Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 25.01.2021, RV/5101464/2016

Sache des angefochtenen Bescheides

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel vom betreffend Gebühr gem. § 33 TP 18 Abs. 1 GebG 1957 Steuernummer 10-***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:

Der angefochtene Bescheid wird - ersatzlos - aufgehoben.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang und Parteienvorbringen

In der Verlassenschaftssache nach ***1***, verstorben am ***2***.2015, waren die erblasserische Witwe ***3*** zu 1/3 und die mj. Töchter ***4***, ***5***, ***Bf1*** und ***6*** zu je 1/6 des Nachlasses als Erben aufgrund des Gesetzes berufen und haben eine bedingte Erbserklärung abgegeben. Der Erblasser war auch Eigentümer der Liegenschaften ***7*** und ***8*** je KG ***9***. Der rechnerische Erbteil der erbl. Töchter beträgt aufgerundet jeweils € 83.120, --.

Im Zuge des Verlassenschaftsverfahrens wurde laut Protokoll aufgenommen am 29.1 .2016 von ***Notar*** ein Erbübereinkommen abgeschlossen. Danach übernahm die erbl. Witwe den gesamten Nachlass einschließlich der Liegenschaft ***7*** KG ***9*** in ihr Alleineigentum und übernahmen die erbl. Töchter in Anrechnung und teilweiser Abgeltung ihrer Erbteile die Liegenschaft ***8*** KG ***9*** zu je 1/4. Aufgrund dieser Aufteilung betrug die restliche Erbteilsforderung der erbl. Töchter jeweils € 61.870,00, die in bar entrichtet werde und vorläufig gestundet worden sei. Diese Erbteilsforderungen von je € 61.870,00 zuzüglich einer Nebengebührenkaution von je € 12.374, -- wurden auf der Liegenschaft ***7*** KG ***9*** pfandrechtlich sichergestellt.

Der Einantwortungsbeschluss vom ***20***.2016 enthält die Einantwortung entsprechend der abgegebenen bedingten Erbantittserklärungen und die dem Erbübereinkommen folgende Anordnung zur Vornahme der entsprechenden grundbücherlichen Eintragungen.

Mit dem angefochtenen Gebührenbescheid vom wurde von einer Bemessungsgrundlage in Höhe von € 74.244,00 eine Gebühr gem. § 33 TP 18 Abs. 1 GebG in Höhe von 742,44 Euro festgesetzt.

Dagegen wurde rechtzeitig Bescheidbeschwerde vom erhoben und im Wesentlichen vorgebracht, dass das Erbübereinkommen der Grunderwerbsteuer unterliegen würde, nach § 15 Abs. 3 GebG wäre daher die Pfandrechtseinräumung von der Gebührenpflicht ausgenommen; überdies stelle die gleichzeitige Pfandbestellung ein typisches Sicherungsgeschäft dar, welches gem. § 19 Abs. 2 2. Satz GebG von einer Gebührenpflicht ausgenommen wäre.

Die Beschwerde wurde mit Beschwerdevorentscheidung vom als unbegründet abgewiesen. Dagegen richtet sich der Vorlageantrag vom .

Die Beschwerde wurde am dem Bundesfinanzgericht vorgelegt und der Gerichtsabteilung ***10*** zugeteilt.

In der Beschwerdevorlage wurde von der belangten Behörde ausgeführt:

"Gemäß § 33 TP 18 Abs. 1 GebG unterliegen Hypothekarverschreibungen, wodurch zur Sicherstellung einer Verbindlichkeit eine Hypothek bestellt wird, nach dem Werte der Verbindlichkeit, für welche die Hypothek eingeräumt wird, einer Rechtsgebühr von 1 %. Die zum Ansatz gebrachte Bemessungsgrundlage ist unstrittig. Gem. § 15 Abs. 3 GebG sind Rechtsgeschäfte, die unter das Erbschafts- und Schenkungssteuergesetz, Grunderwerbsteuergesetz, Kapitalverkehrsteuergesetz (I. Teil Gesellschaftsteuer und II. Teil Wertpapiersteuer) oder Versicherungssteuergesetz fallen, von der Gebührenpflicht ausgenommen; dies gilt auch für Rechtsgeschäfte, sofern und insoweit diese unter das Stiftungseingangssteuergesetz fallen. Diese Gesetzesstelle will eine Doppelbesteuerung identer Rechtsvorgänge vermeiden. Für die Anwendung der Abgrenzungsvorschrift genügt es, dass das Rechtsgeschäft überhaupt den genannten Verkehrsteuergesetzen unterliegt. Bei Erwerb eines Grundstückes durch Erbanfall wird mit der Rechtskraft des Einantwortungsbeschlusses der Tatbestand des § 1 Abs. 1 Z 2 GrEStG verwirklicht. Dass es vorliegendenfalls um einen Erbanfall geht, ist unbestritten. Nach § 1 Abs. 1 Z 2 GrEStG unterliegt der Grunderwerbsteuer soweit auf inländische Grundstücke beziehend der Erwerb des Eigentums, wenn kein den Anspruch auf Übereignung begründendes Rechtsgeschäft vorausgegangen ist. Bei Erbteilungsübereinkommen kommt es im Zuge der Einantwortung eines Grundstückes aus dem Nachlass bei dem betreffenden Erben zu einem Erwerb gemäß § 1 Abs. 1 Z 2 GrEStG, da dieser die Eintragung in das Grundbuch begehren kann. Die Verfügung der übrigen Erben über ihren Anteil am Nachlass und damit auch unter Umständen an einem entsprechendem Grundstück stellt keine Verfügung über das Grundstück, sondern eine Verfügung über deren Erbrecht bzw. einen Teil des Erbrechts dar und verwirklicht daher keinen grunderwerbsteuerlichen Tatbestand ( BMF-010206/0040-VI/5/2009, Pkt III.1.4. und JEV 2016, 67: Steuerliche Fragestellungen bei erbrechtlichen Immobilienerwerben). In zwei Entscheidungen hat der Unabhängige Finanzsenat (UFS) diese Auffassung des Gesetzgebers (dargelegt in den ErläutRV) und der Finanzverwaltung hinsichtlich Erbteilungsübereinkommen ausdrücklich bestätigt (-K/09 und , RV/2779-W/11).

Gem. § 19 Abs. 2 2. Satz GebG sind die in der Urkunde über das Hauptgeschäft zwischen denselben Vertragsteilen zur Sicherung oder Erfüllung des Hauptgeschäftes abgeschlossenen Nebengeschäfte gebührenbefreit, wenn das Hauptgeschäft nach diesem Gesetz oder einem Verkehrsteuergesetz einer Gebühr oder Verkehrsteuer unterliegt. Weder § 15 Abs. 3 GebG noch § 19 Abs. 2 2. Satz GebG kommen hier, wie gezeigt wurde, zur Anwendung, weil das Erbübereinkommen keinen grunderwerbsteuerbaren Tatbestand verwirklicht. Selbst der im Vorlageantrag enthaltene Hinweis auf Fellner, Stempel- und Rechtsgebühren, Manz 2016, 10. Aufl. § 19 E 20 vermag das Beschwerdevorbringen nicht zu stützen, da es sich bei "E 20" (nur) um die Zitierung von Entscheidungen handelt; und diese sind lange vor 2008 ergangen."

In der ergänzenden Stellungnahme vom wurde von der beschwerdeführenden Partei vorgebracht:

"Wie die Abgabenbehörde in ihrem Vorlagebericht richtigerweise ausführt sind Rechtsgeschäfte die unter das Erbschafts- und Schenkungssteuergesetz, Grunderwerbsteuergesetz, Kapitalverkehrsteuergesetz (1. Teil Gesellschaftssteuer und Il. Teil Wertpapiersteuer) oder Versicherungssfeuergesetz fallen gemäß § 15 Abs. 3 GebG von der Gebührenpflicht ausgenommen. Auch richtig ist die Feststellung der Abgabenbehörde. dass durch diese Gesetzesstelle eine Doppelbesteuerung identer Rechtsvorgänge vermieden werden soll und es für die Anwendung dieser Abgrenzungsvorschrift bereits genügt, dass das Rechtsgeschäft überhaupt den genannten Verkehrsfeuern (hier: Grunderwerbsfeuer) unterliegt. Zutreffend sind auch die Ausführungen der Abgabenbehörde, dass der Erwerb inländischer Grundstücke durch Erbanfall gemäß § 1 Abs. 1 Z. 2 GrEStG grunderwerbsteuerpflichtig ist und sich mit Rechtskraft des Einantwortungsbeschlusses verwirklicht.

Diese vorstehenden Ausführungen der Abgabenbehörde bestätigen und verdeutlichen nochmals, dass der Erwerb inländischer Grundstücke durch Erbanfall und anschließende Einantwortung - mit oder ohne Erbteilungsübereinkommen - gemäß § 1 Abs. 1 Z. 2 GrEStG der Grunderwerbsfeuer unterliegt. Der Rechtsvorgang - Erbanfall mit Einantwortung - unterliegt also der Grunderwerbsfeuer. Wie die Abgabenbehörde auch richtig ausführt, genügt es, dass das Rechtsgeschäft (hier: der Rechtsvorgang des Erbanfalles mit Einantwortung) überhaupt einer Verkehrsteuer (hier: Grunderwerbsteuer) unterliegt. Dies ist hier unstrittig der Fall, sodass auf diesen Rechtsvorgang das Gebührengesetz überhaupt nicht anzuwenden ist.

Wie bereits in der Bescheidbeschwerde (Seife 5) und auch im Vorlageantrag (Seife 4) ausgeführt, ist die entsprechend dem Erbteilungsübereinkommen vorgenommene Zuteilung der erbl. Liegenschaften gegen Werfausgleich und pfandrechtlicher Sicherstellung der Ausgleichsbeträge untrennbarer Bestandteil der Einantwortung und des Einantwortungsbeschlusses. Dies verdeutlicht auch die Aufnahme der Verbücherungsanordnung - Einverleibung der Eigentumsrechte und der Erbteilsergänzungsforderungen - in den Einantwortungsbeschluss.

Aufgrund der Beteiligung mj. Miterbinnen wäre - wie bereits in der Beschwerde ausgeführt eine Einantwortung des Nachlasses ohne pfandrechtliche Sicherstellung der Erbteilsergänungsbefräge pflegschafts- und verlassenschaftsgerichllich überhaupt nicht denkbar und nicht zulässig.

Die Begründung der Abgabenbehörde. dass die Gebührenbefreiung des § 15 Abs. 3 GebG deshalb nicht zur Anwendung gelange, weil das Erbteilungsübereinkommen als solches keinen grunderwerbsteuerpflichtigen Tatbestand darstelle, ist unrichtig. Zur Beurteilung, ob ein Rechtsvorgang der Grunderwerbsfeuer unterliegt, ist nicht allein auf das Erbübereinkommen -als unselbständigen Bestandfeil der Einantwortung - sondern vielmehr auf das Ergebnis der Einantwortung - also den Einantwortungsbeschluss - abzustellen. Und hier besteht auch Übereinstimmung, dass der Erwerb inländischer Liegenschaffen durch Erbanfall und Einantwortung der Grunderwerbsfeuer unterliegt. Diese grundsätzliche Grunderwerbsteuerpflicht der Einantwortung lässt die Anwendung des Gebührengesetzes nicht zu. In diesem Zusammenhang ist noch darauf hinzuweisen. dass auch nach alter Rechtslage der Erwerb eines zum Nachlass gehörigen Grundstückes durch Miterben zur Teilung des Nachlasses von der Besteuerung nach § 3 Z. 3 GrESfG-alt ausgenommen war; also hiefür - wie heute - keine weitere Grunderwerbsfeuer angefallen ist. Davon unberührt ist die grundsätzliche Grunderwerbsteuerpflicht durch Erbanfall und Einantwortung gemäß § 1 Abs. 1 Z. 2 GrEStG.

Es ist daher die in FELLNER: Stempel und Rechtsgeschäftsgebühren. Manz 2016. 10. Aufl. § 19 E 20, zitierte Entscheidung:

"Vereinbaren mehrere Miterben bei der Erbteilung, dass eine Nachlassliegenschaft zwischen einigen Erben geteilt, die anderen Erben mit Geldforderungen gegen die die Liegenschaftsanteile übernehmenden Erben abgefunden und diese Forderungen auf den Liegenschaftsanteilen pfandrechtlich sichergestellt werden. so bleibt die Bestellung des Pfandrechtes als Nebengeschäft zu einem der Grunderwerbsfeuer unterliegenden Erbteilungsübereinkommen gebührenfrei. Das gilt auch dann, wenn das Erbteilungsübereinkommen aufgrund einer Sonderbestimmung von der GrESt befreit ist." nach wie vor aktuell und auf den vorliegenden Gebührensachverhalf auch anzuwenden.

Das von der Abgabenbehörde für die Begründung einer Steuerpflicht angeführte Beispiel (. 010206/0169-Vl/5/20l0) - Wohnungsrecht aufgrund eines Erbübereinkommens - ist mit dem gegenständlichen Sachverhalt nicht vergleichbar. Im gegenständlichen Erbfalle wird mittels Erbübereinkommen und Einantwortung der nachlasszugehörige Liegenschaftsbesitz zwischen den Miterbinnen verteilt und als Wertausgleich für die Wertinäquivalenz eine Erbteilsergänzungsforderung vereinbart und deren Bezahlung grundbücherlich sichergestellt. Es wird hier nur der Nachlass verteilt und werden keine neuen - nachlassfremden -- Rechte begründet. Im zitierten Beispiel hingegen wird mit der Einräumung eines Wohnungsgebrauchs- rechtes wird ein neues - nicht nachlasszugehöriges "Recht begründet. Es unterscheidet sich also dieser angeführte Sachverhalt mit dem hier zur gebührenrechtlichen Beurteilung voliegenden Erbfalle.

Abschließend wird nochmals darauf verwiesen, dass - wie bereits dargelegt - der Erbanfall mit Einantwortung (mit oder ohne Erbübereinkommen) grunderwerbsteuerpflichtig ist und somit die Anwendbarkeit des Gebührengesetzes gänzlich ausgeschlossen ist."

Mit Verfügung des Geschäftsverteilungsausschusses vom wurde die Rechtssache der Gerichtsabteilung ***10*** gemäß § 9 Abs. 9 BFGG abgenommen und der Gerichtsabteilung ***11*** neu zugeteilt.

In der Stellungnahme vom wurde der Antrag zur Durchführung einer mündlichen Verhandlung zurückgezogen. Ergänzend wurde ausgeführt, die belangte Behörde hätte mit Grunderwerbsteuerbescheiden vom , Erfassungsnummer ***12***:

  • der erbl. Witwe ***3*** für den Erwerb der nachlasszugehörigen Liegenschaft ***7*** der Katastralgemeinde ***9*** zu Steuernummer ***BF1StNr1*** eine Grunderwerbsteuer in Höhe von EURO 1.812,00,

  • den erbl. Töchter mj. ***4***, geb. ***13***, mj. ***5***, geb ***14***, mj. ***Bf1***, geb. ***15***, und mj- ***6***, geb. ***16*** für den gleichteiligen Erwerb der nachlasszugehörigen Liegenschaft ***8*** der Katastralgemeinde ***9*** zu Steuernummern ***BF1StNr1***, ***22***, ***BF1StNr1*** und ***17*** eine Grunderwerbsteuer in Höhe von jeweils EURO 121 ,50,

vorgeschrieben.

Da dieser Erwerbsvorgang - wie das Finanzamt doch richtig beurteilt hat - der Grunderwerbsteuer unterliege, sei hierauf das Gebührengesetz gemäß § 15 Abs. 3 GebG 1957 überhaupt nicht anzuwenden. Die ebenfalls zum gleichen Rechtsvorgang - Erfassungsnummer ***12*** vorgeschriebene Rechtsgeschäftsgebühr - Hypothekarverschreibung gemäß § 33 TP 18 Abs. 1 GebG 1957 - sei mangels grundsätzlicher Anwendbarkeit des Gebührengesetzes unzulässig. Zweck des § 15 Abs. 3 GebG 1957 sei es, zu vermeiden, dass ein Rechtsgeschäft, das noch einem der angeführten Abgabengesetze (hier: Grunderwerbsteuer) steuerbar ist, nicht überdies noch mit einer Rechtsgeschäftsgebühr belegt wird (vgl. FELLNER: Stempel- und Rechtsgeschäftsgebühren, 8. Aufl. § 15 E 139). Durch § 15 Abs. 3 leg cl. sollte der Anfall einer Gebühr neben der Erbschafts- und Schenkungssteuer (nunmehr: Grunderwerbsteuer bei Nachlasszugehörigkeit von Liegenschoten) grundsätzlich vermieden werden (vgl. FELLNER: Stempel- und Rechtsgeschäftsgebühren, 8. Auf. § 15 E 152). Darüber hinaus wurde auch nochmals hilfsweise die Gebührenbefreiung des § 19 Abs. 3 GebG 1957 geltend gemacht.

Der belangten Behörde wurde dazu mit Beschluss vom vorgehalten:

"Im gegenständlichen Fall sind die Gebührenbescheide vom angefochten, mit denen gegenüber den Beschwerdeführern jeweils die Gebühr gemäß § 33 TP 18 GebG wie folgt vorgeschrieben wurde:

[...]

Für den gleich bezeichneten Rechtsvorgang wurden am Grunderwerbsteuerbescheide erlassen, mit denen gegenüber den Beschwerdeführern jeweils die Grunderwerbsteuer wie folgt vorgeschrieben wurde:

[...]

Dies ergibt sich aus der Stellungnahme des Vertreters der Beschwerdeführer, die der belangten Behörde zur Kenntnis gebracht wird."

Dazu wurde in der Stellungnahme vom von der belangten Behörde ausgeführt:

"Der Erwerb durch Erbanfall ist von den Bf. unbestritten.

Das Eigentum am Nachlassvermögen erwirbt der Erbe erst mit der gerichtlichen Einantwortung (). Die Einantwortung ist nach Koziol/Welser (Bürgerliches Recht 13. Aufl. II, 527) die durch Gerichtsbeschluss erfolgende Übergabe des Nachlasses in den rechtlichen Besitz des Erben (, NZ 1977, 136).

Bei Erwerb eines Grundstückes durch Erbanfall wird mit der Rechtskraft des Einantwortungsbeschlusses der Tatbestand des § 1 Abs. 1 Z 2 GrEStG verwirklicht.

Nach § 8 Abs. 4 GrEStG in der hier anzuwendenden Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 36/2014 entsteht die Steuerschuld bei Erwerben durch Erbanfall mit der Rechtskraft des Beschlusses über die über die Einantwortung und bei Erwerben durch Vermächtnis mit der Bestätigung des Verlassenschaftsgerichts gem. § 182 Abs. 3 AußStrG.

Der Gesetzgeber ist beim Schenkungsmeldegesetz 2008, BGBl. I Nr. 85/2008 davon ausgegangen (vgl. ErläutRV 549. BlgNR 23. GR 8), dass beim Erwerb durch Erbanfall oder Vermächtnis der Tatbestand des § 1 Abs. 1 Z 2 GrEStG 1987 mit der Rechtskraft des Beschlusses über die Einantwortung bzw. mit Bestätigung des Verlassenschaftsgerichts gemäß § 182 Abs. 3 Außerstreitgesetz verwirklicht wird, hat dies aber nicht im Gesetz geregelt. Diese Rechtsansicht wurde mit dem Bundesgesetz BGBl. I Nr. 36/2014 im Grunderwerbsteuergesetz verankert (vgl. ErläutRV 101 BlgNR 25. GR 4).

Bei Erbteilungsübereinkommen kommt es im Zuge der Einantwortung eines Grundstückes aus dem Nachlass bei dem betreffenden Erben zu einem Erwerb gemäß § 1 Abs. 1 Z 2 GrEStG, da dieser die Eintragung in das Grundbuch begehren kann. Die Verfügung der übrigen Erben über ihren Anteil am Nachlass und damit auch unter Umständen an einem entsprechendem Grundstück stellt keine Verfügung über das Grundstück, sondern eine Verfügung über deren Erbrecht bzw. einen Teil des Erbrechts dar und verwirklicht daher keinen grunderwerbsteuerlichen Tatbestand ( BMF-010206/0040-VI/5/2009, Pkt. III. 1.4. und Fraberger/Kampitsch Steuerliche Fragestellungen bei erbrechtlichen Immobilienerwerben, JEV - Journal für Erbrecht und Vermögensnachfolge 2/2016, 67).

Vom Unabhängigen Finanzsenat wurde diese Auffassung des Gesetzgebers und der Finanzverwaltung hinsichtlich Erbteilungsübereinkommen in den Entscheidungen v. , RV/0347-K/09 und v. , RV/2779-W/11, ausdrücklich bestätigt.

Fällt sohin ein Rechtsgeschäft nicht unter das Grunderwerbsteuergesetz, ist es deshalb nicht von der Gebührenpflicht ausgenommen; § 15 Abs. 3 GebG kommt nicht zur Anwendung.

Da das Erbübereinkommen keinen grunderwerbsteuerbaren Tatbestand verwirklicht, kommt für die Einräumung des Wohnrechts weder die Befreiung gemäß § 15 Abs. 3 GebG noch gemäß § 19 Abs. 2 GebG zum Tragen (vgl. 010206/0169-VI/5/2010, zitiert in Fellner Stempel- und Rechtsgebühren - Kommentar 20. Lfg (März 2016) § 15 Rz 77).

Gem. § 19 Abs. 2 2. Satz GebG sind die in der Urkunde über das Hauptgeschäft zwischen denselben Vertragsteilen zur Sicherung oder Erfüllung des Hauptgeschäftes abgeschlossenen Nebengeschäfte gebührenbefreit, wenn das Hauptgeschäft nach diesem Gesetz oder einem Verkehrsteuergesetz einer Gebühr oder Verkehrsteuer unterliegt. Da das Hauptgeschäft keiner Verkehrsteuer unterliegt, kommt § 19 Abs. 2 2. Satz GebG nicht zur Anwendung.

Entgegen der in der Stellungnahme der bf. Parteien v. aufgestellten Behauptung, das FAGVG habe "für diesen einheitlichen Rechtsvorgang - Erbteilung und Einantwortung des Nachlasses ... Grunderwerbsteuer vorgeschrieben", hat das FAGVG (nur) für den Erwerb aufgrund der Einantwortung als einen Erwerb gemäß § 1 Abs. 1 Z 2 GrEStG die Grunderwerbsteuer festgesetzt. Es ist strikt zwischen dem Erbübereinkommen (unterliegt nicht der Grunderwerbsteuer) und dem Einantwortungsbeschluss (aufgrund dessen kommt es bei dem betreffenden Erben zu einem Erwerb gemäß § 1 Abs. 1 Z 2 GrEStG) zu unterscheiden.

Gem. § 279 Abs. 1 BAO hat außer in den Fällen des § 278 das Verwaltungsgericht immer in der Sache selbst mit Erkenntnis zu entscheiden. Es ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung seine Anschauung an die Stelle jener der Abgabenbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern, aufzuheben oder die Bescheidbeschwerde als unbegründet abzuweisen.

Die Änderungsbefugnis nach jeder Richtung ist durch die Sache begrenzt. Sache ist die Angelegenheit, die den Inhalt des Spruches erster Instanz gebildet hat.

Die Gebührenbescheide weisen unter "Betrifft:" Verlassenschaftsabhandlung (***19***) vom ***21*** 2015 mit Verl. n. ***1*** auf. Die Grunderwerbsteuerbescheide enthalten nur den gleichen Betrefftext. Gegenstand der Grunderwerbsteuer ist der Erwerb eines Grundstückes durch Erbanfall. In der Begründung der Gebührenbescheide heißt es: Sichergestellte Verbindlichkeit = Pflichtteil zuzüglich Nebengebührenkaution. Der Tarif des § 33 GebG umfasst nur (die dort aufgezählten) Rechtsgeschäfte. Dass für eine "Verlassenschaftsabhandlung" eine Gebühr und zwar eine nach der TP 18 des § 33 GebG festgesetzt wird, ist auszuschließen. Hier ist die Bescheidbegründung eine Ergänzung, die die sichergestellte Verbindlichkeit nennt. Das zur Sicherstellung der Erbteilsforderungen bestellte Pfand auf der Liegenschaft ist hier Gegenstand der Gebührenbescheide. Das ist "Sache" der Bescheide. Dass Gegenstand der Gebührenbescheide diese Sicherstellung der Erbteilsforderungen ist, ist auch für die Bf. ganz klar. Eigentlich ist nicht das Erbübereinkommen an sich das gebührenpflichtige Rechtsgeschäft, sondern die in diesem vereinbarte Sicherstellung der Verbindlichkeiten aus den Erbteilsforderungen und dies enthält die Bescheidbegründung. Daher wäre hier eine allfällige Änderung bzw. Ergänzung des Betrefftextes im Erkenntnis des BFG voll im Rahmen der in § 279 Abs. 1 BAO normierten Berechtigung zur Abänderung eines Bescheides."

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Sachverhalt

Nach der Aktenlage war Sache laut Spruch sowohl der angefochtenen Gebührenbescheide vom als auch der Grunderwerbsteuerbescheide vom die "Verlassenschaftsabhandlung (***19***) vom ***21*** 2015 mit Verl. n. ***1***". Die belangte Behörde geht selbst davon aus, dass ein Erbteilungsübereinkommen vom Grundlage für die Gebühr sei. Weder das Erbteilungsübereinkommen vom noch eine diesem Übereinkommen zuordenbare Sicherstellung ist im Spruch des angeführten Bescheides angeführt. Auch in der Begründung der angefochtenen Bescheide ist weder das Erbteilungsübereinkommen vom noch eine diesem Übereinkommen zuordenbare Sicherstellung erwähnt. Inwieweit die "Verlassenschaftsabhandlung (***19***) vom ***21*** 2015 mit Verl. n. ***1***" ein gebührenpflichtiges Rechtsgeschäft nach § 33 TP 18 GebG 1957 ist, wurde von der belangten Behörde nicht erläutert. Überdies geht die belangte Behörde selbst davon aus, es sei auszuschließen, dass für eine "Verlassenschaftsabhandlung" eine Gebühr nach der TP 18 des § 33 GebG festgesetzt wird. In der Begründung ist lediglich angeführt: "Sichergestellte Verbindlichkeit = Pflichtteil zuzüglich Nebengebührenkaution". Auch hieraus ergibt sich kein Hinweis auf eine vereinbarte Sicherstellung im Erbübereinkommen vom .

Rechtliche Beurteilung

Zu Spruchpunkt I. (Aufhebung)

Nach § 279 Abs. 1 der Bundesabgabenordnung (BAO) hat außer in den Fällen des § 278 das Verwaltungsgericht immer in der Sache selbst mit Erkenntnis zu entscheiden. Es ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung seine Anschauung an die Stelle jener der Abgabenbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern, aufzuheben oder die Bescheidbeschwerde als unbegründet abzuweisen.

Die Befugnis, "nach jeder Richtung" abzuändern, ist durch die Sache begrenzt (vgl ). Einen anderen Sachverhaltskomplex (also Gegenstand des Verfahrens vor der Abgabenbehörde) darf das Verwaltungsgericht dabei allerdings nicht annehmen. "Sache" ist die Angelegenheit, die den durch den Spruch des bekämpften Bescheides zum Ausdruck gebrachten Inhalt des Verfahrens gebildet hat. (vgl ).

Nach Ansicht der belangten Behörde sei im gegenständlichen Fall die Bescheidbegründung als Ergänzung des Spruches des angefochtenen Bescheides heranzuziehen. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist der Spruch eines Bescheides im Zweifel iSd angewendeten Gesetzes auszulegen (vgl. Ritz, BAO6, § 92 Tz 7, und die dort angeführte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes). Bestehen Zweifel über den Inhalt des Spruchs, so ist zu dessen Deutung auch die Begründung heranzuziehen (vgl. ). Im gegenständlichen Fall schafft jedoch die Begründung des angefochtenen Bescheides keine Klarheit, enthält diese keinen Hinweis auf ein konkretes Rechtsgeschäft wie etwa die von der belangten Behörde nunmehr in der Stellungnahme vom angeführte vereinbarte Sicherstellung im Erbübereinkommen vom . Im Betreff des angefochtenen Bescheides ist lediglich die "Verlassenschaftsabhandlung (***19***) vom ***21*** 2015 mit Verl. n. ***1***" angeführt, welches jedoch selbst nach Ansicht der belangten Behörde kein gebührenpflichtiges Rechtsgeschäft nach § 33 TP 18 GebG 1957 ist. Aus dem angefochtenen Bescheid geht daher kein Sachverhaltskomplex hervor, der nach § 33 TP 18 GebG 1957 eine Gebührenpflicht ausgelöst hätte.

Der angefochtene Bescheid erweist sich somit als rechtswidrig und ist ersatzlos aufzuheben, zumal es dem Verwaltungsgericht nach der zitierten Rechtsprechung verwehrt ist, eine aus angefochtenen Bescheid nicht hervorgehende Sache erstmals einer Besteuerung zu Grunde zu legen.

Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die zu lösenden Rechtsfragen sind geklärt, sodass diesen keine grundsätzliche Bedeutung zukommt.

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 279 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise


ECLI
ECLI:AT:BFG:2021:RV.5101464.2016

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at