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Bescheidbeschwerde – Einzel – Beschluss, BFG vom 14.01.2021, RV/2101146/2020

WiEReG - insolventer Rechtsträger

Entscheidungstext

Beschluss

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter ***R*** in der Beschwerdesache ***Dr X***, Rechtsanwalt, als Masseverwalter im Konkursverfahren der ***A-GmbH***, ***Adresse Masseverwalter***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamts Oststeiermark vom betreffend Festsetzung einer Zwangsstrafe gemäß § 16 WiEReG iVm § 111 BAO beschlossen:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 260 Abs 1 lit a BAO als nicht zulässig zurückgewiesen.

II. Gegen diesen Beschluss ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) zulässig.

Begründung

1. Verfahrensgang/festgestellter Sachverhalt:

Mit Beschluss des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz vom ***tt.4.2018*** wurde über das Vermögen der ***A-GmbH*** das - nach wie vor laufende - Konkursverfahren eröffnet und Herr ***Dr X***, Rechtsanwalt, zum Masseverwalter bestellt.

Mit Erinnerungsschreiben vom forderte das Finanzamt den Masseverwalter dazu auf, die Meldung der wirtschaftlichen Eigentümer gemäß § 5 WiEReG bis spätestens nachzuholen.

Mit Schreiben vom teilte der Masseverwalter dem Finanzamt folgendes mit:

"Gemäß dem erteilten Auftrag vom wird wie folgt ausgeführt: 100%-ige Gesellschafterin der ***A-GmbH*** ist die ***B-GmbH*** […]. Die gesellschaftlichen Verhältnisse dieser Gesellschaft ergeben sich laut angeschlossenem Firmenbuchauszug vom ."

Mit an die ***A-GmbH*** zu Handen der ***XY Steuerberatung GmbH & Co KG*** gerichtetem Bescheid vom setzte das Finanzamt mit dem Hinweis darauf, dass die Meldung nicht durchgeführt worden sei, die Zwangsstrafe in Höhe von 1.000,00 Euro fest.

Mit Schreiben vom erhob der Masseverwalter dagegen Beschwerde.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies das Finanzamt die Beschwerde ab. Begründend führte es im Wesentlichen aus, aus § 5 Abs 2 WiEReG ergebe sich eindeutig, dass die Meldung im elektronischen Wege über das Unternehmensserviceportal (§ 1 USPG) an die Bundesanstalt Statistik Österreich als Auftragsverarbeiterin der Registerbehörde zu erfolgen habe. Da dies bis dato nicht erfolgt sei, scheine im Register der wirtschaftlichen Eigentümer auch keine Meldung auf. Das an das Finanzamt gerichtete Schreiben des Masseverwalters vom stelle keine Meldung iSd § 5 Abs 2 WiEReG dar.

Nach Stellung des Vorlageantrages legte das Finanzamt den Beschwerdeakt dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor.

Die WiEReG-Meldung wurde am durchgeführt.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen ergeben sich aus den aktenkundigen Unterlagen und sind unstrittig.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Zurückweisung):

Die in § 1 Abs 2 WiEReG aufgelisteten Rechtsträger, zu denen auch GmbHs zählen, haben gemäß § 5 Abs 1 WiEReG die in dieser Bestimmung genannten Daten über ihre wirtschaftlichen Eigentümer an die Bundesanstalt Statistik Österreich als Auftragsverarbeiterin der Registerbehörde zu melden.

§ 16 WiEReG ordnet an, dass für den Fall der Nichterstattung dieser Meldung die Abgabenbehörde deren Vornahme durch Verhängung einer Zwangsstrafe gemäß § 111 BAO erzwingen kann.

Der vorliegende Fall ist insofern besonders gelagert, als mit Beschluss des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz vom ***tt.4.2018*** das - nach wie vor laufende - Konkursverfahren über das Vermögen der ***A-GmbH*** eröffnet wurde.

Gemäß § 2 Abs 2 IO wird durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens das gesamte der Exekution unterworfene Vermögen, das dem Schuldner zu dieser Zeit gehört oder das er während des Insolvenzverfahrens erlangt (Insolvenzmasse), dessen freier Verfügung entzogen.

Gemäß § 3 Abs 1 IO sind Rechtshandlungen des Schuldners nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens, welche die Insolvenzmasse betreffen, den Insolvenzgläubigern gegenüber unwirksam.

Die Konkurseröffnung beseitigt nicht die Parteifähigkeit des (nunmehrigen) Gemeinschuldners; er verliert auch nicht die Prozessfähigkeit, sondern nur die Verfügungsfähigkeit über die Insolvenzmasse (vgl ).

Nach ständiger Rechtsprechung des VwGH ist der Insolvenzverwalter für die Zeit seiner Bestellung betreffend die Insolvenzmasse - soweit die Befugnisse des Schuldners beschränkt sind - gesetzlicher Vertreter des Schuldners iSd § 80 BAO (vgl ; ; ).

Adressat der WiEReG-Meldepflicht ist nach dem insoweit eindeutigen Wortlaut des § 5 Abs 1 WiEReG der jeweilige Rechtsträger. Wer Rechtsträger ist, ergibt sich aus § 1 Abs 2 WiEReG. Zu den Rechtsträgern zählen gemäß § 1 Abs 2 Z 4 WiEReG auch GmbHs. Die Meldepflicht besteht mangels anderslautender Regelung auch im Falle insolventer Rechtsträger (vgl etwa Peschetz/Peschetz, SWK 2020, 887). Fraglich ist, ob der Insolvenzverwalter zur Vornahme der WiEReG-Meldung verpflichtet ist. Im Schrifttum wird diese Frage verneint, da es sich bei der WiEReG-Meldung um keine die Insolvenzmasse betreffende Rechtshandlung handle (vgl dazu ausführlich Grill, ZIK 2018, 105 [106 f]). Diese Rechtsansicht wird auch vom Bundesministerium für Finanzen vertreten (vgl dazu die auf der BMF-Homepage abrufbaren FAQs zum Register der wirtschaftlicher Eigentümer, Stand Jänner 2020, Version 1.0, Punkt 7. Rechtsträger in Liquidations-, Sanierungs- oder Konkursverfahren, Antwort zu Frage 5, https://www.bmf.gv.at/services/wiereg/rechtliche-grundlagen-faq-fallbeispiele-wiereg.html, abgerufen am ). Das Bundesfinanzgericht schließt sich dieser Auffassung an. Bei der WiEReG-Meldung handelt es sich (bloß) um die Bekanntgabe von Personen, die nach den in § 2 WiEReG festgelegten Kriterien als wirtschaftliche Eigentümer des Rechtsträgers einzustufen sind. Ein Massebezug ist in diesem Fall - anders als etwa im Falle der Erstellung und Offenlegung des Jahresabschlusses nach UGB (zur diesbezüglichen Massebezogenheit vgl ausführlich ) - nicht ersichtlich. Aufgrund des fehlenden Massebezuges der WiEReG-Meldung ist weder die Androhung noch die Festsetzung einer Zwangsstrafe gemäß § 16 WiEReG an den Insolvenzverwalter zu richten.

Aus dem Umstand, dass der Gemeinschuldner durch die Insolvenzeröffnung in Bezug auf die Insolvenzmasse verfügungsunfähig wird (§ 2 Abs 2 IO) und seine Handlungsunfähigkeit verliert (§ 3 Abs 1 IO), die WiEReG-Meldung nach dem oben Gesagten jedoch keine die Insolvenzmasse betreffende Rechtshandlung darstellt, folgt, dass die Meldepflicht auch im Insolvenzverfahren den Gemeinschuldner (Rechtsträger iSd WiEReG) bzw dessen organschaftlichen Vertreter, im Falle einer GmbH somit den Geschäftsführer trifft. Dies entspricht auch der Rechtsprechung des OGH, derzufolge die Organisation der durch die Konkurseröffnung gemäß § 84 Z 4 GmbHG aufgelösten GmbH auch im Konkurs gewahrt bleibt und die Organe weiterhin ihre Funktionen wahrnehmen, soweit diese nicht vom Masseverwalter verdrängt werden oder deren Ausübung dem Zweck des Konkurses zuwiderliefe (vgl zB ; ).

Unter Zugrundelegung dieser Grundsätze ist eine Zwangsstrafe gemäß § 16 WiEReG iVm § 111 BAO im Falle insolventer Rechtsträger dem organschaftlichen Vertreter (im Falle einer GmbH dem Geschäftsführer) des Rechtsträgers anzudrohen bzw diesem gegenüber festzusetzen. Nach der Rechtsprechung des VwGH können Zwangsstrafen bei juristischen Personen, die gemäß §§ 80 ff BAO eines gesetzlichen Vertreters bedürfen, auch gegenüber dem Vertretenen festgesetzt werden (vgl ), was gegenständlich geschehen ist (bescheidmäßige Zwangsstrafenfestsetzung gegenüber der ***A-GmbH***). Mangels Massebezuges ist der Zwangsstrafenbescheid vom zu Recht nicht an "Herrn ***Dr X*** als Masseverwalter im Konkursverfahren der ***A-GmbH***", sondern unmittelbar an die ***A-GmbH*** ergangen.

Zur Zustellung des Zwangsstrafenbescheides an die ***A-GmbH*** zu Handen der ***XY Steuerberatung GmbH & Co KG*** ist folgendes anzumerken: Aus § 1024 ABGB und § 26 Abs 1 IO folgt, dass vom Gemeinschuldner erteilte Vollmachten durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens ipso iure erlöschen (vgl etwa ). Dies gilt jedoch nur insoweit, als die Insolvenzmasse betroffen ist (vgl ; siehe auch Apathy in Schwimann/Kodek, ABGB4 § 1024 Rz 1). Die der ***XY Steuerberatung GmbH & Co KG*** (bis Ende 2018 firmierte die Steuerberatungskanzlei als ***Z Steuerberatung GmbH & Co KG***) seitens der ***A-GmbH*** erteilte Vollmacht, die laut aktenkundiger Vollmachtsurkunde vom eine umfassende Zustellvollmacht im Hinblick auf den Empfang von Schriftstücken von Abgabenbehörden inkludiert, blieb demnach auch nach Konkurseröffnung über das Vermögen der ***A-GmbH*** in jenem Ausmaß aufrecht, der nicht die Insolvenzmasse betrifft. Vor diesem Hintergrund wurde der Zwangsstrafenbescheid rechtswirksam an die ***A-GmbH*** zu Handen der ***XY Steuerberatung GmbH & Co KG*** zugestellt.

Gemäß § 246 Abs 1 BAO ist zur Einbringung einer Bescheidbeschwerde jeder befugt, an den der den Gegenstand der Anfechtung bildende Bescheid ergangen ist. Beschwerdeführer kann nur derjenige sein, dem der Bescheid wirksam bekannt gegeben wurde und für den er auch inhaltlich bestimmt ist (vgl zB ).

Im vorliegenden Fall schritt der Masseverwalter als Beschwerdeführer ein. Dieser war nicht beschwerdelegitimiert, zumal die gegenständliche Zwangsstrafenfestsetzung nach dem oben Gesagten keine die Insolvenzmasse betreffende Angelegenheit darstellt und der Zwangsstrafenbescheid vom nicht an den Masseverwalter gerichtet war.

Die Beschwerde des Masseverwalters vom war daher gemäß § 260 Abs 1 lit a BAO iVm § 278 Abs 1 lit a BAO mit Beschluss als unzulässig zurückzuweisen.

Ergänzender Hinweis:

Nach dem oben Gesagten ist der Zwangsstrafenbescheid vom rechtswirksam an die ***A-GmbH*** ergangen. Er erweist sich jedoch aus folgendem Grund als rechtswidrig:

Gemäß § 111 Abs 2 BAO muss, bevor eine Zwangsstrafe festgesetzt wird, der Verpflichtete unter Androhung der Zwangsstrafe mit Setzung einer angemessenen Frist zur Erbringung der von ihm verlangten Leistung aufgefordert werden. In § 16 Abs 1 WiEReG ist die Dauer der Frist konkretisiert.

Jede Zwangsstrafenfestsetzung setzt demnach die vorherige Aufforderung zur Erbringung der verlangten Leistung und die Androhung der Zwangsstrafe voraus (vgl Ritz, BAO6 § 111 Tz 7).

Der VwGH hat im Erkenntnis vom , Ra 2016/15/0030 dazu wie folgt ausgeführt: "Wer "Verpflichteter" iSd § 111 Abs. 2 BAO ist, bestimmt sich nach der Pflicht, deren Erfüllung mit Androhung bzw. mit Ausspruch der Zwangsstrafe durchgesetzt werden soll. Eine Zwangsstrafe zur Erzwingung dieser Verpflichtungen kann nur gegenüber demjenigen verhängt werden, der zu einem bestimmten Tun oder Dulden verpflichtet ist. Vor der Verhängung der Zwangsstrafe ist auch dieser zur Erbringung der von ihm geforderten Leistung unter Androhung der Strafe aufzufordern."

Im vorliegenden Fall wurde die Zwangsstrafe gegenüber der ***A-GmbH*** festgesetzt. Folglich hätte auch die Aufforderung zur Vornahme der WiEReG-Meldung unter Androhung der Zwangsstrafe an die ***A-GmbH*** ergehen müssen. Da dies nicht der Fall war - das Erinnerungsschreiben vom richtete sich an den Masseverwalter -, erweist sich der (rechtswirksame) Zwangsstrafenbescheid vom als rechtswidrig.

Das Finanzamt Österreich, welches nunmehr gemäß § 16 Abs 1 WiEReG für Zwangsstrafen-Angelegenheiten wegen unterlassener WiEReG-Meldungen zuständig ist, kann dieser Rechtswidrigkeit dadurch Abhilfe schaffen, dass es den hier angefochtenen Zwangsstrafenbescheid vom gemäß § 299 BAO wegen Unrichtigkeit des Bescheidspruches von Amts wegen oder auf Antrag der ***A-GmbH*** - unter Berücksichtigung der in § 302 Abs 1 und Abs 2 lit b BAO normierten Ein-Jahres-Frist - aufhebt.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Zulässigkeit der Revision):

Gegen einen Beschluss des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Zur Frage, ob über eine GmbH während eines Konkursverfahrens über ihr Vermögen eine Zwangsstrafe gemäß § 16 Abs 1 WiEReG iVm § 111 BAO rechtswirksam verhängt werden kann, liegt noch keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vor, weswegen die Revision zuzulassen war.

Graz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 2 Abs. 2 IO, Insolvenzordnung, RGBl. Nr. 337/1914
§ 3 Abs. 1 IO, Insolvenzordnung, RGBl. Nr. 337/1914
§ 26 Abs. 1 IO, Insolvenzordnung, RGBl. Nr. 337/1914
§ 84 Z 4 GmbHG, GmbH-Gesetz, RGBl. Nr. 58/1906
§ 1 Abs. 2 WiEReG, Wirtschaftliche Eigentümer Registergesetz, BGBl. I Nr. 136/2017
§ 2 WiEReG, Wirtschaftliche Eigentümer Registergesetz, BGBl. I Nr. 136/2017
§ 5 Abs. 1 WiEReG, Wirtschaftliche Eigentümer Registergesetz, BGBl. I Nr. 136/2017
§ 16 WiEReG, Wirtschaftliche Eigentümer Registergesetz, BGBl. I Nr. 136/2017
§ 1024 ABGB, Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch, JGS Nr. 946/1811
§§ 80 ff BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 111 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 246 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 260 Abs. 1 lit. a BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 278 Abs. 1 lit. a BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 299 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 302 Abs. 1 und 2 lit. b BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2021:RV.2101146.2020

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at