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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 15.01.2021, RV/3100431/2013

Anrechnung von Mindeststeuern gemäß § 9 Abs. 8 UmgrStG

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, gegen den am ausgefertigten Bescheid der belangten Behörde Finanzamt Innsbruck, nunmehr Finanzamt Österreich, betreffend Einkommensteuer für das Jahr 2012 zu Recht erkannt:

I. Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.

II. Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgabe bleiben zur Berufungsvorentscheidung unverändert.

III. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

1. Die belangte Behörde hat mit dem am ausgefertigten Bescheid die Einkommensteuer für das Jahr 2012 mit € 2.573,00 festgesetzt.

2. Mit am elektronisch bei der belangten Behörde eingelangtem Schreiben hat die steuerliche Vertretung des Beschwerdeführers das Rechtsmittel der Berufung eingebracht. Begehrt wurde die Anrechnung von Mindestkörperschaftsteuern auf die Einkommensteuerschuld in Höhe von € 2.573,00.

3. Die belangte Behörde hat mit der am ausgefertigten Berufungsvorentscheidung den angefochtenen Bescheid abgeändert und die Einkommensteuer für das Jahr 2012 mit € 2.890,00 festgesetzt. Der geltend gemachte Verlustvortrag sei storniert worden, da der ursprüngliche Verlust aus dem Jahr 2007 bereits zur Gänze in den Vorjahren aufgebraucht worden sei. Mindeststeuern der übertragenden Körperschaft im Sinne des § 24 Abs. 4 KStG 1988, die bis zum Umwandlungsstichtag entstanden und noch nicht verrechnet worden sind, seien den Rechtsnachfolgern ab dem dem Umwandlungsstichtag folgenden Wirtschaftsjahr in jenem Ausmaß zuzurechnen, das sich aus der Höhe der Beteiligung an der umgewandelten Körperschaft im Zeitpunkt der Eintragung des Umwandlungsbeschlusses in das Firmenbuch ergebe. § 24 Abs. 4 Z 4 KStG 1988 gelte für natürliche Personen als Rechtsnachfolger, wenn der Betrieb nach § 7 Abs. 1 UmgrStG am Ende des Jahres, für das die Anrechnung erfolgen solle, noch vorhanden sei. Da der ursprüngliche Betrieb nicht mehr bestehe, sei die Berufung abzuweisen.

4. In dem als Vorlageantrag zu wertenden Schreiben vom führt die steuerliche Vertretung des Beschwerdeführers aus, die Berufung ziele auf die Anrechnung der Einkommensteuervorauszahlung (Verrechnung der ehemaligen Mindes-Körperschaftsteuer aus der Umwandlung der ***M-GmbH***) für die Steuerlast, die sich aus dem Einkommensteuerbescheid 2012 vom ergebe. In einem weiteren Schreiben vom bringt sie vor, der Beschwerdeführer habe im Jahr 2006 die zu 100% in seinem Eigentum stehende ***M-GmbH*** in eine Einzelfirma umgewandelt. Die GmbH sei für das kleine Unternehmen nicht mehr die geeignete Unternehmensform gewesen. Nach der Umwandlung sei das Unternehmen als Einzelfirma weitergeführt worden. Das Unternehmen habe nur noch sehr bescheidene Gewinne erzielen können. Im Zuge der Wirtschaftskrise (2008) sei es zu weiteren Absatzeinbußen gekommen, sodass der Betrieb Ende 2009 aufgegeben worden sei. Der Beschwerdeführer habe sich nach der Aufgabe des Betriebes ein neues Betätigungsfeld gesucht und auch gefunden. Seit dem Jahr 2012 würden entsprechende Gewinne aus dieser neuen Einkunftsquelle generiert. Nach der Umwandlung der GmbH 2006 sei die noch nicht verbrauchte Mindest-Körperschaftsteuer in eine Einkommensteuervorauszahlung für den Beschwerdeführer umgewandelt worden.

Ab dem Veranlagungsjahr 2011 sei entsprechend dem § 9 Abs. 8 UmgrStG das Vorhandensein des umgewandelten Betriebs als Voraussetzung für die Anrechnung der Mindest-Körperschaftsteuer (die eigentlich schon eine Einkommensteuervorauszahlung für die natürliche Person sei) zu werten. Diese Gesetztestelle widerspreche der Gesamtrechtsnachfolge nach § 142 UGB und komme einer Enteignung gleich. Eine Einkommensteuervorauszahlung (Verrechnung der damaligen Mindest-Körperschaftsteuer), die im Jahr 2010 verrechenbar sei (der Beschwerdeführer habe ein Recht auf Anrechnung der Einkommensteuervorauszahlung gehabt), könne unter denselben Voraussetzungen im Jahr 2011 nicht mehr genutzt werde. Es scheine, dieser Absatz greife in die Eigentumssphäre der steuerpflichtigen Person ein, ohne Vorliegen gewichtiger Gründe, die ein derartiges Vorgehen rechtfertigen würden.

Das Eigentum sei der materiell rechtliche Anspruch an einer Sache oder einem Recht einer Person. Der Eigentümer könne andere von diesem materiell rechtlichen Anspruch ausschließen. Die damalige Mindest-Körperschaftsteuer sei natürlich im Jahr 2011 keine Körperschaftsteuer mehr, sondern könne nur eine Einkommensteuervorauszahlung einer natürlichen Person sein, da zu diesem Zeitpunkt die Körperschaft nicht mehr existiert habe. Der angefochtene Bescheid stelle eine de facto Enteignung gegenüber dem Beschwerdeführer dar. Daneben widerspreche § 9 Abs. 8 UmgrStG und somit auch der Bescheid dem § 142 UGB (der Gesamtrechtsnachfolge). Es könnte sein, dass der Gesetzgeber mit dieser Neuregelung nur jene Umwandlung erreichen wollte die nach dem erfolgt seien, damit keine rückwirkenden Eingriffe in die Anrechnungsrechte entstünden. Der Beschwerdeführer habe keine Chance gehabt, auf diese Änderungen des Gesetzes zu reagieren, es sei ihm nur noch verblieben, zuzusehen, wie sich die ehemalige Einkommensteuervorauszahlung in nichts auflöste.

5. Die belangte Behörde hat die Berufung mit Bericht vom dem unabhängigen Finanzsenat zur Entscheidung vorgelegt.

6. Gemäß § 323 Abs. 38 BAO sind die am beim Unabhängigen Finanzsenat als Abgabenbehörde zweiter Instanz anhängigen Berufungen vom Bundesfinanzgericht als Beschwerden im Sinne des Art. 130 Abs. 1 B-VG zu erledigen. Solche Verfahren betreffende Anbringen wirken mit auch gegenüber dem Bundesfinanzgericht.

7. Die der Gerichtsabteilung 4014 zugeteilte Rechtssache des Beschwerdeführers wurde mit Verfügung des Geschäftsverteilungsausschusses des Bundesfinanzgerichts dieser Gerichtsabteilung abgenommen und zum Stichtag 15. Dezember2020 der Gerichtsabteilung 4019 zugeteilt.

II. Rechtliche Beurteilung

1. Rechtslage

1.1. Mindeststeuern der übertragenden Körperschaft im Sinne des § 24 Abs. 4 KStG 1988, die bis zum Umwandlungsstichtag entstanden und noch nicht verrechnet sind, sind gemäß § 9 Abs. 8 UmgrStG idF BGBl. I Nr. 112/2011 den Rechtsnachfolgern ab dem dem Umwandlungsstichtag folgenden Wirtschaftsjahr in jenem Ausmaß zuzurechnen, das sich aus der Höhe der Beteiligung an der umgewandelten Körperschaft im Zeitpunkt der Eintragung des Umwandlungsbeschlusses in das Firmenbuch ergibt. Dabei sind die Anteile abfindungsberechtigter Anteilsinhaber den Rechtsnachfolgern quotenmäßig zuzurechnen. § 24 Abs. 4 Z 4 KStG 1988 gilt für natürliche Personen als Rechtsnachfolger, wenn der Betrieb nach § 7 Abs. 1 UmgrStG am Ende des Jahres, für das die Anrechnung erfolgen soll, noch vorhanden ist. Unabhängig von diesem Betriebserfordernis ist auf die Einkommensteuer, die auf Veräußerungsgewinne gemäß § 24 EStG 1988 dieses Betriebes entfällt, eine Anrechnung vorzunehmen. § 46 Abs. 2 EStG 1988 ist nicht anzuwenden.

1.2. Nach dem 3. Teil Z 19 des UmgrStG ist § 9 Abs. 8 UmgrStG in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 112/2011 erstmals bei der Veranlagung 2011 anzuwenden.

2. Beurteilung

2.1. Die Anrechnungsvorschriften des § 24 Abs. 4 KStG 1988 gelten gemäß § 9 Abs. 8 UmgrStG auch für Rechtsnachfolger einer umgewandelten Kapitalgesellschaft, die natürliche Personen sind. Sie können wie Körperschaften grundsätzlich zeitlich unbefristet die übernommenen Mindeststeuerbeträge auf ihre Einkommensteuerschuld anrechnen. Seit dem Budgetbegleitgesetz 2012, BGBl. I Nr. 112/2011, ist dafür aber Voraussetzung, dass der Betrieb nach § 7 Abs. 1 UmgrStG am Ende des Anrechnungsjahres noch vorhanden ist. Diese Einschränkung der Verrechenbarkeit von Mindeststeuern bei natürlichen Personen gilt ab der Veranlagung des Jahres 2011 und orientiert sich der Aussage des Verfassungsgerichtshofs im Erkenntnis , in dem er ausgesprochen hat, dass eine Anrechnung von Mindeststeuern im Falle der Umwandlung "sinnvollerweise auf die Fortführung des Betriebes abzustellen hätte und dass es dem Gedanken der Umwandlung entspricht, die Verrechnungsmöglichkeit ab der Betriebsveräußerung bzw. -einstellung auszuschließen" (ErlRV 1494 BlgNR XXIV. GP 19). Die mit dem Budgetbegleitgesetz 2012 eingeführte Schranke, mit der der Gesetzgeber die Verwertung von Mindeststeuern bei natürlichen Personen als Rechtsnachfolger einer umgewandelten Kapitalgesellschaft vom Fortbestand des aus der Umwandlung hervorgegangenen Betriebs abhängig macht, gilt ab der Veranlagung des Jahres 2011 ().

2.2. Im Beschwerdefall ist die Tatsache unbestritten, dass im Jahr 2012 der aus der Umwandlung der ***M-GmbH*** hervorgegangene Betrieb nicht mehr vorhanden war. Nach den Ausführungen der steuerlichen Vertretung des Beschwerdeführers im Vorlageantrag (oben Punkt I.4.) wurde er bereits im Jahr 2009 aufgegeben. Damit ist nach der beschriebenen Rechtslage eine Verwertung von Mindeststeuern der ***M-GmbH*** durch den Beschwerdeführer im Jahr 2012 ausgeschlossen.

2.3. Dem Vorbringen im Vorlageantrag, die Einschränkung des § 9 Abs. 8 UmgrStG widerspreche der Gesamtrechtnachfolge nach § 142 UGB ist zu entgegnen, dass kein Anwendungsfall des § 142 UGB vorliegt. Dieser Tatbestand ist für den Fall der Vereinigung aller Anteile einer Personengesellschaft in der Hand des letztverbleibenden Gesellschafters relevant, nicht aber für den Übergang von Vermögen einer Kapitalgesellschaft auf ihre Gesellschafter im Rahmen einer Umwandlung. Bei Umwandlungen wird gemäß § 1 UmwG das Unternehmen einer Kapitalgesellschaft im Weg der Gesamtrechtsnachfolge auf den Nachfolgerechtsträger übertragen. Diese Bestimmung verpflichtet den Gesetzgeber aber nicht, auch den Übergang von Mindeststeuern auf die Gesellschafter der umgewandelten Kapitalgesellschaft uneingeschränkt zuzulassen. Es wäre verfassungsrechtlich sogar unbedenklich, wenn der Gesetzgeber im Fall der Beendigung einer Kapitalgesellschaft eine weitere Berücksichtigung noch nicht verrechneter Mindeststeuerbeträge bei den vormaligen Gesellschaftern gänzlich ausschließt (). Die Einschränkung des § 9 Abs. 8 UmgrStG, mit der ab dem Jahr 2011 die Anrechnung der Mindeststeuern bei natürlichen Personen vom Fortbestand des aus der Umwandlung hervorgegangenen Betriebs abhängig gemacht wird, ist demzufolge sachgerecht, sie wurde dem Gesetzgeber in dem zitierten Erkenntnis vom Verfassungsgerichtshof als sinnvoll nahegelegt. Nicht nachvollziehbar ist daher die Argumentation im Vorlageantrag, der angefochtenen Bescheid stelle eine de facto Enteignung des Beschwerdeführers dar. Der Gesetzgeber hat nur die vor dem Budgetbegleitgesetz 2012 bestehende Einschränkung der Verrechenbarkeit von Mindeststeuern, die der Verfassungsgerichtshof als unsachlich erkannt hatte, durch die nunmehr geltende, vom Verfassungsgerichtshof als sinnvoll und dem Gedanken der Umwandlung entsprechende Regelung ersetzt, die ab der Veranlagung des Jahres 2011 gilt. Das Bundesfinanzgericht kann daher der vom Beschwerdeführer vertretenen Rechtsansicht nicht folgen, dass der Gesetzgeber damit eine nicht sachgerechte, gegen Gleichheitssatz verstoßende Norm geschaffen hat, auch nicht im Hinblick auf das Inkrafttreten. Der geltenden Rechtslage kann auch nicht die im Vorlageantrag vertretene Ansicht entnommen, dass die nach den Regeln des § 9 Abs. 8 UmgrStG grundsätzlich verrechenbaren Mindeststeuern nach der Umwandlung uneingeschränkt als Einkommensteuervorauszahlungen und nicht als Mindeststeuern des Beschwerdeführers verrechenbar wären, weil die Kapitalgesellschaft nicht mehr existiert. Dann wäre § 9 Abs. 8 UmgrStG bedeutungslos.

2.5. Somit erweist sich die Beschwerde als nicht gerechtfertigt, womit spruchgemäß zu entscheiden war.

III. Zulässigkeit einer Revision

Nach Art 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes die Revision an den Verwaltungsgerichtshof zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung liegt vor Allem dann vor, wenn das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Eine solche Rechtsfrage liegt nicht vor. Die Anwendungsvoraussetzungen für die Verrechenbarkeit der Mindeststeuern sind eindeutig und nach der zitierten Judikatur des Verfassungsgerichtshofs sachgerecht. Die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist demzufolge nicht zulässig. Zur außerordentlichen Revision an den Verwaltungsgerichtshof siehe nachstehende Rechtsbelehrung.

Innsbruck, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2021:RV.3100431.2013

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at