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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 23.12.2020, RV/7104380/2020

Rechtzeitigkeit einer Beschwerde

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Heinz Neuböck Wirtschaftstreuhand Gesellschaft m.b.H., Bauernmarkt 24, 1010 Wien, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Baden Mödling vom betreffend Einkommensteuer für das Jahr 2017, Steuernummer 16-***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:

Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben.
Der angefochtene Bescheid wird - ersatzlos - aufgehoben.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Mit Bescheid vom wurde die Einkommensteuer für Fr. ***Bf1*** (im Folgenden kurz Beschwerdeführerin = Bf.) für das Jahr 2017 unter Berücksichtigung eines pauschal ermittelten Veräußerungsgewinnes in der Höhe von € 56.000,-- mit € 16.712,-- festgesetzt. Nach erstmaligem Ansuchen um Fristverlängerung am wurde seitens der steuerlichen Vertretung am um Verlängerung der Beschwerdefrist bis zum ersucht. Dieses Ansuchen wurde mit Bescheid vom , zugestellt am , abgewiesen. Mit Schreiben vom übermittelte die steuerliche Vertretung daraufhin die gegenständliche Beschwerde und beantragte für den Fall der Vorlage an das Finanzgericht die Abhaltung einer mündlichen Verhandlung.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom , zugestellt am , wurde die Beschwerde vom Finanzamt gemäß § 260 BAO als verspätet zurückgewiesen. Begründend führte das Finanzamt aus, die Bf. habe am letzten Tag der Rechtsmittelfrist der am ergangenen Bescheide betreffend Einkommensteuer sowie Anspruchszinsen 2017, nämlich am , erstmalig um Fristverlängerung ersucht. Durch die Abweisung ihres weiteren Fristverlängerungsansuchens vom mit Bescheid vom , zugestellt am , sei ihr für die fristgerechte Einbringung eines Rechtsmittels nur noch der zur Verfügung gestanden. Die gegenständliche Beschwerde sei jedoch erst am , also verspätet, zur Post gegeben worden.

In dem als "Beschwerde" bezeichneten Vorlageantrag vom führte die steuerliche Vertretung aus:
"Mit Eingabe vom wurde u.a. um Verlängerung der Rechtsmittelfrist zur Einbringung einer Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid 2017 vom angesucht, der mit Bescheid vom nicht stattgegeben wurde. Gegen diesen Bescheid wurde am Beschwerde eingebracht, wobei diese mit bekämpftem Bescheid vom als verspätet zurückgewiesen wurde. Begründend wird dazu angeführt, für die Beschwerde wäre nur mehr der zur Verfügung gestanden, da der Bescheid vom am eingelangt sei. Dies ist jedenfalls unrichtig. Nach der BAO endet die Frist am darauffolgenden Tag, sodass die Beschwerde am fristgerecht eingebracht wurde. Es wird daher beantragt, den Bescheid vom ersatzlos zu beheben und der Beschwerde vom vollinhaltlich stattzugeben."

Am erließ die belangte Behörde eine zweite Beschwerdevorentscheidung, welche mit Bescheid vom wieder aufgehoben wurde.

Am erfolgte die Vorlage der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht. Das Finanzamt führte dabei in seiner Stellungnahme im Vorlagebericht aus, dass die Beschwerde nicht als verspätet anzusehen sei.

In der am stattgefundenen mündlichen Beschwerdeverhandlung wurde in Anwesenheit der Verfahrensparteien die Sach- und Rechtslage eingehend erörtert.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Das Bundesfinanzgericht geht von folgendem Sachverhalt aus:

Mit Bescheid vom wurde die Einkommensteuer der Bf. für das Jahr 2017 unter Berücksichtigung eines pauschal ermittelten Veräußerungsgewinnes in der Höhe von € 56.000,- mit € 16.712,-- festgesetzt. Am wurde seitens der steuerlichen Vertretung erstmals um Fristverlängerung angesucht. Mit Schreiben vom ersuchte die steuerliche Vertretung abermals um Verlängerung der Beschwerdefrist. Dieses Ansuchen wurde mit Bescheid vom , zugestellt am , abgewiesen.

Mit Schreiben vom übermittelte die steuerliche Vertretung gegen diesen Bescheid die gegenständliche Beschwerde.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies das Finanzamt die Beschwerde als verspätet zurück.

Der eingangs geschilderte Sachverhalt ist unbestritten. Ebenso die Tatsache, dass die gegenständliche Beschwerde mangels Rechtzeitigkeit mit Beschwerdevorentscheidung vom zurückgewiesen wurde.

Wird der Lauf einer Frist durch eine behördliche Erledigung ausgelöst, so ist gemäß § 109 BAO für den Beginn der Frist der Tag maßgebend, an dem die Erledigung bekanntgegeben worden ist (§ 97 Abs. 1 BAO). Die Bekanntgabe bei schriftlichen Erledigungen erfolgt nach § 97 Abs. 1 lit. a BAO durch Zustellung.

Nach Wochen, Monaten oder Jahren bestimmte Fristen enden nach § 108 Abs. 2 BAO mit dem Ablauf desjenigen Tages der letzten Woche oder des letzten Monats, der durch seine Benennung oder Zahl dem für den Beginn der Frist maßgebenden Tag entspricht. Beginn und Lauf einer Frist werden durch Samstage, Sonntage oder Feiertage nichtbehindert. Fällt das Ende einer Frist auf einen Samstag, Sonntag, gesetzlichen Feiertag, Karfreitag oder 24. Dezember, so ist der nächste Tag, der nicht einer der vorgenannten Tage ist, als letzter Tag der Frist anzusehen (§ 108 Abs. 3 BAO). Die Tage des Postlaufes werden in die Frist nicht eingerechnet (§ 108 Abs. 4 BAO).

Gemäß § 245 Abs. 1 BAO beträgt die Beschwerdefrist einen Monat.

Gemäß § 245 Abs. 3 BAO wird aufgrund eines Antrags auf Fristverlängerung der Lauf der Beschwerdefrist gehemmt.

Die Hemmung des Fristenlaufes beginnt mit dem Tag der Einbringung des Antrages (Abs. 2 oder 3) und endet mit dem Tag, an dem die Mitteilung (Abs. 2) oder die Entscheidung (Abs. 3) über den Antrag dem Antragsteller zugestellt wird (§ 245 Abs. 4 BAO).

Durch den am rechtzeitig gestellten Antrag auf Verlängerung der Beschwerdefrist wurde der Lauf der Beschwerdefrist gehemmt. Die Hemmung des Fristenlaufes beginnt mit dem Tag der Einbringung des Fristverlängerungsantrages und endet mit dem Tag, an dem die Entscheidung über die Fristverlängerung zugestellt wurde. Dies bedeutet konkret, dass die Hemmung des Fristenlaufes am begann und am endete. Der Tag der Einbringung des Antrags auf Fristverlängerung sowie der Tag der Zustellung der abweisenden Entscheidung sind beide von der Hemmung umfasst. Die Frist läuft erst am Tag nach der Zustellung der (abweisenden) Entscheidung weiter (vgl. dazu auch ; ; SWK-Heft 30/2020, 1434ff).

Im gegenständlichen Fall lief die Frist demnach erst am weiter und war die einmonatige Beschwerdefrist somit noch nicht abgelaufen. Die am eingebrachte Beschwerde war daher nicht verspätet und wurde von der belangten Behörde zu Unrecht zurückgewiesen.

Wird ein verfahrensrechtlicher Bescheid zu Unrecht erlassen (z.B. Zurückweisung eines Antrages), so ist er ersatzlos aufzuheben (Ritz, BAO-Kommentar6, § 279 Tz 6).

Der Beschwerde war daher Folge zu geben und der bekämpfte Bescheid ersatzlos aufzuheben.
Sohin war spruchgemäß zu entscheiden.

Zulässigkeit einer Revision:

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im Beschwerdefall handelt es sich um keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung. Die Rechtsfolge ergibt sich unmittelbar aus dem Gesetz, die Beurteilung von Tatfragen ist einer Revision nicht zugänglich.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 245 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 108 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.7104380.2020

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at