Bescheidbeschwerde – Senat – Erkenntnis, BFG vom 21.01.2021, RV/7104547/2020

Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Vorsitzende Richterin ***R1***, den Richter***R2*** sowie die fachkundigen Laienrichter ***R3*** und ***R4*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Freimüller Obereder Pilz RA GmbH, Alser Straße 21, 1080 Wien, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Wien 8/16/17 vom betreffend Abweisung des Antrages vom hinsichtlich Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zur Erhebung einer Beschwerde gegen den Haftungsbescheid vom , Steuernummer ***1***, in der Sitzung am zu Recht erkannt:

Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben.

Die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Einbringung einer Beschwerde gegen den Haftungsbescheid vom wird bewilligt.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Mit Bescheid vom wurde der Beschwerdeführer (Bf.) gemäß §§ 9 und 80 BAO für Abgabenschuldigkeiten der ***X*** GmbH in Höhe von € 153.414,53 zur Haftung herangezogen.

Der Bescheid wurde mit RSb-Brief versendet, der nach erfolglosem Zustellversuch vom beim Postamt hinterlegt wurde. Beginn der Abholfrist war der . Nach Ablauf der Abholfrist wurde der Brief an das bescheidausstellende Finanzamt mit dem Vermerk "nicht behoben" retourniert.

Mit Eingabe vom brachte der Bf. durch seine rechtsfreundlichen Vertreter einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und gleichzeitig eine Beschwerde gegen den Haftungsbescheid vom ein und führte aus:

"Wie Ihnen bereits bekannt ist, vertreten wir sowohl die ***X*** GmbH als auch deren handelsrechtlichen Geschäftsführer, Herrn ***Bf.***, rechtsfreundlich.

Im Anschluss an unser Schreiben vom nehmen wir Bezug auf das am mit Herrn ***2*** geführte Telefonat, in dem uns die Mitteilung gemacht wurde, dass seitens des Finanzamtes am ein Haftungsbescheid über rückständige Abgaben der ***X*** GmbH gegen deren handelsrechtlichen Geschäftsführer, Herrn ***Bf.***, erlassen wurde.

Da uns und unseren Klienten bis zum Zeitpunkt dieses Telefonats der Umstand der Erlassung des Haftungsbescheides gegen Herrn ***Bf*** unbekannt war, haben wir diesen umgehend über die Hinterlegung des Haftungsbescheides durch die Österreichische Post als Zustellorgan im September 2018 verständigt.

Es konnte daraufhin nunmehr der Sachverhalt dahingehend aufgeklärt werden, dass die Ehegattin von ***Bf.***, Frau ***G.***, die Hinterlegungsverständigung aus dem Postfach des Hauses ***Adr.1*** entnommen hatte, diesen in weiterer Folge nicht jedoch ihrem Ehegatten ***Bf.*** zur Kenntnis brachte, sondern die Hinterlegungsverständigung gemeinsam mit anderen Schriftstücken derart auf dem Schreibtisch der ehelichen Wohnung ablegte, dass sie unter anderen Schriftstücken so lange verborgen blieb, bis dass sie zufällig am unter einer Dokumentenmappe von ***G.*** aufgefunden wurde, wovon der Bescheidadressat, Herr ***Bf.***, unverzüglich benachrichtigt wurde.

Obiger Sachverhalt ist durch die beiliegenden eidesstättigen Erklärungen von ***Bf.*** und ***G.*** vom bescheinigt und stellt der dargelegte Sachverhalt aus dem Blickwinkel von Herrn ***Bf.*** ein unvorhergesehenes und unabwendbares Ereignis dar, das diesen daran hinderte, den Haftungsbescheid entgegenzunehmen und rechtzeitig dagegen Beschwerde zu erheben. Ein Verschulden an der Versäumung der Frist ist im gegenständlichen Fall nicht vorgelegen, da der Bescheidadressat bisher auf das zuverlässige Entgegennehmen von Poststücken durch seine Ehegattin vertrauen konnte und es sich bei der Verreihung der Hinterlegungsverständigung unter privaten Dokumenten der Ehegattin des Bescheidadressaten um ein erstmaliges Versehen handelt.

Dies vorausgeschickt, stellen wir namens von Herrn ***Bf.*** den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand hinsichtlich der Versäumung der Frist zur Erhebung einer Beschwerde gegen den Haftungsbescheid vom .

Gleichzeitig erheben wir namens und auftrags von Herrn ***Bf.*** Beschwerde gegen den Haftungsbescheid vom [….]"

Beigelegt wurden eidesstättige Erklärungen des Bf. sowie seiner Ehegattin mit folgenden Inhalten:

I. Erklärung des Bf.

"Hiermit erkläre ich, ***Bf.***, geb. ***Datum1*** wohnhaft in ***Wohnadr.***, Nachfolgendes an Eides statt:

1. Ich bin Geschäftsführer der ***X*** GmbH (FN ***XXX***) mit Sitz in Wien und der Geschäftsadresse in ***Adr.2***. Ich bin in ***Wohnadr.***, persönlich wohnhaft.

Ich habe in meiner Funktion als handelsrechtlicher Geschäftsführer der ***X*** GmbH am an meine Privatanschrift ein Schreiben des Finanzamtes vom erhalten, in dem ich unter Hinweis auf die Bestimmung des § 227 BAO aufgefordert wurde, eine vollstreckbar gewordene Abgabenschuld in Höhe von € 153.414,53 zur Abgabenkontonummer ***1*** binnen zwei Wochen ab Zustellung des Mahnschreibens zu bezahlen.

Ich habe das vorgenannte Schreiben am dem anwaltlichen Vertreter der ***X*** GmbH, Herrn Rechtsanwalt Dr. ***F***, mit dem Auftrag übergeben, in einem Schreiben gegenüber dem Finanzamt festzuhalten, dass ich als Geschäftsführer nicht persönlich für die Abgabenverbindlichkeiten der ***X*** GmbH hafte, sodass die Zahlungsaufforderung ausschließlich an die Gesellschaft zu richten ist. Ferner wurde von Herrn Rechtsanwalt Dr. ***F*** im Rahmen dieses Schreibens ausgeführt, dass eine Anspruchsgrundlage, die eine Haftung meinerseits für die Abgabenverbindlichkeiten der ***X*** GmbH begründen würde nicht existiert.

2. Meine Ehegattin hat am im Zuge des Aufräumens des Schreibtisches in unserer Wohnung eine Hinterlegungsverständigung der Österreichischen Post vorgefunden, demnach ein mir zu eigenen Handen zuzustellendes behördliches Dokument bis bei der Post, Geschäftsstelle ***Adr.3***, zur Abholung liege. Ich habe diese Hinterlegungsverständigung erstmals am zur Kenntnis genommen. Die Hinterlegungsverständigung befand sich unter der Dokumentenmappe meiner Frau und wurde von meiner Frau versehentlich dort mit anderen Unterlagen abgelegt, ohne dass mir meine Frau vom Einlangen einer Hinterlegungsbestätigung zuvor Mitteilung machte. Normalerweise hinterlässt meine Frau einlangende und an mich gerichtete Post im Eingangsbereich der Wohnung, wo ich diese zur Kenntnis nehmen kann.

3. Ich habe unverzüglich nach Auffinden der Hinterlegungsverständigung Herrn RA Dr. ***F*** hievon benachrichtigt, der daraufhin den Versuch unternommen hat, beim Finanzamt telefonisch zu hinterfragen, welches Schriftstück aufgrund der Hinterlegungsanzeige hinterlegt wurde. Herr Dr. ***F*** konnte am telefonisch beim Finanzamt (Telefonat mit Herrn ***2***) in Erfahrung bringen, dass am seitens des Finanzamtes ein Haftungsbescheid für Abgabenverbindlichkeiten der ***X*** GmbH gegen mich erlassen wurde. Der Haftungsbescheid sei postalisch unbehoben zurück an das Finanzamt gekommen. Hievon wurde ich durch RA Dr. ***F*** noch am schriftlich verständigt. Erst zu diesem Zeitpunkt ist mir zur Kenntnis gelangt, dass das Finanzamt Wien 8/16/17 am einen Haftungsbescheid für Abgabenverbindlichkeiten der ***X*** GmbH gegen mich erlassen hat."

II. Eidesstättige Erklärung der Ehegattin des Bf:

"Hiermit erkläre ich, ***G.***, geb. ***Datum2***, Ehegattin des ***Bf.***, wohnhaft in ***Wohnadr.***, Nachfolgendes an Eides statt:

Ich bin die Ehegattin von ***Bf.*** und bewohne mit diesem und gemeinsam mit unseren Kindern die Wohnung in ***Wohnadr.***. Da ich regelmäßig vor meinem Ehegatten am Nachmittag/Abend nach Hause komme, obliegt es üblicherweise mir, den Briefkasten zu entleeren und damit die einlangende Post entgegen zu nehmen. Üblicherweise hinterlasse ich an meinen Ehegatten ***Bf.*** gerichtete Post verlässlich im Eingangsbereich der Wohnung, damit mein Ehegatte unverzüglich Kenntnis von an ihn gerichteten Schriftstücken erlangen kann.

Mutmaßlich Mitte/Ende September 2018 habe ich aus dem Briefkasten unseres Hauses eine an meinen Ehegatten gerichtete Hinterlegungsverständigung der Österreichischen Post entnommen und diese Hinterlegungsbestätigung, nicht wie üblich im Eingangsbereich der Wohnung. sondern auf dem Schreibtisch (gemeinsam mit anderen Poststücken) abgelegt, ohne meinen Ehegatten vom Einlangen der Hinterlegungsanzeige zu benachrichtigen. Die Hinterlegungsbestätigung habe ich auf dem Schreibtisch gemeinsam mit anderen Schriftstücken derart aufbewahrt, dass sie unter anderen Schriftstücken so lange verborgen blieb, bis dass sie zufällig am unter meiner Dokumentenmappe, in der ich meine persönlichen Dokumente verwahre, aufgetaucht ist. Ich habe davon unverzüglich meinen Mann benachrichtigt, der vor diesem Zeitpunkt keine Kenntnis von der Hinterlegungsanzeige der Österreichischen Post (Absender: FA. Identifikationsnummer ***1***) hatte."

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Mit Bescheid vom wies das Finanzamt den Wiedereinsetzungsantrag ab und führte aus:

"Gemäß § 308 BAO ist gegen die Versäumung einer Frist auf Antrag der Partei, die durch die Versäumung einen Rechtsnachteil erleidet, die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn die Partei glaubhaft macht, dass sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis verhindert war, die Frist einzuhalten. Dass der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt. Der Antrag auf Wiedereinsetzung muss binnen einer Frist von drei Monaten nach Aufhören des Hindernisses bei der Behörde (Abgabenbehörde oder Verwaltungsgericht), bei der die Frist wahrzunehmen war, eingebracht werden.

Mit Bescheid vom wurde ***Bf.*** als haftungspflichtiger Geschäftsführer für aushaftende Abgabenschuldigkeiten der Firma ***X*** GmbH in der Höhe von € 153.414,53 in Anspruch genommen. Dieser Bescheid wurde mit RSa an die Wohnanschrift von ***Bf.*** in der ***Wohnadresse*** versendet. Laut Rückschein wurde der Brief am beim Postamt ***3*** hinterlegt und da er bis zum Ablauf der Hinterlegungsfrist am nicht behoben wurde, am mit dem Vermerk "Nicht behoben" an das Finanzamt retourniert.

Im Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand vom führt der Antragsteller dazu aus, seine Frau ***G.*** habe die Hinterlegungsverständigung aus dem Postfach entnommen und es in weiterer Folge unterlassen, ihn über den erfolglosen Zustellversuch zu informieren. Sie habe die Hinterlegungsverständigung gemeinsam mit anderen Schriftstücken derart auf dem Schreibtisch abgelegt, dass sie unter anderen Schriftstücken bis zum verborgen geblieben sei. An diesem Tag sei die Hinterlegungsverständigung von ***G.*** unter einer Dokumentenmappe aufgefunden worden, wovon ihr Ehegatte unverzüglich benachrichtigt worden sei. Nach Meinung des Antragstellers stelle dies ein unvorhergesehenes und unabwendbares Ereignis dar, das ihn daran hinderte, den Haftungsbescheid entgegenzunehmen und rechtzeitig dagegen Beschwerde zu erheben.

Da der Antragsteller auf das zuverlässige Entgegennehmen von Poststücken durch seine Ehegattin vertrauen konnte und es sich bei der Verreihung der Hinterlegungsverständigung um ein erstmaliges Versehen gehandelt habe, sei kein Verschulden an der Versäumung der Frist vorgelegen.

In der mit dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand eingebrachten Beschwerde gegen den Haftungsbescheid führte der Antragsteller aus, dass ihn kein Verschulden an der Nichtentrichtung der Abgaben der ***X*** GmbH träfe, weil es sich bei der ausständigen Abgabenschuld um die Umsatzsteuer im Zusammenhang mit dem Verkauf der letzten von drei ausgebauten Dachgeschoßwohnungen, die im Kaufpreis des letzten veräußerten Objekts keine Deckung mehr gefunden habe, handle. Dem Verkaufspreis dieser Wohnung in der Höhe von € 1,195.000,- sei eine pfandrechtlich erstrangig besicherte Forderung der ***C*** Privatstiftung in der Höhe von € 1,416.470,- gegenübergestanden.

Selbst wenn die letzte Wohnung nicht veräußert worden wäre und statt dessen schon zu diesem Zeitpunkt Insolvenz angemeldet worden wäre, wäre es im Zuge der Verwertung dieser Wohnung im Rahmen eines Insolvenzverfahrens ebenfalls zum Entstehen einer Abgabenschuld in derselben Höhe gekommen, die durch das vorrangige Pfandrecht der ***C*** Privatstiftung nicht hätte bedient werden können. Da es sich bei der Wohnung um den letzten Vermögenswert des Unternehmens gehandelt habe, seien dem Antragsteller keine Mittel der Gesellschaft zur Verfügung gestanden, die durch den Wohnungsverkauf angefallene Umsatzsteuer zu zahlen. Das Finanzamt sei daher nicht schlechter behandelt worden als andere Gläubiger.

Dazu hat das Finanzamt Wien 8/16/17 wie folgt erwogen:

Auf Grund der vorgelegten "Eidesstättigen Erklärungen" des Antragstellers und dessen Ehegattin vom wurde versucht, glaubhaft zu machen, dass der Antragsteller tatsächlich erst am von der Hinterlegungsbestätigung erfuhr. Allerdings erscheint es wenig glaubwürdig, dass die Verständigung über die Hinterlegung eines Schriftstücks des Finanzamtes zunächst aus dem Briefkasten entnommen, dann am Schreibtisch abgelegt und erst drei Monate später unter einer Dokumentenmappe aufgefunden wurde. Zudem wurde weder vom Antragsteller noch von dessen Ehegattin behauptet, dass der Antragsteller sich grundsätzlich regelmäßig erkundigt hätte, ob sich an ihn gerichtete Postsendungen im Briefkasten befunden hätten. Im Zuge einer derartigen Nachfrage hätte sich seine Ehegattin sicher an die Hinterlegungsverständigung des Schreibens vom Finanzamt erinnert und ihm übergeben. Somit liegt kein minderer Grad des Verschuldens vor und war spruchgemäß zu entscheiden.

Zur Beschwerde selbst wird nur zur Information mitgeteilt, dass aus dem Schreiben eindeutig hervorgeht, dass die ***C*** Privatstiftung, bei der ***Bf.*** Mitglied des Stiftungsvorstandes ist und die an derselben Adresse wie die ***X*** GmbH residiert, schon durch das Einräumen einer pfandrechtlich erstrangig besicherten Forderung dem Finanzamt gegenüber begünstigt wurde, zumal schon früh absehbar war, dass durch den Verkaufserlös der Wohnungen die daraus entstehenden Abgabenschuldigkeiten nicht getilgt werden können."

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In der dagegen mit Schriftsatz vom eingebrachten Beschwerde wurde ausgeführt:

"Gemäß § 308 BAO ist gegen die Versäumung einer Frist auf Antrag einer Partei, die durch die Versäumung einen Rechtsnachteil erleidet, die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn die Partei glaubhaft macht, dass sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis verhindert war, die Frist einzuhalten. Dass der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung dann nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.

In gegenständlichem Fall wurde die Hinterlegungsanzeige der Österreichischen Post AG durch die Ehegattin des Beschwerdeführers, Frau ***G.***, dem Postkasten entnommen und auf dem Schreibtisch gemeinsam mit anderen Poststücken abgelegt. Im Weiteren dürfte die Dokumentenmappe darübergelegt worden sein, sodass die Hinterlegungsanzeige nicht mehr sichtbar war. Es handelt sich dabei unzweifelhaft um ein unvorhergesehenes bzw. unabwendbares Ereignis im Sinne der Rechtsprechung; nämlich ist ein Ereignis dann unabwendbar, wenn es durch einen Durchschnittsmenschen objektiv nicht verhindert werden kann (beispielweise 2004/16/0096). Es handelt sich auch um ein unvorhergesehenes Ereignis, da die Partei es tatsächlich nicht einberechnet hat und mit zumutbarer Aufmerksamkeit auch nicht erwarten konnte.

Dass die Hinterlegungsanzeige von der Ehegattin des Beschwerdeführers auf dem Schreibtisch abgelegt wurde und im Weiteren unter einer Dokumentenmappe verborgen war, ist ein Vorkommnis, das auch einem sorgfältigen Menschen passieren kann. Die Begründung der Behörde, dass weder vom Antragsteller noch von dessen Ehegattin behauptet wurde, dass der Antragsteller sich grundsätzlich regelmäßig erkundigt, ob an ihn gerichtete Postsendungen im Briefkasten waren, ist insofern in gegenständlichem Fall auch keine taugliche Begründung, da der Beschwerdeführer ja insbesondere auch kein Schriftstück des Finanzamtes erwartet hatte und somit kein Grund vorgelegen hat, sich bei seiner Gattin gesondert nach Poststücken zu erkundigen. Im Übrigen wurden und werden diese ohnehin jeweils auf den Schreibtisch gelegt.

Zusammengefasst liegt sohin tatsächlich ein unabwendbares bzw. unvorhergesehenes Ereignis vor und ist lediglich ein minderer Grad des Versehens gegeben.

Aus diesen Gründen stellt der Beschwerdeführer die folgenden Anträge:

Das Verwaltungsgericht möge

a) im Verfahren über diese Beschwerde eine mündliche Verhandlung durchführen;

b) die Entscheidung durch den gesamten Senat fällen;

c) den Bescheid vom aufheben, dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand hinsichtlich der Versäumung der Frist zur Erhebung einer Beschwerde gegen den Haftungsbescheid vom stattgeben, meritorisch über die Beschwerde gegen den Haftungsbescheid vom Abgabenkontonummer ***1***, zu entscheiden und den genannten Haftungsbescheid vom ersatzlos aufheben."

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Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies das Finanzamt die Beschwerde mit folgender Begründung ab.

"Der Beschwerdeführer bringt in seinem Schriftsatz keine vom ursprünglichen Antrag vom abweichenden Argumente oder Beweismittel vor. Er beanstandete lediglich zusätzlich die Begründung der Behörde, dass weder vom Antragsteller noch von dessen Ehegattin behauptet wurde, dass der Antragsteller sich grundsätzlich regelmäßig erkundigte, ob an ihn gerichtete Postsendungen im Briefkasten waren, denn dies wäre insofern im gegenständlichem Fall auch keine taugliche Begründung, weil der Beschwerdeführer ja insbesondere auch kein Schriftstück des Finanzamtes erwartet hätte und somit kein Grund vorgelegen habe, sich bei seiner Gattin gesondert nach Poststücken zu erkundigen. Im Übrigen seien diese ohnehin jeweils auf den Schreibtisch gelegt worden und würde diese Vorgangsweise auch heute noch so praktiziert.

Es ist daher vollinhaltlich auf die Begründung im Bescheid vom über die Abweisung des Antrages auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand hinsichtlich der Versäumung der Frist zur Erhebung einer Beschwerde gegen den Haftungsbescheid des Finanzamtes Wien 8/16/17 vom zu verweisen. Es erscheint nach wie vor wenig glaubwürdig, dass die Verständigung über die Hinterlegung eines Schriftstücks des Finanzamtes zunächst aus dem Briefkasten entnommen, dann am Schreibtisch abgelegt und erst drei Monate später unter einer Dokumentenmappe aufgefunden worden sein soll. Aus der schriftlichen "eidesstättigen Erklärung" der Gattin des Beschwerdeführers vom geht außerdem hervor, dass sie die Verständigung über die Hinterlegung gemeinsam mit anderen Poststücken aus dem Briefkasten entnommen hat. Dabei muss sie festgestellt haben, dass es sich beim hinterlegten Schriftstück nicht um einen an sie selbst, sondern an ihren Gatten gerichteten Brief des Finanzamtes handelte. In der Beschwerde wird im Gegensatz zum Antrag auf Wiedereinsetzung und der "eidesstättigen Erklärung" präzisiert, dass Poststücke immer auf den Schreibtisch gelegt wurden. Dass der Beschwerdeführer also nicht einmal routinemäßig am Schreibtisch nachsah, ob dort Post für ihn abgelegt worden war, kann nicht als minderer Grad des Verschuldens gewertet werden.

Dabei spielt es auch keine Rolle, dass der Beschwerdeführer zum damaligen Zeitpunkt kein Schriftstück des Finanzamtes erwartet hatte und er somit seiner Meinung nach keinen Grund hatte, sich bei seiner Gattin gesondert nach zugestellten Poststücken zu erkundigen. Mit dieser Argumentation ignoriert der Beschwerdeführer bewusst den Umstand, dass grundsätzlich jederzeit mit behördlichen Schriftstücken aller Art und anderen wichtigen Briefen gerechnet werden muss und dafür kein besonderer Anlass erforderlich ist. Schon aus diesem Grund wäre es an ihm gelegen gewesen, sich regelmäßig eigenhändig zu vergewissern, dass sich unter den Poststücken am Schreibtisch keine behördlichen Schriftstücke, Rechnungen und dergleichen befinden, um keine Fristversäumnisse zu riskieren, wenn ihm seine Gattin die an ihn adressierten Poststücke nicht gesondert bereitgelegt oder ihn speziell auf deren erfolgte Zustellung in den Briefkasten hingewiesen hat.

Somit liegt im vorliegenden Fall kein minderer Grad des Verschuldens vor und war spruchgemäß zu entscheiden."

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Mit Schriftsatz vom brachte der Bf. durch seinen rechtsfreundlichen Vertreter einen Vorlageantrag ein und führte nach Schilderung des Sachverhaltes aus:

"Wie sich aus den gegenständlichenfalls vorgelegten Unterlagen und Anträgen im Akt ergibt, hat die Ehegattin des Beschwerdeführers, Frau ***G.***, die Hinterlegungsverständigung, offenbar betreffend die Zustellung des Haftungsbescheides des Finanzamtes Wien 8/16/17 vom an den Beschwerdeführer, aus dem Postfach des Hauses ***Adr.1*** entnommen und diese gemeinsam mit anderen Schriftstücken derart auf dem Schreibtisch der ehelichen Wohnung abgelegt, dass sie unter anderen Schriftstücken und Unterlagen solange verborgen blieb, bis sie zufällig am unter einer Dokumentenmappe von Frau ***G.*** aufgefunden wurde.

Wie in der eidesstättigen Erklärung des Beschwerdeführers auch ausgeführt wird, befand sich die Hinterlegungsverständigung unter der Dokumentenmappe der Ehegattin und wurde von dieser versehentlich dort (am Schreibtisch) mit anderen Unterlagen abgelegt.

Normalerweise hinterlässt die Frau des Beschwerdeführers einlangende und an den Beschwerdeführer gerichtete Post im Eingangsbereich der Wohnung. Dasselbe führt auch die Ehegattin des Beschwerdeführers aus, wenn sie sagt, dass sie üblicherweise an den Ehegatten gerichtete Post verlässlich im Eingangsbereich der Wohnung hinterlässt. In gegenständlichem Fall der Entnahme der Hinterlegungsanzeige im Herbst 2018 wurde diese aber versehentlich nicht im Eingangsbereich der Wohnung, sondern auf dem Schreibtisch gemeinsam mit anderen Poststücken abgelegt. Nichts anderes wird auch in der Beschwerde ausgeführt, wenn mitgeteilt wird, dass die entnommenen Poststücke auf dem Schreibtisch abgelegt wurden; ein Hinweis darauf, dass dies "immer" der Fall sei, wie dies die belangte Behörde in ihrer Beschwerdevorentscheidung ausführt, geht demgegenüber nicht aus der Beschwerde vom hervor.

Die Voraussetzungen für eine Bewilligung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Erhebung einer Beschwerde gegen den Haftungsbescheid vom sind, entgegen der Rechtsansicht der belangten Behörde, tatsächlich gegeben.

Ein Vorkommnis wie das derartige, nämlich dass fehlerhafterweise ausnahmsweise und ein Poststück an einem nicht dafür vorgesehenen Ort abgelegt wird, könnte beispielsweise auch einer Hilfsperson eines (rechtlichen) Vertreters passieren; wenn aber nicht einmal in diesem Fall das Vorliegen von leichter Fahrlässigkeit überschritten wird, so kann ein derartiges Kontrollsystem wohl kaum von Privatpersonen, mögen sie auch als Geschäftsführer einer GmbH eingesetzt sein, im Rahmen von Zustellungen an die private Adresse gefordert sein.

Üblicherweise werden Schriftstücke, die von der Ehegattin des Beschwerdeführers aus ihrem (privaten!) Postkasten entnommen werden, auf dem Schreibtisch abgelegt; jene, die an ihren Ehegatten adressiert sind, werden gesondert im Empfangsbereich abgelegt. Letzteres ist gegenständlichenfalls versehentlich unterblieben und die Hinterlegungsanzeige so unter Poststücken der Ehegattin und deren Dokumentenmappe am Schreibtisch verdeckt gelegen. Erst im Zuge von Aufräumarbeiten wurde die Hinterlegungsanzeige aufgefunden, wobei zu diesem Zeitpunkt bereits die Mahnung des Finanzamtes Wien 8/16/17 vom bekannt war.

Dass der Beschwerdeführer nicht gesondert seiner Ehegattin täglich die Frage stellt, ob behördliche Schriftstücke an seine private Anschrift zugestellt wurden, ist wohl verständlich. Es mag zwar sein, dass ein Durchschnittsbürger jederzeit mit behördlichen Zustellungen zurechnen hat, wenn diese allerdings weitergeleitet werden, stellt dies wohl einen Fehler dar, der einer aufmerksamen Person unterlaufen kann. Im Übrigen kann es wohl nicht als üblich angesehen werden, dass Ehepartner oder zusammenlebende Personen sich wechselseitig jeweils zu erkundigen haben, ob Post eingelangt ist.

Nach ständiger Rechtsprechung ist ein Ereignis unvorhergesehen, wenn die Partei es tatsächlich nicht miteinberechnet hat und dessen Eintritt auch unter Bedachtnahme auf die subjektiv zumutbare Aufmerksamkeit und Voraussicht nicht erwartet werden konnte (siehe dazu 95/05/0060). Nicht die Erfahrungen eines Durchschnittsmenschen, sondern die subjektiven Verhältnisse bilden somit für dieses Verständnis des Begriffes "unvorhergesehen" den Beurteilungsmaßstab. Unabwendbar ist ein Ereignis, wenn sein Eintritt von der Partei mit den einem Durchschnittsmenschen zur Verfügung stehenden Möglichkeiten nicht verhindert werden kann, auch wenn sie dieses Ereignis voraussah. Maßgeblich für die Beurteilung ist der durchschnittliche Ablauf der Ereignisse. Der Begriff "unabwendbar " stellt demgemäß auf die objektiven Hinderungsmöglichkeiten eines Durchschnittsmenschen ab, wenn es bei Anwendung der normalerweise erreichbaren Möglichkeiten und Mittel durch einen Durchschnittsmenschen objektiv nicht verhindert werden konnte (vgl. 98/16/0051).

Bei dem Verschwinden der Hinterlegungsanzeige handelt es sich demnach um ein unvorhergesehenes Ereignis im Sinne der Rechtsprechung. Der Beschwerdeführer hätte keinen Grund gehabt, die Zustellung eines Bescheides ad personam zu erwarten und darüber hinaus hätte er auch nicht vorhersehen können, dass die Ehegattin des Beschwerdeführers entgegen der üblichen Vorgehensweise diesmal ein Poststück, gerichtet an den Beschwerdeführer, nicht im Empfangsbereich ablegt, sondern gemeinsam mit den anderen Poststücken am Schreibtisch, wo es im Weiteren von anderen Dokumenten und einer Dokumentenmappe verdeckt wurde.

Verschulden am betreffenden Ereignis, wenn überhaupt, liegt lediglich in der Form eines minderen Grades vor:

Der Begriff des minderen Grades des Versehens wird nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes als leichte Fahrlässigkeit verstanden. Der Wiedereinsetzungswerber bzw. der Vertreter darf also nicht auffallend sorglos gehandelt haben, somit die im Verkehr mit Gerichten und für die Einhaltung von Terminen und Fristen erforderliche und ihm nach seinen persönlichen Fähigkeiten zumutbare Sorgfalt außer Acht gelassen haben (vgl. etwa 99/03/0029, mwN, und vom , 2009/03/0089). Wer darüber hinaus einen Wiedereinsetzungsantrag auf das Verschulden an einer Hilfsperson stützt, hat schon im Wiedereinsetzungsantrag durch ein substantiiertes Vorbringen darzulegen, aus welchen Gründen ihn selbst kein die Wiedereinsetzung ausschließendes Verschulden trifft, etwa dass und in welcher Weise der Wiedereinsetzungswerber die erforderliche Kontrolle ausgeübt hat (vgl. 95/ 08/0259, und vom , 2010/17/0049) (vgl. Ra 2019/15/0042).

Weder der Beschwerdeführer, noch seine Gattin, haben gegenständlichenfalls sorglos gehandelt. Üblicherweise existiert eine gewisse Vorgehensweise, dass aus Versehen aber einmal ein Poststück an einem anderen Ort abgelegt wird oder unter anderen Dokumenten verborgen liegt, kann auch einer ansonsten vorsichtigen und umsichtigen Person geschehen. Da somit die Voraussetzungen für die Bewilligung des Antrags auf Wiedereinsetzung unzweifelhaft vorliegen, ist dem Wiedereinsetzungsantrag stattzugeben."

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

§ 308 BAO lautet:

(1) Gegen die Versäumung einer Frist (§§ 108 bis 110) oder einer mündlichen Verhandlung ist auf Antrag der Partei, die durch die Versäumung einen Rechtsnachteil erleidet, die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn die Partei glaubhaft macht, daß sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis verhindert war, die Frist einzuhalten oder zur Verhandlung zu erscheinen. Daß der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.

(Anm.: Abs. 2 aufgehoben durch BGBl. I Nr. 124/2003)

(3) Der Antrag auf Wiedereinsetzung muss binnen einer Frist von drei Monaten nach Aufhören des Hindernisses bei der Behörde (Abgabenbehörde oder Verwaltungsgericht), bei der die Frist wahrzunehmen war bzw. bei der die Verhandlung stattfinden sollte, eingebracht werden. Bei Versäumnis einer Beschwerdefrist (§ 245) oder einer Frist zur Stellung eines Vorlageantrages (§ 264) gilt § 249 Abs. 1 dritter Satz sinngemäß. Im Fall der Versäumung einer Frist hat der Antragsteller spätestens gleichzeitig mit dem Wiedereinsetzungsantrag die versäumte Handlung nachzuholen.

(4) Wenn die Zuständigkeit zur Abgabenerhebung auf eine andere Abgabenbehörde übergegangen ist, kann der Antrag unter gleichzeitiger Nachholung der versäumten Handlung auch bei der Abgabenbehörde eingebracht werden, die im Zeitpunkt der Antragstellung zur Abgabenerhebung zuständig ist.

Ein minderer Grad des Versehens liegt nicht vor, wenn der Wiedereinsetzungswerber auffallend sorglos gehandelt hat. Dies wäre der Fall, wenn eine der genannten Personen die im Verkehr mit Gerichten bzw. Behörden für die Einhaltung von Terminen und Fristen erforderliche und nach den persönlichen Fähigkeiten ihr zumutbare Sorgfalt außer acht gelassen hätte.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist zwar das Verschulden eines Parteienvertreters dem Verschulden des Vertretenen gleichzuhalten, nicht jedoch ein Verschulden anderer Personen. Führt das Fehlverhalten anderer Personen, etwa das von Kanzleiangestellten oder Haushaltsangehörigen zu einer Fristversäumung, so ist zu prüfen, ob die Partei selbst dadurch ein schuldhaftes Verhalten gesetzt hat, dass sie eine IHR auferlegte Sorgfaltspflicht außer acht gelassen hat ().

Der Beschwerdeführer hat in seinem Wiedereinsetzungsantrag die Unkenntnis von der ordnungsgemäßen Hinterlegung des ihn betreffenden Schriftstücks vorgebracht. Unkenntnis von der ordnungsgemäßen Hinterlegung eines Schriftstücks ist - sofern sie nicht auf einem Verschulden beruht, welches den minderen Grad des Versehens übersteigt - geeignet, einen Wiedereinsetzungsgrund zu begründen (vgl. z.B. , mwN, , 89/02/0117; , 97/08/0545).

Gemäß dem Erkenntnis des , dürfen bei Privatpersonen in Bezug auf die Vermeidung einer allfälligen Unkenntnis von einem Zustellvorgang nicht etwa dieselben Anforderungen gestellt werden wie an einen Rechtsanwalt, der bei der Einrichtung seines Kanzleibetriebes durch entsprechende Organisation und Kontrolle dafür vorzusorgen hat, dass Unzulänglichkeiten durch menschliches Versagen aller Voraussicht nach auszuschließen sind.

Im Wiedereinsetzungsantrag wird vorgebracht, dass die Ehegattin des Bf., die regelmäßig vor ihrem Mann am Nachmittag/Abend nach Hause komme, den Briefkasten regelmäßig entleere und die an ihren Gatten gerichtete Post im Eingangsbereich ablege.

Sie habe auch die Hinterlegungsanzeige aus dem Briefkasten entnommen, diese jedoch irrtümlich mit anderen Schriftstücken derart auf den Schreibtisch gelegt, dass sie unter einer Dokumentenmappe verborgen geblieben sei, ohne ihren Ehegatten vom Zustellvorgang zu informieren.

Unbestritten ist, dass die Zustellung durch die Hinterlegung rechtmäßig und rechtswirksam erfolgt ist.

Im Unterbleiben von Erkundigungen bei seiner Ehefrau über allenfalls während seiner Abwesenheit erfolgte Zustellversuche liegt jedenfalls keine auffallende Sorglosigkeit, die einen minderen Grad des Versehens im Sinne des § 308 BAO (§ 71 Abs. 1 AVG) ausschließen würde. Organisatorische Maßnahmen dahin, dass die Ehefrau die Hinterlegungsanzeige nicht an sich nehmen kann, braucht ebenfalls niemand zu treffen (vgl. Zl. 95/11/0392, bezüglich des mit § 308 BAO vergleichbaren § 71 Abs. 1 AVG). Es sind keine Gründe ersichtlich, weshalb der Beschwerdeführer schon vor dem fraglichen Vorgang Zweifel an der Zuverlässigkeit der Ehefrau gehabt haben sollte (vgl. ).

Da der Bf. gemäß der eidesstättigen Erklärung seiner Gattin davon ausgehen konnte, dass die Post im Eingangsbereich und nicht am Schreibtisch abgelegt wird, verletzte der Bf. auch keinerlei Sorgfaltspflichten, wenn er den Schreibtisch nicht nach verborgenen (etwa unter anderen Papieren oder Mappen liegenden) Poststücken durchsuchte.

Dem Finanzamt ist zwar zuzustimmen, dass in der Beschwerde ausgeführt wird "Im Übrigen wurden und werden diese (Poststücke) ohnehin jeweils auf den Schreibtisch gelegt", was zwar im Widerspruch zu den Eidesstättigen Erklärungen des Bf. und seiner Gattin steht, jedoch scheint es sich bei dieser Formulierung in der Beschwerde nach Ansicht des Senates um eine irrtümliche Wortwahl des rechtsfreundlichen Vertreters zu handeln, und es kann der Gattin des Bf. auch nicht von vornherein unterstellt werden, dass sie eine wahrheitswidrige eidesstättige Erklärung abgegeben hat.

Nach Ansicht des Senates liegt daher ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis vor, wobei dem Bf. kein grobes Verschulden anzulasten ist.

Dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand war daher stattzugeben.

Zum Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung ist zu bemerken, dass die Bf. durch das Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes () zwar in seinem Verfahrensrecht verletzt wird. Auf Grund des zu beachtenden Gebotes der Verwaltungsökonomie (vgl. Ritz ÖStZ 1996, 70) wurde jedoch in Hinblick darauf, dass nach den vorstehenden Ausführungen ausgeschlossen werden kann, dass er bei Vermeidung dieses Mangels (Durchführung einer mündlichen Verhandlung) zu einem anderen Bescheid hätte gelangen können, von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung abgesehen.

Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine Revision nach Art. 133 Abs. 6 Z 2 B-VG nicht zulässig, da das Erkenntnis nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Die Entscheidung folgt vielmehr der dargestellten ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sowie der herrschenden Lehre.

Wien, am

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