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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 20.01.2021, RV/7101211/2016

Anspruchszinsen

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Mag. Helga Hochrieser in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Anspruchszinsen (§ 205 BAO) 2013, Steuernummer ***BF1StNr1***, zu Recht erkannt:

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Laut Aktenlage erfolgte die Veranlagung zur Einkommensteuer 2013 aufgrund der eingereichten Erklärung und führte zu einer Gutschrift in Höhe von € 42.082,00, welche sich der Beschwerdeführer mit rückzahlen ließ. Das Ergebnis der Gewinntangente stand zu diesem Zeitpunkt noch nicht fest. Die Erlassung des gemäß § 295 Abs. 1 BAO geänderten Einkommensteuerbescheides 2013 vom ergab eine Nachforderung von € 29.730.000, woraus die beschwerdegegenständlichen Anspruchszinsen resultieren.

Mit Beschwerde vom wurde eingewendet, dass das Finanzamt spätestens mit den Gewinn im Feststellungsverfahren hätte festsetzen können, aus Verschulden des Finanzamtes hätte die Veranlagung erst später stattgefunden.

Die Festsetzung der Anspruchszinsen sei daher nicht gerechtfertigt, da die Zinsen nur deswegen entstanden sind, weil die belangte Behörde nicht in der Lage war, zum gegebenen Zeitpunkt den entsprechenden Bescheid richtig und vollständig zu erlassen. Die Anspruchszinsen seien daher mit Null festzusetzen.

Mit Beschwerdevorentscheidung (BVE) vom wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Begründend wurde ausgeführt, dass nach den Ausführungen in den Erläuterungen zur Regierungsvorlage des § 205 BAO (RV 311 BlgNR 21. GP, 210 ff.) Ansprüche auf Anspruchszinsen unabhängig von einem allfälligen Verschulden des Abgabepflichtigen oder der Abgabenbehörde entstehen. Selbst wenn die Verfahrensverzögerung oder die lange Verfahrensdauer allein aufgrund des Verhaltens des Finanzamtes entstanden ist, habe dies auf die Festsetzung von Anspruchszinsen keine Auswirkung.

Weiters wurde in der BVE darauf hingewiesen, dass der Beschwerdeführer im Zusammenhang mit dem (ersten) Einkommensteuerbescheid 2013 vom Anspruchszinsen in Höhe von € 231,51 gutgeschrieben bekommen habe. Wie aus dem Erkenntnis des zu entnehmen sei, wäre sogar im Fall, dass das Guthaben aufgrund des Erstbescheides auf dem Abgabenkonto belassen worden wäre, die Nachforderung an Anspruchszinsen gerechtfertigt.

Im Vorlageantrag wird vorgebracht, dass aus dem Spruch nicht erkennbar sei, welcher Geldbetrag nunmehr vorgeschrieben wurde. Nicht nachvollziehbar sei auch in der Begründung, warum die Anspruchszinsen noch offen sein sollen und warum dieser Betrag vorläufig vorgeschrieben bleibt, wenn die Beschwerdeführerin die Anspruchszinsen bereits bezahlt habe. Daher blieben die bisherigen Beschwerdeanträge vollinhaltlich aufrecht.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Sachverhalt

Das Bundesfinanzgericht stellt auf Basis des oben geschilderten Verwaltungsgeschehens und der aktenkundigen Unterlagen folgenden entscheidungswesentlichen Sachverhalt fest:

Der Bf. hat gegen die Bescheide betreffend Anspruchszinsen Beschwerde erhoben. In der Begründung der Beschwerde hat der Bf. zu den Anspruchszinsen vorgebracht, dass die Festsetzung der Anspruchszinsen nicht gerechtfertigt sei, da die Zinsen nur deswegen entstanden wären, weil die belangte Behörde nicht in der Lage gewesen sei, zum gegebenen Zeitpunkt den entsprechenden Bescheid richtig und vollständig zu erlassen.

Dieser Sachverhalt ergibt sich aus dem Akteninhalt und ist insoweit nicht strittig.

Rechtliche Beurteilung

Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)

§ 205 Abs. 1 und 2 Bundesabgabenordnung bestimmt:

Differenzbeträge an Einkommensteuer und Körperschaftsteuer, die sich aus Abgabenbescheiden unter Außerachtlassung von Anzahlungen (Abs. 3) nach Gegenüberstellung mit Vorauszahlungen oder mit der bisher festgesetzt gewesenen Abgabe ergeben, sind für den Zeitraum ab 1. Oktober des dem Jahr des Entstehens des Abgabenanspruchs folgenden Jahres bis zum Zeitpunkt der Bekanntgabe dieser Bescheide zu verzinsen (Anspruchszinsen). Dies gilt sinngemäß für Differenzbeträge aus

a) Aufhebungen von Abgabenbescheiden,

b) Bescheiden, die aussprechen, dass eine Veranlagung unterbleibt,

c) auf Grund völkerrechtlicher Verträge oder gemäß § 240 Abs. 3 erlassenen Rückzahlungsbescheiden.

Die Anspruchszinsen betragen pro Jahr 2% über dem Basiszinssatz. Anspruchszinsen, die den Betrag von 50 Euro nicht erreichen, sind nicht festzusetzen. Anspruchszinsen sind für einen Zeitraum von höchstens 42 Monaten festzusetzen.

Nach den Ausführungen in den Erläuterungen zur Regierungsvorlage der oben zitierten Gesetzesbestimmung (RV 311 BlgNR 21. GP, 210 ff.) entstehen Ansprüche auf Anspruchszinsen unabhängig von einem allfälligen Verschulden des Abgabepflichtigen oder der Abgabenbehörde. Zinsenbescheide setzen nicht die materielle Richtigkeit des Stammabgabenbescheides, wohl aber einen solchen Bescheid voraus. Solche Bescheide sind daher auch nicht mit der Begründung anfechtbar, der Stammabgabenbescheid bzw. ein abgeänderter Bescheid wäre rechtswidrig.

Den angefochtenen Anspruchszinsenbescheiden liegt die im Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2013 vom ausgewiesene Abgabennachforderung zugrunde.

Die prozessuale Bindung von abgeleiteten Bescheiden - wie im gegenständlichen Verfahren - kommt nur dann zum Tagen, wenn ein Grundlagenbescheid rechtswirksam erlassen worden ist (vgl. Ritz, BAO-Kommentar6, § 252 Tz 3).

In der Beschwerde wurde weder argumentiert, dass der die Anspruchszinsen auslösende Einkommensteuerbescheid 2013 nicht rechtswirksam erlassen worden wäre, noch dass die Höhe der Anspruchszinsen nicht korrekt berechnet worden wäre, sodass dem angefochtenen Anspruchszinsenbescheid auch kein formalrechtliches Hindernis entgegensteht.

Dazu ist auszuführen, dass ein Anspruchszinsenbescheid an die Höhe der im Bescheidspruch des entsprechenden Stammabgabenbescheides ausgewiesenen Nachforderung gebunden ist. Die Festsetzung von Anspruchszinsen ist objektiv allein von der zeitlichen Komponente, nämlich wann der Einkommensteuerbescheid dem Abgabepflichtigen bekannt gegeben wurde und von der Höhe des Differenzbetrages (Nachforderung oder Gutschrift) abhängig.

Erweist sich der Stammabgabenbescheid (Einkommensteuerbescheid 2013) nachträglich als rechtswidrig und wird er entsprechend abgeändert oder aufgehoben, so wird diesem Umstand mit einem an den Abänderungsbescheid (Aufhebungsbescheid) gebundenen Zinsenbescheid Rechnung getragen. Sollte der Stammabgabenbescheid in der Folge abgeändert oder aufgehoben werden, ergeht ein weiterer Anspruchszinsenbescheid und es erfolgt keine Abänderung des ursprünglichen - wirkungslosgewordenen - Zinsenbescheides (, , Ritz, BAO 6, Rz 35 zu § 205). Die Notwendigkeit einer derartigen Anpassung der Anspruchszinsenfestsetzung ergibt sich bereits aus der formellen Akzessiorität eines Nebenanspruches bezüglich seiner zugrundeliegenden Stammabgabe ().

Gemäß § 205 Abs. 3 BAO kann der Abgabepflichtige durch Anzahlungen eine Minderung oder Vermeidung von Nachforderungszinsen bewirken. In § 214 Abs. 4 lit. e BAO wurde dafür ein Verrechnungsweisungsrecht geschaffen, weil Anzahlungen erst ab dem Zeitpunkt ihrer Entrichtung eine Nachforderungszinsen vermeidende bzw. vermindernde Wirkung haben. Derartige Anzahlungen können - bei Bestehen eines Guthabens auf dem Abgabenkonto - dem Finanzamt durch gesondertes Schreiben oder auf Zahlungsbelegen durch entsprechende Verrechnungsweisung bekannt gegeben werden.

Es wäre in der Disposition des Beschwerdeführers gestanden, das Guthaben auf dem Abgabenkonto zu belassen und dieses Guthaben der zu erwartenden Nachforderung mittels Verrechnungsweisung zu widmen.

Wie bereits vom Finanzamt in der BVE ausgeführt, ist die Vorschreibung von Anspruchszinsen verschuldensunabhängig.

Die beschwerdegegenständlichen Anspruchszinsen von € 470,75 waren jedenfalls zum Zeitpunkt der Erstellung des Vorlageberichtes () noch nicht entrichtet und hafteten vollstreckbar auf dem Abgabenkonto des Beschwerdeführers aus.

Da weder aus dem Beschwerdevorbringen noch aus dem Veranlagungsakt Argumente ersichtlich sind, wonach die Höhe der Anspruchszinsen nicht korrekt berechnet worden wäre, war spruchgemäß zu entscheiden.

Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Wie oben dargestellt, ergibt sich die Entscheidung des BFG über die Beschwerde betreffend die Anspruchszinsen aus dem Gesetz und der dazu ergangenen Judikatur des VwGH. Eine Revision gegen dieses Erkenntnis ist daher nicht zulässig.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 205 Abs. 3 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
ECLI
ECLI:AT:BFG:2021:RV.7101211.2016

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at