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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 10.11.2020, RV/7103493/2019

Haftung für Lohnsteuer

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Wien 1/23 vom betreffend Haftung, Steuernummer ***BF1StNr1***, zu Recht erkannt:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert aufrecht.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Mit Haftungsbescheid vom wurde der nunmehrige Beschwerdeführer ***Bf1*** (in der Folge kurz BF. genannt), als Geschäftsführer der Firma ***X-GmbH***, Firmenbuchnummer: ***FN1***, als Haftungspflichtiger gemäß § 9 Abs. 1 BAO i.V.m. § 80 BAO für die derzeit noch aushaftenden Abgabenschuldigkeiten der Firma ***X-GmbH*** im Ausmaß von € 5.276,20 in Anspruch genommen.

Die Haftung wird hinsichtlich folgender Abgabenschuldigkeiten geltend gemacht:

Abgabenart Zeitraum Betrag

Lohnsteuer 03/2013 170,20

Lohnsteuer 04/2013 222,00

Lohnsteuer 05/2013 222,00

Lohnsteuer 06/2013 222,00

Lohnsteuer 07/2013 222,00

Lohnsteuer 08/2013 222,00

Lohnsteuer 09/2013 222,00

Lohnsteuer 10/2013 222,00

Lohnsteuer 11/2013 222,00

Lohnsteuer 12/2013 222,00

Lohnsteuer 01/2014 222,00

Lohnsteuer 02/2014 222,00

Lohnsteuer 03/2014 266,40

Lohnsteuer 04/2014 266,40

Lohnsteuer 05/2014 266,40

Lohnsteuer 06/2014 266,40

Lohnsteuer 07/2014 266,40

Lohnsteuer 08/2014 266,40

Lohnsteuer 09/2014 266,40

Lohnsteuer 10/2014 266,40

Lohnsteuer 11/2014 266,40

Lohnsteuer 12/2014 266,40

Summe: 5.276,20

Zur Begründung wurde nach Zitieren der Bezug habenden Gesetzesbestimmungen ausgeführt, mit Beschluss des Handelsgerichtes Wien vom ***Datum1***, ***AZ1***, sei das am ***Datum2*** über das Vermögen der Gesellschaft eröffnete Konkursverfahren mangels Kostendeckung aufgehoben worden. Der Rückstand sei daher beim Primärschuldner als uneinbringlich anzusehen.

Der angeführte Rückstand bestehe infolge Nichtentrichtung der im Zeitraum bis fällig gewordenen Abgaben. Der Bf. sei im Zeitraum vom bis zum Geschäftsführer der abgabenschuldnerischen Firma ***X-GmbH*** bestellt und daher gemäß § 18 GmbHG zur Vertretung der Gesellschaft berufen gewesen.

Die Bescheide zu den angeführten Abgabenforderungen seien dem Bf. bereits im Haftungsvorverfahren (Schreiben vom ) zur Kenntnis gebracht worden.

Dazu sei noch Folgendes zur ergänzen:

Im Zuge der Lohnsteuerprüfung im Jahre 2016 sei im Bericht des Betriebsprüfers vom folgender Sachverhalt festgestellt und auf Basis dessen die im Spruch dieses Bescheides genannten Beträge und Zeiträume ermittelt worden:

Da keine Unterlagen vorgelegt wurden, wird für das seit im Betrieb befindliche KFZ-Jaguar XF2,2 Diesel Luxury - eine pauschale Nachverrechnung in Höhe eines vollen Sachbezugs angesetzt. Anschaffungspreis € 50.000,--.

März 2013: € 460, -, April 2013 bis Februar 2014 € 600, --, März 2014 bis Dezember 2015 € 720,-- und ab € 960, --

Hinsichtlich der Heranziehung für aushaftenden Lohnabgaben sei Folgendes festzuhalten:

Gemäß § 78 Abs. 1 EStG 1988 sei der Arbeitgeber verpflichtet, die Lohnsteuer des Arbeitnehmers bei jeder Lohnzahlung einzubehalten. Gemäß § 79 Abs. 1 EStG habe der Arbeitgeber die gesamte Lohnsteuer, die in einem Kalendermonat einzubehalten gewesen sei, spätestens am 15. Tag nach Ablauf des Kalendermonates in einem Betrag abzuführen.

Nach § 78 Abs. 3 EStG 1988 habe der Arbeitgeber, wenn die zur Verfügung stehenden Mittel nicht zur Zahlung des voll vereinbarten Arbeitslohnes ausreichten, die Lohnsteuer von dem tatsächlich zur Auszahlung gelangenden niedrigeren Betrag zu berechnen und einzubehalten. Werde in einem solchen Fall die Lohnsteuer nicht einbehalten und an das Finanzamt abgeführt, so sei nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes von einer schuldhaften Pflichtverletzung auszugehen (vgl. ).

Mit Schreiben vom sei der Bf. aufgefordert worden darzulegen, dass er ohne sein Verschulden gehindert gewesen sei, für die Entrichtung der haftungsgegenständlichen Abgaben zu sorgen. Er sei dieser Aufforderung nicht nachgekommen. In einer eingebrachten Stellungnahme eines weiteren potenziellen Haftungsschuldners vom sei die "Gläubigergleichbehandlung" glaubhaft dargelegt worden.

Allerdings sei festzuhalten, dass nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die Lohnsteuer vom Gleichbehandlungsgrundsatz ausgenommen sei.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sei die Lohnsteuer vom Gleichbehandlungsgrundsatz ausgenommen. Reichten die einem Vertreter zur Verfügung stehenden Mittel nicht auch für die Entrichtung der auf die ausbezahlten Löhne entfallende Lohnsteuer aus, dürfe der Vertreter gemäß § 78 Abs. 3 EStG nur einen entsprechend niedrigeren Betrag zur Auszahlung bringen, sodass die davon einbehaltene Lohnsteuer auch abgeführt werden könne. Die Nichtabfuhr von Lohnsteuer, die auf den ausbezahlten Arbeitslohn entfalle, könne nicht mit dem Fehlen ausreichender Mittel gerechtfertigt werden.

Hätte der Vertreter die Lohnsteuer bei der Ausbezahlung der Löhne einbehalten bzw. im Sinne des § 78 Abs. 3 EStG entsprechend niedrigere Löhne zur Auszahlung gebracht, wäre die Nachforderung bzw. der Abgabenausfall nicht eingetreten. Werde dagegen die auf ausbezahlten Löhne entfallende Lohnsteuer nicht einbehalten und an das Finanzamt abgeführt, sei nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes - ungeachtet der wirtschaftlichen Schwierigkeiten der Primärschuldnerin - von einer schuldhaften Pflichtverletzung des Vertreters auszugehen.

Die im Rahmen des § 224 BAO zu treffende Ermessensentscheidung iSd § 20 BAO sei innerhalb der vom Gesetzgeber gezogenen Grenze nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommender Umstände zu treffen. Wesentliches Ermessenskriterium sei die Vermeidung eines endgültigen Abgabenausfalls.

Die Geltendmachung der Haftung stelle im vorliegenden Fall die letzte Möglichkeit zur Durchsetzung des Abgabenanspruches dar, zumal der haftungsgegenständliche Rückstand bei der Primärschuldnerin nicht mehr eingebracht werden könne. Aus dem auf die Hereinbringung der Abgabenschuld beim Haftenden gerichteten Besicherungszweck der Haftungsnorm folge, dass die Geltendmachung der Haftung in der Regel ermessenskonform ist, wenn die betreffende Abgabe beim Primärschuldner uneinbringlich sei (vgl. ). Letzteres stehe hier fest.

Gegen diesen Haftungsbescheid vom richtet sich die vorliegende fristgerechte Beschwerde des Bf. vom , mit welcher vorgebracht wird, der Ausspruch über die Haftung für Lohnsteuern 3/2013-12/2014 sei zu Unrecht erfolgt. Der Bf. besitze nämlich laut seinen Angaben keinen Führerschein und habe somit weder berufliche noch private Fahrten mit dem Fahrzeug durchführen können. Vielmehr besitze er privat eine Netzkarte der Wiener Verkehrsbetriebe, mit der er die notwendigen Fahrten durchgeführt habe.

Die betrieblichen Fahrten hätten daher von anderen Dienstnehmern durchgeführt werden müssen. Aus diesem Grunde hätte auch kein Fahrtenbuch vorgelegt werden können.

Der Bf. ersuche daher seiner Beschwerde statt zu geben, den Haftungsbescheid aufzuheben und den Haftungsbetrag mit € 0,00 festzusetzen.

In Ergänzung der Beschwerde vom gab der steuerliche Vertreter des Bf. mit Schriftsatz vom bekannt, dass er ausschließlich im Auftrag des Bf. tätig sei und von diesem eine Vollmacht sowie auch Zustellvollmacht erhalten habe.

Die Beschwerde sei daher im Auftrag des Bf. durch den steuerlichen Vertreter erstellt worden.

Die Vollmacht sei bereits an das Finanzamt geschickt worden.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies die Abgabenbehörde die Beschwerde als unbegründet ab.

Zur Begründung wurde ausgeführt, im gegenständlichen Fall stehe die Uneinbringlichkeit der haftungsgegenständlichen Abgaben bei der Primärschuldnerin unbestritten fest, da das mit Beschluss des Handelsgerichtes Wien vom ***Datum2***, ***AZ1***, eröffnete Konkursverfahren mangels Kostendeckung am ***Datum1*** aufgehoben und folglich die GmbH am ***Datum3*** im Firmenbuch gemäß § 40 FBG amtswegig (wegen Vermögenslosigkeit) gelöscht worden sei.

Die Haftung nach § 9 BAO erstreckt sich vor allem auf Abgaben, deren Fälligkeitstermin in die Zeit der Vertretungstätigkeit falle (vgl. Ritz, BAO6, § 9 Tz 26). Die Fälligkeit der haftungsgegenständlichen Abgaben liege zwischen und .

Unbestritten sei, dass der Bf. in der Zeit vom bis zum selbstständig vertretungsbefugten Geschäftsführer der ***X-GmbH*** bestellt gewesen sei.

Gemäß § 80 Abs. 1 BAO hätten die zur Vertretung juristischer Personen berufenen Personen alle Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen obliegen. Sie hätten insbesondere dafür zu sorgen, dass die Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalten, entrichtet würden.

In den Erkenntnissen vom , 2008/15/0283, und vom , 2000/15/0168, habe der VwGH ausgesprochen, dass die Verpflichtung nach § 80 BAO hinsichtlich der Lohnsteuer über das Gebot der gleichmäßigen Behandlung aller Schulden (aller Gläubiger) hinausgehe; aus den Bestimmungen des § 78 Abs. 3 EStG ergebe sich die Verpflichtung, dass die Lohnsteuer - ungeachtet des Grundsatzes der Gleichbehandlung aller Gläubiger - jeweils zur Gänze zu entrichten sei. Hinsichtlich der haftungsgegenständlichen Abgaben (Lohnsteuer) sei daher vom Vorliegen einer schuldhaften Pflichtverletzung auszugehen. Bei schuldhafter Pflichtverletzung spreche die Vermutung für die Verursachung der Uneinbringlichkeit der Abgaben (vgl. Ritz, BAO6, § 9 Tz 24 letzter Absatz mit Hinweisen auf die hg. Rechtsprechung).

Dem Beschwerdevorbringen sei Folgendes entgegen zu halten:

Mit Bescheiden vom habe das Finanzamt gegenüber dem bestellten Masseverwalter, der insofern die Insolvenzschuldnerin repräsentiert habe, für die von der Firma ***X-GmbH*** als Arbeitgeberin vom Arbeitslohn in den Jahren 2013 und 2014 einzubehaltenden und zu entrichtenden Lohnsteuer in Höhe von € 5.515,68 die Haftung gemäß § 82 EStG 1988 geltend gemacht. Diese Bescheide seien dem - an den nunmehrigen Bf. gerichteten - Vorhalt vom angeschlossen gewesen. Damit sei der zur Haftung Herangezogene darüber aufgeklärt, dass die Abgaben schon bescheidmäßig festgesetzt worden seien. Die nach § 9 BAO erforderliche Verschuldensprüfung habe von der objektiven Richtigkeit der Abgabenfestsetzung auszugehen (vgl. ), sodass es der Behörde nach der hg. Rsp. (vgl. ) im Verfahren über die Heranziehung des Bf. zur Haftung daher verwehrt sei, die Richtigkeit der Abgabenfestsetzung als Vorfrage zu beurteilen.

Einwendungen gegen die Richtigkeit der Abgabenfestsetzung seien in einem gemäß § 248 BAO durchzuführenden Abgabenverfahren und nicht im Haftungsverfahren geltend zu machen. Das Beschwerdevorbringen, das offenkundig auf die Bestreitung der inhaltlichen Richtigkeit der haftungsgegenständlichen Abgabenforderungen gerichtet sei, gehe daher ins Leere, weshalb spruchgemäß zu gewesen sei.

Innerhalb der von der Abgabenbehörde auf Antrag des Bf. bis zum verlängerter Frist beantragte der Bf. mit Schriftsatz vom , dass über die Beschwerde durch das Bundesfinanzgericht entschieden werde. Zur näheren Erläuterung möchte der Bf. festhalten, dass er sowohl gegen den Haftungsbescheid, als auch gegen die Abgabenbescheide das Rechtsmittel der Beschwerde erhoben habe (gem. § 248 BAO durchzuführendes Abgabeverfahren).

Es gehe dabei um die Haftungsbescheide für das Jahr 2013 und 2014, beide Bescheide vom betreffend Lohnsteuer 2013/2014 unter der Steuernummer *** zugestellt an ***Dr.RA*** als Masseverwalter.

Dies deshalb, da die Haftung betreffend der Lohnsteuern 9/2013 bis 12/2014 zu Unrecht erfolgt sei. Der Steuerpflichtige besitze nämlich It. seinen Angaben keinen Führerschein und habe somit weder berufliche, noch private Fahrten mit dem Fahrzeug durchführen können. Vielmehr besitze privat eine Netzkarte der Wiener Verkehrsbetriebe, mit der er die notwendigen Fahrten durchgeführt habe.

Die betrieblichen Fahrten hätten daher von anderen Dienstnehmern durchgeführt werden müssen. Aus diesem Grunde habe auch kein Fahrtenbuch vorgelegt werden können.

Ergänzend sei zu erwähnen, dass lt. BAO Kommentar zu § 248 (Ellinger-Iro etc.), festgehalten werde, dass es für die Beschwerde über den Abgabenanspruch keines gesonderten Schriftsatzes bedürfe (). Auch sei anzunehmen, dass im Zweifel die Beschwerde gegen den Haftungsbescheid und auch gegen den Abgabenbescheid als erhoben anzusehen sei (VwGHvom13.09.2006).

Der Bf. ersuche daher, seiner Beschwerde statt zu geben, die obgenannten Beschwerden (Anmerkung: gemeint wohl Bescheide) aufzuheben, die zu Unrecht vorgeschriebene Lohnsteuer mit Null festzusetzen und den Haftungsbescheid aufzuheben.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Gemäß § 9 Abs. 1 BAO haften die in den §§ 80 ff. bezeichneten Vertreter neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für die diese treffenden Abgaben insoweit, als die Abgaben infolge schuldhafter Verletzung der den Vertretern auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden können.

Gemäß § 80 Abs. 1 BAO haben die zur Vertretung juristischer Personen berufenen Personen und die gesetzlichen Vertreter natürlicher Personen alle Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen obliegen, und sind befugt, die diesen zustehenden Rechte wahrzunehmen. Sie haben insbesondere dafür zu sorgen, daß die Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalten, entrichtet werden.

Gemäß § 248 BAO kann der nach Abgabenvorschriften Haftungspflichtige unbeschadet der Einbringung einer Bescheidbeschwerde gegen seine Heranziehung zur Haftung (Haftungsbescheid, § 224 Abs. 1) innerhalb der für die Einbringung der Bescheidbeschwerde gegen den Haftungsbescheid offenstehenden Frist auch gegen den Bescheid über den Abgabenanspruch Bescheidbeschwerde einbringen. Beantragt der Haftungspflichtige die Mitteilung des ihm noch nicht zur Kenntnis gebrachten Abgabenanspruches, so gilt § 245 Abs. 2, 4 und 5 sinngemäß.

Unbestritten war der Bf. im Zeitraum bis handelsrechtlicher Geschäftsführer der Fa. ***X-GmbH*** und zählt somit zum Kreis der in § 80 Abs. 1 BAO genannten gesetzlichen Vertreter, welche - bei Vorliegen der weiteren Haftungsvoraussetzungen - zur Haftung gemäß § 9 Abs. 1 BAO herangezogen werden können.

Das mit Beschluss vom Handelsgerichtes Wien vom ***Datum2*** eröffnete Konkursverfahren über das Vermögen der Primärschuldnerin Fa. ***X-GmbH*** wurde mit Beschluss desselben Gerichtes vom ***Datum1*** mangels Kostendeckung aufgehoben. Die unbestrittene Uneinbringlichkeit der haftungsgegenständlichen Lohnsteuern, welche nach wie vor am Abgabenkonto der Primärschuldnerin aushaften, steht aufgrund der am ***Datum3*** erfolgten amtswegigen Löschung der Fa. ***X-GmbH*** gemäß § 40 FBG wegen Vermögenslosigkeit fest.

Das gegenständliche Beschwerdevorbringen des Bf. richtet sich ausschließlich gegen die zugrundeliegenden Abgabenansprüche an Lohnsteuer 03/2013 bis 12/2014, indem der Bf. vorbringt, die Nachverrechnung der Sachbezüge für das im Betrieb befindliche KFZ Jaguar XF2,2 Diesel Luxury (Lohnsteuerprüfungsbericht vom ) sei unrechtmäßig, zumal der Bf. keinen Führerschein besitze und er das Fahrzeug daher privat nicht verwenden habe können.

Geht einem Haftungsbescheid ein Abgabenbescheid voran, so ist die Behörde daran gebunden und hat sich in der Entscheidung über die Heranziehung zur Haftung grundsätzlich an diesen Abgabenbescheid zu halten (vgl. ). Durch § 248 BAO ist dem Haftenden allerdings ein eigenständiger Rechtszug gegen den seiner Haftungsinanspruchnahme zugrundeliegenden Abgabenbescheid eingeräumt ().

Bringt der Haftungspflichtige gemäß § 248 BAO sowohl gegen den Haftungsbescheid als auch gegen den Bescheid über den Abgabenanspruch Berufung (Beschwerde) ein, so ist zunächst über die Berufung (Beschwerde) gegen den Haftungsbescheid zu entscheiden, weil von dieser Erledigung die Rechtsmittelbefugnis gegen den Bescheid über den Abgabenanspruch abhängt (vgl. ; ).

Dem Haftungspflichtigen muss von der Behörde über den haftungsgegenständlichen Abgabenanspruch Kenntnis in einer Weise verschafft werden, dass die Prüfung der Richtigkeit der Abgabenfestsetzung möglich ist und die Positionen der Rechtsverteidigung des herangezogenen Haftenden gegen den Anspruch nicht schwächer sind als diejenigen, die der Abgabepflichtige gegen den Abgabenbescheid einzunehmen in der Lage ist (; ).

Mit Haftungsvorhalt vom wurden dem Bf. der Haftungsbescheid gemäß § 82 EStG für Lohnsteuer 2013/2014 vom sowie der Bericht gemäß § 150 BAO über das Ergebnis der Außenprüfung vom zugestellt und ihm damit nachweislich Kenntnis vom Abgabenanspruch verschafft.

Auf Grund der im Haftungsverfahren gegebenen Bindungswirkung des zugrunde liegenden Haftungsbescheides gemäß § 82 EStG, mit dem der Primärschuldnerin die Lohnsteuer 2013/2014 vorgeschrieben wurde, war im Haftungsverfahren von dessen objektiver Richtigkeit auszugehen.

Zu den abgabenrechtlichen Pflichten des Vertreters gehört es, dafür zu sorgen, dass die Abgaben entrichtet werden. Der Zeitpunkt, für den zu beurteilen ist, ob den Vertreter diese Pflicht getroffen hat, bestimmt sich danach, wann die Abgabe nach den abgabenrechtlichen Vorschriften zu entrichten gewesen wäre. Bei Selbstbemessungsabgaben ist maßgebend, wann die Abgabe bei ordnungsgemäßer Selbstberechnung zu entrichten oder abzuführen gewesen wäre (vgl. z.B. ). Fest steht auch unbestritten, dass der Bf. zu den Fälligkeitstagen der haftungsgegenständlichen Lohnsteuern als deren handelsrechtlicher Geschäftsführer zu deren Entrichtung verpflichtet gewesen wäre.

Die Verletzung abgabenrechtlicher Pflichten durch den Bf. besteht darin, dass er die haftungsgegenständlichen Lohnsteuern nicht zu deren gesetzlichen Fälligkeitstagen entrichtet hat.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kommt bei der Lohnsteuer der Gleichbehandlungsgrundsatz nicht zum Tragen. Aus der Bestimmung des § 78 Abs. 3 EStG 1988, wonach in Fällen, in denen die dem Arbeitgeber zur Verfügung stehenden Mittel zur Zahlung des vollen vereinbarten Arbeitslohnes nicht ausreichten, die Lohnsteuer von dem tatsächlich zur Auszahlung gelangenden niedrigeren Betrag zu berechnen und einzubehalten ist, ergibt sich nämlich, dass jede vom Geschäftsführer einer GmbH vorgenommene Zahlung voller vereinbarter Arbeitslöhne, wenn die zur Verfügung stehenden Mittel nicht auch für die darauf entfallende Lohnsteuer ausreichen, eine schuldhafte Verletzung seiner abgabenrechtlichen Pflicht mit den Rechtsfolgen des § 9 Abs. 1 BAO darstellt (vgl. ; ).

Die einbehaltene Lohnsteuer ist zur Gänze zur späteren Abfuhr zu verwenden und unterliegt bei sich bis zum Abfuhrzeitpunkt geänderten wirtschaftlichen Verhältnissen nicht dem Gleichbehandlungsgebot. Somit trifft den Vertreter nach § 80 BAO die Verpflichtung, die Lohnsteuer einerseits einzubehalten und andererseits - ungeachtet wirtschaftlicher Schwierigkeiten und des Gleichbehandlungsgebotes - zur Gänze dem Finanzamt zum Fälligkeitstag abzuführen (vgl. ).

Da, wie ausgeführt, im gegenständlichen Haftungsverfahren eine Bindungswirkung an den zugrundeliegenden Abgabenbescheid (Haftungsbescheid gemäß § 82 BAO) besteht und daher davon auszugehen ist, dass es der Bf. unterlassen hat, die Lohnsteuern auf den Sachbezug zu den hier relevanten Fälligkeitstagen der Lohnsteuern 03/2013 bis 12/2014 zu entrichten, ist die Abgabenbehörde bei Erlassung des gegenständlichen Haftungsbescheides zu Recht von einer schuldhaften Pflichtverletzung ausgegangen. Allein der Umstand, dass der Bf. keinen Führerschein besaß/besitzt, bildet noch keinen Nachweis bzw. Glaubhaftmachung dafür, dass keine Privatnutzung des Firmenfahrzeuges erfolgt und somit auch keine schuldhafte Pflichtverletzung des Bf. ist, da eine Privatnutzung auch durch Personen im persönlichen Nahbereich des Bf. (z.B. Familienangehörige, Freunde/Freundin etc.) denkbar wäre.

Inanspruchnahme der gemäß § 9 BAO bestehenden Haftung setzt voraus, dass die schuldhafte Verletzung abgabenrechtlicher Pflichten kausal für die Uneinbringlichkeit ist, bei schuldhafter Pflichtverletzung, darf die Abgabenbehörde mangels dagegensprechender Umstände annehmen, dass die Pflichtverletzung Ursache der Uneinbringlichkeit ist (vgl. z.B. ; , 2002/13/0178).

Die Heranziehung zur Haftung ist schlussendlich in das Ermessen der Abgabenbehörde gestellt, wobei die Ermessensentscheidung im Sinne des § 20 BAO innerhalb der vom Gesetz gezogenen Grenzen der Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände zu treffen ist.

Im angefochtenen Haftungsbescheid wurde dazu ausgeführt, dass die Haftungsinanspruchnahme des Bf. die letzte Möglichkeit zur Einbringung der haftungsgegenständlichen Abgabenschuldigkeiten darstellt. Dieser Begründung hat der Bf. im Beschwerdeweg keine Argumente entgegengesetzt. Die Heranziehung des Bf. zur Haftung ist somit jedenfalls erforderlich und zweckmäßig, sodass im gegenständlichen Fall dem Interesse der Allgemeinheit an der Hereinbringung der Abgabenschuld (Zweckmäßigkeitserwägungen) der Vorrang gegeben wurde gegenüber im Einzelinteresse des Bf. gelegenen Billigkeitserwägungen, welche vom Bf. ohnehin nicht vorgebracht wurden.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zur (Un)Zulässigkeit der Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Mit dem vorliegenden Erkenntnis weicht das Bundesfinanzgericht nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, sondern folgt der in den oben angeführten Erkenntnissen zum Ausdruck gebrachten Judikaturlinie.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 9 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 80 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 248 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.7103493.2019

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at