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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 20.01.2021, RV/7104201/2020

Verpflichtung zur Entrichtung von Säumniszuschlägen für bereits fällige Umsatzsteuernachforderungen

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch R über die Beschwerde der X vertreten durch V, vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Wien 3/6/7/11/15 Schwechat Gerasdorf vom , Abgabenkontonummer 03, über die Festsetzung von ersten Säumniszuschlägen betreffend Umsatzsteuer 2014 bis 2017 zu Recht erkannt:

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Nach einer Außenprüfung (Bericht gem. § 150 BAO über das Ergebnis der Außenprüfung vom , ABNr. AB) erließ das Finanzamt am gegenüber der Beschwerdeführerin (Bf), der X, im gemäß § 303 Abs. 1 BAO wieder aufgenommenen Verfahren (neue) Umsatzsteuerbescheide für die Jahre 2014 bis 2017. Das Finanzamt verwies in der Begründung auf die Feststellungen der Prüferin, wonach eine tatsächliche Leistungserbringung der auf den Eingangsrechnungen angeführten Unternehmer nicht nachgewiesen werden konnte. Die im Zuge dieser verbuchten Eingangsrechnungen geltend gemachten Vorsteuern wurden steuerlich nicht anerkannt.

Mit dem hier angefochtenen (Sammel-)Bescheid vom setzte das Finanzamt für die bereits fällig gewesenen Umsatzsteuernachforderungen 2014 (9.545,27 €), 2015 (50.236,40 €), 2016 (62.218,33 €) und 2017 (35.908,92€) erste Säumniszuschläge in der Höhe von insgesamt 3.158,19 € fest (2014 190,01 €, 2015 1.004,73 €, 2016 1.244,37 € und 2017 718,18€).

In der Beschwerde vom beantragte die Beschwerdeführerin (Bf.) die Aufhebung des verfahrensgegenständlichen Bescheides. Begründend führte sie dazu aus, dass die Festsetzung der Abgaben auf Geschäftsabläufen beruhe, die vom Finanzamt im Zuge der Betriebsprüfung unrichtig angenommen und dargestellt worden seien. Die Schlussfolgerungen des Finanzamtes seien "nicht nachvollziehbar, in sich unlogisch, entsprächen nicht den Erhebungen oder Gegebenheiten und seien auch sonst fremdüblich". Streitgegenständlich seien Streichungen von Ausgaben für unternehmerische Leistungen, die die Bf. durch beauftragte Subfirmen habe ausführen lassen. Diese Subunternehmerleistungen seien tatsächlich erbracht worden. Die Streichung durch das Finanzamt sei "aktenwidrig und willkürlich".
Die Abhaltung einer mündlichen Verhandlung wurde beantragt.

Mit der Beschwerdevorentscheidung vom wies das Finanzamt die Beschwerde gegen den Bescheid vom über die Festsetzung von ersten Säumniszuschlägen als unbegründet ab. Die Säumniszuschlagsverpflichtung habe Formalschuldcharakter. Für das Entstehen der Säumniszuschlagspflicht sei allein maßgeblich, ob die objektiven Tatbestandsmerkmale erfüllt seien. Es sei weder die Rechtskraft des Stammabgabenbescheides noch die sachliche Richtigkeit der zu Grunde liegenden Abgabenfestsetzung oder Selbstberechnung nötig. Die Abgabenbehörde sei bei Vorliegen der objektiven Tatbestandsmerkmale zur Vorschreibung des Säumniszuschlages von Gesetzes wegen verpflichtet.

Die Bf. beantragte die Vorlage der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht. Alle Anträge, das bisherige Vorbringen sowie der Antrag auf Abhaltung einer mündlichen Verhandlung blieben aufrecht.

Mit dem Schriftsatz vom zog die Bf. den Antrag auf Abhaltung einer mündlichen Verhandlung zurück.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Gegenstand dieses Verfahrens sind die im Bescheid vom festgesetzten Säumniszuschläge zur Umsatzsteuer 2014 bis 2017 im Gesamtausmaß von 3.158,19 €.

Wird eine Abgabe, ausgenommen Nebengebühren (§ 3 Abs. 2 lit. d), nicht spätestens am Fälligkeitstag entrichtet, so sind nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen Säumniszuschläge zu entrichten (§ 217 Abs. 1 BAO).

Gemäß § 217 Abs. 2 BAO beträgt der erste Säumniszuschlag 2 % des nicht zeitgerecht entrichteten Abgabenbetrages.

Die Festsetzung eines Säumniszuschlages ist eine objektive Säumnisfolge der Nichtentrichtung von Abgabenschuldigkeiten bei deren Fälligkeit (). Die Gründe, die zum Zahlungsverzug geführt haben, sind dabei grundsätzlich unbeachtlich (). Die Verwirkung von Säumniszuschlägen setzt auch kein Verschulden des Abgabepflichtigen voraus (vgl. ; , 2009/17/0125).

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes setzt die Säumniszuschlagspflicht nicht den Bestand einer sachlich richtigen Abgabenschuld voraus, sondern nur den einer formellen Abgabenschuld, wobei die Stammabgaben nicht rechtskräftig festgesetzt sein müssen (; ). Ein Säumniszuschlagsbescheid ist daher auch dann rechtmäßig, wenn die zu Grunde liegende Abgabenfestsetzung sachlich unrichtig ist ().

Die Abgabenbehörde hat daher im Bereich des Säumniszuschlages lediglich die objektive Voraussetzung der Säumnis, nicht aber die Richtigkeit des zu Grunde liegenden Abgabenbescheides zu prüfen (vgl. ).

Da somit die Verpflichtung zur Entrichtung eines Säumniszuschlages unabhängig von der sachlichen Richtigkeit des Abgabenbescheides eintritt und nach der zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die Säumniszuschlagspflicht im Sinne des § 217 BAO nur eine formelle Abgabenzahlungsschuld voraussetzt, kommt den in der Beschwerde vom vorgebrachten Einwendungen gegen die Festsetzung der Umsatzsteuern 2014 bis 2017 im Verfahren über die Festsetzung von ersten Säumniszuschlägen keine Relevanz zu.

Die Fälligkeit der Abgaben ist in den jeweiligen Abgabenvorschriften geregelt.

Bemessungsgrundlage des Säumniszuschlages ist die nicht entrichtete Abgabenschuldigkeit; dies unabhängig davon, ob die Festsetzung der Stammabgabe rechtmäßig (z.B. ; , 2002/16/0072), ob die Festsetzung rechtskräftig (z.B. ; , 2005/16/0240), oder ob die Festsetzung mit Bescheidbeschwerde angefochten ist (z.B. ).

Die Verpflichtung zur Entrichtung eines Säumniszuschlages entsteht nicht erst mit seiner bescheidmäßigen Geltendmachung, sondern bereits mit dem Ablauf des für die Entrichtung der betreffenden Abgabe maßgebenden Fälligkeitstages.

§ 21 Abs. 1 UStG 1994 normiert als Fälligkeitstag für Umsatzsteuervorauszahlungen jeweils den 15. des auf den Voranmeldungszeitraum zweitfolgenden Kalendermonates.

Durch eine Nachforderung auf Grund der Veranlagung wird keine von Abs. 1 abweichende Fälligkeit begründet (§ 21 Abs. 5 UStG 1994).

Abschlusszahlungen auf Grund von Umsatzsteuerbescheiden, die sich zwangsläufig als Folge von unrichtigen Umsatzsteuervoranmeldungen ergeben, stellen rückständige Umsatzsteuervorauszahlungen dar. Für Nachforderungen auf Grund einer Veranlagung ist daher stets jene Fälligkeit maßgebend, die für die Vorauszahlung maßgebend ist.

Die dem angefochtenen Bescheid zu Grunde liegenden Umsatzsteuerbescheide 2014 bis 2017 vom enthalten deshalb den Hinweis, dass die Umsatzsteuer bereits vor ihrer Festsetzung fällig war (Umsatzsteuer 2014 am , Umsatzsteuer 2015 am , Umsatzsteuer 2016 am und Umsatzsteuer 2018 am am ).

Die einmal eingetretene Fälligkeit von Abgaben kann weder durch die Einbringung eines Rechtsmittels noch eines (rechtzeitigen) Antrages auf Aussetzung der Einhebung (§ 212a BAO) oder durch die Bewilligung von Zahlungserleichterungen (§ 212 BAO) beseitigt werden (vgl. ; Ellinger, ÖStZ 1988, 168; Arnold, WoBl 1998, 127).

Gemäß § 217 Abs. 4 BAO sind Säumniszuschläge für Abgabenschuldigkeiten insoweit nicht zu entrichten, als
a) ihre Einhebung gemäß § 212a ausgesetzt ist,
b) ihre Einbringung gemäß § 230 Abs. 2, 3, 5 oder 6 gehemmt ist,
c) ein Zahlungsaufschub im Sinn des § 212 Abs. 2 zweiter Satz nicht durch Ausstellung eines Rückstandsausweises (§ 229) als beendet gilt,
d) ihre Einbringung gemäß § 231 ausgesetzt ist.

Ob auf Grund eines nach Eintritt der Fälligkeit der Abgabenschuld gestellten Antrages des Abgabepflichtigen in weiterer Folge eine Aussetzung der Einhebung gemäß § 212a BAO bewilligt wurde, ist für die Verpflichtung zur Entrichtung eines Säumniszuschlages unerheblich, weil nur ein vor Ablauf der für die Entrichtung einer Abgabe zur Verfügung stehenden Frist eingebrachter Antrag auf Aussetzung der Einhebung der Festsetzung eines Säumniszuschlages entgegen stünde (). Die Verpflichtung zur Entrichtung eines Säumniszuschlages entsteht nämlich nicht erst mit seiner bescheidmäßigen Geltendmachung, sondern bereits mit Ablauf des für die Entrichtung der betreffenden Abgaben maßgebenden Fälligkeitstages.

Der in der Beschwerde vom gestellte Antrag auf Aussetzung der Einhebung der verfahrensgegenständlichen Säumniszuschläge ist daher für die Frage, ob eine Verpflichtung zur Entrichtung der Säumniszuschläge besteht, nicht relevant.

Es wird aber darauf hingewiesen, dass im Fall eines Antrages nach § 212a BAO die Wirkung der Aussetzung der Einhebung der Säumniszuschläge gemäß § 212a Abs. 5 erster Satz BAO in Verbindung mit § 230 Abs. 2 BAO in einem Zahlungsaufschub besteht, der bewirkt, dass Einbringungsmaßnahmen weder eingeleitet noch fortgesetzt werden dürfen (vgl. , sowie Ritz, BAO6, § 212a, Rz 25).

Gemäß § 217 Abs. 8 BAO hat im Fall der nachträglichen Herabsetzung der Abgabenschuld die Berechnung der Säumniszuschläge unter rückwirkender Berücksichtigung des Herabsetzungsbetrages zu erfolgen; …..

Aus § 217 Abs. 8 BAO ergibt sich, dass der Gesetzgeber für den Fall einer späteren Änderung der Bemessungsgrundlage Vorsorge getroffen hat. Sollte daher der Beschwerde gegen die den Säumniszuschlägen zu Grunde liegenden Umsatzsteuerbescheiden 2014 bis 2017 (teilweise) stattgegeben oder diese aufgehoben werden, wären auch die Säumniszuschläge von Amts wegen herabzusetzen bzw. aufzuheben.

Da keine weiteren Gründe vorgebracht wurden, die geeignet wären, eine Rechtswidrigkeit der gegenständlichen Säumniszuschläge aufzuzeigen (etwa dass der angefochtene Säumniszuschlagsbescheid rechtsunwirksam sei oder die Säumniszuschläge falsch berechnet wurden) und solche Gründe auch nicht aktenkundig sind, war die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Eine solche Rechtsfrage liegt nicht vor. Auf die oben zitierte ständige Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes wird verwiesen.

Graz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 217 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
ECLI
ECLI:AT:BFG:2021:RV.7104201.2020

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at