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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 26.01.2021, RV/5101725/2019

Mittelpunkt der Lebensinteressen

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf.***, vertreten durch ***V.***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes ***Fa*** vom zu VNR: ***000***, betreffend die Rückforderung zu Unrecht bezogener Beträge an Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag für das Kind ****, VNR: ***001***, in den Zeiträumen Mai 2014 bis September 2018, zu Recht erkannt:

Der Beschwerde wird Folge gegeben.
Der angefochtene Bescheid wird gemäß § 279 Bundesabgabenordnung (BAO) aufgehoben.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Mit Schreiben vom führte das Finanzamt eine Überprüfung des Anspruches auf Familienbeihilfe durch und ersuchte die Beschwerdeführerin (Bf.) zum einen um Bekanntgabe, ob sich der Familienwohnsitz noch immer in Österreich befinde, und zum anderen um die Vorlage einer Kindergartenbestätigung. In Beantwortung dieses Überprüfungsschreibens teilte die Bf. am mit, dass sich der Familienwohnsitz noch immer in Österreich befinde.
Für das Kindergartenjahr 2018/2019 meldete die Bf. ihren kindergartenpflichtigen Sohn vom Besuch des Kindergartens zur häuslichen Vorbereitung auf den Schulbesuch ab. Dies mit der Begründung, dass sie beruflich in Verhandlung für ein Projekt in Italien sei und dort auch viel Zeit verbringe. Ihr Sohn werde dort auch eine Kindereinrichtung besuchen.

In der Folge ersuchte das Finanzamt die Bf. um Vorlage ihres Mietvertrages und von Kontoauszügen oder anderen Nachweisen, aus denen ersichtlich sei, dass sie sich ständig in Österreich aufhalte, sowie um ergänzende Angaben zu ihrer Beschäftigung, zum Beschäftigungsausmaß, zur Beschäftigung ihres Ehegatten und zur Betreuung ihres Kindes während ihrer Arbeitszeit.

In Beantwortung dieses Ersuchens teilte die Bf. mit Eingabe vom Folgendes mit:
"Wie auch kurz telefonisch besprochen finden Sie bitte anbei die gewünschten Ergänzungen:
- Selbständig
- Alleinerziehend
- Vater …- Wohnort mir derzeit unbekannt / erhalte kein Geld vom Vater meines Sohnes
****
- Wohnen im Haus meiner Eltern
- Meine Eltern betreuen
****, wenn ich beruflich unterwegs bin bzw. ist er mit mir unterwegs.
- Vor der Geburt war ich für einen großen Sponsor in der Formel 1 tätig, nachdem ich nun auf mich alleine gestellt bin, versuche ich seit einiger Zeit wieder Fuß in meiner Branche zu fassen.

Kurz vor dem Kindergartenpflichtjahr ist ein Sponsor mit einem neuen Projekt in Italien an mich herangetreten. Für dieses muss ich aber oft nach Italien reisen und von Zeit zu Zeit auch einige Wochen dort bleiben. Nach Rücksprache mit der Landesschulstelle in .... wurde mir empfohlen einen Antrag auf Heimerziehung für den Kindergarten zu stellen. Die definitive Verwirklichung des Projektes sollte sich in den nächsten 2-4 Monaten entscheiden, und ich müsste dann meinen Wohnsitz nach Italien verlegen und würde mich hier abmelden."

In einem weiteren Vorhalt ersuchte das Finanzamt die Bf. in der Folge um Angaben über ihre Beschäftigung und den Beschäftigungsort.

In ihrem Schreiben vom gab die Bf. dazu Folgendes an:
"Nach kurzer telefonischer Rücksprache anbei wie besprochen die gewünschten Informationen.
- Selbständig
- Einzelunternehmer im Bereich Werbung/Public Relations neues Projekt wäre Konzeption diverser Programme für ein neues Americas Cup Team (Segelregatta).
Ich beziehe derzeit keine Einkünfte aus dieser Geschäftsanbahnung und hoffe, dass bis Februar endlich alles entschieden ist.
- Firmensitz ist mein Wohnsitz, ***Str.***, ***Ort***
- Falls das Projekt verwirklicht wird, müsste ich den Beschäftigungsort besprechen - Italien oder ev. auch Österreich.
…"

Daraufhin erging am ein neuerliches Ergänzungsersuchen an die Bf. mit folgendem Inhalt:
"Zur Überprüfung des Familienbeihilfenanspruches werden noch weitere Unterlagen benötigt:
Aufstellung über die Auslandsaufenthalte von Ihnen sowie Ihrem Sohn seit 04/2013.
Verfügen Sie derzeit über einen Wohnsitz im Ausland?
Wo leben Sie, wenn Sie sich für mehrere Wochen in Italien aufhalten?
Beschreiben Sie die Wohnsituation in Italien bzw. in Österreich (Eigentum, Miete, Haus, Wohnung,...). Leben Sie allein oder in Lebensgemeinschaft?
Welche Beschäftigung haben Sie vor der Geburt Ihres Sohnes ausgeübt?
Wo befand sich der Tätigkeitsort?
Laut Aktenlage betreiben Sie seit eine Werbeagentur. Geben Sie Ihre konkrete Tätigkeit sowie das Ausmaß dieser Beschäftigung an und legen Sie entsprechende Nachweise vor (Aufzeichnungen, Rechnungen,...).
Weiters werden Sie ersucht, geeignete Nachweise vorzulegen, aus denen sich ergibt, dass sich der Mittelpunkt der Lebensinteressen in Österreich befindet und sich Ihr Sohn nicht ständig im Ausland aufhält.
Bitte daher um Vorlage von Kontoauszügen seit 04/2013 sowie der MKP-Untersuchungen."

In einer Stellungnahme vom beantwortete die nunmehr anwaltlich vertretene Bf. das Ergänzungsersuchen des Finanzamtes im Wesentlichen wie folgt:
"…
Zum Antrag auf Überprüfung des Anspruches auf Familienbeihilfe äußert sich die belangte Person wie folgt:
Zur Definition des Mittelpunktes der Lebensinteressen vertritt der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung die Auffassung, dass eine Person zwar über mehrere Wohnsitze verfügen, jedoch nur einen Mittelpunkt der Lebensinteressen haben kann. Maßgeblich für die Beurteilung des Mittelpunktes der Lebensinteressen sind die persönlichen Beziehungen dieser Person. Unter persönlichen Beziehungen sind dabei all jene zu verstehen, die jemand aus in seiner Person liegenden Gründen aufgrund der Geburt, der Staatsangehörigkeit, des Familienstandes und der Betätigungen religiöser und kultureller Art, mit anderen Worten nach allen Umständen, die den eigentlichen Sinn des Lebens ausmachen, an ein bestimmtes Land binden. Nach den Erfahrungen des täglichen Lebens besteht im Regelfall die stärksten persönlichen Beziehungen zu dem Ort, an dem man sich überwiegend mit seiner Familie lebt. und an diesem Ort, wo überwiegend diese Bedingungen bestehen.
Wie der Verwaltungsgerichthof in seinem Erkenntnis vom , 89/14/0054, ausführt, normiert § 2 Abs. 8 FLAG 1967 den (ständigen) Aufenthalt eines Antragstellers im Inland nicht als zwingende Voraussetzung für den Anspruch auf Familienbeihilfe.
Entscheidend ist viel mehr, ob sich der Mittelpunkt der Lebensinteressen eines Abgabepflichtigen in einem bestimmten Zeitraum in Österreich befunden hat oder nicht. Dabei ist jedenfalls zu berücksichtigen, dass es allenfalls im Gegensatz zu vergangenen Zeiten aufgrund der verstärkt zu erkennenden Mobilität immer häufiger der Fall ist, dass sich Personen zwischen verschiedenen Örtlichkeiten bewegen. In solchen Fällen ist insbesondere der Familienwohnsitz maßgeblich, das ist der Ort, an den eine Person aufgrund der Geburt, der Staatsangehörigkeit, des Familienstandes und der Betätigungen religiöser und kultureller Art, seines Berufes und seiner Steuerpflicht an ein bestimmtes Land gebunden ist.
Legt man dieser Rechtsgrundsätze auf den gegenständlichen Fall um, so ist zweifelsfrei bei der belangten Person vom Mittelpunkt ihrer Lebensinteressen in Österreich auszugehen.
Die belangte Person ist in Österreich geboren, sie ist österreichische Staatsbürgerin und hat ihre gesamte Schulausbildung in Österreich absolviert. Die belangte Person ist seit Jahrzehnten ununterbrochen in Österreich unselbstständig und zuletzt selbstständig beruflich tätig.
Die belangte Person bewohnt seit April 2014 den unteren Teil des Hauses ihrer Eltern an der Adresse ***Str.*** in ***Ort*** (Hauptwohnsitz). Auch der Sohn der belangten Person ist an dieser Adresse (Hauptwohnsitz) gemeldet. Die belangte Person unterhält an dieser Adresse auch eine sehr intensive Bande zu ihren Eltern, die sich auch sehr oft um den Sohn der belangte Person kümmern.
An diesem Sitz (***Str.*** in ***Ort***) übt die belangte Person ihre unternehmerische Tätigkeit aus. Die belange Person ist seit jeher Deviseninländerin und erklärt und bezahlt ihre Steuern in Österreich, dies auch in den Jahren 2013, 2014, 2015, 2016, 2017 und 2018.
Die belangte Person ist in Österreich sozial- und krankenversichert.
Die belange Person hat sich in den Jahren 2013 bis 2018 überwiegend in Österreich aufgehalten.
Die belange Person unterhält zu Österreich eine starke Bindung. Neben der persönlichen Beziehung zu ihren Eltern unterhält die belangte Person regelmäßigen Kontakt zu einem großen Bekannten- und Freundeskreis.
Die belangte Person konsumiert sämtliche ärztliche Leistungen ausschließlich in Österreich. Für ihren Sohn existiert ein Mutter-Kind-Pass, der bestätigt, dass sich die belangte Person jahrelang regelmäßig in der ärztlichen Behandlung des Dr. ****** in X befindet.
In Sardinien verfügt die belangte Person lediglich über ein kleines Ferienhaus, dass im Eigentum der belangten Person steht. Es handelt sich dort lediglich um einen Nebenwohnsitz. Dieses Haus wird nur für Ferienzwecke benutzt. Die belangte Person entfacht in Sardinien weder eine berufliche noch eine unternehmerische Tätigkeit. Die belangte Person möchte vor der Schulpflicht ihres Sohnes lediglich gewisse Tage noch nutzen, um gemeinsam mit ihrem Sohn Ferien zu genießen. Die belangte Person hat in Sardinien keinen Freundeskreis. Die belangte Person unterhält in Sardinien auch keine Beziehung zu einem Mann.
Es liegt daher auf der Hand, dass die belangte Person im Zeitpunkt 2013 bis einschließlich jetzt ihren Mittelpunkt der Lebensinteressen in Österreich hat.
Es wird daher beantragt, das Verfahren gegen die belangte Person einzustellen.
An Urkunden werden vorgelegt:
1. Einkommenssteuerunterlagen 2013 bis 2017 (Sammelbeilage ./1)
2. Mutter-Kind-Pass (Beilage ./2)"

Mit dem angefochtenen Bescheid vom forderte das Finanzamt unter Verweis auf die Bestimmungen der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit, ABl. L 166, S. 1 (im Folgenden Verordnung (EG) Nr. 883/2004) gemäß § 26 Abs. 1 Familienlastenausgleichsgesetz 1967 (FLAG 1967) in Verbindung mit § 33 Abs. 3 Einkommensteuergesetz 1988 (EStG 1988) Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträge in Höhe von insgesamt 9.224,70 Euro, welche die Bf. für ihren am ***Dat.*** geborenen Sohn in den Zeiträumen von Mai 2014 bis September 2018 bezogen hatte, zurück.
Das Finanzamt führte zur Begründung aus, dass für die Beurteilung der Anwendbarkeit der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 bzw. die Feststellung der vorrangigen/nachrangigen Zuständigkeit für die Gewährung von Familienleistungen ausschlaggebend sei , wo sich der Ort der Beschäftigung bzw. der selbständigen Erwerbstätigkeit einer Person befinde. Entscheidend sei jener Ort, an dem die mit einer Tätigkeit verbundenen Handlungen (überwiegend) konkret ausgeführt würden (vgl. ).
Mit einem Ersuchen um Ergänzung vom sei die Bf. daher aufgefordert worden, Angaben sowie Nachweise zu ihrem Aufenthaltsort, dem Mittelpunkt der Lebensinteressen und ihrer Beschäftigung (Art und Ort der Tätigkeit) vorzulegen. Die von ihr als Nachweis vorgelegten Einkommensteuerbescheide seien für die Zuständigkeitsbestimmung nach der VO 883/04 völlig ungeeignet. Weitere Nachweise zu ihrem Vorbringen habe die Bf. nicht erbracht.
Einzig die Kopie des Mutter-Kind-Passes habe im Rahmen der Beweiswürdigung herangezogen werden können. Daraus ergebe sich, dass bis März 2014 regelmäßige Untersuchungen erfolgt seien, im Anschluss aber lediglich einmal jährlich. Für diesen Zeitraum könne daher der Mutter-Kind-Pass nicht als Nachweis für den (ständigen) Aufenthalt bzw. den Mittelpunkt der Lebensinteressen in Österreich dienen.
Nach § 119 Abs. 1 BAO seien die für den Bestand und Umfang einer Abgabepflicht oder für die Erlangung abgabenrechtlicher Begünstigungen bedeutsamen Umstände vom Abgabepflichtigen nach Maßgabe der Abgabenvorschriften offenzulegen. Die Offenlegung müsse vollständig und wahrheitsgemäß erfolgen. Dazu korrespondierend treffe die Abgabenbehörden nach § 115 BAO die Pflicht, die abgabepflichtigen Fälle zu erforschen und von Amts wegen die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse zu ermitteln, die für die Abgabepflicht und die Erhebung der Abgaben wesentlich seien. Diese Verpflichtung werde durch eine erhöhte Mitwirkungspflicht der Abgabepflichtigen, wie beispielsweise bei Auslandssachverhalten, eingeschränkt. Die erhöhten Mitwirkungspflichten bestünden nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ua. auch bei Begünstigungsvorschriften wie etwa der Familienbeihilfe. Dieser gesetzlich vorgesehenen Mitwirkungspflicht sei die Bf. nicht nachgekommen.
In freier Beweiswürdigung werde daher davon ausgegangen, dass im Rückforderungszeitraum die Anspruchsvoraussetzungen für den Bezug der Familienbeihilfe nicht erfüllt gewesen seien.

Gegen diesen Bescheid wurde fristgerecht Beschwerde erhoben. Die Bf. rüge darin die Mangelhaftigkeit des Verfahrens. Die belangte Behörde habe lediglich eine einzige Feststellung getroffen, dass nämlich im Rückforderungszeitraum die Anspruchsvoraussetzungen für den Bezug der Familienbeihilfe nicht erfüllt gewesen seien. Diese von der Bf. missbilligte Feststellung werde mit keinem einzigen Satz begründet. Die Behörde komme der im Gesetz verankerten Begründungspflicht nicht nach, weshalb zusammenfassend der angefochtene Bescheid mit wesentlichen Mängeln behaftet sei.
Die belangte Behörde habe keine Feststellungen dazu getroffen, welche Erwerbstätigkeit die Bf. ausgeübt, an welchen Orten sie die mit ihrer selbstständigen Tätigkeit verbundenen Handlungen gesetzt habe und wo allenfalls sie sich im relevanten Zeitraum überwiegend aufgehalten habe.
Damit fehle es an den zur Beurteilung der gegenständlichen Angelegenheit notwendigen Feststellungen. Das Verfahren sei daher mangelhaft geblieben. Eine oberflächliche Feststellung, wonach Anspruchsvoraussetzungen für den Bezug der Familienbeihilfe nicht vorliegen würden, sei überschießend und nicht nachvollziehbar.

Die Bf. rüge zudem unrichtige Sachverhaltsfeststellungen und bekämpft auch die Feststellung, wonach im Rückforderungszeitraum die Anspruchsvoraussetzungen für den Bezug der Familienbeihilfe nicht erfüllt gewesen seien. Diese Feststellung sei überschießend und nicht haltbar. Die Behörde habe sich mit den einzelnen Anspruchsvoraussetzungen, wie den Ort der Ausübung der Erwerbstätigkeit und allenfalls den Mittelpunkt der Lebensinteressen nicht auseinandergesetzt. Eine zusammenfassende Feststellung sei daher auch nicht möglich.
Gewünscht werde die Feststellung, dass die Bf. den Sitz ihres Unternehmens in der ***Str.*** in ***Ort*** habe und dort überwiegend auch ihre unternehmerischen Leistungen erbracht habe, in Österreich einkommenssteuerpflichtig sei und sich in der ***Str.*** in ***Ort*** überwiegend, sohin mehr als die Hälfte eines Jahres, aufgehalten habe. Diese Feststellung hätte das Finanzamt nach freier Beweiswürdigung und Berücksichtigung aller vorgebrachten Umstände treffen müssen.

Die Bf. rüge in ihrer Beschwerde auch eine unrichtige rechtliche Beurteilung. Die Rüge, Feststellungen nicht getroffen zu haben, betreffe in Wahrheit die rechtliche Beurteilung und sei daher in Übereinstimmung mit der Lehre und Rechtsprechung dem Beschwerdegrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung zuzuordnen.
Die Bf. wünsche nachstehende ergänzende Feststellungen:
1. Die Bf. habe sich im Zeitraum Mai 2014 bis September 2018 überwiegend in Österreich aufgehalten und habe sohin den Mittelpunkt ihrer Lebensinteressen in Österreich, an der Adresse ***Str.*** in ***Ort*** gehabt.
2. Die Bf. sei unternehmerisch tätig. Der Sitz ihres Unternehmens befinde sich an der Adresse ***Str.*** in ***Ort***. Die Bf. habe im Zeitraum Mai 2014 bis September 2018 ihre Steuern in Österreich erklärt. Die im Zusammenhang mit ihrer unternehmerischen Tätigkeit verbundenen Arbeiten habe sie überwiegend in Österreich erbracht. Sie habe im Ausland keine Betriebsstätte.
3. Die Bf. habe sich im Zeitraum Mai 2014 bis September 2018 überwiegend bei ihren Eltern an der Adresse ***Str.*** in ***Ort*** aufgehalten. Sie verfüge an dieser Adresse über eine Wohnung im Anwesen ihrer Eltern.
Diese Feststellungen würden sich einerseits aus dem Vorbringen der Bf. und den vorgelegten unbedenklichen Urkunden ergeben. Bei entsprechender Würdigung dieses Vorbringens und der vorgelegten Urkunden hätte die Erstbehörde zu den gewünschten Feststellungen gelangen müssen.
Die Bf. sei in Österreich geboren, österreichische Staatsbürgerin und habe die gesamte Schulausbildung in Österreich absolviert. Sie sei seit Jahrzehnten ununterbrochen in Österreich, zunächst unselbstständig und in den letzten Jahren selbstständig tätig gewesen. Die Bf. bewohne seit April 2014 den unteren Teil des Hauses ihrer Eltern an der Adresse ***Str.*** in ***Ort*** und halte sich dort auch den überwiegenden Teil eines Jahres auf. Sie sei an dieser Adresse gemeinsam mit ihrem Sohn auch hauptwohnsitzmäßig gemeldet und unterhalte eine intensive Bande zu ihren Eltern, die sich sehr um den Sohn der Bf. kümmern würden.
Die Bf. übe an der Betriebsstätte ***Str.*** in ***Ort*** ihre unternehmerische Tätigkeit aus und verfüge in Sardinien über keine Betriebsstätte.
Sie sei Deviseninländerin, erkläre ihre Steuern (auch zwischen 2013 und 2018) in Österreich. Sie sei In Österreich sozial- und krankenversichert. Die Bf. habe auch ihren Mutter-Kind-Pass vorgelegt, aus dem ersichtlich sei, dass ihr Sohn ausschließlich in Österreich behandelt werde.
Der Sohn der Bf. werde auch 2019/2020 das erste Schuljahr in Österreich absolvieren.

Bei entsprechender Würdigung all dieser Fakten, hätte die Erstbehörde diese gewünschten Feststellungen zu treffen gehabt. Die Behauptung, wonach die Bf. ihrer Mitwirkungspflicht nicht nachgekommen sei, sei schlicht und ergreifend falsch. Die Bf. habe auch über die Art ihrer beruflichen Tätigkeit Auskunft gegeben und auch mitgeteilt, dass sie aufgrund ihres Sohnes und als alleinerziehende Mutter nur mehr in sehr eingeschränkter Form einer unternehmerischen Tätigkeit nachgehen könne. Auch die Vorlage bzw. Offenlegung von Konten hätte zu keinem anderen Ergebnis geführt., zumal die Bf. nur in sehr eingeschränkter Form ihr Konto nütze (etwa zur Durchführung von Daueraufträgen). Aus dem nunmehr vorgelegen Bankauszug der Bank XX im Zeitraum bis zum sei ersichtlich, dass mit Ausnahme von vier Kontobewegungen alle übrigen Bewegungen nur in Österreich stattgefunden hätten. Im Zeitraum bis (Ostern 2017) habe sich die Bf. im Ausland aufgehalten. Auch diese Kontoauszüge seien Beweis dafür, dass der Mittelpunkt der Interessen der Bf. im relevanten Zeitraum in Österreich gelegen sei.

In einem an die Bf. gerichteten Vorhalt des Finanzamtes vom heißt es:
"Wie in der Beschwerde richtig ausgeführt, ist für die Beurteilung der gegenständlichen Angelegenheit die Feststellung erforderlich,
a) welche Erwerbstätigkeit Sie ausgeübt haben,
b) an welchen Orten Sie die mit Ihrer selbständigen Tätigkeit verbundenen Handlungen gesetzt haben und
c) wo Sie sich im strittigen Zeitraum aufgehalten haben.
Sie wurden daher mit Ersuchen um Ergänzung vom aufgefordert, diesbezüglich Nachweise vorzulegen, damit die Abgabenbehörde die entsprechenden bzw. von Ihnen gewünschten Feststellungen treffen kann.
Leider wurde dem Ergänzungsersuchen nur sehr eingeschränkt nachgekommen.
Es wird Ihnen daher noch einmal die Möglichkeit eingeräumt, die bereits mit Ersuchen um Ergänzung vom abverlangten Unterlagen vorzulegen.
Es wird noch einmal darauf hingewiesen, dass bei Sachverhalten mit Auslandsbezug sowie bei Begünstigungsvorschriften eine erhöhte Mitwirkungspflicht der Partei besteht und die Vorlage der abverlangten Unterlagen für die Feststellung des Sachverhaltes unerlässlich ist."

In der in der Folge am beim Finanzamt eingelangten Stellungnahme brachte die Bf. vor:
"Das Finanzamt … hat um Ergänzung bis zum ersucht. Die belangte Person kommt fristgerecht diesem Auftrag nach und gibt nachstehende Stellungnahme ab:
1. Frau
***Bf.*** hat ihren Sohn am ***Dat.*** geboren. Nach der Geburt ihres Sohnes hat Frau ***Bf.*** wiederum im April 2015 ihre unternehmerische Tätigkeit aufgenommen. Seit hat sie bei der Bezirkshauptmannschaft ***BH*** das Gewerbe in der Gewerbeart "Werbeagentur" angemeldet.
Die einzige Betriebsstätte für die unternehmerische Tätigkeit der Frau
***Bf.*** war und ist seit 2015 ausschließlich der Standort ***Str.***, ***Ort***. Frau ***Bf.*** verfügt an diesem Standort über ein eigenes Zimmer und die erforderliche Infrastruktur. Frau ***Bf.*** hatte nie eine andere Betriebsstätte unterhalten, auch an keinem anderen Ort eine unternehmerische Tätigkeit entfaltet. In Italien war Frau ***Bf.*** nie tätig.
Die unternehmerische Tätigkeit hat sich überwiegend auf die Beratung und die Organisation von Veranstaltungen für diverse Unternehmen bezogen. Frau
***Bf.*** wurde von diversen Unternehmen beauftragt, bei verschiedenen Sportveranstaltungen, Organisationsleistungen zu erbringen und beratend zur Seite zu stehen.
Frau
***Bf.*** musste 2015 in diesem Bereich erst wieder Fuß fassen. Die unternehmerische Tätigkeit wurde daher anfänglich nur sehr eingeschränkt ausgeübt.
Sämtliche Tätigkeiten wurden von der Betriebsstätte
***Str.***, ***Ort***, aus entfaltet.
Im Jahr 2015 hat Frau
***Bf.*** lediglich einen Auftrag (Event) abgewickelt. Die Tätigkeit hat sich über den Zeitraum bis erstreckt. Sämtliche organisatorischen Leistungen wurden im Vorfeld von ***Ort1*** aus erbracht. Frau ***Bf.*** war lediglich für vier Tage in Schottland, um die Veranstaltung "The Open 2015/St. Andrews" vor Ort abzuwickeln.
Eine unternehmerische Tätigkeit in Italien im Zusammenhang mit diesem Event wurde nie entfaltet.
Im Jahr 2016 hatte Frau
***Bf.*** drei große Events abzuwickeln. Das Kundenevent Malaysia/F1, das Pressevent Rom/Vatikan und das Pressevent Rio/Paralympics 2016. Die Abwicklung hat sich über das gesamte Jahr 2016 hingezogen. Die Arbeit wurde wiederum ausschließlich an der Betriebsstätte ***Str.***, ***Ort***, erbracht. Ausgenommen davon waren nur sieben Tage Aufenthalt in Malaysia, 2 Tage Aufenthalt in Rom und sechs Tage Aufenthalt in Rio. Alle übrigen organisatorischen Leistungen wurden, wie bereits gesagt, von ***Ort1*** aus erbracht.
Im Jahr 2017 war Frau
***Bf.*** mit der Abwicklung eines Events in Mexiko-City/Formula E beschäftigt. Sie hat hier wiederum sämtliche Leistungen von der Betriebsstätte ***Str.***, ***Ort***, erbracht.
Im Jahr 2018 hat Frau
***Bf.*** keine Verträge abgewickelt.
Erwähnt wird, dass im Zusammenhang mit den Aufträgen 2015, 2016 und 2017 teilweise halbtätige Meetings in München stattgefunden haben.
Beweis:
Auszug aus dem Gewerbeinformationssystem Austria betreffend das Gewerbe ab ,
Gesamtaufstellung über den Tätigkeitsbereich 2015 bis 2017,
diverse Rechnungen der Jahre 2015 - 2017

Es wird daher beantragt, das Verfahren gegen die belangte Person im Zusammenhang mit der Rückzahlung der Familienbeihilfe einzustellen.

An Urkunden werden vorgelegt:
1. Auszug aus dem Gewerbeinformationssystem Austria betreffend das Gewerbe ab
2. Gesamtaufstellung über den Tätigkeitsbereich 2015 bis 2017
3. Diverse Rechnungen der Jahre 2015 - 2017
"

Das Finanzamt wies die Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung vom als unbegründet ab. Nach Darstellung der rechtlichen Bestimmungen der Verordnung (EG) Nr. 883/2004, des FLAG 1967 sowie der BAO führte es zur Begründung aus, dass die Bf. im gegenständlichen Fall die Verpflichtung treffe, die entsprechenden Nachweise zu erbringen, um beurteilen zu können, ob die Anspruchsvoraussetzungen für den Bezug der Familienbeihilfe erfüllt seien. Darauf sei sie seitens der Abgabenbehörde sowohl in der Begründung des Rückforderungsbescheides vom als auch im Ersuchen um Ergänzung vom ausdrücklich hingewiesen worden. Allerdings habe sie es bislang unterlassen, geeignete Nachweise zu ihrem Aufenthaltsort und in diesem Zusammenhang zu ihrem Mittelpunkt der Lebensinteressen sowie zu der im streitgegenständlichen Zeitraum von ihr ausgeübten Beschäftigung vorzulegen.
Den vorgelegten (der Abgabenbehörde ohnehin bekannten) Einkommensteuerbescheiden könne jedenfalls nicht entnommen werden, wo die Bf. tatsächlich ihre Erwerbstätigkeit im streitgegenständlichen Zeitraum bzw. davor ausgeübt habe. Laut ihren eigenen Angaben in der Vorhaltsbeantwortung vom sowie der Aktenlage habe sie vor der Geburt ihres Sohnes eine Werbeagentur "für einen großen Sponsor in der Formel 1" betrieben. Zwar sei der Abgabenbehörde (mangels Angaben der Bf.) nicht bekannt, um welche Tätigkeit es sich dabei konkret gehandelt habe, es sei allerdings davon auszugehen, dass eine Tätigkeit, die in Zusammenhang mit einem internationalen Sportbewerb wie der Formel 1 stehe, jedenfalls nicht ausschließlich in Österreich ausgeübt werde. Diesbezüglich bringe die Bf. in ihrer Stellungnahme vom vor, dass sie "seit Jahrzehnten ununterbrochen in Österreich unselbständig und zuletzt selbständig beruflich tätig" gewesen sei. In der Beschwerde vom werde dies insofern abgeschwächt, als die Bf. vorbringe, sie habe ihre im Zusammenhang mit der unternehmerischen Tätigkeit verbundenen Arbeiten im strittigen Zeitraum "überwiegend" in Österreich erbracht. Nachweise dazu wie etwa Arbeitsaufzeichnungen oder Rechnungen seien jedoch - trotz mehrmaliger Aufforderung - bislang nicht übermittelt worden. Dem Beschwerdevorbringen, wonach es die Abgabenbehörde unterlassen habe, eine Feststellung zur Art der Tätigkeit sowie zum Ort der Tätigkeit der Bf. zu treffen, sei daher entgegenzuhalten, dass eine solche Feststellung die Mitwirkung der Bf. voraussetze. Sie sei die einzige Person, die diesbezüglich Angaben machen und dazu Unterlagen vorlegen könne. Da die Bf. keinerlei Angaben zur konkret ausgeübten Tätigkeit (hinsichtlich Art, Ort oder Ausmaß) gemacht habe, sei es an der Bf. gelegen, dass eine Feststellung dazu nicht getroffen werden könne.
Auch das Vorliegen eines Wohnsitzes in Sardinien zeige, dass Anknüpfungspunkte zum Ausland vorliegen würden. Laut eigenen Angaben in der Stellungnahme vom handle es sich dabei lediglich um ein kleines Ferienhaus, das als Nebenwohnsitz in den Ferien benutzt werde. Auch dieses Vorbringen könne die Bf. nicht mittels Nachweisen untermauern. Dem Vorbringen werde jedoch entgegengehalten, dass die Bf. in den sozialen Netzwerken selbst davon spreche, dass es sich bei ihrem Aufenthalt in Österreich (und nicht wie umgekehrt in der Beschwerde behauptet in Sardinien) lediglich um einen "Kurzbesuch" handle.
Die bislang von der Bf. als "Nachweise" vorgelegten Unterlagen seien nicht geeignet, um beurteilen zu können, ob die VO 883/04 im gegenständlichen Fall zur Anwendung komme. Die vorgelegten Kopien der Mutter-Kind-Pass-Untersuchungen würden zwar zeigen, dass nach der Geburt des Sohnes im April 2013 regelmäßige Untersuchungen bzw. Impfungen in Österreich stattgefunden hätten (, , , , , , , , , , , , ), würden jedoch auch keinen zweifelsfreien Schluss darüber zulassen, dass der hauptsächliche Wohnsitz bzw. der Mittelpunkt der Lebensinteressen der Bf. in Österreich gelegen sei. Insbesondere die Tatsache, dass im August und September 2014 Impfungen in Italien durchgeführt worden seien, könne auch auf einen längeren Aufenthalt der Bf. in Italien hindeuten, sei es doch nach allgemeiner Lebenserfahrung nicht üblich, während eines vorübergehenden Ferienaufenthaltes im Ausland Impfungen durchzuführen.
Im Zuge der Beschwerde habe die Bf. schließlich Kopien von Kontoauszügen für den Zeitraum 3-12/2017 vorgelegt. Auch diese Unterlagen seien in keinerlei Hinsicht geeignet, den hauptsächlichen Aufenthalt der Bf. im Bundesgebiet (und noch weniger ihren Mittelpunkt der Lebensinteressen) nachzuweisen, da Barabhebungen oder Bankomatzahlungen in Österreich darauf kaum ersichtlich seien. Ob dies darauf zurückzuführen sei, dass die Bf. - wie vorgebracht werde - ihr Konto "nur in sehr eingeschränkter Form" nütze oder beispielsweise darauf, dass die Bf. ein weiteres/weitere Konto/Konten besitze, von dem/denen keine Auszüge vorgelegt worden seien, könne dahingestellt bleiben, da es - wie bereits oben ausgeführt - an der Bf. liege, das Vorliegen der Anspruchsvoraussetzungen nachzuweisen. Wenn dies mittels der von der Bf. gewählten Unterlagen nicht gelinge, sei es der Abgabenbehörde nicht möglich, den Sachverhalt, der für die Beurteilung des Bestehens eines Beihilfenanspruches erforderlich sei, entsprechend festzustellen.
Dies entspreche auch der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes () zu § 138 BAO, wonach keine Verletzung der amtswegigen Ermittlungspflicht vorliege, wenn der Abgabepflichtige einen mit Vorhalt erteilten Auftrag nicht beantworte und die Abgabenbehörde daher annehme, dass der geforderte Nachweis nicht erbracht sei, wenn der Abgabepflichtige der Beweisführung wesentlich näher als die Abgabenbehörde stehe.
Die Abgabenbehörde habe die ihr zur Verfügung stehenden Möglichkeiten zur Ermittlung des Sachverhaltes aus ihrer Sicht vollumfänglich ausgeschöpft. So habe etwa eine Kontaktaufnahme mit dem Amt der Oö. Landesregierung betreffend die Abmeldung vom Besuch des Kindergartens ergeben, dass die Abmeldung darauf zurückzuführen gewesen sei, dass die Bf. laut ihren Angaben viel Zeit in Italien verbringe. Auf den diesbezüglichen Unterlagen finde sich zudem die Aussage, dass der Sohn einen internationalen Freundeskreis habe, sowohl die deutsche als auch die italienische Sprache und durch den Vater Englisch und Französisch erlerne. Diese Aussage decke sich mit dem Vorbringen gegenüber der Abgabenbehörde, wonach kein Kontakt zum Vater bestehe bzw. sein Wohnort unbekannt sei, nicht.
Zusammenfassend werde festgestellt, dass die Abgabenbehörde wiederholt versucht habe, den entscheidungsrelevanten Sachverhalt festzustellen, indem die Bf. auf ihre Mitwirkungspflicht hingewiesen worden sei. Es liege daher nicht - wie in der Beschwerde behauptet - eine Mangelhaftigkeit des Verfahrens aufgrund der fehlenden Ermittlungstätigkeit der Abgabenbehörde, sondern vielmehr eine Verletzung der Mitwirkungspflicht der Bf. im Sinne des § 115 Abs. 1 BAO vor.
Der Bf. sei es nicht gelungen, das Vorliegen der Voraussetzungen für den Anspruch auf Familienbeihilfe in Österreich nachzuweisen, da seitens der Abgabenbehörde nicht zweifelsfrei beurteilt werden könne, ob ein grenzüberschreitender Sachverhalt vorliege und demzufolge die VO 883/04 anwendbar sei. Auch eine etwaige weitere Überprüfung, welcher Mitgliedstaat auf Grundlage des Art 11f iVm § 68 der VO 883/04 für die Gewährung von Familienleistungen zuständig sei, sei aufgrund der mangelnden Mitwirkung durch die Bf. nicht möglich.

Mit Schriftsatz vom beantragte die Bf. die Entscheidung über die Beschwerde durch das Bundesfinanzgericht. Mit der fristgerechten Einbringung dieses Vorlageantrages gilt die Bescheidbeschwerde wiederum als unerledigt (§ 264 Abs. 3 BAO).

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Sachverhalt

Die Bf. und ihr am ***Dat.*** geborener Sohn sind österreichische Staatsbürger. Nach den Eintragungen im Zentralen Melderegister waren sie im Streitzeitraum mit Hauptwohnsitz in Österreich, in ***Ort***, ***Str.***, gemeldet. Seit April 2014 bewohnte die Bf. dort den unteren Teil des Hauses ihrer Eltern und hielt sich ihren Angaben zufolge dort auch den überwiegenden Teil eines Jahres auf. Die Bf. verfügte auch über einen Wohnsitz (Ferienhaus) in Sardinien. Die Bf. ließ die Mutter-Kind-Pass-Untersuchungen und Impfungen für ihren Sohn regelmäßig in Österreich vornehmen. Nach der Geburt ihres Sohnes nahm die Bf. im April 2015 ihre unternehmerische Tätigkeit wieder auf. Seit hat sie bei der Bezirkshauptmannschaft ***BH*** das Gewerbe in der Gewerbeart "Werbeagentur" angemeldet. Sie unterhielt an ihrem Hauptwohnsitz eine Betriebsstätte für ihre unternehmerische Tätigkeit und verfügte dort auch über die erforderliche Infrastruktur. Die unternehmerische Tätigkeit umfasste die Beratung und die Organisation von Veranstaltungen für diverse Unternehmen. Die Bf. wurde von diversen Unternehmen beauftragt, bei verschiedenen Sportveranstaltungen Beratungs- und Organisationsleistungen zu erbringen. Sie war im hier maßgeblichen Zeitraum in Österreich sozialversichert und wurde zur Einkommensteuer veranlagt. Nach den Angaben der Bf. wurden sämtliche unternehmerischen Tätigkeiten wurde von der in Österreich gelegenen Betriebsstätte aus entfaltet.

Beweiswürdigung und rechtliche Beurteilung

Der dargestellte Sachverhalt ergibt sich aus dem Inhalt der vorgelegten Verwaltungsakten sowie aus den Angaben und Vorbringen der beschwerdeführenden Partei.

Gemäß § 2 Abs. 1 lit. a Familienlastenausgleichsgesetz 1967 (FLAG 1967) haben Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, Anspruch auf Familienbeihilfe für minderjährige Kinder.

Zufolge des § 2 Abs. 2 erster Satz FLAG 1967 hat Anspruch auf Familienbeihilfe für ein im Abs. 1 genanntes Kind die Person, zu deren Haushalt das Kind gehört.

Gemäß § 2 Abs. 8 FLAG 1967 haben Personen nur dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn sie den Mittelpunkt der Lebensinteressen im Bundesgebiet haben. Eine Person hat den Mittelpunkt ihrer Lebensinteressen in dem Staat, zu dem sie die engeren persönlichen und wirtschaftlichen Beziehungen hat.

Die im Beschwerdefall maßgeblichen Bestimmungen der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit, ABl. L 166, S. 1 (im Folgenden Verordnung (EG) Nr. 883/2004) lauten (auszugsweise):

"Artikel 1

Definitionen

Für Zwecke dieser Verordnung bezeichnet der Ausdruck:

a) "Beschäftigung" jede Tätigkeit oder gleichgestellte Situation, die für die Zwecke der Rechtsvorschriften der sozialen Sicherheit des Mitgliedstaats, in dem die Tätigkeit ausgeübt wird oder die gleichgestellte Situation vorliegt, als solche gilt;

b) "selbstständige Erwerbstätigkeit" jede Tätigkeit oder gleichgestellte Situation, die für die Zwecke der Rechtsvorschriften der sozialen Sicherheit des Mitgliedstaats, in dem die Tätigkeit ausgeübt wird oder die gleichgestellte Situation vorliegt, als solche gilt;

...

i) "Familienangehöriger":

1. i) jede Person, die in den Rechtsvorschriften, nach denen die Leistungen gewährt werden, als Familienangehöriger bestimmt oder anerkannt oder als Haushaltsangehöriger bezeichnet wird;

...

j) "Wohnort" den Ort des gewöhnlichen Aufenthalts einer Person;

k) "Aufenthalt" den vorübergehenden Aufenthalt;

..."

"Artikel 2

Persönlicher Geltungsbereich

(1) Diese Verordnung gilt für Staatsangehörige eines Mitgliedstaats, Staatenlose und Flüchtlinge mit Wohnort in einem Mitgliedstaat, für die die Rechtsvorschriften eines oder mehrerer Mitgliedstaaten gelten oder galten, sowie für ihre Familien­an­ge­hörigen und Hinterbliebenen.

(2) .."

"Artikel 3

Sachlicher Geltungsbereich

(1) Diese Verordnung gilt für alle Rechtsvorschriften, die folgende Zweige der sozialen Sicherheit betreffen:

...

j) Familienleistungen.

..."

"Artikel 4

Gleichbehandlung

Sofern in dieser Verordnung nichts anderes bestimmt ist, haben Personen, für die diese Verordnung gilt, die gleichen Rechte und Pflichten aufgrund der Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats wie die Staatsangehörigen dieses Staates."

"Artikel 7

Aufhebung der Wohnortklauseln

Sofern in dieser Verordnung nichts anderes bestimmt ist, dürfen Geldleistungen, die nach den Rechtsvorschriften eines oder mehrerer Mitgliedstaaten oder nach dieser Verordnung zu zahlen sind, nicht aufgrund der Tatsache gekürzt, geändert, zum Ruhen gebracht, entzogen oder beschlagnahmt werden, dass der Berechtigte oder seine Familienangehörigen in einem anderen als dem Mitgliedstaat wohnt bzw. wohnen, in dem der zur Zahlung verpflichtete Träger seinen Sitz hat."

"Artikel 11

Allgemeine Regelung

(1) Personen, für die diese Verordnung gilt, unterliegen den Rechtsvorschriften nur eines Mitgliedstaats. Welche Rechtsvorschriften dies sind, bestimmt sich nach diesem Titel.

(2) Für die Zwecke dieses Titels wird bei Personen, die aufgrund oder infolge ihrer Beschäftigung oder selbstständigen Erwerbstätigkeit eine Geldleistung beziehen, davon ausgegangen, dass sie diese Beschäftigung oder Tätigkeit ausüben. Dies gilt nicht für Invaliditäts-, Alters- oder Hinterbliebenenrenten oder für Renten bei Arbeitsunfällen oder Berufskrankheiten oder für Geldleistungen bei Krankheiten, die eine Behandlung von unbegrenzter Dauer abdecken.

(3) Vorbehaltlich der Artikel 12 bis 16 gilt Folgendes:

a) eine Person, die in einem Mitgliedstaat eine Beschäftigung oder selbstständige Erwerbstätigkeit ausübt, unterliegt den Rechtsvorschriften dieses Mitgliedstaats;

...

e) jede andere Person, die nicht unter die Buchstaben a) bis d) fällt, unterliegt unbeschadet anders lautender Bestimmungen dieser Verordnung, nach denen ihr Leistungen aufgrund der Rechtsvorschriften eines oder mehrerer anderer Mitgliedstaaten zustehen, den Rechtsvorschriften des Wohnmitgliedstaats.

..."

"Artikel 68

Prioritätsregeln bei Zusammentreffen von Ansprüchen

(1) Sind für denselben Zeitraum und für dieselben Familienangehörigen Leistungen nach den Rechtsvorschriften mehrerer Mitgliedstaaten zu gewähren, so gelten folgende Prioritätsregeln:

a) Sind Leistungen von mehreren Mitgliedstaaten aus unterschiedlichen Gründen zu gewähren, so gilt folgende Rangfolge: an erster Stelle stehen die durch eine Beschäftigung oder eine selbstständige Erwerbstätigkeit ausgelösten Ansprüche, darauf folgen die durch den Bezug einer Rente ausgelösten Ansprüche und schließlich die durch den Wohnort ausgelösten Ansprüche.

b) Sind Leistungen von mehreren Mitgliedstaaten aus denselben Gründen zu gewähren, so richtet sich die Rangfolge nach den folgenden subsidiären Kriterien:

i) bei Ansprüchen, die durch eine Beschäftigung oder eine selbstständige Erwerbstätigkeit ausgelöst werden: der Wohnort der Kinder, unter der Voraussetzung, dass dort eine solche Tätigkeit ausgeübt wird, und subsidiär gegebenenfalls die nach den widerstreitenden Rechtsvorschriften zu gewährende höchste Leistung. Im letztgenannten Fall werden die Kosten für die Leistungen nach in der Durchführungsverordnung festgelegten Kriterien aufgeteilt;

ii) bei Ansprüchen, die durch den Bezug einer Rente ausgelöst werden: der Wohnort der Kinder, unter der Voraussetzung, dass nach diesen Rechtsvorschriften eine Rente geschuldet wird, und subsidiär gegebenenfalls die längste Dauer der nach den widerstreitenden Rechtsvorschriften zurückgelegten Versicherungs- oder Wohnzeiten;

iii) bei Ansprüchen, die durch den Wohnort ausgelöst werden: der Wohnort der Kinder.

(2) Bei Zusammentreffen von Ansprüchen werden die Familienleistungen nach den Rechtsvorschriften gewährt, die nach Absatz 1 Vorrang haben. Ansprüche auf Familienleistungen nach anderen widerstreitenden Rechtsvorschriften werden bis zur Höhe des nach den vorrangig geltenden Rechtsvorschriften vorgesehenen Betrags ausgesetzt; erforderlichenfalls ist ein Unterschiedsbetrag in Höhe des darüber hinausgehenden Betrags der Leistungen zu gewähren. Ein derartiger Unterschiedsbetrag muss jedoch nicht für Kinder gewährt werden, die in einem anderen Mitgliedstaat wohnen, wenn der entsprechende Leistungsanspruch ausschließlich durch den Wohnort ausgelöst wird.

…"

Die hier maßgeblichen Bestimmungen der Verordnung (EG) Nr. 987/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom zur Festlegung der Modalitäten für die Durchführung der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 über die Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit, ABl. L 284, S. 1 (im Folgenden Verordnung (EG) Nr. 987/2009) lauten (auszugsweise):

"Artikel 1

Begriffsbestimmungen

(1) Im Sinne dieser Verordnung

a) bezeichnet der Ausdruck "Grundverordnung" die Verordnung (EG) Nr. 883/2004;

b) bezeichnet der Ausdruck "Durchführungsverordnung" die vorliegende Verordnung; und

c) gelten die Begriffsbestimmungen der Grundverordnung.

..."

"Artikel 6

Vorläufige Anwendung der Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats und vorläufige Gewährung von Leistungen

(1) Besteht zwischen den Trägern oder Behörden zweier oder mehrerer Mitgliedstaaten eine Meinungsverschiedenheit darüber, welche Rechtsvorschriften anzuwenden sind, so unterliegt die betreffende Person vorläufig den Rechtsvorschriften eines dieser Mitgliedstaaten, sofern in der Durchführungsverordnung nichts anderes bestimmt ist, wobei die Rangfolge wie folgt festgelegt wird:

a) den Rechtsvorschriften des Mitgliedstaats, in dem die Person ihrer Beschäftigung oder selbständigen Erwerbstätigkeit tatsächlich nachgeht, wenn die Beschäftigung oder selbständige Erwerbstätigkeit in nur einem Mitgliedstaat ausgeübt wird;

b) den Rechtsvorschriften des Wohnmitgliedstaats, sofern die betreffende Person einer Beschäftigung oder selbständigen Erwerbstätigkeit in zwei oder mehr Mitgliedstaaten nachgeht und einen Teil ihrer Tätigkeit(en) in dem Wohnmitgliedstaat ausübt, oder sofern die betreffende Person weder beschäftigt ist noch eine selbständige Erwerbstätigkeit ausübt;

c) in allen anderen Fällen den Rechtsvorschriften des Mitgliedstaats, deren Anwendung zuerst beantragt wurde, wenn die Person eine Erwerbstätigkeit oder mehrere Erwerbstätigkeiten in zwei oder mehr Mitgliedstaaten ausübt.

…"

"Artikel 11

Bestimmung des Wohnortes

(1) Besteht eine Meinungsverschiedenheit zwischen den Trägern von zwei oder mehreren Mitgliedstaaten über die Feststellung des Wohnortes einer Person, für die die Grundverordnung gilt, so ermitteln diese Träger im gegenseitigen Einvernehmen den Mittelpunkt der Interessen dieser Person und stützen sich dabei auf eine Gesamtbewertung aller vorliegenden Angaben zu den einschlägigen Fakten, wozu gegebenenfalls die Folgenden gehören können:

a) Dauer und Kontinuität des Aufenthalts im Hoheitsgebiet des betreffenden Mitgliedstaats;

b) die Situation der Person, einschließlich

i) der Art und der spezifischen Merkmale jeglicher ausgeübten Tätigkeit, insbesondere des Ortes, an dem eine solche Tätigkeit in der Regel ausgeübt wird, der Dauerhaftigkeit der Tätigkeit und der Dauer jedes Arbeitsvertrags,

ii) ihrer familiären Verhältnisse und familiären Bindungen,

iii) der Ausübung einer nicht bezahlten Tätigkeit,

iv) im Falle von Studierenden ihrer Einkommensquelle,

v) ihrer Wohnsituation, insbesondere deren dauerhafter Charakter,

vi) des Mitgliedstaats, der als der steuerliche Wohnsitz der Person gilt.

(2) Können die betreffenden Träger nach Berücksichtigung der auf die maßgebenden Fakten gestützten verschiedenen Kriterien nach Absatz 1 keine Einigung erzielen, gilt der Wille der Person, wie er sich aus diesen Fakten und Umständen erkennen lässt, unter Einbeziehung insbesondere der Gründe, die die Person zu einem Wohnortwechsel veranlasst haben, bei der Bestimmung des tatsächlichen Wohnortes dieser Person als ausschlaggebend."

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH) ist die Frage, ob für einen bestimmten Zeitraum Familienbeihilfe zusteht, an Hand der rechtlichen und tatsächlichen Gegebenheiten im Anspruchszeitraum zu beantworten. Der gesetzlich festgelegte Anspruchszeitraum für die Familienbeihilfe ist, wie sich dies den Regelungen des § 10 Abs. 2 und 4 FLAG 1967 entnehmen lässt, der Monat. Das Bestehen des Familienbeihilfenanspruches für ein Kind kann somit je nach Eintritt von Änderungen der Sach- und/oder Rechtslage von Monat zu Monat anders zu beurteilen sein (vgl. etwa ).

Im Spruch des angefochtenen Bescheides hat das Finanzamt Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträge für die Zeiträume Mai 2014 bis September 2018 zurückgefordert. Damit ist auch die Entscheidungsbefugnis des Bundesfinanzgerichtes auf diese Zeiträume beschränkt.

Eine der zentralen Voraussetzungen für den Bezug von Familienbeihilfe ist gemäß § 2 Abs. 8 FLAG 1967, dass die Person, die den Anspruch auf Familienbeihilfe geltend macht (im konkreten Fall die Bf.) den Mittelpunkt ihrer Lebensinteressen im Bundesgebiet hat. Nach der gesetzlichen Definition des § 2 Abs. 8 FLAG 1967 hat eine Person den Mittelpunkt ihrer Lebensinteressen in dem Staat, zu dem sie die engeren persönlichen und wirtschaftlichen Beziehungen hat.

Wie der Verwaltungsgerichtshof (VwGH) in seiner ständigen Rechtsprechung betont, kann eine Person zwar mehrere Wohnsitze, jedoch nur einen Mittelpunkt der Lebensinteressen im Sinne des § 2 Abs. 8 FLAG 1967 haben. Unter persönlichen Beziehungen sind dabei all jene zu verstehen, die jemanden aus in seiner Person liegenden Gründen, insbesondere auf Grund der Geburt, der Staatszugehörigkeit, des Familienstandes und der Betätigungen religiöser und kultureller Art, an ein bestimmtes Land binden (vgl. ; ; ). Hinsichtlich des Begriffs "Mittelpunkt der Lebensinteressen" treten nach Auffassung des Höchstgerichtes die der Lebensgestaltung dienenden wirtschaftlichen Beziehungen hinter die persönlichen Bindungen eindeutig zurück. Den wirtschaftlichen Beziehungen kommt nämlich in der Regel eine geringere Bedeutung als den persönlichen Beziehungen zu. Entscheidend ist das Gesamtbild der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse (vgl. ).

Im angefochtenen Bescheid und in der Beschwerdevorentscheidung ist die Abgabenbehörde zusammengefasst zum Ergebnis gekommen, dass es der Bf. aufgrund ihrer mangelnden Mitwirkung nicht gelungen sei, das Vorliegen der Voraussetzungen für den Anspruch auf Familienbeihilfe in Österreich nachzuweisen, da die Abgabenbehörde nicht zweifelsfrei beurteilen könne, ob ein grenzüberschreitender Sachverhalt vorliege und daher die Verordnung (EG) Nr. 883/2004 anwendbar sei.

Da jedoch das Finanzamt die am eingelangte Stellungnahme der Bf. irrtümlich einem anderen Fall zuordnete, blieb dieses Schreiben samt den beigefügten Unterlagen bei der Erlassung der Beschwerdevorentscheidung vom unberücksichtigt.

Angesichts der von der Bf. geschilderten persönlichen Situation, die keine nennenswerten Kontakte der Bf. zu Italien erkennen lassen, in Verbindung mit der Tatsache, dass sie in Österreich in der Sozialversicherung der gewerblichen Wirtschaft nach dem GSVG pflichtversichert war und keine konkreten Anhaltspunkte für eine in Italien ausgeübte Erwerbstätigkeit vorliegen, gelangt das Bundesfinanzgericht zur Überzeugung, dass nach vorliegender Beweislage die Bf. im hier interessierenden Zeitraum aufgrund der engeren persönlichen und wirtschaftlichen Beziehungen den Mittelpunkt ihrer Lebensinteressen im Bundesgebiet hatte.

Der Gerichtshof der Europäischen Union stellte fest, dass der Begriff "Wohnmitgliedstaat" den Staat bezeichnet, "in dem die Betroffenen gewöhnlich wohnen und in dem sich auch der gewöhnliche Mittelpunkt ihrer Interessen befindet" (, Swaddling, Rn. 29).

In Artikel 1 Buchstaben j und k der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 wird eine Unterscheidung zwischen "Wohnort" und "Aufenthalt" getroffen. Der Wohnort wird als Ort des gewöhnlichen Aufenthalts einer Person definiert, während der Aufenthalt einen vorübergehenden Aufenthalt bezeichnet.

Da die Regeln über die anwendbaren Rechtsvorschriften auf dem Grundsatz beruhen, dass für jede Person, die in den Geltungsbereich der Verordnungen fällt, die Rechtsvorschriften eines einzigen Mitgliedstaates gelten, kann aus diesem Grundsatz die Schlussfolgerung gezogen werden, dass jede Person nur einen Wohnort im Sinne der erwähnten Verordnungen haben kann (, Wencel, Rn. 46 ff).

Die unter Punkt 1. dargestellten Sachverhaltsannahmen sprechen für die Annahme, dass die Bf. im Streitzeitraum ihre engsten Bindungen, d.h. den Mittelpunkt ihrer persönlichen, sozialen und wirtschaftlichen Interessen, selbst in Zeiträumen, die sie in ihrem Ferienhaus in Italien verbrachte, in Österreich hatte.

Unter Berücksichtigung der vom Gerichtshof festgestellten Kriterien für die Bestimmung des Wohnortes im Sinne des Artikels 1 Buchstabe j der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 ist in Artikel 11 der Verordnung (EG) Nr. 987/2009 festgelegt, wie im Fall von "Meinungsverschiedenheiten zwischen den Trägern von zwei oder mehreren Mitgliedstaaten" bei der Bestimmung des Wohnortes einer Person vorzugehen ist.
Um den Mittelpunkt der Interessen der betreffenden Person zu bestimmen, müssen demnach diese Träger gemäß Artikel 11 Absatz 1 der Verordnung (EG) Nr. 987/2009 gemeinsam eine "Gesamtbewertung" aller vorliegenden Angaben zu den einschlägigen Fakten vornehmen, bei der gegebenenfalls mehrere Kriterien berücksichtigt werden können.

Ist daher das Finanzamt der Auffassung, dass im Beschwerdefall auch Italien als "Wohnmitgliedstaat" in Betracht käme, so hätte es das in Artikel 11 der Verordnung (EG) Nr. 987/2009 festgelegte Verfahren durchführen müssen.

Schließlich muss auch festgehalten werden, dass die Bf. auf Grund ihrer (mangels gegenteiliger Anhaltspunkte) in Österreich ausgeübten Erwerbstätigkeit gemäß Artikel 11 Abs. 1 iVm Abs. 3 Buchstabe a) der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 ausschließlich den österreichischen Rechtsvorschriften unterliegt.

Aus den angeführten Gründen war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Revisionszulassung

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Das Revisionsmodell soll sich nach dem Willen des Verfassungsgesetzgebers an der Revision nach den §§ 500 ff ZPO orientieren (vgl. RV 1618 BlgNR 24. GP, 16). Ausgehend davon ist der Verwaltungsgerichtshof als Rechtsinstanz tätig, zur Überprüfung der Beweiswürdigung ist er im Allgemeinen nicht berufen. Auch kann einer Rechtsfrage nur dann grundsätzliche Bedeutung zukommen, wenn sie über den konkreten Einzelfall hinaus Bedeutung besitzt ().
Es liegen im gegenständlichen Beschwerdeverfahren keine Rechtsfragen vor, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt. Eine (ordentliche) Revision ist daher nicht zulässig.

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
FLAG
betroffene Normen
§ 2 Abs. 8 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967
Art. 11 VO 987/2009, ABl. Nr. L 284 vom S. 1
§ 2 Abs. 1 lit. a FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967
Art. 11 Abs. 3 Buchstabe a VO 883/2004, ABl. Nr. L 166 vom S. 1
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2021:RV.5101725.2019

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at