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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 12.01.2021, RV/7400014/2016

Herabsetzung der Abwassergebühren

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Mag. Helga Hochrieser in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom 27.8,2015 gegen den Bescheid des Magistrats der Stadt Wien, Magistratssabteilung 31 Wiener Wasser vom betreffend Abweisung des Antrags auf Herabsetzung der Abwassergebühr für die Zeit vom bis zu Recht erkannt:

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Mit Bescheid vom wurde der Antrag des Beschwerdeführers (Bf.) auf Herabsetzung der Abwassergebühr mit folgender Begründung abgewiesen:

"Für nach § 12 Abs. 1, 2 und 4 Kanalräumungs- und Kanalgebührengesetz - KKG, LGBI. für Wien Nr. 2/1978, in der geltenden Fassung, festgestellte Abwassermengen, die nicht in den öffentlichen Kanal gelangen, ist gemäß § 13 Abs. 1 KKG über Antrag die Abwassergebühr herabzusetzen, wenn die im Kalenderjahr oder in einem kürzeren Zeitraum nicht eingeleiteten Abwassermengen 5 % der für diesen Zeitraum festgestellten Abwassermengen, mindestens jedoch 100 Kubikmeter, übersteigen und die Nichteinleitung durch prüfungsfähige Unterlagen nachgewiesen wird.

Im vorliegenden Fall hat der Fachbereich Wasserverteilung - SSV festgestellt, dass der Wasserzähler Nr. 87924 sowohl Einleitungs- als auch Nichteinleitungsmengen misst. Es kann somit der Umfang der nicht in den Kanal geleiteten Abwassermengen nicht festgestellt werden und die Voraussetzungen für eine Gebührenermäßigung liegen somit nicht vor."

Dagegen brachte der Bf. eine Beschwerde mit folgender Begründung ein:

"Das Haus in der Adr ist seit 2013 nur eine Baustelle und nicht bewohnbar, da gibt es kein Abwasser, das heißt, es gibt kein Bad, kein WC, keine Dusche, keine Küche usw. Das Wasser wird lediglich für Pflanzen und Bäume im Garten verwendet, und das auch nur in warmen Jahreszeiten. Im Garten ist bereits Sickerschacht vorhanden. Da es kein Abwasser entsteht, gibt es Voraussetzung für Befreiung von Kanalgebühren. Daher wurde ein Antrag auf Herabsetzung der oder Befreiung von Abwassergebühren gestellt."

Daraufhin erging eine abweisende Beschwerdevorentscheidung, die wie folgt begründet wurde:

"Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf Herabsetzung der Abwassergebühr für die Zeit vom bis gemäß § 13 Abs. 1 Kanalräumungs- und Kanalgebührengesetz - KKG, LGBI. für Wien Nr. 2/1978, in der geltenden Fassung, mit der Begründung abgewiesen, dass der Wasserzähler Nr. 87924 sowohl Einleitungs- als auch Nichteinleitungsmengen misst. Es kann somit der Umfang der nicht in den Kanal geleiteten Abwassermengen nicht festgestellt werden und die Voraussetzungen für eine Gebührenermäßigung liegen nicht vor.

Im ursprünglichen Herabsetzungsverfahren (Antrag vom ) hat der Beschwerdeführer angegeben, dass das Haus derzeit aufgrund von Feuchtschaden und Renovierung nicht mehr bewohnbar sei.

Auf Grund dieser Angaben hat der Fachbereich Wasserverteilung - SSV am eine Erhebung vor Ort vorgenommen und dabei festgestellt, dass über den amtlichen Wasserzähler Nr. 87924 das Wasser für Bauzwecke entnommen und eine WC-Anlage versorgt wird. Daher werden vom Wasserzähler Nr. 87924 sowohl Einleitungs- als auch Nichteinleitungsmengen erfasst. Das voraussichtliche Bauende ist Ende August 2014.

In seiner Beschwerde gegen den Bescheid vom bringt der Beschwerdeführer nun vor, dass das Haus in der Adr, seit 2013 nur eine Baustelle und nicht bewohnbar sei, da gäbe es kein Abwasser, das heißt es gäbe kein Bad, kein WC, keine Dusche, keine Küche usw. Das Wasser werde lediglich für Pflanzen und Bäume im Garten verwendet und das auch nur in warmen Jahreszeiten. Im Garten sei bereits ein Sickerschacht vorhanden. Da kein Abwasser entstehe, gäbe es die Voraussetzung für die Befreiung von den Kanalgebühren. Daher wäre ein Antrag auf Herabsetzung oder Befreiung von Abwassergebühren gestellt worden.

Mit Schreiben vom , nachweislich zugestellt durch Hinterlegung am , wurde der Beschwerdeführer nochmals über das Ermittlungsergebnis informiert und ihm zudem die Möglichkeit geboten, dazu innerhalb von zwei Wochen ab Zustellung eine Stellungnahme abzugeben. Eine diesbezügliche Stellungnahme ist jedoch nicht erfolgt.

Grundsätzlich wird festgehalten, dass gemäß § 11 Abs. 1 Kanalräumungs- und Kanalgebührengesetz - KKG, LGBI. für Wien Nr. 2/1978, in der geltenden Fassung, die unmittelbare oder mittelbare Einleitung von Abwässern von innerhalb der Stadt Wien gelegenem Grundbesitz (§ 1 Grundsteuergesetz 1955) in einen öffentlichen Straßenkanal der Gebührenpflicht unterliegt. Für das Vorliegen des in dieser Rechtsvorschrift normierten Gebührentatbestands ist allein maßgeblich, dass das öffentliche Kanalnetz durch Herstellung eines Anschlusses zum jeweiligen Grundbesitz für diesen zur Abwasserentsorgung von der Gemeinde bereitgestellt wird, ohne, dass es darauf ankommt, ob die Eigentümer des betreffenden Grundstücks von der Möglichkeit zur Ableitung von Abwässern auch tatsächlich Gebrauch machen.

Die Gebührenpflicht beginnt bei Grundbesitz, der bei Inkrafttreten des Gesetzes bereits an einen öffentlichen Kanal angeschlossen ist, am . Ansonsten beginnt die Gebührenpflicht mit Ablauf des Kalenderviertels, in dem der Grundbesitz an einen öffentlichen Kanal angeschlossen worden ist (§ 15 Abs. 1 KKG).

Laut Aktenlage steht fest und wird vom Beschwerdeführer auch nicht bestritten, dass die Liegenschaft in Adr einen Anschluss an das öffentliche Kanalnetz hat. Die Ermittlung der Abwassermenge erfolgt gemäß § 12 Abs. 1 KKG derart, dass die von der öffentlichen Wasserversorgung bezogene, nach § 11 Abs. 1 Wasserversorgungsgesetz -- VWG, LGBI. für Wien Nr. 10/1960, in der geltenden Fassung, ermittelte Wassermenge als in den öffentlichen Kanal abgegeben gilt. Nach § 12 Abs. 2 KKG ist die Abwassergebühr nach der Menge des abgegebenen Abwassers zu bemessen und mit einem Betrag je Kubikmeter festzusetzen.

Diese gesetzliche Vermutung, dass sämtliche bezogenen Wassermengen in den öffentlichen Kanal eingeleitet werden, ist lediglich durch § 13 Abs. 1 KKG widerlegbar. Danach ist, für nach § 12 Abs. 1, 2 und 4 KKG festgestellte Abwassermengen, die nicht in den öffentlichen Kanal gelangen, über Antrag die Abwassergebühr herabzusetzen, wenn die im Kalenderjahr oder in einem kürzeren Zeitraum nicht eingeleiteten Abwassermengen 5 % der für diesen Zeitraum festgestellten Abwassermengen, mindestens jedoch 100 Kubikmeter, übersteigen und die Nichteinleitung durch prüfungsfähige Unterlagen nachgewiesen wird. Der Antrag ist bei sonstigem Anspruchsverlust für in einem Kalenderjahr oder in einem kürzeren Zeitraum nicht eingeleitete Wassermengen bis zum Ende des folgenden Kalenderjahres einzubringen.

Da im Zeitraum vom bis lediglich 64 m³ Wasser bezogen wurden, kann der Nachweis einer, die Mindestnichteinleitungsmenge von 100 m³ übersteigenden Nichteinleitungsmenge nicht erbracht werden und eine Herabsetzung der Abwassergebühr gemäß § 13 Abs. 1 KKG ist schon aus diesem Grunde nicht möglich."

Dagegen brachte der Bf. einen Vorlageantrag mit folgender Begründung ein:

"Zusammenfassend ist die o.g. Adresse noch immer eine Baustelle, das Bauende ist für den Herbst 2016 vorgesehen.

Seit Mitte 2014 gibt es keine in den Kanal geleiteten Abwassermengen, das Wasser wurde lediglich für Bauzwecke und für Pflanzen und Bäume im Garten verwendet.

Es kann der Umfang der nicht in den Kanal geleiteten Abwassermengen festgestellt werden, das heißt Null Kubikmeter, weil es keine Dusche, keine Badewanne, keine Küche und kein WC gibt. Daher sind die Voraussetzungen für die Herabsetzung oder Befreiung von Abwassergebühren erfüllt.

Zur Feststellung der Tatsache kann die o.g. Adresse jederzeit besichtigt werden."

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Sachverhalt

Objektsadresse: Adr

Gemäß § 11 Abs. 1 Wasserversorgungsgesetz - WVG, LGBI. für Wien Nr. 10/1960, in der geltenden Fassung wird das Wasser grundsätzlich über einen von der Stadt Wien beigestellten Wasserzähler abgegeben, nach dessen Angaben die bezogene Wassermenge ermittelt wird.

Gemäß § 11 Abs. 1 Kanalräumungs- und Kanalgebührengesetz - KKG, LGBI. für Wien Nr. 2/1978, in der geltenden Fassung, unterliegt die unmittelbare oder mittelbare Einleitung von Abwässern von innerhalb der Stadt Wien gelegenem Grundbesitz (§ 1 Grundsteuergesetz 1955) in einen öffentlichen Straßenkanal der Gebührenpflicht. Nach Abs. 2 ist die Abwassergebühr nach der Menge des abgegebenen Abwassers zu bemessen und mit einem Betrag je Kubikmeter festzusetzen.

Gemäß § 12 Abs. 1 Z 1 KKG gilt die von der öffentlichen Wasserversorgung bezogene, nach § 11 Wasserversorgungsgesetz, LGBI. für Wien Nr. 10/1960, in der jeweils geltenden Fassung, ermittelte Wassermenge als in den öffentlichen Kanal abgegeben.

Diese gesetzliche Vermutung, dass sämtliche bezogenen Wassermengen in den öffentlichen Kanal eingeleitet werden, ist lediglich durch § 13 Abs. 1 KKG widerlegbar. Danach ist, für nach § 12 Abs. 1, 2 und 4 KKG festgestellte Abwassermengen, die nicht in den öffentlichen Kanal gelangen, über Antrag die Abwassergebühr herabzusetzen, wenn die im Kalenderjahr oder in einem kürzeren Zeitraum nicht eingeleiteten Abwassermengen 5 % der für diesen Zeitraum festgestellten Abwassermengen, mindestens jedoch 100 Kubikmeter, übersteigen und die Nichteinleitung durch prüfungsfähige Unterlagen nachgewiesen wird. Der Antrag ist bei sonstigem Anspruchsverlust für in einem Kalenderjahr oder in einem kürzeren Zeitraum nicht eingeleitete Wassermengen bis zum Ende des folgenden Kalenderjahres einzubringen.

Laut den Gebührenbescheiden vom (siehe Aktenseiten 14-15) und vom (siehe Aktenseiten 16-17) wurde im Zeitraum vom bis eine bezogene Wassermenge von 64 m³ ermittelt und der Festsetzung der Wasserbezugs- und Abwassergebühren zugrunde gelegt. Diese Gebühren bescheide sind rechtskräftig, da dagegen keine Beschwerden erhoben wurden.

Rechtliche Beurteilung

Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)

Die §§ 11 bis 13 und § 16 Abs. 3 Kanalräumungs- und Kanalgebührengesetz, LGBl. Für Wien Nr. 2/1978, in der geltenden Fassung, lauten:

§ 11. (1) Der Gebührenpflicht unterliegt die unmittelbare oder mittelbare Einleitung von Abwässern von innerhalb der Stadt Wien gelegenem Grundbesitz (§ 1 Grundsteuergesetz 1955) in einen öffentlichen Straßenkanal.

(2) Die Abwassergebühr ist nach der Menge des abgegebenen Abwassers zu bemessen und mit einem Betrag je Kubikmeter festzusetzen.

§ 12. (1) In den öffentlichen Kanal abgegeben gelten

1. die von der öffentlichen Wasserversorgung bezogene, nach § 11 Wasserversorgungsgesetz, LGBl. für Wien Nr. 10/1960, in der jeweils geltenden Fassung, ermittelte Wassermenge und

2. bei Eigenwasserversorgung die im Wasserrechtsbescheid festgestellte Wassermenge, deren Benutzung eingeräumt wurde (§ 111 Wasserrechtsgesetz 1959, BGBl. Nr. 215/1959, in der Fassung BGBl. I Nr. 123/2006).

(2) Ist im Wasserrechtsbescheid das eingeräumte Maß der Wassernutzung nicht enthalten oder liegt eine nach dem Wasserrechtsgesetz 1959 nicht bewilligte Eigenwasserversorgung vor, ist die bezogene Wassermenge vom Magistrat unter Zugrundelegung der Verbrauchsmenge gleichartiger Wasserabnehmer und Wasserabnehmerinnen zu schätzen. Diese Menge gilt als in den öffentlichen Kanal abgegeben.

(3) Besteht eine Wasserversorgung nach Abs. 1 oder Abs. 2, sind die aus einer zusätzlichen Eigenwasserversorgungsanlage bezogenen Wassermengen bei der Ermittlung der Abwassermenge nicht zu berücksichtigen, wenn diese nachweislich zur Gänze nicht in einen öffentlichen Kanal eingeleitet werden.

(4) Der Gebührenschuldner bzw. die Gebührenschuldnerin kann bei Eigenwasserversorgung die Anbringung eines Wasserzählers zur Messung der entnommenen Wassermenge beantragen. Die vom Wasserzähler angezeigte Wassermenge gilt in diesen Fällen als in den öffentlichen Kanal abgegeben. Die §§ 11, 15 Abs. 3, § 20 Abs. 5 und § 27 Wasserversorgungsgesetz sind sinngemäß anzuwenden. Zusätzlich hat der Gebührenschuldner bzw. die Gebührenschuldnerindie Kosten der Anschaffung, des Einbaues, der Auswechslung und der Entfernung desbeigestellten Wasserzählers zu tragen. Verlangt der Gebührenschuldner bzw. die Gebührenschuldnerindie Beseitigung des Wasserzählers, sind ihm bzw. ihr die vorgeschriebenen Anschaffungskosten, vermindert um 10 v. H. für jedes Kalenderjahr, in dem ein Wasserzähler beigestellt war, rückzuerstatten.

§ 13. (1) Für nach § 12 Abs. 1, 2 und 4 festgestellte Abwassermengen, die nicht in den öffentlichen Kanal gelangen, ist über Antrag die Abwassergebühr herabzusetzen, wenn die im Kalenderjahr oder in einem kürzeren Zeitraum nicht eingeleiteten Abwassermengen 5 vH der für diesen Zeitraum festgestellten Abwassermengen, mindestens jedoch 100 Kubikmeter, übersteigen und die Nichteinleitung durch prüfungsfähige Unterlagen nachgewiesen wird. Der Antrag ist bei sonstigem Anspruchsverlust für in einem Kalenderjahr oder in einem kürzeren Zeitraum nicht eingeleitete Wassermengen bis zum Ende des folgenden Kalenderjahres einzubringen.

(2) Für Kleingärten sowie für Baulichkeiten mit nicht mehr als zwei Wohnungen, insbesondere Kleinhäuser, Reihenhäuser und Sommerhäuser im Sinne des § 116 Bauordnung für Wien, LGBl. für Wien Nr. 11/1930, in der Fassung des Gesetzes LGBl. für Wien Nr. 48/1992kann, wenn die Nutzfläche der einzelnen Wohnungen 150 Quadratmeter nicht übersteigt, mit Beschluß des Gemeinderates für zur Bewässerung von Grünflächen verwendete Wassermengen ein Pauschalbetrag festgesetzt werden, um den die gemäß § 12 Abs. 1, 2 und 4 festgestellte Abwassermenge für die Ermittlung der Abwassergebühr vermindert wird. Der pauschale Abzug dieser Wassermengen erfolgt über Antrag für die der Antragstellung folgenden Kalenderjahre. Das Wegfallen der Voraussetzungen für den pauschalen Abzug ist dem Magistrat unverzüglich mitzuteilen.

§ 16 (3) Bescheidmäßig zuerkannte Herabsetzungen gemäß § 13 dieses Gesetzes sind bei der Festsetzung der Teilzahlungen zu berücksichtigen. Wird ein Antrag gemäß § 13 vor Festsetzung der Abwassergebühr eingebracht, so ist die Abwassergebühr zunächst unter Berücksichtigung bescheidmäßig zuerkannter Herabsetzungen vorläufig und nach Entscheidung über den Antrag endgültig festzusetzen. Jede Änderung der Voraussetzungen für die Herabsetzung der Abwassergebühr ist dem Magistrat unverzüglich mitzuteilen.

Nach § 12 Abs. 1 und 2 KKG gelten bei Ermittlung der Abwassermengen die der öffentlichen Wasserversorgung oder einer Eigenwasserversorgung entnommenen und nach bestimmten Verfahren festgestellten Wassermengen als in den öffentlichen Kanal abgegebene Abwassermengen. Dabei handelt es sich um eine (dem Anschein nach der Vereinfachung der Ermittlung der Gebührenhöhe dienende) Fiktion. Zu ihrer Korrektur im Sinne des Gebührentatbestandes und zur Vermeidung eines gleichheitswidrigen Ergebnisses sind dieser Fiktion Regeln an die Seite gestellt, die es erlauben, auf Fälle Rücksicht zu nehmen, in denen die in die öffentlichen Kanäle eingeleiteten Abwassermengen geringer sind als die der öffentlichen Wasserversorgung oder einer Eigenwasserversorgungentnommenen Wassermengen. Der Nachweis hiefür wurde in diesen Regeln den Gebührenpflichtigen auferlegt, womit sich die Fiktion als widerlegbare Rechtsvermutung erweist.

Stellt das Gesetz für eine Tatsache eine Vermutung auf, so bedarf diese gemäß § 167 Abs. 1 BAO keines Beweises. Die Führung des Gegenbeweises liegt jedoch nach der Anordnung des Gesetzes (vgl. § 13 Abs. 1 erster Satz KKG: "... über Antrag...herabzusetzen, wenn... die Nichteinhaltung durchprüfungsfähige Unterlagen nachgewiesen wird.") beim Abgabepflichtigen. Nicht der Abgabenbehörde, sondern dem Abgabepflichtigen ist die Beweislast auferlegt und es schlägt auch zum Nachteil der betreffenden Partei aus, wenn der Gegenbeweis nicht zu erbringen ist.

Ob dieser Nachweis erbracht ist oder nicht, unterliegt gemäß § 167 Abs. 2 BAO der freien Beweiswürdigung; danach hat die Abgabenbehörde unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Abgabenverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht (vgl. ).

Wie der VwGH in seinem Erkenntnis vom , 85/17/0008, festgestellt hat, handelt es sich bei der Verrechnungsvorschrift des § 12 Abs. 1 KKG (arg.: "gelten".."gilt") dem Anschein nach um eine der Vereinfachung der Ermittlung der Gebührenhöhe dienende Fiktion.

Der Gesetzgeber darf vor dem Hintergrund des Gleichheitssatzes auch pauschalierende und vergröbernde Regelungen treffen, insbesondere dann, wenn sie der Vereinfachung der Gesetzeshandhabung dienen (Hinweise VfSlg. 11.298/1987, 11.909/1988, 14.919/1997und 16.678/2002).

Gemäß § 13 Abs. 1 Wiener Kanalräumungs- und Kanalgebührengesetz ist für nach § 12 Abs. 1, 2 und 4 leg. cit. festgestellte Abwassermengen, die nicht in den öffentlichen Kanal gelangen, über Antrag die Abwassergebühr herabzusetzen, wenn die im Kalenderjahr oder in einem kürzeren Zeitraum nicht eingeleiteten Abwassermengen 5% der für diesen Zeitraum festgestellten Abwassermengen, mindestens jedoch 100 Kubikmeter, übersteigen und der Nachweis der nicht in den öffentlichen Kanal gelangenden Abwassermengen durch den Einbau geeichter Wasserzähler (Subzähler) erbracht wird.

Da im Zeitraum vom bis unbestritten lediglich 64 m³ Wasser bezogen wurden, konnte der Nachweis einer, die Mindestnichteinleitungsmenge von 100 m³ übersteigenden Nichteinleitungsmenge nicht erbracht werden und eine Herabsetzung der Abwassergebühr gemäß § 13 Abs. 1 KKG ist schon aus diesem Grunde nicht möglich. Ausserdem liegt kein Nachweis der nicht in den öffentlichen Kanal gelangenden Abwassermengen (zB für die Bewässerung von Grünflächen….) durch den Einbau geeichter Wasserzähler (Subzähler) im Sinne des § 13 Abs. 1 Z. 1 KKG vor. Somit lastet dem angefochtenen Bescheid keine Rechtswidrigkeit an.

Der Vollständigkeit halber wird auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofs vom , ZI. 83/17/0149 (siehe auch Erkenntnis vom , ZI. 2003/17/0077) verwiesen, worin dieser ausführt, dass es nicht sachgerecht wäre, die Kanalgebühr bei gänzlichem Entfall der Einleitung von Abwässern in den öffentlichen Kanal mit Null zu bemessen, weil auch in diesem Fall die Gemeinde eine Leistung - nämlich die Bereithaltung der Ableitungsmöglichkeit - erbracht habe, für die eine (allenfalls reduzierte) Gebühr zu entrichten sei.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die erforderliche Mindestmenge von 100 Kubikmetern Wasser, die nicht in den öffentlichen Kanal gelangen darf, ergibt sich eindeutig aus dem Wortlaut des § 13 Abs. 1 Wiener Kanalräumungs- und Kanalgebührengesetz. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung liegt nicht vor und ist somit eine Revision gegen dieses Erkenntnis unzulässig.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Landesabgaben Wien
betroffene Normen
§ 12 Abs. 1 Z 1 KKG, Wiener Kanalräumungs- und Kanalgebührengesetz, LGBl. Nr. 02/1978
§ 13 Abs. 1 KKG, Wiener Kanalräumungs- und Kanalgebührengesetz, LGBl. Nr. 02/1978
ECLI
ECLI:AT:BFG:2021:RV.7400014.2016

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at