwaltungsbehörde bzw. dem Gericht in wesentlichen Punkten anders entschieden worden ist,
und die Kenntnis dieser Umstände allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens einen im Spruch anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätte.
Gemäß Abs 2 hat der Wiederaufnahmsantrag zu enthalten:
a) die Bezeichnung des Verfahrens, dessen Wiederaufnahme beantragt wird;
b) die Bezeichnung der Umstände (Abs. 1), auf die der Antrag gestützt wird.
Gemäß Abs 3 wird der Bundesminister für Finanzen ermächtigt, durch Verordnung die für die Ermessensübung bedeutsamem Umstände zu bestimmen.
Gemäß § 305 BAO steht die Entscheidung über die Wiederaufnahme der Abgabenbehörde zu, die für die Erlassung des nach § 307 Abs. 1 aufzuhebenden Bescheides zuständig war oder vor Übergang der Zuständigkeit als Folge einer Bescheidbeschwerde oder einer Säumnisbeschwerde (§ 284 Abs. 3) zuständig gewesen wäre. Ist die diesbezügliche Zuständigkeit auf eine andere Abgabenbehörde übergegangen, so steht die Entscheidung der zuletzt zuständig gewordenen Abgabenbehörde zu.
Zu den nach Ansicht der Bf. neu hervorgekommenen Beweisen und Tatsachen im Einzelnen:
Handlungsvollmacht vom :
Die Handlungsvollmacht des Herrn ***VN2******NN2*** an Herrn ***VN3******NN3*** ist dem Zollamt seit zumindest bekannt und auch schon als Beilage in den allerersten Anlassbericht in dieser Sache an die Staatsanwaltschaft eingeflossen. Da die Inhalte des Finanzstrafverfahrens auch gleichzeitig die Basis für das Abgabenverfahren bilden, war die Handlungsvollmacht daher auch von Beginn an Aktenbestandteil des Abgabenverfahrens. Die Handlungsvollmacht findet sich auch schon im deutschen sowie im österreichischen Strafurteil. Weiters erhielt Herr ***NN3*** von Herrn ***NN2*** auch eine Zeichnungsberechtigung für das Konto der Salzburger Landes Hypothekenbank, damit Herr ***NN3*** im Auftrag von Herrn ***NN8*** die Mineralölgelder verschieben konnte. Herr ***NN2*** erhielt dafür monatlich Provisionen in Höhe von Euro 3.000,-- sowie auch ein Leasingfahrzeug.
Auch im Erkenntnis des BFG, RV/4200017/2014 vom , welcher die Beschwerde gegen den Sicherstellungsbescheid vom abwies und in weiterer Folge auch im Erkenntnis des VwGH, ZI. Ro2014/16/0070 vom , welcher die Revision der Bf. in dieser Sache als unbegründet abwies, findet sich die Rollenverteilung zwischen Herrn ***NN2*** und Herrn ***NN3*** wieder.
Somit ist die Handlungsvollmacht seit dem Zollamt in seiner Funktion als Abgabenbehörde bekannt und war dessen Inhalt auch Grundlage für den Sicherstellungsbescheid vom .
113 Ausgangsrechnungen des Blockholzkraftwerkes (BHKW) ***NN2***:
Auch der Versuch auf deutscher Seite, die drohende Gefahr der Umsatzsteuerentlastung durch die deutschen Steuerbehörden aufgrund der massiven Erwerbe des BHKW ***NN2*** mit fingierten Ausgangsrechnungen entgegen zu treten, war dem Zollamt zumindest nach dem bekannt. Anlässlich einer zeugenschaftlichen Einvernahme der Steuerberaterin Frau (…) durch das Zollfahndungsamt München, händigte diese eine der 113 Ausgangsrechnungen aus. Die Herren ***NN3*** und der Wortführer ***NN8*** (diesmal unter den Aliasnamen …) sprachen aufgrund einer deutschen Zollkontrolle bei der Steuerberaterin am vor und erklärten das Dieselgeschäft unter Berücksichtigung der Vermeidung von Problemen mit den deutschen Steuerbehörden. Einerseits sollte Rust Cleaner von Polen über Deutschland nach Ungarn geliefert und verkauft werden (betrifft die hier 113 vorgelegten Ausgangsrechnungen), andererseits sollte Diesel von Ungarn über Deutschland nach Österreich geliefert und verkauft werden. Beide dargelegten Geschäftsmodelle stimmten jedoch nur insoweit, als dass Rust Cleaner von Polen nach Deutschland und als Diesel deklarierter Rust Cleaner in weiterer Folge von Deutschland nach Österreich geliefert und verkauft wurde.
Grund für die Vorsprache bei der deutschen Steuerberaterin, der Darlegung der tatsächlich nicht stattgefundenen verschiedenen Verkaufs- und Warenwege sowie schlussendlich die Produktion der falschen Ausgangsrechnungen war einzig und alleine der letztendlich misslungene Versuch, die Buchhaltung des BHKW ***NN2*** zu entlasten und die deutschen Steuerbehörden zu täuschen. Dass die Entlastung der Buchhaltung des BHKW ***NN2*** ein Ziel war, belegt auch Herr ***NN3*** in seiner Aussage vor Beamten des Zollfahndungsamtes München vom Seite 10.
Aufgrund der Zollkontrollen und die bis zu diesem Zeitpunkt schon massenhaft dokumentierten Lieferungen von Polen nach Deutschland waren die Akteure gezwungen Maßnahmen zu ergreifen um einerseits einen Wiederverkauf der Rust Cleaners aus Deutschland vorzutäuschen und andererseits die festgestellte Diesellieferung nach Österreich zu erklären. Es lag auf der Hand, dass der tatsächliche Warenweg des Rust Cleaners direkt nach Österreich und Verkauf als Diesel nicht aufgezeigt werden durfte, denn dies wäre wohl einer Selbstanzeige gleichgekommen. Daher auch die in Deutschland unterschiedlich angegebenen Warenwege.
Auch dass Herr ***NN7*** bzw. die Bf. nicht in Erscheinung treten durften lag auf der Hand, dass Herr ***NN7*** jedoch darüber informiert wurde, auch bzgl. des Aliasnamen (…), belegt das TÜ-Gespräch Nr. 101 vom um 15.27 Uhr am Tag der Besprechung mit der deutschen Steuerberaterin.
Zu den Ausführungen der Bf. sei angeführt, dass seitens des deutschen Finanzamtes die Buchhaltungsunterlagen des BHKW ***NN2*** im Zuge einer Umsatzsteuerprüfung angefordert und ausgewertet wurden. Das ZFA München teilte auf Anfrage am dazu nachstehendes mit:
Im Rahmen dieser Prüfung (Anm.: USt-Prüfung durch zuständiges dt. FA) wurde bei der Kanzlei (…) der in Rede stehende Ordner erhoben. In diesem befanden sich lt. Angaben von Herrn (…) insgesamt 115 gleichartige Lieferungen, wie sie durch Frau (…) an das Zollfahndungsamt München übergeben wurden.
Diese Belege hatten nach Aussage von Herrn (…) keinerlei Auswirkungen auf die Umsatzsteuerfestsetzung, da sie auf Grund der vorliegenden Ermittlungen des Zollfahndungsamts München lediglich der Verschleierung des Gesamtkomplexes diente und als solches von Finanzamt bewertet wurden."
Jedenfalls die bekannte fingierte Ausgangsrechnung (RechnungsNr: …) war zumindest seit nachweislich Aktenbestandteil des Strafaktes und somit auch gleichzeitig des Abgabenaktes (Beilage zu Abschlussbericht Ordner V/V Register 31 "Amtsvermerke Deutschland").
Ebenso flossen diese Ausgangsrechnungen ins deutsche Urteil ein und wurden dort auch gewürdigt. Das deutsche Strafurteil lag auch der Entscheidung des (GZ: RV/4200017/2014 Seite 9ff, 32 und 40) zum hier behandelten Sicherstellungsverfahren zugrunde. Auch im Urteil des Landesgerichts Salzburg fanden diese fingierten Ausgangsrechnungen des BHKW ***NN2*** an die ***5*** Kft mit Sitz in Ungarn ihren Niederschlag (Urteil LG Salzburg Seite 75).
Selbst die Bf. führte in den unzähligen Eingaben an das BFG mehrmals das deutsche Urteil an. Dass die ***5*** Kft mit Sitz in Wien und die ***6*** Handels GmbH nur Scheinfirmen zur Vortäuschung eines innerösterreichischen Einkaufs waren, belegen unter anderem die Aussagen der Herren ***NN8*** und ***NN3***, welche ja eigentlich laut Ausführungen der Bf. hinter den Firmen stehen sollten.
Diese 113 Ausgangsrechnungen lagen dem Zollamt jedoch bei Bescheiderstellung am noch nicht vor und stellen dieses daher grundsätzlich neue hervorgekommene Beweismittel dar. Die rechtliche Würdigung dieser Beweismittel erfolgt unten.
Hauptzollamt Rosenheim:
Zu diesem als neues Beweismittel bezeichneten Schreiben wird grundsätzlich auf vorherigen Punkt (113 Eingangsrechnungen) verwiesen. Dem Zollamt war aufgrund der Telefonüberwachungen und Ermittlungen der deutschen Zollbehörden im Zuge der gemeinsamen Ermittlungsgruppe, schon vor Bescheiderstellung am bekannt, dass die Herren ***NN2***, ***NN3*** und ***NN8*** mit den deutschen Steuerbehörden in Kontakt traten, um aufgetretene Schwierigkeiten in Bezug auf die Lieferungen aus Polen aus dem Wege zu räumen.
Der Inhalt des Schreibens war dem Zollamt zumindest seit der Einvernahme der Steuerberaterin, Frau (…), durch das ZFA München am bekannt. In dieser Einvernahme schildert Frau (…) den Vorgang, welcher auch im Schreiben an das Hauptzollamt Rosenheim angeführt ist. Wie bereits bekannt, handelte es sich dabei lediglich um den Versuch, die deutschen Steuerbehörden von Ermittlungen abzuhalten und durch Vortäuschung nicht realer Geschäftsvorgänge das deutsche Finanzamt zu vertrösten.
Das Schreiben selbst lag dem Zollamt jedoch vor dem noch nicht vor und stellt dieses daher grundsätzlich ein neu hervorgekommenes Beweismittel dar. Die rechtliche Würdigung dieses Beweismittels erfolgt unten.
Die Erklärungen des ***VN2******NN2*** vom und vom :
Die beiden Bestätigung des Herrn ***NN2***, dass sich Herr ***NN7*** bis zum niemals auf seinem Firmengelände aufgehalten habe bzw. zwischen beiden Personen bzw. dem BHKW ***NN2*** (Einzelunternehmen) und der ***Bf1*** niemals eine offizielle Geschäftsbeziehung bestand, spiegeln auch das Ergebnis des Ermittlungsverfahrens wider. Sämtliche bisher in dieser Sache ergangenen Entscheidungen bestätigten und würdigten bereits den hier vorgebrachten "neuen" Sachverhalt.
Die Herren ***VN8******NN8*** und ***VN3******NN3*** organisierten den Transport von Polen zum Tanklager in ***4*** und benötigten sie dabei die Infrastruktur des BHWK ***NN2***. Im Auftrag der ***Bf1*** erfolgten die Lieferungen von ***4*** zu den österreichischen Tankstellen, wobei die Transportaufträge durch die Herren ***NN8*** und (…) an die slowenische Transportfirma ***9*** weitergegeben wurden. Somit war ein Kontakt zwischen den Herren ***NN2*** und ***VN7******NN7*** bzw. zwischen dem BHKW ***NN2*** und der ***Bf1*** gar nicht von Nöten. Das BHKW ***NN2*** war nur Mittel zum Zweck.
Dazu wird nur kurz ergänzend angeführt, dass auch Herr ***NN7*** keinen Kontakt zu Tankstelle ***10*** (…) hatte, sondern die Verkäufe durch den Mittelsmann Herrn (…) und "seinen Disponenten" ***NN8*** alias (…) erfolgten.
Dazu sei noch anzuführen, dass das Zollfahndungsamt München zu Herrn ***VN3******NN3*** am mitteilte, dass dieser sich im Zusammenhang mit den Ermittlungen rund um die Liefervorgänge des BHKW ***NN2*** im Herbst 2011 als Handlungsbevollmächtigter der Firma (…) mit Sitz in Deutschland bezeichnete. Geschäftsführer und Gesellschafter der Firma (…) war niemand geringerer als Herr ***VN7******NN7***. Als Email-Adresse führte Herr ***NN3*** eine Domain der ***Bf1*** an: (…).com. Ohne Zustimmung der Bf. wäre diese Email-Adresse wohl nicht möglich.
Der Inhalt der nachträglich abgegebenen Erklärungen des Herrn ***NN2*** war somit dem Zollamt bereits zum Zeitpunkt der Erstellung des Sicherstellungsbescheides bekannt.
Neue Tatsachen:
Die hier vorgelegten und als neu hervorgekommene Beweise bezeichneten Unterlagen sollen neue Tatsachen begründen, welche die Bf. als Steuerschuldnerin ausschließt. Aus den neuen Tatsachen soll sich laut Bf. schlüssig ergeben, dass diese auf die Ereignisse, Vorgänge, Zustände am Firmengelände in ***4*** keinerlei Einfluss gehabt haben und daher weder die Ware von dort zugekauft, noch dort Erfüllungshandlungen gesetzt hat. Dazu wird eingangs auf die vorherigen Punkte zu den Beweismitteln verwiesen.
Zusätzlich wird dazu ausgeführt:
Der Versuch Herrn ***VN3******NN3*** nun als "Seele der operativen Seite" darzustellen geht völlig ins Leere. Seitens des Zollamtes, bzw. auch seitens des Landesgerichtes München II, des Landesgerichtes Salzburg als auch durch das BFG und dem VwGH ist niemals angeführt worden, Herr ***NN7*** bzw. die ***Bf1*** hätte den Kraftstoff aus Polen bestellt und in die Tanks in ***4*** eingelagert bzw. das Tanklager in Deutschland betrieben. Wesentlich für die Steuerschuldentstehung in Österreich ist nicht die Bestellung der Ware in Polen und die Einlagerung der Ware in Deutschland, sondern die erstmalige Abgabe des Kraftstoffes als Treibstoff im Steuergebiet Österreich. Die ***Bf1*** bzw. Herr ***NN7*** hatten ihre wichtige Rolle im Verkauf der Ware in Österreich. Ohne die Zwischenschaltung eines österreichischen Mineralölhändlers wäre nämlich der Verkauf der Ware an unwissende nicht tatbeteiligte österreichische Tankstellen de facto unmöglich geworden. Dass die Ware in Polen von Herrn ***VN8******NN8*** bzw. dessen rechter Hand Herrn ***VN3******NN3*** geordert wurde, steht hier außer Zweifel. Diese sorgten stets für ausreichend Nachschub und Vorrat im Tanklager ***4***, dabei musste Herr ***NN7*** bzw. die Bf. anfangs die Einkäufe in Polen sogar vorfinanzieren.
Jedoch konnte nur die ***Bf1*** die Lieferungen von ***4*** an die Tankstellen in Österreich beauftragen, da auch nur bei ihr die Bestellungen seitens der Tankstellen eingingen. "Haustürverkäufe", in denen Tankwagen im Auftrag von Herrn ***NN8*** und Herrn ***NN3*** von Tankstelle zu Tankstelle fahren, ihr Produkt feilbieten und anschließend die ***Bf1*** die Verkaufsmenge zwecks Rechnungserstellung durchsagen, sind aufgrund des Sachverhaltes nicht nur ausgeschlossen, sondern absolut Lebensfremd.
Den Kontakt zur Transportfirma hatte Herr ***NN8*** bzw. sein Gehilfe Herr (…). Herr ***NN8*** arbeitete jedoch direkt mit Herrn ***NN7*** bzw. der Bf. zusammen und war auch im Besitz einer Handlungsvollmacht der ***Bf1***. Dass hier nachträglich ein Widerruf der Vollmacht als Beweis präsentiert wurde, obwohl trotz umfangreicher Sicherstellung von Unterlagen bei der Bf. zwar die Handlungsvollmacht, jedoch ein solcher Widerruf nicht vorgefunden werden konnte, wird seitens des Zollamtes als untauglicher Versuch der Bf. gewertet. Obendrein bedurfte es garkeiner schriftlichen Bevollmächtigung, da nämlich die Zusammenarbeit von Herrn ***NN8*** und Herrn ***VN7******NN7*** aus dem vorliegenden Sachverhalt (Einvernahmen, Telefonüberwachungsprotokolle, E-Mailverkehr,...) eindeutig hervorgeht. Auch von Herrn Dipl.Ing. (…) wurde in der zeugenschaftlichen Einvernahme am bestätigt, sämtliche Kontakte über Bestellungen mit Herrn (…) telefonisch bzw. mit weiteren Mitarbeitern der ***Bf1***, nämlich mit einem gewissen Herrn (…) mittels Mailverkehr (siehe unten) gehabt zu haben.
Ohne Anweisung der ***Bf1*** bzw. dessen faktischen Geschäftsführer Herrn ***NN7*** konnte Herr ***VN8******NN8*** gar keine Transportaufträge erteilen. Wenn Herr ***NN8*** mit dem Empfänger, der (…), per Mail Kontakt aufnahm und die Zustellungen avisierte, erfolgte dies stets mit einer E-Mailadresse der ***Bf1*** (***VN8***@...). Auffallend dabei, dass Verantwortlichen der ***Bf1*** hier nur den Vornamen und nicht wie sonst bei ihren anderen Firmen-E-Mail-Adressen den Nachnamen anführten. Herr ***VN8******NN8*** unterfertigte die Mails dabei mit seinem Alias-Namen (…) und jeweils seiner Funktion als Disposition/***Bf1***. Insgesamt hatte Herr ***NN8*** aufgrund der vorliegenden E-Mails nachweislich im Zeitraum vom bis 103 Lieferungen an die (…)tankstelle in (…) avisiert und dabei auch in einem Fall die Preisgestaltung/Wiedergutmachung vereinbart. Gleichzeitig sendete er seine Nachrichten auch an Herrn ***VN7*** und Frau ***VN11******NN7***.
Wie aus der Beschuldigtenvernehmung von Herrn (…) auch zu entnehmen ist, wusste Herr ***VN7******NN7*** über die Herkunft der Lieferungen aus dem Tanklager ***4*** bescheid. Schon aus denklogischen Prozessen kann der Transportauftrag daher nur über Anweisung und im Auftrag der Bf. erfolgt sein, ansonsten die Bf. aufgrund der ihr ebenfalls zugesandten Mail-Nachrichten ja Schritte dagegen einzuleiten gehabt hätte. Auch die Tatsache, dass Herr ***VN8******NN8*** mit Wissen der Verantwortlichen der ***Bf1*** stets mit Aliasnamen auftrat, spricht hier wohl für sich. Auch Herr Dipl.Ing. (…) gab als Auftraggeber für die Lieferungen die Bf an. Somit ist das Handeln des Herrn ***NN8*** eindeutig der Bf. zuzurechnen.
Dass die Lieferungen im Namen der ***Bf1*** erfolgten, belegen auch die Lieferscheine der ***Bf1***, welche die Transporte von ***4*** nach Österreich begleiteten. Schon am , anlässlich einer ersten deutschen Zollkontrolle am Gelände des BHKW ***NN2*** konnten die Lieferscheine der ***Bf1*** bei den Begleitpapieren vorgefunden werden.
Das Zollamt hat über den Wiederaufnahmeantrag erwogen:
Wie die Bf. auch in ihrem Antrag treffend ausführte, muss das Geschehen der realen Welt festgestellt werden, welches auch für die Entscheidung heranzuziehen ist. Zur Erforschung des tatsächlich vorliegenden Sachverhaltes sind Beweismittel unabdingbar, da ansonsten der Sachverhalt nur auf Gedankenspielen aufgebaut wäre. Die Beweiskraft der Beweismittel hängt jedoch von ihrem inneren Wahrheitsgehalt ab. Daher darf ein Beweismittel auch nicht ungeprüft als voll inhaltlich richtig übernommen werden. Falsch erstellte Dokumente, welche ein anderes Rechtsgeschäft vorspiegeln, stellen auch keine Seltenheit dar, ansonsten hätte es auch des § 23 BAO nicht bedurft. Die nur am Papier versuchte Vorspiegelung falscher Einkäufe oder Verkäufe oder sonstiger Recht- und Geschäftsgestaltungen vermag somit keine Beweiskraft hinsichtlich solcher vorgetäuschten Abläufe zu erzeugen, außer dass sie die kriminelle Energie der Hintermänner aufzeigen, um welche es jedoch in diesem Verfahren nicht geht.
Für die hier tatsächlich stattgefundenen realen Geschäftsvorgänge gibt es, naturgemäß auch von den Beteiligten so gewollt, keine schriftlichen Aufzeichnungen und Belege. Gäbe es den Grundsatz der Gleichwertigkeit der Beweismittel nicht, so müssten die produzierten Scheinrechnungen und Scheinbelege herangezogen und im Sinne des Bf. auch der damit versuchte falsch aufgezeigte Sachverhalt festgestellt werden. Die in dieser Sache getroffenen Entscheidungen fußen trotz Kenntnis diverser Scheinrechnungen und Scheinbelege auf anderen Beweismitteln (wie Z. B.: E-Mailverkehr, Telefonüberwachungsprotokolle, Kontrollen,…), welche den tatsächlichen Sachverhalt und damit die reale Welt wiedergeben.
Wiederaufnahmsgründe sind nur im Zeitpunkt der Bescheiderlassung existente Tatsachen, die später hervorkommen (nova reperta). Später entstandene Umstände (nova producta) sind keine Wiederaufnahmsgründe (zB VwGH …).
Wiederaufnahmegründe müssen geeignet sein, einen im Spruch anders lautenden Bescheid herbeizuführen. Ob dies der Fall ist, hat die die Wiederaufnahme verfügende Behörde zu beurteilen. Kommt sie bei der Prüfung dieser Frage zum Ergebnis, dass die Wiederaufnahmegründe nicht geeignet sind, einen im Spruch anders lautenden Bescheid herbeizuführen, darf sie die Wiederaufnahme des Verfahrens nicht verfügen. Nicht schon das Vorliegen eines Wiederaufnahmegrunds, sondern erst der Zusammenhang mit einem anders lautenden Bescheid rechtfertigt die Wiederaufnahme des Verfahrens. Schon im Wiederaufnahmeverfahren ist daher die materiell-rechtliche Frage der möglichen Auswirkung auf den Sachbescheid zu berücksichtigen. ()
Entscheidend ist, ob der Abgabenbehörde im wiederaufzunehmenden Verfahren der Sachverhalt so vollständig bekannt gewesen ist, dass sie bereits in diesem Verfahren bei richtiger rechtlicher Subsumtion zu der nunmehr im wiederaufgenommenen Verfahren erlassenen Entscheidung gelangen hätte können (für Viele VwGH …)
Ein Anspruch auf Wiederaufnahme des Verfahrens kann nicht auf solche Tatsachen gestützt werden, die der Behörde bereits bekannt waren, aber im Ermittlungsverfahren als unwesentlich nicht weiter berücksichtigt worden sind (VwGH …).
Es ist bei der Beurteilung von Neuerungstatbeständen ausschließlich der Kenntnisstand der Behörde und nicht die des Bf. maßgeblich ().
Zusammenfassend ergibt sich aus den gesetzlichen Bestimmungen und der Rechtsprechung, dass für eine Wiederaufnahme Tatsachen oder Beweismittel neu hervorkommen müssen und zusätzlich auch geeignet sein müssen, dass bei Kenntnis dieser Tatsachen oder Beweismittel, diese einem im Spruch anderslautenden Bescheid herbeigeführt hätten.
Zu den einzelnen, die Wiederaufnahme begründen wollenden, Beweismitteln wird ausgeführt:
Die Handlungsvollmacht des Herrn ***NN3*** war dem Zollamt bereits von Beginn der Ermittlungen und somit auch Monate vor dem Sicherstellungsbescheid bekannt und ist diese daher nicht als neuhervorkommendes Beweismittel für einen Wiederaufnahmeantrag geeignet.
Die 113 Ausgangsrechnungen sind grundsätzliche neu hervorgekommene Beweismittel, wobei zumindest eine der 113 Ausgangsrechnungen dem Zollamt ab dem bekannt war. Überdies floss das dt. rechtskräftig gewordene Strafurteil in das BFG-Erkenntnis zu den Sicherstellungsbescheiden ein. Im dt. Straferkenntnis sind auch die 113 Ausgangsrechnungen behandelt und erfasst. Das BFG hat weder gemäß § 278 Abs 1 BAO mit Beschluss den angefochten Bescheid aufgehoben (bei deren Durchführung ein anders lautender Bescheid hätte erlassen werden müssen) noch den Bescheid gemäß § 279 mit Erkenntnis abgeändert. Daher sind die 113 Ausgangsrechnungen nicht geeignet einen im Spruch anderslautenden Bescheid herbeizuführen.
Das Schreiben an das Hauptzollamt Rosenheim lag dem Zollamt zwar nicht vor, jedoch war der Inhalt des Schreibens ebenfalls ab dem bekannt und wurde ebenfalls wie die 113 Ausgangsrechnungen, als Versuch auf dt. Seite eine Konfrontation mit den dortigen Steuerbehörden aus dem Weg zu gehen, gewertet. Daher stellt auch dieses Schreiben kein Beweismittel dar, welches geeignet wäre einen im Spruch anderslautenden Bescheid herbeizuführen.
Der Inhalt der beiden weit nach dem unterfertigten Erklärungen des Herrn ***NN2*** wiederholen bzw. bestätigen nur den bereits bekannten und auch allen Entscheidungen zugrunde gelegten Sachverhalt. Somit vermögen diese beiden später erstellten Erklärungen keine neuen Tatsachen zu erzeugen.
Zusammenfassend ist daher festzuhalten:
Bis auf die Handlungsvollmacht und den Inhalt der beiden Erklärungen, die Erklärungen selbst sind erst in den Jahren 2014 und 2015 erstellt worden, waren die von der Bf. vorgebrachten 113 Ausgangsrechnungen sowie das Schreiben an das Hauptzollamt Rosenheim zum Zeitpunkt der Bescheiderstellung am dem Zollamt unbekannt. Jedoch kamen diese bereits im Jahr 2012 zu Tage und lagen diese somit im Rechtsmittelverfahren den Entscheidungsinstanzen vor. Bereits im Rechtsmittelverfahren vermochten diese inhaltlich nichts Neues hervorzubringen und sind auch hier weder in der Lage den Sachverhalt noch die rechtliche Beurteilung zu beeinflussen, sondern belegen nur die ohnehin seitens des Zollamtes festgestellten Tatsachen. Daher kann auch die von der Bf. aus diesen Beweismitteln abgeleitete Tatsache des Ausschlusses als Steuersubjekt vom Zollamt nicht abgeleitet werden.
Die Wiederaufnahme liegt im Ermessen der Behörde, wenn einerseits neue Beweise oder Tatsachen hervorkommen und anderseits diese zusätzlich auch geeignet sind einen im Spruch anderslautender Bescheid herbeizuführen.
Da die Handlungsvollmacht und die beiden Erklärungen keine neuen Beweise im Sinne des § 303 Abs 1 lit b BAO darstellen und auch die 113 Ausgangsrechnungen sowie das Schreiben an das HZA Rosenheim nicht geeignet sind einen anderslautender Spruch herbeizuführen, ist die Wiederaufnahme ausgeschlossen und hat das Zollamt hier auch keinen Ermessensspielraum.
Die Zuständigkeit des Zollamtes St.Pölten Krems Wiener Neustadt zur Entscheidung über den eingebrachten Wiederaufnahmsantrag richtet sich nach § 305 BAO.
Somit war spruchgemäß zu entscheiden und der Wiederaufnahmeantrag abzuweisen."
Dagegen richtete sich die Beschwerde vom . Die Beschwerdeführerin, vertreten durch ***V***, Steuerberater, brachte vor, der angefochtene Bescheid werde seinem gesamten Inhalt nach (in vollem Umfang) angefochten. Das bisherige Vorbringen werde vollinhaltlich aufrecht gehalten.
In Entsprechung eines Mängelbehebungsauftrages holte die Beschwerdeführerin mit Schreiben vom die fehlende Begründung nach. In diesem Schreiben führte die Beschwerdeführerin aus (auszugsweise):
"(…)
2.1. Es geht hier um das durch das Erkenntnis des , endgültig abgeschlossene Verfahren zum Sicherstellungsauftrag vom . Diese Erledigung (2 Seiten) ist ziemlich nichtssagend, die abweisende BVE vom (5 Seiten) nur graduell besser. Im fortgesetzten Verfahren vor dem UFS/BFG war die Behörde dann de facto nicht mehr vorhanden, will heißen: Jene Beweise (Beweismittel), die meine Mandantin zur Wiederaufnahme eben dieses Verfahrens ins Treffen geführt hat, sind dort nicht vorgekommen.
2.2. Das leitet über zur Themaverfehlung und zugleich zum rechtsstaatlich überaus problematischen Vorgehen auf Seiten der Behörde: Wie sie nunmehr dar tut, sei ihr dieses Material längst bekannt gewesen. Doch hätte sie es vorgezogen, es in eben diesem Verfahren unberücksichtigt zu lassen. Stattdessen verweist die Begründung besagten Abweisungsbescheids vom gebetsmühlenartig (nur) darauf hin, in welchen anderen Verfahren diese Beweise ins Treffen geführt worden sind. Doch übersieht die Behörde dabei grundlegend, dass deren Berücksichtigung bspw im (gerichtlichen) Strafverfahren auf die Entscheidung in eben diesem Verfahren zum Sicherstellungsauftrag ohne rechtliche und praktische Bedeutung ist.
2.3. Das leitet über zum rechtsstaatlich völlig unzulässigen Verhalten der Behörde: Es geht nicht an, Beweise in der Hinterhand zu behalten anstatt sie in das Verfahren prozessual ordnungsgemäß einzuführen, um dann die Wiederaufnahme mit der Begründung abzulehnen, dieses Material sei nicht neu, sondern längst bekannt gewesen. Im Ergebnis führt dies zu einer leichtfertig (oder gezielt) herbeigeführten Beweislosigkeit, die dann zu Lasten des Betroffenen gehen soll: Das betreffende Verfahren (hier jenes zum Sicherstellungsauftrag) geht negativ aus, weil dieses Entlastungsmaterial unberücksichtigt geblieben ist und die Wiederaufnahme soll ausgeschlossen sein, weil es sich dabei um Bekanntes und nicht um Neues handelt. Für ein solches Vorgehen ist in einem liberalen (Steuer-)Rechtsstaat wie Österreich kein Platz, will heißen: Richtigerweise hätte die Behörde die Wiederaufnahme des Verfahrens zum Sicherstellungsauftrag vom bewilligen müssen. Ein Blick auf die beiden Entscheidungen des VwGH in diesem Verfahren - jene vom , 2013/16/0053, und jene vom , Ro 2014/16/0070 - soll dies verdeutlichen: Der VwGH hat beide Male klargestellt, dass beim Sicherstellungsauftrag die "auf konkrete Tatsachen gestützte Vermutung" für die Annahme eines bestimmten Sachverhalts genügt. Der als wahr (bewiesen, erwiesen, feststehend) angesehene und darum der eigenen Erledigung zugrunde gelegte Sachverhalt ist das Ergebnis der Beweiswürdigung (zB ; , 2005/13/0050; , 2008/15/0089; , 2004/13/0092) und damit des Beweisverfahrens insgesamt (Kotschnigg Beweisrecht BAO Einf Tz 14). Wenn nun die Behörde - wie hier - relevantes Beweismaterial zurückhält, erhöht sie dadurch gewollt oder ungewollt den Vermutungscharakter und solcherart die Gefahr eines materiell unzutreffenden Sicherstellungsauftrages, der dann vom abschließenden Sachbescheid mehr oder minder weit entfernt ist.
4. Wir - meine Mandantin und ich - bleiben daher dabei: Die Bewilligung der Wiederaufnahme des Verfahrens zum Sicherstellungsauftrag vom ist aus prozessualen und rechtsstaatlichen Gründen ein Gebot der Stunde."
Mit der Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen. Nach Wiedergabe des Verfahrensverlaufes führte die belangte Behörde begründend aus:
"Zur Eingabe der Bf. ist einleitend auszuführen, dass hier der Abweisungsbescheid hinsichtlich seiner Gründe verkannt wird. Lediglich die Handlungsvollmacht vom zwischen Herrn ***NN2*** und Herrn ***NN3*** sowie die stets außer Streit gestellte Tatsache, dass Herr ***VN7******NN7*** im betreffenden Zeitraum keinerlei Kontakt zu Herrn ***NN2*** hatte, war der Behörde bereits vor dem bekannt.
Für die Wiederaufnahme auf Antrag ist der Wissenstand der Abgabenbehörde bezogen auf die Aktenlage im Zeitpunkt der Erlassung des das Verfahren abschließenden Bescheides maßgeblich. Die Wiederaufnahme des Verfahrens ist ausgeschlossen, wenn der Abgabenbehörde im wiederaufzunehmenden Verfahren der Sachverhalt so vollständig bekannt war, dass sie schon in diesem Verfahren bei richtiger rechtlicher Beurteilung zu der Entscheidung gelangen hätte können, die nunmehr im wiederaufgenommen Verfahren erlassen werden soll. Für die Frage der Wiederaufnahme ist der Kenntnisstand der Abgabenbehörde im jeweiligen Verfahren maßgebend, nicht jedoch, ob diese Umstände im Zeitpunkt des abgeschlossenen Verfahrens der Partei bekannt waren (…).
Wiederaufnahmegründe sind nur im Zeitpunkt der Bescheid Erlassung existente Tatsachen, die später hervorkommen. Das Hervorkommen von Tatsachen und Beweismitteln ist aus der Sicht der des jeweiligen Verfahrens zu beurteilen. Bestimmte Umstände im betreffenden Verfahren, die der Behörde bekannt waren, die sie aber für unwesentlich gehalten hat, stellen keinen Wiederaufnahmegrund dar (…).
Weil es sich bei der Handlungsvollmacht des Herrn ***NN3*** und den Erklärungen des Herrn ***NN2*** um solche o.a. bestimmen Umstände handelt, stellen diese keine neuen Beweise und Tatsachen dar und ist es dem Zollamt daher auch verwehrt eine Wiederaufnahme zu verfügen.
Hingegen wertete das Zollamt die 113 Ausgangsrechnungen des Blockheizkraftwerkes (BHKW) an die (…) mit Sitz in (…), sowie das Schreiben der (…), Rechtsanwaltsgesellschaft & Steuerberatungsgesellschaft mbH an das Hauptzollamt Rosenheim vom als neu hervorgekommene und zum Zeitpunkt der Bescheiderstellung am nicht bekannte Beweismittel (nova reperta), welche jedoch nach Ansicht der Behörde nicht geeignet waren einen im Spruch anderslautenden Bescheid herbeizuführen und somit der Wiederaufnahmeantrag abzuweisen war.
Die Hinweise im Abweisungsbescheid vom hinsichtlich der von der Bf. neu vorgebrachten Beweise und deren Inhalt in anderen Verfahren (gerichtlich anhängiges Finanzstrafverfahren) sollte lediglich den Zeitpunkt des Bekanntwerdens der Beweise und Tatsachen darlegen. Das Bekanntwerden im Strafverfahren ist mit dem Bekanntwerden in den dazugehörigen Abgabeverfahren gleichzusetzen, da der Strafakt auch gleichzeitig Aktenbestandsteil der diversen Abgabeverfahren, daher auch des hier behandelten Sicherstellungsverfahren, ist und es sich auch um den identen Sachverhalt handelt. Somit geht der Einwand der Bf., dass der Strafakt ohne rechtliche und praktische Bedeutung sei, ins Leere.
Anzumerken wäre dazu noch, dass auch die Bf. in ihren zahlreichen abgabenrechtliehen Vorbringen und Eingaben die Ergebnisse aus den Strafakt und auch aus den Urteilen der Strafgerichte heranzog. Im Sinne einer Waffengleichheit darf dies wohl der Behörde nicht verwehrt sein.
Gerade die Bezugnahme auf die Inhalte des Strafaktes geben Auskunft über den Zeitpunkt der Kenntnisnahme der einzelnen neu hervorgekommenen Beweise im Rechtsmittelverfahren vor dem BFG und dem VwGH. So waren die 113 Ausgangsrechnungen an die (…) mit Sitz in (…) dem Zollamt am nicht bekannt und somit auch nach § 303 BAO als neu hervorkommende Beweise anzusehen, jedoch lagen dieser Sache im Rechtsmittelverfahren vor und führten zu keiner Bescheidaufhebung oder Abänderung, womit das Zollamt in seinem Abweisungsbescheid vom zu Recht davon ausgehen konnte, dass dieses Beweismittel nicht geeignet war einen im Spruch anderslautenden Bescheid herbeizuführen.
Nur entscheidungswesentliche Sachverhaltselemente, welche mit ihrer Berücksichtigung in der Sache eine andere Entscheidung der Behörde erwirken und somit geeignet sind den Spruch der Entscheidung zu beeinflussen, sind im Sinne des § 303 Wiederaufnahmsgründe (…).
Wiederaufnahmsgründe müssen geeignet sein, einen im Spruch anders lautenden Bescheid herbeizuführen. Ob dies der Fall ist, hat die die Wiederaufnahme verfügende Behörde zu beurteilen. Kommt sie bei der Prüfung dieser Frage zum Ergebnis, dass die Wiederaufnahmegründe nicht geeignet sind, einen im Spruch anders lautenden Bescheid herbeizuführen, darf sie die Wiederaufnahme des Verfahrens nicht verfügen. Nicht schon das Vorliegen eines Wiederaufnahmegrunds, sondern erst der Zusammenhang mit einem anders lautenden Bescheid rechtfertigt die Wiederaufnahme des Verfahrens. Schon im Wiederaufnahmeverfahren ist daher die materiell-rechtliche Frage der möglichen Auswirkung auf den Sachbescheid zu berücksichtigen. (…).
Sämtliche vorgebrachten Beweismittel beziehen sich ausnahmslos auf Vorgänge in Deutschland, speziell beim BHKW in ***4***. Gerade diese Vorgänge haben jedoch auf die inländische Besteuerung keine Auswirkungen, da diese auf die erstmalige Abgabe von Kraftstoff zur Verwendung als Treibstoff im Steuergebiet der Republik Österreich abstellt (§ 21 Abs. 1 Zi 5 Mineralölsteuergesetz).
Dass die neu hervorgekommenen Beweise nicht geeignet waren, einen im Spruch anderslautenden Bescheid zu erzeugen, belegt nun auch deutlich die Entscheidung des BFG im dazugehörigen Abgabeverfahren ().
Gerade das Sicherstellungsverfahren war Vorverfahren zum nun entschiedenen Abgabeverfahren und daher auch vom gleichen Sachverhalt geprägt. Die Bf. brachte in den Eingaben selbst vor, dass Herr ***VN7******NN7*** keinen Kontakt zu ***4*** bzw. Herrn ***NN2*** hatte (Fristsetzungsantrag vom ), dass Herr ***NN3*** über eine Handlungsvollmacht verfügte und 11 Ausgangsrechnungen an die (…) mit Sitz in (…) gefunden wurde bzw. legte die Bf. auch das Schreiben der (…), Rechtsanwaltsgesellschaft & Steuerberatungsgesellschaft mbH an das Hauptzollamt Rosenheim vom vor (Schriftsatz vom ).
Das BFG führte in seinem Erkenntnis dazu wie folgt aus:
Da das o.g. Urteil des LG Salzburg auch HS (Anm. Herr ***VN7******NN7***) zugegangen ist, sind die Ausführungen der Bf., wonach die Bf. "keine Macht" über HK (Anm. Herr ***VN8******NN8***) bzw. keinen Einfluss über HK und AP (Anm. Herr ***VN3******NN3***) gehabt habe (Schriftsatz vom ) und die Beweis- und Faktenlage erdrückend zu ihren Gunsten sei (Schriftsatz vom ), schlicht unverständlich. (…)
Eine Anwesenheit des Herrn HS in ***4*** ist nach Ansicht des BFG aufgrund der oben geschilderten arbeitsteiligen Vorgangsweise (vgl, LG Salzburg, …) der vom LG Salzburg und vom L München Il verurteilten Angeklagten vom ZA zu Recht als im vorliegenden Fall nicht entscheidend bzw. die Nichtanwesenheit des HS in ***4*** im verfahrensgegenständlichen Zeitraum vom ZA sogar außer Streit gestellt worden. Mit der "Verbindlichen Erklärung" des LK (Anm. Herr ***VN2******NN2***) vom und der "Erklärung an Eides statt" des JK vom kann die Bf. aufgrund der gerichtlichen Feststellungen des LG Salzburg über das im Sachverhalt des BFG genannte Geschäftsmodell ebenfalls nichts für sich gewinnen.
(…)
Bezüglich des Vorbringens der Bf., in dessen Zentrum die Rechnungen des BHKW an die A (Anm, …) mit Sitz in (…) stehen, verweist das BFG auf die oben auf Seite 35 vom BFG dargestellten Feststellungen des Landesgerichtes München II und die Feststellungen des LG Salzburg auf S 75 des o.g. Urteils. im Übrigen geht aus diesen Feststellungen nach Ansicht des BFG schlüssig hervor, dass auch die genannten Rechnungen nur zum Zweck der Verminderung des Risikos der Aufdeckung des Abgabenbetrugs erstellt worden sind. Das ZA hat auch zu Recht deren Neuheit im Sinne des Vorbringen der Bf. vom verneint (zu diesen Rechnungen siehe auch …).
Somit war spruchgemäß zu entscheiden und die Beschwerde als unbegründet abzuweisen."
Dagegen richtete sich der Vorlageantrag vom . Die Beschwerdeführerin brachte vor, die Beschwerdevorentscheidung werde ihrem gesamten Inhalt nach bestritten und sie halte am gesamten bisherigen Vorbringen fest. Die Beschwerdeführerin stellte den Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor dem Einzelrichter.
Mit Schreiben vom verzichtete die Beschwerdeführerin auf die Abhaltung der (bereits anberaumten) mündlichen Verhandlung.
Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
Gemäß § 323b Abs. 1 BAO tritt das Zollamt Österreich am an die Stelle der am zuständig gewesenen Zollämter.
Die Abgabenbehörde kann gemäß § 232 Abs. 1 BAO, sobald der Tatbestand verwirklicht ist, an den die Abgabenvorschriften die Abgabepflicht knüpfen, selbst bevor die Abgabenschuld dem Ausmaß nach feststeht, bis zum Eintritt der Vollstreckbarkeit (§ 226) an den Abgabepflichtigen einen Sicherstellungsauftrag erlassen, um einer Gefährdung oder wesentlichen Erschwerung der Einbringung der Abgabe zu begegnen. Der Abgabepflichtige kann durch Erlag eines von der Abgabenbehörde zu bestimmenden Betrages erwirken, daß Maßnahmen zur Vollziehung des Sicherstellungsauftrages unterbleiben und bereits vollzogene Maßnahmen aufgehoben werden.
Gemäß § 303 Abs. 1 BAO kann ein durch Bescheid abgeschlossenes Verfahren auf Antrag einer Partei oder von Amts wegen wiederaufgenommen werden, wenn
a) der Bescheid durch eine gerichtlich strafbare Tat herbeigeführt oder sonstwie erschlichen worden ist, oder
b) Tatsachen oder Beweismittel im abgeschlossenen Verfahren neu herovorgekommen sind, oder
c) der Bescheid von Vorfragen (§ 116) abhängig war und nachträglich über die Vorfrage von der Verwaltungsbehörde bzw. dem Gericht in wesentlichen Punkten anders entschieden worden ist,
und die Kenntnis dieser Umstände allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens einen im Spruch anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätte.
Mit dem die Wiederaufnahme des Verfahrens bewilligenden oder verfügenden Bescheid ist gemäß § 307 Abs. 1 BAO unter gleichzeitiger Aufhebung des früheren Bescheides die das wiederaufgenommene Verfahren abschließende Sachentscheidung zu verbinden.
Eine Wiederaufnahme setzt nach dem klaren und eindeutigen Wortlaut des § 303 Abs. 1 BAO - neben dem Vorliegen von Wiederaufnahmsgründen - voraus, dass die Kenntnis dieser Umstände allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens einen im Spruch anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätte (Ritz, BAO6, § 303 Tz 44).
Die im § 307 Abs. 1 BAO angeordnete Verbindung des Wiederaufnahmebescheides mit der abschließenden Sachentscheidung setzt voraus, dass letztere zulässig ist; ansonsten ist lediglich ein aufhebender Wiederaufnahmebescheid zu erlassen.
Eine der Voraussetzungen für die Erlassung eines Sicherstellungsauftrages ist, dass eine Abgabenschuld dem Grunde nach entstanden ist. Nach den umfangreichen Ausführungen der Beschwerdeführerin im Antrag auf Wiederaufnahme ergäben die neuen Beweise (Handlungsvollmacht, 113 Ausgangsrechnungen, Schreiben an das Hauptzollamt Rosenheim, Erklärungen des ***VN2*** ***NN2***) sowohl allein als auch in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens einen neuen, ihre Mineralölsteuerschuld völlig ausschließenden Sachverhalt; es genüge der Nachweis, dass die Beschwerdeführerin im Zeitraum 28. Juni bis auf die Verhältnisse auf dem Betriebsgelände des ***VN2*** ***NN2*** in ***4*** keinen wie auch immer gearteten Einfluss gehabt habe.
Aufgrund der in den (rechtskräftig abgeschlossenen) Beschwerdeverfahren der Beschwerdeführerin gegen den Abgabenbescheid vom , Zahl 230000/90.125/224/2011-AFA, und gegen den Sicherstellungsauftrag stand für das Bundesfinanzgericht fest, dass mit den in den Berechnungsblättern zum Abgabenbescheid angeführten Lieferungen die ***Bf1*** insgesamt 7.465.465 Liter an "Olej Rust Cleaner" der Unterposition 2710 1999 der Kombinierten Nomenklatur an die ***10*** und an die ***12*** GmbH in Straßwalchen verkauft und geliefert hat. Diese in Polen hergestellte Ware ist im Auftrag des Herstellers unter Steueraussetzung von der Erzeugungsstätte in Polen nach Deutschland befördert worden, wo sie in einen Erdtank entladen worden ist. Auf dem jeweils wegen der nationalen Besteuerung der Ware in Polen eröffneten vereinfachten Begleitdokument und auf dem CMR-Frachtbrief wurde vom deutschen Unternehmen der Erhalt der Ware bestätigt. Danach wurde die Ware unverändert aus diesem Erdtank entnommen und in Tankwägen eines slowenischen Frächters gepumpt. Bei der Beladung der Tankwägen sind an die Kraftfahrer für Dieseltransporte erforderliche Fracht- und Begleitpapiere übergeben worden. Die Ware ist dann von den Kraftfahrern des slowenischen Frächters unmittelbar zu den Tankstellen der ***10*** und der ***12*** GmbH verbracht worden und bei diesen Tankstellen jeweils in Tanks, die mit den mit Diesel gekennzeichneten Tanksäulen verbunden waren, abgeschlaucht worden. Die nach der Abschlauchung vervollständigten (über das Bordzählwerk wurde die abgeschlauchte Litermenge eingedruckt) und unterfertigten Lieferscheine und CMR-Frachtbriefe wurden an die ***Bf1*** gefaxt. In diesen begleitenden CMR-Frachtbriefen war als Warenbezeichnung Dieselkraftstoff und als Versender und Verkäufer die ***Bf1*** angeführt. Über Anweisung von zwei weiteren Personen, denen die bei den Tankstellen angelieferten Dieselmengen mitgeteilt worden sind, sind (Schein) Rechnungen und Lieferscheine einer ***5*** Kft. oder einer ***6*** HandelsgesmbH erstellt worden, welche der ***Bf1*** als Eingangsrechnungen gedient haben. Nach Eingang der Rechnungsbeträge von der ***10*** und der ***12*** GmbH hat die ***Bf1*** Überweisungen auf Konten von in die Abwicklung involvierten Personen vorgenommen. Mit diesen überwiesenen Beträgen wurde die Ware in Polen bezahlt. Zahlungen von der ***Bf1*** an die ***5*** Kft. oder einer ***6*** HandelsgesmbH hat es keine gegeben.
Die Beschwerdeführerin hat mittelbar durch die von einer weiteren Person den jeweiligen Kraftfahrern der slowenischen Tankwagen erteilten Anweisungen hinsichtlich des Warentransports von den Erdtanks in Deutschland zu den Tankstellen in Österreich in Verbindung mit der Verwendung der von ihr angewiesenen und teilweise zuvor ausgefüllten Lieferscheine sowie der Rechnungslegung an die Abnehmer (***10*** und der ***12*** GmbH) bewirkt, dass die Ware bei den genannten Tankstellen in Österreich zur Erfüllung der von der Beschwerdeführerin geschlossenen Kaufverträge abgeschlaucht worden ist.
Für die vom angefochtenen Bescheid erfassten Lieferungen wurde in Österreich keine Mineralölsteuer entrichtet.
Im Verfahren der Beschwerdeführerin gegen den Abgabenbescheid vom hat der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom , Ra 2016/16/0087, unter Verweis auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Ro 2014/16/0070, ausgesprochen, dass bei dem vom Bundesfinanzgericht angenommenen Sachverhalt die Beschwerdeführerin den Tatbestand des § 21 Abs. 1 Z 5 MinStG erfüllt hat.
Mit dem genannten Erkenntnis vom hat der Verwaltungsgerichtshof im Verfahren der ***Bf1*** (Revisionswerberin) betreffend die Sicherstellungsaufträge Folgendes ausgesprochen (auszugsweise):
"Die Kombinierte Nomenklatur (Anhang I zur Verordnung (EWG) Nr. 2658/87 des Rates vom über die zolltarifliche und statistische Nomenklatur sowie den gemeinsamen Zolltarif, ABlEG Nr. L 256 vom , in der im Revisionsfall maßgeblichen Fassung der Verordnung (EU) Nr. 861/2010 der Kommission vom , ABlEU Nr. L 284 vom (KN-Verordnung)) sieht in ihrem Kapitel 27 in der Position 2710 die Unterposition 2710 19 "andere" (als Leichtöle und Zubereitungen) vor. Unter die dort genannten Schweröle fallen u. a. Gasöle der Unterpositionen 2710 19 31 bis 2710 19 49, Heizöle der Unterpositionen 2710 19 51 bis 2710 19 69 sowie Schmieröle und andere Öle der Unterpositionen 2710 19 71 bis 2710 19 99, wie etwa Motorenöle, Hydrauliköle, Getriebeöle, Korrosionsschutzöle usw.
Die im Revisionsfall in Rede stehende Ware "O R C" fällt unbestritten in die Unterposition 2710 19 99 "andere Schmieröle und andere Öle".
Gemäß Art. 1 der Richtlinie 2003/96/EG des Rates vom zur Restrukturierung der gemeinschaftlichen Rahmenvorschriften zur Besteuerung von Energieerzeugnissen und elektrischem Strom, ABlEU Nr. L 283 vom (im Folgenden: RL 2003/96/EG) erheben die Mitgliedstaaten nach Maßgabe dieser Richtlinie Steuern auf Energieerzeugnisse und elektrischen Strom.
Als Energieerzeugnisse im Sinne dieser Richtlinie gelten gemäß Art. 2 Abs. 1 Buchstabe b der RL 2003/96/EG u.a. Erzeugnisse der KN-Codes 2704 bis 2715.
Art. 2 Abs. 3 der RL 2003/96/EG lautet:
"(3) Zum Verbrauch als Heiz- oder Kraftstoff bestimmte oder als solche zum Verkauf angebotene bzw. verwendete andere Energieerzeugnisse als diejenigen, für die in dieser Richtlinie ein Steuerbetrag festgelegt wurde, werden je nach Verwendung zu dem für einen gleichwertigen Heiz- oder Kraftstoff erhobenen Steuersatz besteuert.
Neben den in Abs. 1 genannten steuerbaren Erzeugnissen sind alle zur Verwendung als Kraftstoff oder als Zusatz oder Verlängerungsmittel von Kraftstoffen bestimmten oder als solche zum Verkauf angebotenen bzw. verwendeten Erzeugnisse zu dem für einen gleichwertigen Kraftstoff erhobenen Steuersatz zu besteuern.
Neben den in Abs. 1 genannten steuerbaren Erzeugnissen wird mit Ausnahme von Torf jeder andere Kohlenwasserstoff, der zum Verbrauch zu Heizzwecken bestimmt ist, ....."
Gemäß Art. 2 Abs. 4 Buchstabe b der RL 2003/96/EG gilt diese Richtlinie nicht u.a. für Energieerzeugnisse, die für andere Zwecke als als Heiz- oder Kraftstoff verwendet werden.
Art. 7 und 8 sowie Anhang I Tabelle A und Tabelle B der RL 2003/96/EG enthalten Mindeststeuerbeträge für Kraftstoffe, Art. 9 und Anhang I Tabelle C enthalten Mindeststeuerbeträge für Heizstoffe. Dabei sind Waren der Unterposition 2710 19 99 der Kombinierten Nomenklatur nicht erwähnt.
Art. 20 Abs. 1 der RL 2003/96/EG lautet:
"(1) Die Kontroll- und Beförderungsbestimmungen der Richtlinie 92/12/EWG gelten ausschließlich für die nachstehend aufgeführten Energieerzeugnisse:
Erzeugnisse der KN-Codes .....
…
h) Erzeugnisse der KN-Codes ..."
Erzeugnisse der Unterposition 2710 19 99 der Kombinierten Nomenklatur scheinen in dieser Aufzählung nicht auf.
Art. 21 Abs. 1 der RL 2003/96/EG lautet:
"(1) Über die allgemeinen Vorschriften zur Definition des Steuertatbestandes und die Vorschriften für die Entrichtung der Steuer gemäß der Richtlinie 92/12/EWG hinaus entsteht die Steuer auf Energieerzeugnisse ferner bei Eintritt eines Steuertatbestands gemäß Art. 2 Abs. 3 der vorliegenden Richtlinie."
Die in Art. 20 und 21 der RL 2003/96/EG erwähnte Richtlinie 92/12/EWG wurde durch Art. 47 Abs. 1 der Richtlinie 2008/118/EG des Rates vom über das allgemeine Verbrauchsteuersystem und zur Aufhebung der Richtlinie 92/12/EWG, ABlEU Nr. L 9 vom , (im Folgenden: RL 2008/118/EG), mit Wirkung vom aufgehoben. Gemäß Art. 47 Abs. 2 der RL 2008/118/EG gelten Bezugnahmen auf die aufgehobene Richtlinie als Bezugnahmen auf die RL 2008/118/EG.
Gemäß Art. 1 Abs. 1 Buchstabe a der RL 2008/118/EG legt diese Richtlinie ein allgemeines System für die Verbrauchsteuern fest, die mittelbar oder unmittelbar auf den Verbrauch (nachstehend "verbrauchsteuerpflichtige Waren" genannt) von Energieerzeugnissen und elektrischem Strom gemäß der RL 2003/96/EG erhoben werden.
Gemäß Art. 7 Abs. 1 der RL 2008/118/EG entsteht der Verbrauchsteueranspruch zum Zeitpunkt und im Mitgliedstaat der Überführung in den steuerrechtlich freien Verkehr.
Als Überführung in den steuerrechtlich freien Verkehr im Sinn der RL 2008/118/EG gilt gemäß Art. 7 Abs. 2 Buchstabe b dieser Richtlinie auch der Besitz verbrauchsteuerpflichtiger Waren außerhalb eines Verfahrens der Steueraussetzung, wenn keine Verbrauchsteuer gemäß den geltenden Bestimmungen des Gemeinschaftsrechts und des einzelstaatlichen Rechts erhoben wurde.
Steuerschuldner eines Verbrauchsteueranspruchs ist nach Art. 8 Abs. 1 Buchstabe b der RL 2008/118/EG im Zusammenhang mit dem Besitz verbrauchsteuerpflichtiger Waren nach Art. 7 Abs. 2 Buchstabe b jede Person, die im Besitz der verbrauchsteuerpflichtigen Waren ist, oder jede andere am Besitz dieser Waren beteiligte Person. Gibt es für eine Verbrauchsteuerschuld mehrere Steuerschuldner, so sind diese gemäß Art. 8 Abs. 2 der RL 2008/118/EG gesamtschuldnerisch zur Erfüllung dieser Steuerschuld verpflichtet.
Gemäß Art. 33 Abs. 1 der RL 2008/118/EG unterliegen verbrauchsteuerpflichtige Waren, die in einem Mitgliedstaat bereits in den steuerrechtlich freien Verkehr übergeführt worden sind, sofern sie zu gewerblichen Zwecken in einem anderen Mitgliedstat in Besitz gehalten und dort zur Lieferung oder Verwendung vorgesehen sind, unbeschadet des im Revisionsfall nicht einschlägigen Art. 36 Abs. 1 leg. cit. über Fernverkäufe der Verbrauchsteuer, die in diesem andern Mitgliedstaat erhoben wird.
Steuerschuldner der zu entrichtenden Verbrauchsteuer ist dann gemäß Art. 33 Abs. 3 der RL 2008/118/EG entweder die Person, die die Lieferung vornimmt oder in deren Besitz sich die zur Lieferung vorgesehenen Waren befinden oder an die die Waren im anderen Mitgliedstaat geliefert werden.
Gemäß § 1 Abs. 1 des Mineralölsteuergesetzes 1995 (MinStG) unterliegt Mineralöl, das im Steuergebiet hergestellt oder in das Steuergebiet eingebracht wird, sowie Kraftstoffe und Heizstoffe, die im Steuergebiet verwendet werden, einer Verbrauchsteuer (Mineralölsteuer).
Mineralöl im Sinn des MinStG sind gemäß § 2 Abs. 1 Z 1 leg. cit. Waren der Positionen 2705 bis 2712 der Kombinierten Nomenklatur, ausgenommen Erdgas der Unterposition 2711 21 00.
Kraftstoffe im Sinne des MinStG sind gemäß § 2 Abs. 2 leg. cit. alle im § 2 Abs. 1 nicht angeführten Waren, die als Treibstoff oder als Zusatz oder Verlängerungsmittel von Treibstoffen dienen mit Ausnahme von Waren, die dem Erdgasabgabegesetz oder dem Kohleabgabegesetz unterliegen.
§ 2 Abs. 8 MinStG lautet:
"(8) Soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, finden die Mineralöl betreffenden Bestimmungen dieses Bundesgesetzes nur auf die unter Z 1 bis 6 angeführten und diesen nach Abs. 9 gleichgestellten Waren Anwendung. Auf anderes Mineralöl sind die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes über Kraftstoffe und Heizstoffe anzuwenden. Mineralöl im Sinne des ersten Satzes sind die Waren:
1. der Unterpositionen 2707 ...;
2. der Unterpositionen 2710 11 11 bis 2710 19 69, ausgenommen Waren der Unterpositionen 2710 11 21, 2710 11 25 und 2710 19 29 der Kombinierten Nomenklatur, wenn diese in Gebinden abgefüllt sind;
3. der Position 2711 ...;
4. der Unterpositionen 2901 10, ...;
5. der folgenden Positionen und Unterpositionen der Kombinierten Nomenklatur, die ...
6. der Position 2207 ..."
§ 19 Abs. 1 MinStG lautet:
"§ 19. (1) Kraftstoffbetriebe im Sinne dieses Bundesgesetzes sind im Steuergebiet gelegene Betriebe, aus denen ein Kraftstoff zur Verwendung als Treibstoff oder zur Weitergabe zu diesem Zweck abgegeben oder in denen ein im Betrieb erzeugter Kraftstoff als Treibstoff verwendet wird. Als Betriebsinhaber gilt die Person oder Personenvereinigung, für deren Rechnung der Betrieb geführt wird."
§ 21 Abs. 1 MinStG lautet auszugsweise:
"§ 21. (1) Soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, entsteht die Steuerschuld dadurch,
…
5. dass ein Kraftstoff oder ein Heizstoff im Steuergebiet erstmals zur Verwendung als Treibstoff oder zum Verheizen abgegeben wird; durch eine Verwendung nach dieser Abgabe und in jenen Fällen, in denen der Kraftstoff oder Heizstoff in einem Steuerlager zur Herstellung von Mineralöl einem solchen beigemischt wird, entsteht keine Steuerschuld;"
Die Steuerschuld entsteht gemäß § 21 Abs. 4 Z 4 MinStG in den Fällen des § 21 Abs. 1 Z 5 leg. cit. im Zeitpunkt der Abgabe.
Eine Verwendung von Kraftstoff als Treibstoff liegt gemäß § 21 Abs. 6 MinStG vor, wenn der Kraftstoff als Treibstoff verwendet wird oder in einen Behälter eingefüllt wird, der mit einem Motor in Verbindung steht, oder wenn ein Behälter, in dem sich ein Kraftstoff befindet, mit einem Motor verbunden wird.
Steuerschuldner ist gemäß § 22 Abs. 1 Z 4 MinStG in den Fällen des § 21 Abs. 1 Z 5 leg. cit., wenn der Kraftstoff oder der Heizstoff im Rahmen eines Betriebes abgegeben wird, dessen Geschäftsleitung sich im Steuergebiet befindet, der Inhaber dieses Betriebes; ist dies nicht der Fall, der Verwender.
(…)
Vor dem Hintergrund dieser Rechtslage ist festzuhalten, dass unionsrechtlich für den in Polen hergestellten, in Rede stehenden O R C kein Steuersatz nach Art. 7 bis 9 und Anhang I der Richtlinie 2003/96/EG festgelegt war und er dieser Richtlinie nach Art. 2 Abs. 4 Buchstabe b leg. cit. nicht unterlag, wenn er für andere Zwecke als als Heiz- und Kraftstoff verwendet wurde. Nach Art. 20 Abs. 1 der RL 2003/96/EG iVm Art. 47 Abs. 2 der RL 2008/118/EG galten die Kontroll- und Beförderungsbestimmungen der RL 2008/118/EG für ihn nicht.
Demgemäß konnte Polen eine nationale Verbrauchsteuer dafür erheben (vgl. etwa das in den Rs C 145 und 146/06 (Fendt Italiana Srl)) und dazu zur Entlastung von der polnischen Verbrauchsteuer ein formelles Beförderungsverfahren bei der Verbringung in einen anderen Mitgliedstaat vorsehen.
Mit dem Befüllen der Tankfahrzeuge des slowenischen Frächters G mit dem in Rede stehenden O R C in F, Deutschland, der Übergabe von die Bezeichnung "Diesel" enthaltenden Begleitpapieren und dem Auftrag an die Fahrer, diesen Tankinhalt in Österreich in die mit Dieselzapfsäulen versehenen Erdtanks der (…) abzuschlauchen, war die in Rede stehende Ware zum Verbrauch als Kraftstoff bestimmt und entstand gemäß Art. 2 Abs. 3 erster Unterabsatz der RL 2003/96/EG in Verbindung mit Art. 21 Abs. 1 dieser Richtlinie die Steuer in Deutschland.
Der in Rede stehende O R C der Unterposition 2710 19 99 der Kombinierten Nomenklatur gilt als Mineralöl iSd § 2 Abs. 1 MinStG und ist deshalb nicht von der Definition des Kraftstoffes in § 2 Abs. 2 leg. cit. erfasst. Da diese Ware aber nicht von der Aufzählung des § 2 Abs. 8 Z 1 bis 6 MinStG erfasst ist, sind gemäß § 2 Abs. 8 erster Satz MinStG auf dieses "andere Mineralöl" iSd § 2 Abs. 8 MinStG die Mineralöl betreffenden Bestimmungen des MinStG nicht anzuwenden, sondern allenfalls die Bestimmungen des MinStG über Kraftstoffe. Vereinfachend wird im Folgenden betreffend diese Ware jedoch von Kraftstoff gesprochen.
Die Bestimmungen der §§ 41 ff MinStG über den Bezug von Mineralöl zu gewerblichen Zwecken und des Entstehens der Steuerschuld sind im Revisionsfall auf den in Rede stehenden Kraftstoff nicht anzuwenden, sondern es kommen die Bestimmungen über Kraftstoffe in den §§ 19 bis 24 leg. cit. in Betracht.
Die Revisionswerberin weist darauf hin (…), dass § 21 Abs. 1 Z 5 MinStG auf Kraftstoff abstelle, nicht auf "anderes Mineralöl". Dazu ist die Revisionswerberin zu erinnern, dass auf "anderes Mineralöl" die Bestimmungen des MinStG über Kraftstoffe anzuwenden sind (§ 2 Abs. 8 MinStG).
Den Kern des Revisionsfalles bildet die vom Bundesfinanzgericht in der Begründung der Zulässigkeit der Revision nach Art. 133 Abs. 4 B-VG zutreffend als grundsätzlich bezeichnete Rechtsfrage der Auslegung des Begriffes "abgegeben" in § 21 Abs. 1 Z 5 MinStG, zu welcher keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes besteht. Daran anknüpfend ist gegebenenfalls die Frage des Steuerschuldners nach § 22 Abs. 1 Z 4 MinStG zu beantworten. Die Auslegung dieser Bestimmungen des MinStG hat sich im Revisionsfall im unionsrechtlichen Rahmen der RL 2008/118/EG, insb. deren Art. 33, zu bewegen.
Wenn der in Rede stehende Kraftstoff im Revisionsfall aus dem Tank der (…) durch die mit "Diesel" gekennzeichnete Zapfsäule in einen Behälter des Kunden abgefüllt würde, würde dieser Kraftstoff als Treibstoff abgegeben; wenn dieser Behälter mit einem Motor in Verbindung stünde, würde der Kraftstoff bereits als Treibstoff verwendet (§ 21 Abs. 6 MinStG).
Die gesetzliche Festlegung in § 21 Abs. 1 Z 5 MinStG, dass die Steuerschuld dann entsteht, wenn der Kraftstoff im Steuergebiet erstmals zur Verwendung als Treibstoff abgegeben wird, legt nahe, dass eine solche Abgabe mehrmals erfolgen kann und davon lediglich die erste im Steuergebiet erfolgte Abgabe zur Entstehung der Mineralölsteuerschuld führt.
Da nach den Sachverhaltsfeststellungen des Bundesfinanzgerichtes die ***10*** vor dem Einfüllen des Kraftstoffes in den jeweiligen Tank ihrer jeweiligen Tankstelle keine Verfügungsmacht über den Kraftstoff hatte, lag in diesem Einfüllen (Abschlauchen aus dem Tank des jeweiligen Tankfahrzeuges) ebenfalls ein "Abgeben" iSd § 21 Abs. 1 Z 5 MinStG an die ***10*** vor.
(…)
Ob auch die Befüllung der Tankfahrzeuge des slowenischen Frächters (…) in (…), Deutschland, ein "Abgeben" iSd § 21 Abs. 1 Z 5 MinStG gebildet hätte, was allenfalls nach nationalem deutschen Recht zum Entstehen einer deutschen Verbrauchsteuer führen könnte, kann im Revisionsfall dahin gestellt bleiben, weil es eben nicht "im Steuergebiet erstmals", sondern außerhalb des Steuergebietes erfolgt wäre.
Damit durfte das Bundesfinanzgericht im Revisionsfall davon ausgehen, dass der in Rede stehende Kraftstoff mit dem Einfüllen in die Tanks der Tankstellen der ***10*** im Steuergebiet erstmals abgegeben wurde und die Mineralölsteuer gemäß § 21 Abs. 1 Z 5 MinStG entstand.
Daran anknüpfend ist zu prüfen, ob die Revisionswerberin als Steuerschuldner nach § 22 Abs. 1 Z 4 MinStG in Betracht kommt, mithin ob sie die Inhaberin des Betriebes ist, dessen Geschäftsleitung sich im Steuergebiet befunden hat und im Rahmen dessen der Kraftstoff abgegeben wurde.
Die Revisionswerberin führt ins Treffen, sie wäre zur Abgabe des Kraftstoffes nicht in der Lage gewesen, weil sie mit dem Kraftstoff nicht "in Berührung gekommen" sei. Das Bundesfinanzgericht habe selbst festgestellt, sie sei mangels "eigener oder angemieteter Erdtanks (.....) operativ nicht in der Lage (gewesen), Ware in Empfang zu nehmen, zu lagern und sodann wieder körperlich abzugeben." Die Revisionswerberin vermisst eine körperliche Nähe zwischen ihr und dem in Rede stehenden Kraftstoff.
Ausgehend von den Sachverhaltsfeststellungen des Bundesfinanzgerichtes hatte die Revisionswerberin mit der ***10*** ein Kaufgeschäft (Verpflichtungsgeschäft) über den in Rede stehenden Kraftstoff abgeschlossen. Dieses wurde dadurch erfüllt (Verfügungsgeschäft), dass der Kraftstoff von den jeweiligen Fahrern des Frächters (…) in die Erdtanks der Käuferin abgeschlaucht wurden und die auf die Revisionswerberin lautenden Lieferscheine nach Eintrag der jeweiligen Kraftstoffmengen im Wege des ***VN7******NN7*** der Revisionswerberin übermittelt wurden. Die Revisionswerberin konnte nach den Feststellungen des Bundesfinanzgerichtes jedenfalls faktisch erreichen, dass gerade die von ihr verkauften Mengen des in Rede stehenden Kraftstoffes in (…) aus den Erdtanks in die Tankfahrzeuge des Frächters (…) gefüllt und zu ihrer Käuferin, der ***10***, nach Österreich befördert wurden. Welche zivilrechtliche Gestaltung dem zu Grunde lag, ob die Revisionswerberin den Kraftstoff dabei - was die Revisionswerberin bestreitet - von (…) gekauft hätte (und ein Reihengeschäft vorgelegen wäre), oder ob (…) dafür über eine Handlungsvollmacht der Revisionswerberin verfügt hätte, ist nicht ausschlaggebend.
Damit durfte das Bundesfinanzgericht im Revisionsfall dies - wie bei einem Reihengeschäft - als Abgabe des in Rede stehenden Kraftstoffes im Rahmen des Betriebes der Revisionswerberin werten und als Steuerschuldnerin nach § 22 Abs. 1 Z 4 MinStG die Revisionswerberin ansehen.
Die Revisionswerberin wendet ein, unionsrechtlich käme als Steuerschuldner nach Art. 33 Abs. 3 der RL 2008/118/EG nur "der ausländische Lieferant, der ausländische Besitzer der zum Export bestimmten Ware, der inländische Empfänger" in Betracht. Dem steht der klare Wortlaut der Richtlinienbestimmung entgegen, wonach Steuerschuldner u.a. die Person ist, "die die Lieferung vornimmt". Vom Erfordernis eines "ausländischen" Lieferers ist hier keine Rede.
(…)"
Der Verwaltungsgerichtshof hat mit den genannten Erkenntnissen vom und vom klar und deutlich ausgesprochen, dass für die Beschwerdeführerin für die vom Abgabenbescheid vom erfassten Lieferungen die Mineralölsteuerschuld entstanden ist und Abgabenbescheid zu Recht ergangen ist. Für das Bundesfinanzgericht ergaben sich keine Hinweise, von dieser Rechtsprechung und von dem, den bisherigen Verfahren zugrunde liegenden Sachverhalt abzugehen. Im Gegenteil, die Ausführungen im Antrag auf Wiederaufnahme und die Unterlagen, auf die sich der Antrag stützt, bestätigen vielmehr die Tatsache, dass das verfahrensgegenständliche Produkt in die Tanks der Tankstellen der ***10*** und der ***12*** GmbH in Straßwalchen eingefüllt worden ist (und somit im Steuergebiet erstmals abgegeben worden ist) und das Einfüllen in Erfüllung von zwischen der Beschwerdeführerin und den vorstehend genannten Empfängern abgeschlossenen Verpflichtungsgeschäften erfolgt ist, und somit die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme der Beschwerdeführerin für die mit dem Abgabenbescheid vorgeschriebenen Mineralölsteuer gegeben waren. Ob die Beschwerdeführerin auf die Vorgänge in Deutschland Einfluss gehabt hat, war für die Steuerschuldentstehung im verfahrensgegenständlichen Fall nicht entscheidend. Entscheidend waren die zwischen der Beschwerdeführerin und der ***10*** und der ***12*** GmbH abgeschlossenen Kaufverträge und dass in Erfüllung dieser Kaufgeschäfte die verkauften Mengen des Kraftstoffs in Deutschland aus den Erdtanks in die Tankfahrzeuge des Frächters gefüllt und zu den Käufern in Österreich befördert worden sind.
Da nach den vorstehenden Erwägungen auch unter Berücksichtigung der im Wiederaufnahmeantrag genannten Unterlagen kein Zweifel an der Abgabenschuld der Beschwerdeführerin bestand, vermochten die von der Beschwerdeführerin ins Treffen geführten Unterlagen keinen im Spruch anders lautenden Bescheid (Sicherstellungsauftrag) herbeiführen. Die Voraussetzungen für eine Wiederaufnahme lagen nicht vor. Es bedurfte daher keiner Erwägungen, ob es sich um neu hervorgekommene Beweismittel oder Tatsachen gehandelt hat.
Gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Das Bundesfinanzgericht ist von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht abgewichen. Im Gegenteil, die Entscheidung stützt sich auf den klaren und eindeutigen Wortlaut der einschlägigen Vorschriften und auf die zum verfahrensgegenständlichen Sachverhalt ergangene Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes.
Da im gegenständlichen Beschwerdeverfahren keine Rechtsfragen aufgeworfen worden sind, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt, ist eine Revision nicht zulässig.
Graz, am
Zusatzinformationen
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Materie | Zoll |
betroffene Normen | § 232 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 303 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 21 Abs. 1 Z 5 MinStG 1995, Mineralölsteuergesetz 1995, BGBl. Nr. 630/1994 |
Verweise | VwGH, Ro 2014/16/0070 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2021:RV.7200098.2016 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at