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Bescheidbeschwerde – Senat – Beschluss, BFG vom 15.01.2021, RV/7104215/2020

Zurückweisung der Beschwerde wegen Unwirksamkeit der angefochtenen Erledigung

Entscheidungstext

BESCHLUSS

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Dr. Rudolf Wanke als Vorsitzenden, den Richter Mag. Markus Knechtl LL.M. als beisitzenden Richter sowie Kommerzialrat Ing. Friedrich Nagl als fachkundigen Laienrichter und Mag. Johannes Denk als fachkundigen Laienrichter in der Beschwerdesache betreffend die Beschwerde des ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Kosch & Partner Rechtsanwälte GmbH, Bahngasse 25, 2700 Wiener Neustadt, vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Wien 2/20/21/22 vom betreffend Haftung für rückständige Abgaben der Jahre 2012 bis 2019 zur Steuernummer 12 ***BF1StNr1*** gemäß § 323c Abs. 4 Z 5 BAO am beschlossen:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 278 Abs. 1 lit. a BAO iVm § 260 Abs. 1 lit. a BAO als nicht zulässig zurückgewiesen.

II. Gegen diesen Beschluss ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Begründung

Verfahrensgang

Bescheid

Mit Bescheid vom zog das Finanzamt Wien 2/20/21/22 (Rechtsvorgänger des Finanzamtes Österreich - Dienststelle Wien 2/20/21/22; belangte Behörde) den Beschwerdeführer als ehemaligen Geschäftsführer der ***Primärschuldnerin*** (FN ***FN_Nr***) zur Haftung für die aushaftenden Abgabenschuldigkeiten dieser Gesellschaft in Höhe von € 448.331,94 heran. Diese Summe setzt sich aus rückständigen Abgaben der Jahre 2012-2019 wie folgt zusammen:

Die Bescheidbegründung lautet:
"1., Gemäß § 80 Abs 1 Bundesabgabenordnung (BAO) haben die zur Vertretung juristischer Personen Berufenen alle Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen obliegen, und insbesondere dafür zu sorgen, dass die Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalten, entrichtet werden.

2., Gemäß § 9 Abs 1 leg.cit. haften die in § 80 Abs 1 leg.cit. erwähnten Personen neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für diese Abgaben insoweit, als die Abgaben infolge schuldhafter Verletzung der ihnen auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden können.

3., Gemäß § 1298 ABGB obliegt dem, der vorgibt, dass er an der Erfüllung seiner gesetzlichen Verpflichtung ohne sein Verschulden verhindert war, der Beweis.

4., Aus dem Zusammenhang dieser Bestimmungen ergibt sich, dass der wirksam bestellte Vertreter einer juristischen Person, der die Abgaben der juristischen Person nicht entrichtet hat, für diese Abgaben haftet, wenn sie bei der juristischen Person nicht eingebracht werden können und er nicht beweist, dass die Abgaben ohne sein Verschulden nicht entrichtet werden konnten.

5., Sie waren im Zeitraum von bis zur Löschung im Firmenbuch unbestritten handelsrechtlicher Geschäftsführer der Fa. ***Primärschuldnerin***, also einer juristischen Person, und daher gemäß § 18 GesmbHG zu deren Vertretung berufen. Sie waren somit auch verpflichtet, die Abgaben aus deren Mitteln zu bezahlen.

6., Hinsichtlich der Heranziehung für aushaftende Umsatzsteuer ist folgendes festzuhalten:
Gemäß § 21 Abs 1 UstG 94 hat der Unternehmer spätestens am Tag (Fälligkeitstag) des auf den Kalendermonat (Voranmeldungszeitraum) zweitfolgenden Kalendermonats eine Voranmeldung bei dem für die Einhebung der Umsatzsteuer zuständigen Finanzamt einzureichen, in der er die für den Voranmeldungszeitraum zu entrichtende Steuer (Vorauszahlung) oder den auf den Voranmeldungszeitraum entfallenden Überschuss unter entsprechender Anwendung des § 20 Abs. 1 und Abs. 2 und des § 16 leg. cit,, selbst zu berechnen hat. Der Unternehmer hat eine sich ergebene Vorauszahlung spätestens am Fälligkeitstag zu entrichten. Für folgende Zeiträume - siehe Haftungsbescheid - wurde die Umsatzsteuer gemeldet bzw. rechtskräftig veranlagt, jedoch nicht entrichtet.

7., In diesem Zusammenhang ist auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen, wonach es Sache des Geschäftsführers ist, die Gründe darzulegen, die ihn ohne sein Verschulden daran gehindert haben, die ihm obliegende abgabenrechtliche Verpflichtung zu erfüllen, widrigenfalls von der Abgabenbehörde eine schuldhafte Pflichtverletzung gern. § 9 Abs. 1 BAO angenommen werden darf (,0038). Demnach haftet der Geschäftsführer für die nichtentrichteten Abgaben der Gesellschaft auch dann, wenn die Mittel, die ihm für die Entrichtung aller Verbindlichkeiten der Gesellschaft zur Verfügung standen, hiezu nicht ausreichen, es sei denn, er weist nach, dass er diese Mittel anteilig für die Begleichung aller Verbindlichkeiten verwendet, die Abgabenschulden daher im Verhältnis nicht schlechter behandelt hat als andere Verbindlichkeiten.

8., Hinsichtlich der Heranziehung Haftung für ausstehende Lohnsteuer ist festzuhalten, dass gemäß § 78 Abs. 1 EStG 1972 bzw. 1988 der Arbeitgeber die Lohnsteuer des Arbeitnehmers bei jeder Lohnzahlung einzubehalten hat. Es wäre Ihre Pflicht gewesen, für eine zeitgerechte Lohnsteuerabfuhr Sorge zu tragen. Sie hingegen haben die Abfuhr der angeführten fälligen Lohnsteuerbeträge unterlassen. Es wird in diesem Zusammenhang hervorgehoben, dass der Arbeitgeber gemäß § 78 Abs. 3 leg. cit. für den Fall, dass die ihm zur Verfügung stehenden Mittel zur Zahlung des vollen vereinbarten Arbeitslohnes nicht ausreichen, verpflichtet ist, die Lohnsteuer von dem tatsächlichen zur Auszahlung gelangenden, niedrigeren Betrag, zu berechnen, einzubehalten und abzuführen. In der Nichtbeachtung dieser Verpflichtung ist jedenfalls ein schuldhaftes Verhalten zu erblicken, (vgl.Erk. des . ZI. 84/13/0085).

9., Die Schuldhaftigkeit ist damit zu begründen, dass durch Ihr pflichtwidriges Verhalten als Vertreter der Gesellschaft, die Uneinbringlichkeit eingetreten ist."

Beigelegt waren dem Haftungsbescheid zahlreiche Umsatz- und Körperschaftssteuerbescheide, die an die Primärschuldnerin gerichtet sind.

Der Haftungsbescheid ist wie folgt adressiert:
"Herr
***Bf1***
z.H.
***Vertreter_Bf1***
***Vertreter_Bf1_Straße***
***Vertreter_Bf1_Ort***"

Beschwerde

Mit Schreiben vom erhob der Beschwerdeführer durch seinen rechtsfreundlichen Vertreter nachfolgende Beschwerde:
"I. Beschwerde gegen den Haftungsbescheid iVm
II. Beschwerde gegen die Grundlagenbescheide nach § 248 BAO
III. Antrag auf Aussetzung der Einhebung gern § 212a BAO

I. Beschwerde gegen den Haftungsbescheid

Der Einschreiter erhebt gegen den Haftungsbescheid vom zu Abgabenkonto Nr. 12-***BF1StNr1*** des Finanzamtes Wien 2/20/21/22,

BESCHWERDE:

Der oben angeführte Bescheid wird seinem gesamten Inhalt nach wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung und wesentlicher Verfahrensmängel angefochten.

1. Sachverhalt

Mit obigem Bescheid wird mein Mandant als ehemaliger Geschäftsführer der ***Primärschuldnerin*** zur Haftung für aushaftende Abgabenschuldigkeiten im Zeitraum 2012 bis 2019 in Höhe von EUR 448.331,94 herangezogen. Richtig ist, dass mein Mandant zum haftungsgegenständlichen Zeitraum Geschäftsführer der ***Primärschuldnerin*** war.

Der Haftungsbescheid basiert jedoch auf unrichtigen Grundlagenbescheiden.

2. Grundlaeenbescheide

Die Haftungsbescheide basieren auf folgenden Grundlagenbescheiden:
Umsatzsteuerbescheid 2018 vom
Körperschaftssteuerbescheid 2018 vom
Umsatzsteuerbescheid 2017 vom
Körperschaftssteuerbescheid 2017 vom
Umsatzsteuerbescheid 2016 vom
Körperschaftssteuerbescheid 2016 vom
Umsatzsteuerbescheid 2015 vom
Körperschaftssteuerbescheid 2015 vom
Umsatzsteuerbescheid 2014 vom
Körperschaftssteuerbescheid 2014 vom
Umsatzsteuerbescheid 2013 vom
Körperschaftssteuerbescheid 2013 vom
Umsatzsteuerbescheid 2012 vom
Körperschaftssteuerbescheid 2012 vom

Gem § 248 BAO kann der nach Abgabenvorschriften Haftungspflichtige unbeschadet der Einbringung einer Bescheidbeschwerde gegen seine Heranziehung zur Haftung (Haftungsbescheid, § 224 Abs. 1) innerhalb der für die Einbringung der Bescheidbeschwerde gegen den Haftungsbescheid offenstehenden Frist auch gegen die Bescheide über die Abgabenansprüche Bescheidbeschwerde einbringen.

II. Beschwerde gegen die Grundlagenbescheide

Die den Haftungsbescheiden zugrundliegenden Grundlagenbescheide sind der Höhe nach nicht korrekt.

Mein Mandant erhebt daher gegen die oben angeführten Grundlagenbescheide

BESCHWERDE:

Aufgrund der nicht fristgerechten Entrichtung der Abgaben wird gegen meinen Mandanten vor dem Straflandesgericht Wien zu ***GZ_LG*** ein Strafverfahren geführt. Mit Beschluss des Straflandesgerichts Wien vom wurde der Sachverständige Dr. ***SV*** mit der Erstellung eines Gutachtens beauftragt. Mein Mandant hat im gegenständlichen Strafverfahren eine Verteidigungsschrift samt zahlreichen Kalkulationen vorgelegt, welche belegen, dass die Höhe der Grundlagenbescheide nicht korrekt ist.

In diesem Zusammenhang wird auf die Niederschrift über die Schlussbesprechung gern § 149 Abs 1 BAO und den Bericht über das Ergebnis der Außenprüfung gem § 150 BAO des Finanzamts Wien 2/20/21/22 vom verwiesen. Dagegen hat mein Mandant am eine umfangreiche Verteidigungsschrift samt Urkundenvorlage erstattet. Die gegenständliche Verteidigungsschrift wird auch zum Vorbringen dieser Beschwerde erhoben und der Beschwerde als Beilage ./ 1 angeschlossen. Die umfangreichen Beilagen zu dieser Verteidigungsschrift befinden sich in 3 Bene-Ordnern, welche dem Finanzamt auf erste Aufforderung sofort persönlich überbracht werden. Aufgrund des Umfanges wird von einer postalischen Übermittlung abgesehen.

Der vom Straflandesgericht Wien beauftragte Sachverständige ist mit der Prüfung der Verteidigungsschrift beauftragt wurden. Das Sachverständigengutachten wird daher Aufschluss darüber geben, ob die vom Finanzamt festgesetzten Abgaben zu hoch angesetzt wurden. Es ist aus heutiger Sicht davon auszugehen, dass aufgrund des Sachverständigengutachtens ausreichend Beweise vorliegen werden, um eine detaillierte Beschwerdebegründung gegen die Grundlagenbescheide nachzureichen. Verringert sich die Höhe der Grundlagenbescheide, verringert sich naturgemäß auch die Haftung meines Mandanten.

Es wird daher ersucht die Frist für die Ergänzung der Begründung der Beschwerden zumindest bis zu verlängern. Sollte bis zu diesem Datum noch kein Gutachten vorliegen, wird ein erneuter Antrag um Fristverlängerung eingebracht werden.

III. Anträge

Es wird daher beantragt:
1. Verlängerung der Frist für die Begründung der Bescheidbeschwerde zumindest bis
2. Aufhebung des bezeichneten Bescheides
3. Herabsetzung des Grundlagenbescheides auf max: EUR.5.897,01
4. Herabsetzung des Haftungsbescheides auf max. EUR 5.897,01.
5. Entscheidung über die Beschwerde - für den Fall der Vorlage an das BFG -.durch den Senat (§ 272 Abs 2 BAO)
6. Durchführung einer mündlichen Verhandlung (§ 274 Abs 1 BAO)
7. Aussetzung der Einhebung

Zum Antrag auf Aussetzung der Einhebung wird ausgeführt, dass die Einhebung des Haftungsbetrages unmittelbar von der Erledigung der Beschwerde abhängt, sodass die Aussetzung der Einhebung gerechtfertigt ist."

Beigelegt war ein an das Landesgericht für Strafsachen gerichtetes Schreiben vom mit der Bezeichnung "Verteidigungsschrift samt Urkundenvorlage" wegen § 33 FinStrG. Darin wird zunächst geltend gemacht, dass die USt- und KÖSt-Nachforderungsbescheide vom nicht wirksam zugestellt wurden, weil die Primärschuldnerin zu diesem Zeitpunkt ihren Sitz nicht mehr an der Adresse ***Primärschuldnerin_Anschrift*** hatte, zumal die angemietete Wohnung mit gerichtlich geräumt wurde.
Danach werden Einwendungen gegen die Feststellungen der Außenprüfung erhoben.

Beschwerdevorentscheidung

Mit Beschwedevorentscheidung vom , adressiert - wie auch schon der angefochtene Haftungsbescheid - an den Beschwerdeführer zu Handen seiner rechtsfreundlichen Vertretung, wurde die Beschwerde von der belangten Behörde als unbegründet abgewiesen. Die Begründung lautet wie folgt:
"Gemäß § 80 Abs. 1 BAO haben die zur Vertretung juristischer Personen Berufenen alle Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen obliegen und insbesondere dafür Sorge zu tragen, dass die Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalten, entrichtet werden.

Gemäß § 9 Abs. 1 BAO haften die in § 80 Abs. 1 BAO erwähnten Personen neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für diese Abgaben insoweit, als die Abgaben infolge schuldhafter Verletzung der Ihnen auf erlegten Pflichten nicht eingebracht werden konnten. Der Beschwerdeführer fungierte laut Firmenbuchauszug ab bis zur amtswegigen Löschung gemäß § 40 FBG mit tt.mm.2019 als selbständig vertretungsbefugter handelsrechtlicher Geschäftsführer der Firma ***Primärschuldnerin***, FN ***FN_Nr***. Die Außenstände können daher bei der Primärschuldnerin nicht mehr eingebracht werden. Dem Beschwerdeführer oblag generell die Obsorge für die Erfüllung der abgabenrechtlichen Verpflichtungen der verfahrensgegenständlichen Firma im Zeitraum seiner handelsrechtlichen Geschäftsführung. Dies wird in gegenständlicher Beschwerde nicht bestritten.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist es Sache des Geschäftsführers, die Gründe darzulegen, die ihn ohne sein Verschulden daran gehindert haben, die ihm obliegenden abgabenrechtlichen Verpflichtungen zu erfüllen (, 0038). Er hat also darzutun, weshalb er nicht dafür Sorge tragen konnte, dass die Gesellschaft die anfallenden Abgaben rechtzeitig entrichtet hat, andernfalls von der Abgabenbehörde eine schuldhafte Pflichtverletzung angenommen werden darf (vgl. ).

Es wäre im gegenständlichen Fall an dem Beschwerdeführer gelegen den Nachweis zu erbringen, welcher Betrag bei Gleichbehandlung sämtlicher Gläubiger - bezogen auf die jeweiligen Fälligkeitszeitpunkte einerseits und das Vorhandensein liquider Mittel andererseits - an die Abgabenbehörde zu entrichten gewesen wäre. Vermag der Vertreter nachzuweisen, welcher Betrag bei anteilsmäßiger Befriedigung der Forderungen an die Abgabenbehörde abzuführen gewesen wäre, so haftet er nur für die Differenz zwischen diesem und der tatsächlich erfolgten Zahlung. Wird dieser Nachweis nicht angetreten, kann dem Vertreter die uneinbringliche Abgabe zur Gänze vorgeschrieben werden. Dem Vertreter obliegt es auch, entsprechende Beweisvorsorgen - etwa durch Erstellung und Aufbewahrung von Ausdrucken - zu treffen (vgl. z.B. ).

Wie der Verwaltungsgerichtshof etwa in den Erkenntnissen vom , 2008/15/0220 und 2008/15/0263, ausgeführt hat, ist es dem Vertreter, der fällige Abgaben der Gesellschaft nicht oder nicht zur Gänze entrichten kann, schon im Hinblick auf seine mögliche Inanspruchnahme als Haftungspflichtiger zumutbar, sich - spätestens dann, wenn im Zeitpunkt der Beendigung der Vertretungstätigkeit fällige Abgabenschulden unberichtigt aushaften - jene Informationen zu sichern, die ihm im Falle der Inanspruchnahme als Haftungspflichtiger die Erfüllung der Darlegungspflicht im oben beschriebenen Sinn ermöglichen. Der Beschwerdeführer hat im gegenständlichen Haftungsverfahren eine Gleichbehandlung der Abgabenverbindlichkeiten mit den übrigen Verbindlichkeiten weder behauptet, noch einen Gleichbehandlungsnachweis erbracht.

In der Beschwerde vom 4. September werden lediglich Einwendungen die Grundlagenbescheide vorgebracht:
gemäß § 248 BAO kann der nach Abgabenvorschriften Haftungspflichtige unbeschadet der Einbringung einer Bescheidbeschwerde gegen seine Heranziehung zur Haftung (Haftungsbescheid, § 224 Abs. 1) innerhalb der für die Einbringung der Bescheidbeschwerde gegen den Haftungsbescheid offenstehenden Frist auch gegen den Bescheid über den Abgabenanspruch Bescheidbeschwerde einbringen. Beantragt der Haftungspflichtige die Mitteilung des ihm noch nicht zur Kenntnis gebrachten Abgabenanspruches, so gilt § 245 Abs. 2, 4 und 5 sinngemäß.

Geht einem Haftungsbescheid ein Abgabenbescheid voraus, so ist die Behörde daran gebunden und hat sich in der Entscheidung zur Haftung an den Abgabenbescheid zu halten ().

Einwendungen gegen deren Richtigkeit können somit nicht im Haftungsverfahren, sondern nur im Rahmen eines gemäß § 248 BAO geführten Beschwerdeverfahren gegen die zugrunde liegenden Festsetzungsbescheide vorgebracht werden, im Beschwerdeverfahren gegen den Haftungsbescheid können daher Einwendungen gegen die Richtigkeit der Abgabenfestsetzungen nicht mit Erfolg erhoben werden ().

Nach Lehre und Rechtsprechung ist die Heranziehung zur Haftung in das Ermessen der Abgabenbehörde gestellt, wobei die Ermessensentscheidung im Sinne des § 20 BAO innerhalb der vom Gesetz gezogenen Grenzen nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände zu treffen ist. Dem Gesetzesbegriff "Billigkeit" ist dabei die Bedeutung "berechtigte Interessen der Partei", dem Gesetzesbegriff "Zweckmäßigkeit" die Bedeutung "öffentliches Anliegen an der Einbringung der Abgaben" beizumessen. Von einer ermessenswidrigen Inanspruchnahme wird vor allem dann gesprochen, wenn die Abgabenschuld vom Hauptschuldner ohne Gefährdung und ohne Schwierigkeit rasch eingebracht werden kann.

Ist eine Einbringlichmachung beim Primärschuldner unzweifelhaft nicht gegeben, kann die Frage der Eindringlichkeit der Haftungsschuld beim Haftenden von der Abgabenbehörde bei ihren Zweckmäßigkeitsüberlegungen vernachlässigt werden ()."

Vorlageantrag

Mit Vorlageantrag vom beantragte der Beschwerdeführer die Vorlage seiner Beschwerde an das Bundesfinanzgericht, beantragte die Durchführung einer mündlichen Verhandlung sowie die Entscheidung durch den Senat und begründete diese wie folgt:
"Gemeinsam mit der Beschwerde gegen den Haftungsbescheid, hat der Einschreiter auch eine Beschwerde über die Grundlagenbescheide eingebracht. Über die Grundlagenbescheide wurde noch nicht entschieden. Außerdem ist die Frist für die Nachreichung der Begründung hinsichtlich der Beschwerde gegen die Grundlagenbescheide noch gar nicht abgelaufen.

Ergänzend zur bereits eingebrachten Beschwerde wird hinsichtlich des Haftungsbescheides vorgebracht, dass die haftungsgegenständlichen Steuerbescheide erst am bzw am ausgestellt wurden. Wie aus dem öffentlich zugänglichen Firmenbuch ersichtlich ist, wurde mit Beschluss des Gerichtes vom zu 6 Se 71/18k der Antrag auf Insolvenzeröffnung über das Vermögen der ***Primärschuldnerin*** gemäß § 63 10 zurückgewiesen. Die Firma wurde am tt.mm.2019 aus dem Firmenbuch gelöscht. Bereits daraus ergibt sich, dass die Gesellschaft zum Zeitpunkt der Fälligkeit der Abgaben über keinerlei liquide Mittel mehr verfügte, um die Gläubiger zu befriedigen. Es ergibt sich, daher auch keine Schlechterstellung der Abgabengläubiger. Ansonsten wäre der Konkursantrag nicht abgewiesen worden.

Teilweise wurden die Bescheide, überhaupt erst nach Löschung der Gesellschaft aus dem Firmenbuch ausgestellt, sodass der Einschreiter zu diesem Zeitpunkt nicht einmal mehr als Geschäftsführer fungierte.

Die Gesellschaft verfügte daher bereits zum Zeitpunkt der Ausstellung der ersten Bescheide am über keine liquiden Mittel. Da keine Gläubiger mehr bedient werden konnten, ergibt sich auch keine Schlechterstellung der Abgabengläubiger.

Hinsichtlich der hohen Nachforderungen an Umsatzsteuer und Körperschaftssteuer wurden Rechtsmittel gegen die Grundlagenbescheide eingebracht. Aus deren Erledigung wird sich auch zeigen, dass diese Forderungen im relevanten Betrachtungszeiträum nicht fällig geworden sind und somit auch eine Schlechterstellung des Finanzamtes ausscheidet."

Vorlagebericht

Im Anschluss daran wurden die Beschwerdeakten dem Bundesfinanzgericht vorgelegt und vom Finanzamt als belangter Behörde im Vorlagebericht angeführt, dass zunächst über die Beschwerde gegen den Haftungsbescheid zu entscheiden wäre, wenn auch ein Rechtsmittel gegen den Abgabenbescheid eingebracht wurde, da von dieser Erledigung die Rechtsmittelbefugnis gegen den Bescheid über den Abgabenanspruch abhänge. Da im Vorlageantrag jedoch keine Gründe vorgebracht wurden, die einer Haftungsinanspruchnahme entgegenstehen würden, ersuchte die Abgabenbehörde um Abweisung der Beschwerde.

Zustellvollmacht

Mit Schreiben vom teilte das Bundesfinanzgericht der einschreitenden Vertreterin mit, dass weder im Beschwerdeschriftsatz vom noch im Vorlageantrag vom angeführt ist, ob hinsichtlich des Rechtsmittelverfahrens eine Vollmacht, insbesondere eine Zustellvollmacht vorliegt.

Daraufhin langte folgende Bekanntgabe beim Bundesfinanzgericht ein:
"In der außen bezeichneten Rechtssache hatte der Masseverwalter, Dr. ***MV***, im Konkursverfahren des ***Bf1***, AZ ***GZ_LG2*** des LG ***Ort***, der Vertreterin Vollmacht erteilt. Die Vollmacht umfasste auch eine Zustellvollmacht. Die Zustellung des Haftungsbescheides vom an die Vertreterin erfolgte daher zu Recht.

Diese Vollmacht ist mit rechtskräftiger Aufhebung des Schuldenregulierungsverfahrens am ***Datum3*** erloschen.

In der Folge hat der Beschwerdeführer der ***Vertreter_Bf1*** sowie deren vertretungsbefugten Partnern jeweils einzeln Vollmacht erteilt, worauf diese sich gemäß § 8 Abs 1 RAO und § 10 Abs 1 AVG berufen. Es wird höflich ersucht, das Vollmachtsverhältnis zur Kenntnis zu nehmen und sämtliche Zustellungen zu Handen der ausgewiesenen Rechtsvertreter vorzunehmen."

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Sachverhalt

Die ***Primärschuldnerin*** wurde im Mai 2012 ins Firmenbuch eingetragen. Am wurde ein Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens vom Handelsgericht Wien zurückgewiesen. Am tt.mm.2019 wurde die amtswegige Löschung im Firmenbuch gemäß § 40 FBG eingetragen. Der Beschwerdeführer war die gesamte Zeit alleinvertretungsbefugter Geschäftsführer.

Mit Beschluss des Landesgerichts ***Ort*** vom ***Datum1*** wurde über das Vermögen des Beschwerdeführers ein Sanierungsverfahren ohne Eigenverwaltung eröffnet und ein Masseverwalter bestellt. Mit Beschluss desselben Gerichts vom ***Datum2*** wurde die Bezeichnung des Verfahrens auf "Konkursverfahren" abgeändert.

Am erließ die belangte Behörde den beschwerdegegenständlichen Haftungsbescheid, der wie folgt adressiert ist:
"Herr
***Bf1***
z.H.
***Vertreter_Bf1***
***Vertreter_Bf1_Straße***
***Vertreter_Bf1_Ort***"

Die Beschwerde wurde nicht von jenem Masseverwalter eingebracht, der mit Beschluss vom LG ***Ort*** vom ***Datum1*** bestellt wurde, sondern von einer gewillkürten Vertreterin.

Mit Beschluss des Landesgerichts ***Ort*** vom ***Datum3*** wurde der Konkurs aufgehoben.

Beweiswürdigung

Die Feststellungen zur Primärschuldnerin gründen sich auf eine Einsichtnahme im Fimenbuch.

Mit Schreiben vom , in das vom Bundesfinanzgericht Einsicht genommen wurde, hat die belangte Behörde die haftungsgegenständliche Forderung auf Grund eines Rückstandsausweises vom im Schuldenregulierungsverfahren des Beschwerdeführers angemeldet.

Die Feststellungen zum Insolvenzverfahren des Beschwerdeführers (zunächst Sanierungsverfahren ohne Eigenverantwortung, dann Konkursverfahren) gründen sich auf die öffentlich verfügbare Ediktsdatei (Geschäftszahl: LG ***Ort***, Aktenzeichen ***GZ_LG2***) in die Einsicht genommen wurde. Daraus ist ersichtlich, dass das Insolvenzverfahren am ***Datum1*** eröffnet wurde, ein Masseverwalter bestellt wurde und das Insolvenzverfahren im September 2020 noch anhängig war. Die Aufhebung des Konkures erfolgte mit ***Datum3***; dies ist aus der Ediktsdatei ersichtlich.
Mit Schreiben vom hat der Masseverwalter gegenüber der einschreitenden Rechtsanwältin bekannt gegeben, dass die Zustellung des beschwerdegegenständlichen Haftungsbescheides mit seiner Zustimmung an die Vertreterin des Beschwerdeführers erfolgte. Auch aus diesen Angaben ergibt sich, dass das Insolvenzverfahren noch nicht abgeschlossen ist.

Die Feststellungen zur Bescheidadressierung ergeben sich aus dem angefochtenen Bescheid und sind unstrittig.

Rechtsgrundlagen

§ 9 Bundesabgabenordnung (BAO) lautet:

§ 9. (1) Die in den §§ 80 ff. bezeichneten Vertreter haften neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für die diese treffenden Abgaben insoweit, als die Abgaben infolge schuldhafter Verletzung der den Vertretern auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden können.

(2) Notare, Rechtsanwälte und Wirtschaftstreuhänder haften wegen Handlungen, die sie in Ausübung ihres Berufes bei der Beratung in Abgabensachen vorgenommen haben, gemäß Abs. 1 nur dann, wenn diese Handlungen eine Verletzung ihrer Berufspflichten enthalten. Ob eine solche Verletzung der Berufspflichten vorliegt, ist auf Anzeige der Abgabenbehörde im Disziplinarverfahren zu entscheiden.

§ 80 BAO lautet:

§ 80. (1) Die zur Vertretung juristischer Personen berufenen Personen und die gesetzlichen Vertreter natürlicher Personen haben alle Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen obliegen, und sind befugt, die diesen zustehenden Rechte wahrzunehmen. Sie haben insbesondere dafür zu sorgen, daß die Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalten, entrichtet werden.

(2) Steht eine Vermögensverwaltung anderen Personen als den Eigentümern des Vermögens oder deren gesetzlichen Vertretern zu, so haben die Vermögensverwalter, soweit ihre Verwaltung reicht, die im Abs. 1 bezeichneten Pflichten und Befugnisse.

(3) Vertreter (Abs. 1) der aufgelösten Gesellschaft mit beschränkter Haftung nach Beendigung der Liquidation ist, wer nach § 93 Abs. 3 GmbHG zur Aufbewahrung der Bücher und Schriften der aufgelösten Gesellschaft verpflichtet ist oder zuletzt verpflichtet war.

§ 260 BAO lautet:

7. Zurückweisung der Beschwerde

§ 260. (1) Die Bescheidbeschwerde ist mit Beschwerdevorentscheidung (§ 262) oder mit Beschluss (§ 278) zurückzuweisen, wenn sie
a) nicht zulässig ist oder
b) nicht fristgerecht eingebracht wurde.

(2) Eine Bescheidbeschwerde darf nicht deshalb als unzulässig zurückgewiesen werden, weil sie vor Beginn der Beschwerdefrist eingebracht wurde.

§ 323c Abs 4 Z 5 BAO idF COVID-19-StMG (BGBl I 3/2021) lautet:

(4) Bis zum Ablauf des gelten folgende Sonderregelungen:

5. Obliegt die Entscheidung über Beschwerden dem Senat, kann der Senatsvorsitzende die Beratung und Beschlussfassung des Senates unter Verwendung geeigneter technischer Kommunikationsmittel veranlassen. Der Senatsvorsitzende kann außerdem die Beratung und Beschlussfassung durch die Einholung der Zustimmung der anderen Mitglieder des Senates zu einem Entscheidungsentwurf im Umlaufweg ersetzen, wenn keines dieser Mitglieder widerspricht.

§ 2 Insolvenzordnung (IO) lautet:

Beginn der Wirkung, Insolvenzmasse

§ 2. (1) Die Rechtswirkungen der Eröffnung des Insolvenzverfahrens treten mit Beginn des Tages ein, der der öffentlichen Bekanntmachung des Inhalts des Insolvenzedikts folgt.

(2) Durch Eröffnung des Insolvenzverfahrens wird das gesamte der Exekution unterworfene Vermögen, das dem Schuldner zu dieser Zeit gehört oder das er während des Insolvenzverfahrens erlangt (Insolvenzmasse), dessen freier Verfügung entzogen.

§ 114 IO lautet:

Geschäftsführung durch den Insolvenzverwalter

§ 114. (1) Der Insolvenzverwalter hat das zur Insolvenzmasse gehörige Vermögen zu verwalten und zu verwerten. Geld, das zur Berichtigung der Masseforderungen nicht benötigt wird, hat der Insolvenzverwalter bis zur Verteilung unverzüglich sicher und bestmöglich fruchtbringend anzulegen. Er hat bei allen wichtigen Vorkehrungen die Äußerung des Gläubigerausschusses einzuholen, insbesondere, wenn es sich um die freiwillige Veräußerung beweglicher Sachen, die nicht durch die Fortführung des Unternehmens veranlaßt wird, um die gerichtliche Geltendmachung von Forderungen, deren Einbringlichkeit zweifelhaft ist, die Erhebung von Anfechtungsklagen und den Eintritt in Anfechtungsprozesse, die zur Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens anhängig sind, oder um die Aufnahme von Darlehen und Krediten handelt. Der Schuldner ist zu vernehmen, wenn es rechtzeitig möglich ist.

(2) In dringenden Fällen kann das Gericht gestatten, daß der Insolvenzverwalter solche Vorkehrungen ohne Vernehmung trifft.

Rechtliche Beurteilung

Gemäß § 323b Abs 1 BAO trat das Finanzamt Österreich für seinen Zuständigkeitsbereich am an die Stelle des jeweils am zuständig gewesenen Finanzamtes.

Der Bescheidadressat, also die Person, an die der Bescheid ergeht, ist im Spruch des Bescheides namentlich zu nennen, wobei eine Nennung im Adressfeld ebenfalls reicht.

Bereits aus der Überschrift zu § 1 IO ist ersichtlich, dass sowohl ein Konkurs- als auch ein Sanierungsverfahren ein Insolvenzverfahren ist. Gemäß § 74 Abs 1 IO ist die Eröffnung des Insolvenzverfahrens durch ein Edikt öffentlich bekanntzumachen, wobei das Verfahren ausdrücklich entweder als Konkursverfahren oder als Sanierungsverfahren zu bezeichnen ist.

Durch Eröffnung des Konkurses über das Vermögen eines Steuerpflichtigen wird das gesamte, der Exekution unterworfene Vermögen, das dem Gemeinschuldner zu dieser Zeit gehört oder das er während des Insolvenzverfahrens erlangt (Konkursmasse, Insolvenzmasse), dessen freier Verfügung entzogen (§ 2 Abs 2 IO). Der Insolvenzverwalter ist für die Zeit seiner Bestellung betreffend die Insolvenzmasse - soweit die Befugnisse des Schuldners beschränkt sind - gesetzlicher Vertreter des Schuldners iSd § 80 BAO (vgl , mwN; vgl nunmehr auch § 114 Abs 1 erster Satz IO). Eine nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens an den Gemeinschuldner gerichtete Erledigung geht ins Leere, und zwar auch dann, wenn sie an den Schuldner, zu Handen des Masseverwalters (Insolvenzverwalters), gerichtet ist; sie entfaltet weder eine Wirkung für den Schuldner, noch für diesen (vgl , mwN).

Auch in einem Abgabenverfahren tritt nach der Insolvenzeröffnung der Insolvenzverwalter an die Stelle des Schuldners, soweit es sich um Aktiv- oder Passivbestandteile der Insolvenzmasse handelt. Die Abgaben sind daher während des Insolvenzverfahrens gegenüber dem Insolvenzverwalter, der insofern den Schuldner repräsentiert, festzusetzen (vgl. , mwN).

Ein auf die §§ 9 und 80 BAO gegründeter Haftungsanspruch richtet sich gegen das vom Insolvenzverfahren erfasste Vermögen des Haftungspflichtigen (; ). Die Rechtsprechung, wonach im Abgabenverfahren nach der Konkurseröffnung der Masseverwalter an die Stelle des Gemeinschuldners tritt, ist auch auf die Fälle anzuwenden, in denen nach der Eröffnung des Schuldenregulierungsverfahrens ein Masseverwalter an die Stelle des Gemeinschuldners, dem die Eigenverwaltung entzogen wurde, tritt ().

Während des Insolvenzverfahrens dürfen somit weder Abgabenbescheide noch Erkenntnisse bzw. Beschlüsse, mit welchen über Beschwerden gegen Abgabenbescheide abgesprochen wird, an den Schuldner gerichtet werden. Eine nach Konkurseröffnung an den Schuldner gerichtete Erledigung geht ins Leere; sie entfaltet weder eine Wirkung für den Schuldner noch für den Insolvenzverwalter ().

Das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Beschwerdeführers wurde am ***Datum1*** - zunächst als Sanierungsverfahren ohne Eigenverwaltung, später als Konkursverfahren - eröffnet. Es wurde ein Masseverwalter bestellt. Die angefochtene Erledigung vom ist nicht an den Masseverwalter als gesetzlichen Vertreter im Insolvenzverfahren des Beschwerdeführers gerichtet, sondern an den Beschwerdeführer selbst (zu Handen seiner rechtsfreundlichen Vertretung). Damit konnte die Erledigung keine Wirksamkeit entfalten. Eine Beschwerde gegen eine solche Erledigung, die nicht wirksam geworden ist, kommt nicht in Betracht. Auch die Zustimmung des Masseverwalters zum Einschreiten einer gewillkürten Vertreterin kann daran nichts ändern.

Zum Vorbringen des Beschwerdeführers, dass gemeinsam mit der Beschwerde gegen den Haftungsbescheid auch eine Beschwerde gegen die Grundlagenbescheide eingebracht wurde, über die noch nicht entschieden wurde, ist anzumerken, dass die Rechtsmittelbehörde nach Lehre und ständiger Rechtsprechung zunächst nur über die Beschwerde gegen die Geltendmachung der Haftung zu entscheiden hat, da sich erst aus dieser Entscheidung ergibt, ob eine Legitimation zur Beschwerde gegen den Abgabenanspruch überhaupt besteht (zB ). Geht einem Haftungsbescheid ein Abgabenbescheid voran, so ist die Behörde daran gebunden und hat sich in der Entscheidung über die Heranziehung zur Haftung grundsätzlich an den Abgabenbescheid zu halten. Die Verschuldensprüfung hat dabei von der objektiven Richtigkeit der Abgabenfestsetzung auszugehen (). Das Beschwerderecht des Haftungspflichtigen gegen den Bescheid über den Abgabenanspruch setzt voraus, dass ihm gegenüber der Haftungsbescheid wirksam ergangen ist (vgl Ritz, BAO6, § 248 Tz 10).

Absehen von der mündlichen Verhandlung

Von der Durchführung der beantragten (§ 274 Abs 1 Z 1 lit a BAO) mündlichen Verhandlung ist gemäß § 274 Abs 3 Z 1 BAO abzusehen, da die Beschwerde als unzulässig zurückzuweisen ist und angesichts der Aktenlage und der zitierten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes die Durchführung einer mündlichen Verhandlung nicht zweckmäßig ist.

Senat

Dieser Beschluss ist - wie beantragt (§ 272 Abs 2 Z 1 lit a BAO) - durch den Senat zu treffen.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen einen Beschluss des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Das Bundesfinanzgericht folgt der dargestellten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Es liegt daher kein Grund für eine Revisionszulassung vor.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 80 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 2 IO, Insolvenzordnung, RGBl. Nr. 337/1914
§ 323c Abs. 4 Z 5 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 114 IO, Insolvenzordnung, RGBl. Nr. 337/1914
§ 9 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise


ECLI
ECLI:AT:BFG:2021:RV.7104215.2020

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at