Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 06.07.2020, RV/7500335/2020

Parkometerabgabe; zeitliche Kombination von elektronischen Parkscheinen; Frage der Beweiswürdigung, ob der Abstellort dazwischen geändert wurde.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Mag. Irene Kohler über die Beschwerde der ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vom , gegen das Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 67, vom , MA67/000/2019, wegen der Verwaltungsübertretung gemäß § 9 Abs. 1 Wiener Kontrolleinrichtungenverordnung iVm § 4 Abs. 3 Wiener Parkometergesetz 2006, zu Recht erkannt:

Der Beschwerde wird insoweit teilweise stattgegeben und die von der belangten Behörde mit € 60,00 verhängte Geldstrafe auf € 36,00 und die für den Fall der Uneinbringlichkeit festgesetzte Ersatzfreiheitsstrafe von 14 Stunden auf 8 Stunden herabgesetzt.

Im Übrigen wird das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.

Gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG hat die Beschwerdeführerin keinen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens zu leisten.

Die Kosten des Strafverfahrens gemäß § 64 VStG von € 10,00 bleiben unverändert (Mindestkostenbeitrag).

Die Geldstrafe (€ 36,00) ist gemeinsam mit den Kosten des Strafverfahrens (€ 10,00), insgesamt somit € 46,00, binnen zwei Wochen nach Zustellung dieses Erkenntnisses an den Magistrat der Stadt Wien zu entrichten.

Der Magistrat der Stadt Wien wird gemäß § 25 Abs 2 BFGG als Vollstreckungsbehörde bestimmt.

Eine Revision durch die beschwerdeführende Partei wegen Verletzung in Rechten nach Art. 133 Abs. 6 Z 1 B-VG ist gemäß § 25a Abs. 4 VwGG kraft Gesetzes nicht zulässig.

Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine ordentliche Revision durch die belangte Behörde nach Art. 133 Abs. 6 Z 2 B-VG nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang:

Der Magistrat der Stadt Wien, Magistratsabteilung 67, lastete der Beschwerdeführerin (Bf.) unter Zugrundelegung der Anzeigedaten des Kontrollorgans KO der Parkraumüberwachung der Landespolizeidirektion Wien mit Strafverfügung vom , MA67/000/2019, an, sie habe das mehrspurige Kraftfahrzeug mit dem behördlichen Kennzeichen Vienna am um 14:59 Uhr in der gebührenpflichtigen Kurzparkzone in 1090 Wien, XStraße, abgestellt, wobei ein elektronischer Parkschein mit einem fünfzehn Minuten nicht übersteigenden elektronischen Parkschein in zeitlich unmittelbarer Aufeinanderfolge kombiniert worden sei.

Wegen der Verletzung der Rechtsvorschriften des § 9 Abs. 1 Wiener Kontrolleinrichtungenverordnung iVm § 4 Abs. 3 Wiener Parkometergesetz 2006 wurde über die Bf. eine Geldstrafe von € 60,00 und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 14 Stunden verhängt.

Die Bf. erhob gegen die Strafverfügung fristgerecht Einspruch (Schreiben vom ) und brachte vor, dass sie keinen 15-Minuten-Parkschein mit einem elektronischen Parkschein kombiniert habe. Sie habe sich um 14:12 Uhr in der XStraße (vis a vis von ihrem Atelier) eingeparkt. Ca. 10 bis 15 Minuten später sei sie in das Theater "Y" (Mgasse ) gefahren, wo sie wieder einen 15-Minuten-Parkschein gelöst habe (14:30 Uhr bis 14:45 Uhr). Kurz vor 15:00 Uhr habe sie einen Beamten beobachtet, der längere Zeit bei ihrem Kraftfahrzeug gestanden sei. Sie sei zu ihm hingegangen und habe in gefragt, ob es ein Problem gebe, denn sie habe ja ordnungsgemäß einen Parkschein gelöst. Er sei äußerst unhöflich gewesen. Sie habe ihm die genaue Situation erklärt, aber er habe sie der Lüge bezichtigt. Sie sei weiterhin sachlich und höflich gewesen, aber er sei richtig unangenehm geworden und habe ihr erklärt, dass sie froh sein solle, wenn sie nur eine Strafe bekomme. Wie sie wieder in ihr Atelier zurückgegangen sei, habe er noch etwas geschimpft, dass sie nicht ganz verstehen habe können. Sie habe von einer Beschwerde abgesehen, aber jetzt ersuche sie die Behörde, die Strafverfügung aufzuheben, da es keine Möglichkeit gebe zu kontrollieren, ob ein Kraftfahrzeug bewegt worden sei.

Die Magistratsabteilung 67 räumte der Bf. mit "Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme" (Schreiben vom ) die Möglichkeit zu einer mündlichen oder schriftlichen Rechtfertigung binnen zwei Wochen ab Zustellung des Schreibens ein.

Das Schreiben wurde von der Bf. nachweislich am übernommen (Übernahmebestätigung RSb).

Die Bf. gab keine Stellungnahme ab.

Mit Straferkenntnis vom wurde die Bf. vom Magistrat der Stadt Wien wegen der bereits näher bezeichneten Verwaltungsübertretung für schuldig erkannt.

Wegen der Verletzung der Rechtsvorschriften des § 9 Abs. 1 Wiener Kontrolleinrichtungenverordnung iVm § 4 Abs. 3 Wiener Parkometergesetz 2006 wurde über die Bf. eine Geldstrafe von € 60,00 und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 14 Stunden verhängt. Zudem wurde der Bf. gemäß § 64 VStG 1991 ein Betrag von € 10,00 als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens auferlegt.

Nach Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens und des Einspruchsvorbringens führte die Behörde aus, dass die Anzeige als taugliches Beweismittel anzusehen sei (Verweis auf das Erkenntnis des ).

Es bestehe für die erkennende Behörde keinerlei Veranlassung, die schlüssigen und widerspruchsfreien Angaben des Kontrollorganes und dessen Objektivität zu bezweifeln. Einem zur Parkraumüberwachung bestellten Organ könne die Wahrnehmung und richtige Wiedergabe maßgeblicher Sachverhalte wohl zugemutet werden, noch dazu, wo nur abgestellte Fahrzeuge kontrolliert würden. Außerdem seien Kontrollorgane der Wahrheit verpflichtet. Der Meldungsleger unterliege auf Grund seiner verfahrensrechtlichen Stellung der Wahrheitspflicht und es träfen ihn im Falle einer Verletzung dieser Pflicht straf- und dienstrechtliche Sanktionen. Es bestehe kein Anlass, an seinen Angaben zu zweifeln, zumal diese klar, widerspruchsfrei und nachvollziehbar seien.

Die Bf. habe für ihre Behauptungen keine geeigneten Beweise angeboten.

Die Aussage, sie wäre mit ihrem Fahrzeug weggefahren, widerspreche den Angaben des Kontrollorganes, welches explizit in seinen Zusatzvermerken angeführt habe, dass das gegenständliche Fahrzeug im Beobachtungszeitraum von 14:19 bis 14:59 Uhr am selben Abstellort abgestellt gewesen sei.

Bei Abwägung der Angaben des anzeigelegenden Organes und der Rechtfertigung der Bf. als Beschuldigte, die in der Wahl ihrer Verteidigung völlig frei sei, könne die Übertretung als erwiesen angesehen werden.

Rechtlich zitierte die Behörde die Bestimmungen des § 9 Abs. 1 Wiener Kontrolleinrichtungenverordnung, wonach die Kombination eines elektronischen Parkscheines mit einem Parkschein gemäß § 2 Abs. 2 (Fünfzehn-Minuten-Parkschein) oder mit einem fünfzehn Minuten nicht übersteigenden elektronischen Parkschein in zeitlich unmittelbarer Aufeinanderfolge unzulässig ist.

Weiters enthält das Straferkenntnis die maßgeblichen Bestimmungen für die Strafbemessung (§ 4 Abs. 3 Wiener Parkometergesetz 2006, § 19 Abs. 1 und 2 Verwaltungsstrafgesetz 1991), erläutert diese näher und führt die für den vorliegenden Fall maßgeblichen Strafzumessungsgründe an (hier: keine verwaltungsstrafrechtlichen Vormerkungen in Parkometerangelegenheiten).

Die Bf. erhob gegen das Straferkenntnis Beschwerde und brachte vor, dass sie in der Liechtensteinstraße keinen 15-Minuten-Parkschein mit einem 30-Minuten-Parkschein kombiniert habe, sondern irgendwann in der Zeit zwischen ca. 14:25 Uhr und 14:45 Uhr den Parkplatz kurz verlassen habe, um ein Kostüm im Theater "Y" (Mgasse) abzugeben, da sie in dieser Zeit für zwei Produktionen das Kostümbild gemacht habe. Ihr Mann sei an diesem Tag mit ihr gemeinsam dorthin gefahren. Er sei in der Mgasse ausgestiegen, um seine Dinge zu erledigen. Sie sei wieder zurück in die XStraße gefahren, wo ihr voriger Parkplatz noch frei gewesen sei (vis-a-vis von ihrem Atelier). Die Behörde habe ihr im letzten Schreiben (Anm.: Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme) die Möglichkeit eröffnet, zum nachstehend genannten Termin zu einer mündlichen Erörterung des Gegenstandes zu kommen, allerdings habe sie dann nur 2 unbedruckte Seiten (außer dem Logo der Behörde) mitgeschickt. Sie ersuche nochmals um Einstellung des Verfahrens.

Die Magistratsabteilung 67 übermittelte der Bf. daraufhin neuerlich die "Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme".

Die Bf. erhob mit Schreiben vom , eingelangt bei der Behörde am , Beschwerde und brachte im Wesentlichen vor, dass die dem Bescheid zugrundeliegende Tatbeschreibung so nicht stattgefunden habe. Sie habe zwischendurch mit ihrem Pkw eine Lieferung getätigt und bei der Rückkehr den Parkplatz frei vorgefunden, was ihr Gatte bestätigen könne. Die Aussagen des anzeigelegenden Organs seien nicht schlüssig, weswegen ihr auch wohl aus diesem Grund das rechtliche Gehör verweigert worden sei. Ihre Beweise (Zeuge) seien nicht gewürdigt oder überprüft worden. Die von ihr beantragte mündliche Verhandlung habe nicht stattgefunden. Die angeblichen Beweise des Anzeigelegers seien ihr bis dato nicht vorgelegt worden.

Der Magistrat der Stadt Wien legte die Beschwerde samt dem dazugehörigen Verwaltungsstrafakt dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor (Datum des Einlangens: ).

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Sachverhalt:

Das verfahrensgegenständliche Fahrzeug war am um 14:59 in der zur Beanstandungszeit gebührenpflichtigen Kurzparkzone in 1090 Wien, Liechtensteinstraße, abgestellt.

Die Abstellung an der Tatörtlichkeit durch die Bf. blieb unbestritten.

Laut Übersicht der Transaktionen "m-parking in Wien" wurden für das in Rede stehende Fahrzeug am ua. folgende elektronische Parkscheine aktiviert:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
14:12
15.0m
306605855
Gratis
14:30
15.0m
306616382
Gratis
14:49
30.0m
306621368
BOOKING

Das Kontrollorgan machte im Zuge der Beanstandung folgende Notiz (Verwaltungsstrafakt, S. 5):

"1ste Begehung 14.19 15er Ablauf 14.27m 2te Begehung 14.59 nachgebucht bis 15.30, abstellort unverändert, Delikt-Text: Elektr. OS mit elektr. Gratis-PS zeitlich kombiniert".

Strittig ist, ob zwischen dem um 14:12 Uhr elektronisch aktivierten 15-Minuten-Gratisparkschein und den um 14:30 Uhr elektronisch aktivierten 30-Minuten-Parkschein ein Ortswechsel des Fahrzeuges vorgenommen wurde, wie von der Bf. Behauptet.

Beweiswürdigung:

Der Sachverhalt ergibt sich aus dem Verwaltungsakt, insbesondere aus den eigenen Wahrnehmungen und den Anzeigedaten des Kontrollorgans sowie aus den zur Beanstandungszeit aufgenommenen Fotos.

Laut Übersicht der Transaktionen "m-parking in Wien" hat die Bf.für das in Rede stehende Fahrzeug am den 15-Minuten-Gratisparkschein Nr. 306,605,855 um 14:12 Uhr elektronisch aktiviert. Dieser Parkschein verlor seine Gültigkeit um 14:27 Uhr. Um 14:30 Uhr aktivierte die Bf. erneut einen 15-Minuten-Gratisparkschein (Nr. 306,616,382). Schließlich aktivierte die Bf. um 14:49 Uhr den elektronischen Parkschein mit der Nr. 306,621,368 (kostenpflichtig, Gültigkeitsdauer 30 Minuten).

Zwischen dem Ablauf der Gültigkeitsdauer des ersten 15-Minuten-Gratisparkscheines und der Aktivierung des weiteren 15-Minuten-Gratisparkscheines lagen 3 Minuten. Zwischen dem Ablauf der Gültigkeitsdauer des zweiten 15-Minuten-Gratisparkscheines und der Aktivierung des kostenpflichtigen Parkscheines lagen 4 Minuten.

Dem Bundesfinanzgericht erscheint es unglaubwürdig, dass die Bf. zwischen den Aktivierungen der Parkscheine, wie von ihr vorgebracht, irgendwann in der Zeit zwischen ca. 14:25 Uhr und 14:45 Uhr den Parkplatz kurz verlassen habe, um ein Kostüm im Theater "Y" (Mgasse) abzugeben und sie danach wieder zurück in die Xstraße gefahren sei, wo ihr voriger Parkplatz (vis-a-vis von ihrem Atelier) noch frei gewesen sei.

Der Meldungsleger hat in seiner Anzeige festgehalten, dass die erste Begehung um 14:19 Uhr war und der 15 Minuten-Parkschein bis 14:27 Uhr Gültigkeit hatte. Bei der zweiten Begehung um 14:59 Uhr sei bei unveränderten Abstellort eine Nachbuchung bis 15:30 Uhr erfolgt.

Dass der Meldungsleger das verfahrensgegenständliche Fahrzeug im maßgeblichen Zeitraum im Auge behalten konnte, ergibt sich auch aus der dem Bundesfinanzgericht übermittelten sogen. Begehungsliste des Kontrollorgans vom Beanstandungstag.

Bei den Meldungslegern handelt es sich um besonders geschulte Organe. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichthofes ist es einem geschulten Organ der Straßenaufsicht zuzubilligen, Vorgänge im Straßenverkehr, insbesonderer im ruhenden Verkehr richtig wahrzunehmen und zutreffend wiederzugeben (vgl , 1013, 1015/76, , , ).

Wenn die Behörde den Angaben des Meldungslegers mehr Glauben als den Angaben des Beschwerdeführers schenkt, weil jener auf Grund seines Diensteides und seiner Verfahrensrechtlichen Stellung der Wahrheitspflicht unterliegt und bei deren Verletzung mit straf- und dienstrechtlichen Sanktionen rechnen müsse, hingegen den Beschwerdeführer in seiner Eigenschaft als Beschuldigen keine derartigen Pflichten bzw Sanktionen treffen, und außerdem keine Veranlassung gesehen werden kann, dass der Meldungsleger eine ihm unbekannte Person wahrheitswidrig habe belasten wollen, so wird diese Argumentation vom Verwaltungsgerichtshof als durchaus schlüssig angesehen (, VwSlg 9602 A/1978, , ).

Es ist der belangten Behörde daher kein Verfahrensfehler unterlaufen, wenn sie ihre Beweiswürdigung auf die schlüssigen Angaben des Meldungslegers gestützt hat.

Die Anzeige ist zufolge § 46 AVG als taugliches Beweismittel anzusehen (, , ).

Festgehalten wird noch, dass Meldungsleger auf Grund des von ihnen abgelegten Diensteides der Wahrheitspflicht unterliegen und sie im Fall der Verletzung dieser Pflicht straf- und dienstrechtliche Sanktionen treffen (vgl. ).

Es besteht für das Bundesfinanzgericht keine Veranlassung anzunehmen, dass sich der Meldungsleger bei seinen Wahrnehmungen geirrt haben könnte, zumal er die Fahrzeuge im ruhenden Verkehr beobachtet. Das Bundesfinanzgericht geht daher in freier Beweiswürdigung von der Richtigkeit der Anzeigedaten, nämlich für das Fahrzeug elektronische Parkscheine ohne Veränderung des Abstellortes zeitlich kombiniert wurden, aus.

Die Bf. hat gegen die Rechtsvorschriften des § 9 Abs. 1 Wiener Kontrolleinrichtungenverordnung iVm § 4 Abs. 3 Wiener Parkometergesetz 2006 verstoßen.

Das Verwaltungsstrafgesetz normiert in § 5 Abs 1 VStG den Tatbestand der Schuld. Gemäß dieser Bestimmung genügt, wenn eine Verwaltungsvorschrift nichts anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten.

Die den Straftatbestand normierende relevante Verwaltungsvorschrift findet sich in § 4 Abs. 1 Parkometergesetz 2006, LGBl. 2006/09 idF LGBl. 2012/45, die keine besonderen Schuldvoraussetzungen fordert. Es genügt für die Strafbarkeit daher fahrlässiges Verhalten.

Fahrlässig handelt, wer die Sorgfalt außer Acht lässt, zu der er nach den Umständen verpflichtet, nach seinen geistigen und körperlichen Verhältnissen befähigt und die ihm zuzumuten ist, und deshalb nicht erkennt, dass er einen Sachverhalt verwirklichen könne, der einem gesetzlichen Tatbestand entspricht (§ 6 Abs 1 StGB).

Dem Verwaltungsakt ist nicht zu entnehmen, dass der Bf. ein rechtskonformes Verhalten nicht möglich war.

Die Bf. hat ein fahrlässiges Verhalten gesetzt. Die Verschuldensfrage ist zu bejahen.

Rechtliche Beurteilung:

Nach § 1 Wiener Parkometerabgabeverordnung ist für das Abstellen von mehrspurigen Kraftfahrzeugen in Kurzparkzonen (§ 25 StVO) eine Abgabe zu entrichten.

Nach § 5 Abs. 1 Wiener Parkometerabgabeverordnung gilt die Abgabe mit der ordnungsgemäßen Entwertung des Parkscheines (der Parkscheine) oder mit der Bestätigung der Abstellanmeldung als entrichtet.

Nach § 5 Abs. 2 Wiener Parkometerabgabeverordnung sind zur Entrichtung der Abgabe der Lenker, der Besitzer und der Zulassungsbesitzer zur ungeteilten Hand verpflichtet. Jeder Lenker, der ein mehrspuriges Kraftfahrzeug in einem Gebiet abstellt, für das eine Abgabepflicht besteht, hat die Parkometerabgabe bei Beginn des Abstellens des Fahrzeuges zu entrichten. Die Lenker haben bei der Durchführung der angeordneten Kontrollmaßnahmen mitzuwirken.

Nach § 1 Wiener Kontrolleinrichtungenverordnung sind als Hilfsmittel zur Überwachung der Einhaltung der Vorschriften der Verordnung des Wiener Gemeinderates, mit der für das Abstellen von mehrspurigen Kraftfahrzeugen in Kurzparkzonen die Entrichtung einer Abgabe vorgeschrieben wird (Parkometerabgabeverordnung), Parkscheine nach dem Muster der Anlagen oder elektronische Parkscheine zu verwenden.

§ 9 Wiener Kontrolleinrichtungenverordnung normiert:

"3. Abschnitt

Elektronische Parkscheine

§ 9. (1) Wird das Entgelt im Wege der Benützung eines elektronischen Parkscheines entrichtet, ist die Kombination mit einem Parkschein nach Anlage I (Fünfzehn-Minuten-Parkschein) oder mit einem fünfzehn Minuten nicht übersteigenden elektronischen Parkschein in zeitlich unmittelbarer Aufeinanderfolge unzulässig.

(2) Die unmittelbar aufeinander folgende Aktivierung von elektronischen Parkscheinen mit einer fünfzehn Minuten nicht übersteigenden Abstellzeit oder die Kombination der Aktivierung eines fünfzehn Minuten nicht übersteigenden elektronischen Parkscheins mit einem Parkschein gemäß Anlage I, II oder III in zeitlich unmittelbarer Aufeinanderfolge ist unzulässig."

Der Sinn des Verbotes der Kombination von 15-Minuten-Gratis-Parkscheinen mit anderen Parkscheinen und des Verbotes des zeitlichen Aneinanderreihens von 15-Minuten-Gratis-Parkscheinen liegt darin, die Überprüfbarkeit der Grundbedingungen des Gratisparkens sicherzustellen: Maximal 15 Minuten Gratis-Abstellzeit. Bei einer länger als 15 Minuten dauernden Abstellzeit, wobei diese Möglichkeit vom Lenker bereits beim Abstellen einzukalkulieren ist, ist ab der ersten Minute des Abstellens ein entgeltlicher Parkschein nötig (, ).

Die Lösung von Gratisparkscheinen mit kostenpflichtigen Parkscheinen oder umgekehrt ist nur erlaubt, wenn diese nicht unmittelbar hintereinander erfolgt und der Abstellort gewechselt wird ().

Strafbemessung:

Gemäß § 4 Abs. 3 Wiener Parkometergesetz 2006 sind die sonstigen Übertretungen der Gebote und Verbote dieses Gesetzes und der auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Verordnungen sind als Verwaltungsübertretungen mit Geldstrafen bis zu 120 Euro zu bestrafen.

Gemäß § 19 Abs 1 VStG ist die Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat sind.

Gemäß § 19 Abs 2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Neben den in § 19 VStG 1991 ausdrücklich genannten Kriterien kann ferner auf Aspekte der Spezial- (zB ) und Generalprävention () Bedacht genommen werden.

Die Bemessung der Strafe ist eine Ermessensentscheidung der Behörde, die nach den vom Gesetzgeber in § 19 VStG festgelegten Kriterien vorzunehmen ist, allerdings muss die verhängte Strafe unter Bedachtnahme auf die Strafbemessungsgründe vertretbar erscheinen (, ).

Die Strafe hat sich vor allem am Strafzweck zu orientieren. Das Parkometergesetz verfolgt u.a. das Ziel, den Parkraum zu rationieren. Dieses Ziel kann nur erreicht werden, wenn die Strafe durch ihre Höhe geeignet ist, Verkehrsteilnehmer zur Vermeidung von Übertretungen des Parkometergesetzes anzuhalten.

Die der Bestrafung zu Grunde liegende Tat schädigte das als bedeutend einzustufende öffentliche Interesse an der ordnungsgemäßen Abgabenentrichtung, weshalb der objektive Unrechtsgehalt der Tat nicht als geringfügig angesehen werden kann.

Die belangte Behörde lastete dem Bf. eine Verwaltungsübertretung gemäß § 9 Abs. 1 Wiener Kontrolleinrichtungenverordnung iVm § 4 Abs. 3 Wiener Parkometergesetz 2006 an.

Gemäß § 4 Abs. 3 Wiener Parkometergesetz 2006 sind die sonstigen Übertretungen der Gebote und Verbote dieses Gesetzes und der auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Verordnungen als Verwaltungsübertretungen mit Geldstrafen bis zu € 120,00 zu bestrafen, während § 4 Abs. 1 Wiener Parkometergesetz 2006 für Handlungen oder Unterlassungen, durch die die Abgabe hinterzogen oder fahrlässig verkürzt wird, Geldstrafen bis zu 365 Euro bestimmt.

Bei Verwaltungsübertretungen gemäß § 5 Abs. 2 Parkometerabgabeverordnung iVm § 4 Abs. 1 Wiener Parkometergesetz 2006 wird von der belangten Behörde im ordentlichen Verfahren bei Fahrlässigkeitsdelikten bei Unbescholtenheit des Beschuldigten (keine rechtskräftigen Vorstrafen in Parkometerangelegenheiten) und bei der Annahme durchschnittlicher Einkommensverhältnisse derzeit in aller Regel eine Geldstrafe von € 60,00 und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 14 Stunden verhängt. Eine Geldstrafe von € 60,00 entspricht bei einem bis zu € 365,00 reichenden Strafrahmen (§ 5 Abs. 2 Parkometerabgabeverordnung iVm § 4 Abs 1 Wiener Parkometergesetz 2006) ca. 17 % der Höchststrafe.

Bei einem bis zu € 120,00 reichenden Strafrahmen (§ 9 Kontrolleinrichtungenverordnung iVm § 4 Abs. 3 Wiener Parkometergesetz) entspricht eine Geldstrafe von € 60,00 50 % der Höchststrafe.

Dem Bundesfinanzgerichtes erscheint die verhängte Geldstrafe - unter Beachtung der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, derzufolge die gesetzlichen Strafdrohungen zwar einen weiten Spielraum einräumen und die Strafbehörden innerhalb des gesetzlichen Strafrahmens Ermessen ausüben können, überhöht, da die verhängte Geldstrafe unter Bedachtnahme auf die Strafbemessungsgründe (hier: keine rechtskräftigen Vorstrafen in Parkometerangelegenheiten, Ausgehen von durchschnittlichen Einkommensverhältnissen) vertretbar sein muss (s. dazu die bereits zitierte Judikatur des VwGH).

Die von der belangten Behörde verhängte Geldstrafe von € 60,00 wird daher auf € 36,00 und die für den Fall der Uneinbringlichkeit (§ 16 Abs. 2 VStG) mit 14 Stunden festgesetzte Ersatzfreiheitsstrafe auf 8 Stunden herabgesetzt.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Kostenentscheidung

Gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG sind dem Beschwerdeführer die Kosten des Beschwerdeverfahrens nicht aufzuerlegen, wenn der Beschwerde auch nur teilweise Folge gegeben worden ist.

Zur Unzulässigkeit der Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG die ordentliche Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im gegenständlichen Fall war keine Rechtsfrage von besonderer Bedeutung, sondern ausschließlich eine Sachverhaltsfrage zu klären.

Aus diesem Grund war gemäß § 25a Abs. 1 VwGG (für die belangte Behörde) die Unzulässigkeit der ordentlichen Revision gegen das vorliegende Erkenntnis auszusprechen.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Verwaltungsstrafsachen Wien
betroffene Normen
§ 5 Abs. 2 Wiener Parkometerabgabeverordnung, ABl. Nr. 51/2005
§ 1 Wiener Kontrolleinrichtungenverordnung, ABl. Nr. 33/2008
§ 9 Wiener Kontrolleinrichtungenverordnung, ABl. Nr. 33/2008
§ 1 Wiener Parkometerabgabeverordnung, ABl. Nr. 51/2005
§ 4 Abs. 3 Wiener Parkometergesetz 2006, LGBl. Nr. 09/2006
§ 19 Abs. 1 VStG, Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl. Nr. 52/1991
§ 19 Abs. 2 VStG, Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl. Nr. 52/1991
§ 16 Abs. 2 VStG, Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl. Nr. 52/1991
§ 52 Abs. 8 VwGVG, Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 33/2013
§ 5 Abs. 1 Wiener Parkometerabgabeverordnung, ABl. Nr. 51/2005
§ 54b VStG, Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl. Nr. 52/1991
Art. 133 Abs. 4 B-VG, Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930
§ 25a Abs. 1 VwGG, Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985, BGBl. Nr. 10/1985
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.7500335.2020

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at