Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 22.01.2021, RV/5102139/2015

Fahrten zur Betreuung von Kindern aus einer geschiedenen Ehe sowie zur Betreuung eines pflegebedürftigen Vaters

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Dr. Wolfgang Freilinger in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerden vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Braunau Ried Schärding Finanzamtes Österreich vom betreffend Einkommensteuer 2009, 2010, 2011, 2012, 2013 und 2014, Steuernummer ***BF1StNr1***, zu Recht erkannt:

Den Beschwerden gegen die Einkommensteuerbescheide für 2009, 2010, 2011, 2012 und 2013 wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben.
Die angefochtenen Bescheide werden aufgehoben.

Die Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid für 2014 wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Der Beschwerdeführer (im Folgenden kurz als Bf. bezeichnet) bezog in den Jahren 2009, 2010, 2011, 2012, 2013 und 2014 sowohl Einkünfte aus Gewerbebetrieb als auch aus nichtselbständiger Arbeit.

Im Einkommensteuerbescheid für 2009 vom berücksichtigte das Finanzamt Kitzbühel Lienz im Rahmen der Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit Werbungskosten, die der Arbeitgeber nicht berücksichtigen konnte, in Höhe von 4.099,48 €.

Im Einkommensteuerbescheid für 2010 vom berücksichtigte das Finanzamt Kitzbühel Lienz im Rahmen der Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit Werbungskosten, die der Arbeitgeber nicht berücksichtigen konnte, in Höhe von 3.372,00 €.

Im Einkommensteuerbescheid für 2011 vom berücksichtigte das Finanzamt Salzburg-Land im Rahmen der Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit Werbungskosten, die der Arbeitgeber nicht berücksichtigen konnte, in Höhe von 3.672,00 €.

Im Einkommensteuerbescheid für 2012 vom berücksichtigte das Finanzamt Salzburg-Land im Rahmen der Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit Werbungskosten, die der Arbeitgeber nicht berücksichtigen konnte, in Höhe von 3.672,00 €.

Im Einkommensteuerbescheid für 2013 vom berücksichtigte das Finanzamt Salzburg-Land im Rahmen der Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit Werbungskosten, die der Arbeitgeber nicht berücksichtigen konnte, in Höhe von 3.672,00 €.

Mit Ergänzungsersuchen des Finanzamtes Braunau Ried Schärding vom (betreffend die Einkommensteuererklärung 2014) wurde der Bf. aufgefordert, einen Nachweis über den geleisteten Unterhalt der beiden Kinder K1 und K2 zu erbringen. Er wurde dabei darauf hingewiesen, dass der Steuerpflichtige der Abgabenbehörde die Gründe zu nennen habe, aus denen er die Verlegung des Familienwohnsitzes an den Ort der Beschäftigung als unzumutbar ansehe (Hinweis auf LStR 341 ff). Eine Meldebestätigung sowie eine Berechnung bezüglich der Kosten der doppelten Haushaltsführung seien nachzureichen.

In der Vorhaltsbeantwortung dieses Ergänzungsersuchens vom legte die Vertreterin des Bf. eine Bestätigung der Exfrau des Bf. vor, in welcher sie den Erhalt von Kindesunterhaltszahlungen in Höhe von insgesamt 13.320,00 € im Zeitraum 1.1. bis bestätigte. Weiters legte der Bf. eine Aufstellung der Fahrten zum Besuch der unterhaltspflichtigen Kinder bei. Insgesamt ergaben sich daraus Fahrten über 25.772 Kilometer.

Mit Bescheiden vom nahm das Finanzamt Braunau Ried Schärding das Verfahren betreffend Einkommensteuer 2009, 2010, 2011, 2012 und 2013 gemäß § 303 Abs. 1 BAO wieder auf.
In den Bescheidbegründungen wurde jeweils ausgeführt:
Die Wiederaufnahme des Verfahrens erfolgte gem. 303 (1) BAO, weil die in der Begründung des Sachbescheides näher ausgeführten Tatsachen neu hervorgekommen sind, die im abgeschlossenen Verfahren nicht geltend gemacht worden sind und die Kenntnis dieser Umstände allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens einen im Spruch anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätte.

Im Einkommensteuerbescheid für 2009 vom berücksichtigte das Finanzamt Braunau Ried Schärding im Rahmen der Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit Werbungs-kosten, die der Arbeitgeber nicht berücksichtigen konnte, in Höhe von 727,48 €.
In der Bescheidbegründung wurde ausgeführt:
Da die Voraussetzungen für die Familienheimfahrten nicht vorliegen sind die Kosten nicht zu gewähren. Siehe § 16 EStG 1988 - Voraussetzung für doppelte Haushaltsführung, Familienwohnsitz (Rz 341, RZ 343 und Rz 354). Da Sie Unterhalt für Kinder zu leisten haben, die nicht Ihrem Haushalt zugehören, steht Ihnen allenfalls der Unterhaltsabsetzbetrag zu, nicht jedoch Kosten für Familienheimfahrten. Liegt ein gemeinsamer Haushalt mit den Kindern nicht vor, so handelt es sich bloß um Besuchsfahrten zu unterhaltsberechtigten, nicht haushaltszugehörigen Kindern. Diesfalls stehen weder Kosten für die doppelte Haushaltsführung noch für die Familienheimfahrten zu.

Im Einkommensteuerbescheid für 2010 vom berücksichtigte das Finanzamt Braunau Ried Schärding im Rahmen der Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit lediglich den Pauschbetrag für Werbungskosten in Höhe von 132,00 €.
In der Bescheidbegründung wurde die Begründung des Einkommensteuerbescheides für 2009 vom wiederholt.

Im Einkommensteuerbescheid für 2011 vom berücksichtigte das Finanzamt Braunau Ried Schärding im Rahmen der Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit lediglich den Pauschbetrag für Werbungskosten in Höhe von 132,00 €.
In der Bescheidbegründung wurde die Begründung des Einkommensteuerbescheides für 2009 vom wiederholt.

Im Einkommensteuerbescheid für 2012 vom berücksichtigte das Finanzamt Braunau Ried Schärding im Rahmen der Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit lediglich den Pauschbetrag für Werbungskosten in Höhe von 132,00 €.
In der Bescheidbegründung wurde die Begründung des Einkommensteuerbescheides für 2009 vom wiederholt.

Im Einkommensteuerbescheid für 2013 vom berücksichtigte das Finanzamt Braunau Ried Schärding im Rahmen der Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit lediglich den Pauschbetrag für Werbungskosten in Höhe von 132,00 €.
In der Bescheidbegründung wurde die Begründung des Einkommensteuerbescheides für 2009 vom wiederholt.

Im Einkommensteuerbescheid für 2014 vom berücksichtigte das Finanzamt Braunau Ried Schärding im Rahmen der Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit Werbungs-kosten, die der Arbeitgeber nicht berücksichtigen konnte, in Höhe von 228,80 €.
In der Bescheidbegründung wurde die Begründung des Einkommensteuerbescheides für 2009 vom wiederholt.

Mit Eingabe vom erhob der Bf. durch seine Vertreterin fristgerecht Beschwerden gegen die folgende Bescheide vom :
- Wiederaufnahmebescheid betreffend Einkommensteuer 2009
- Einkommensteuerbescheid für 2009
- Wiederaufnahmebescheid betreffend Einkommensteuer 2010
- Einkommensteuerbescheid für 2010
- Wiederaufnahmebescheid betreffend Einkommensteuer 2011
- Einkommensteuerbescheid für 2011
- Wiederaufnahmebescheid betreffend Einkommensteuer 2012
- Einkommensteuerbescheid für 2012
- Wiederaufnahmebescheid betreffend Einkommensteuer 2013
- Einkommensteuerbescheid für 2013
- Einkommensteuerbescheid für 2014

Der Bf. wandte sich gegen die Nichtberücksichtigung der Familienheimfahrten.
Zur Begründung der Beschwerden führte die Vertreterin aus, dass es sich bei den Heimfahrten des Bf. nicht um Besuchsfahrten handelte. Der Bf. habe zusammen mit seiner Ex-Frau das geteilte Sorgerecht. Seine Ex-Frau sei im Gastgewerbe tätig und müsse daher auch am Wochenende arbeiten. In diesen Zeiten sei der Bf. seiner Betreuungspflicht nachgekommen, wobei sein Sohn K1 aus gesundheitlichen Gründen mehr Betreuung brauche. Der Unterhaltsabsetzbetrag schließe die Möglichkeit der Familienheimfahrten nicht aus. Bei diesen Familienheimfahrten habe der Bf. für seinen dementen Vater, für den er die Vorsorgevollmacht übertragen bekommen habe, diverse Rechtsgeschäfte sowie Regelungen über wechselnde Heim- und Krankenhausaufenthalte erledigen müssen.
Für den Fall, dass die Familienheimfahrten nicht anerkannt würden, ersuchte der Bf. um Berücksichtigung der Fahrtkosten als außergewöhnliche Belastung. Diese Kosten seien dem Bf. zwangsläufig durch die Betreuungspflicht des Vaters erwachsen.
Die Wiederaufnahmebescheide seien auch insoweit ersatzlos aufzuheben, als es die belangte Behörde unterlassen habe, auszuführen, aufgrund welchen konkreten Sachverhaltes sie den Wiederaufnahmetatbestand als erfüllt ansehe.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies das Finanzamt Braunau Ried Schärding die Beschwerden gegen die Einkommensteuerbescheide 2009 bis 2014 als unbegründet ab.
In der Begründung wurde ausgeführt:
Familienheimfahrten sind Fahrten eines Arbeitnehmers vom Wohnsitz am Arbeitsort zum Familienwohnsitz. Grundvoraussetzung für die Absetzbarkeit der Kosten für Familienheimfahrten ist somit, dass der Abgabepflichtige neben einem gemeinsamen Familienwohnsitz aus Gründen der Berufstätigkeit einen weiteren Wohnsitz am Arbeitsort nehmen muss. Weitere Voraussetzung ist, dass die Verlegung des Familienwohnsitzes zum Ort der Beschäftigung nicht zumutbar ist. Da die Kinder bei der geschiedenen Gattin leben und der Bf. keinen gemeinsamen Haushalt mit den Kindern führe, habe er keinengemeinsamen Familienwohnsitz. Die Voraussetzungen fürFamilienheimfahrten sind damit nicht erfüllt.
Die Kosten für die Heimfahrten können auch nicht als außergewöhnliche Belastung aufgrund der Betreuungspflicht für den Vater anerkannt werden. Voraussetzung für eine außergewöhnliche Belastung im Sinne des § 34 EStG ist nämlich, dass die Belastung außergewöhnlich ist, zwangsläufig erwächst und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wesentlich beeinträchtigt, wobei alle Kriterien erfüllt sein müssen. Nach ständiger Rechtsprechung sind Fahrten zur Betreuung pflegebedürftiger naher Angehöriger nicht außergewöhnlich, da die Kosten dafür einer Vielzahl von Abgabepflichtigen erwachsen, die sich um die nächsten Angehörigen kümmern, sie besuchen und für sie Besorgungen machen.

Mit Eingabe vom beantragte der Bf. durch seine Vertreterin die Entscheidung über die Beschwerden gegen die Einkommensteuerbescheide 2009 bis 2014 durch das Bundesfinanzgericht (Vorlageantrag).
Zur Begründung verwies die Vertreterin auf die Beschwerden und führte ergänzend aus, dass es sich bei den Fahrten zur Betreuung des Vaters um außergewöhnliche Belastungen handle, da der Bf. laut Vorsorgevollmacht für sämtliche Rechtsgeschäfte seines Vaters verantwortlich sie. Darunter fielen die Regelungen seines wechselnden Heim- und Krankenhausaufenthaltes sowie die Abwendung einer drohenden Insolvenz und diverse Verhandlungen mit der Bank.

Mit Vorlageberichtvom legte das Finanzamt Braunau Ried Schärding die Beschwerden dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor und beantragte die Abweisung der Beschwerde. Zur Begründung wurde auf die Beschwerdevorentscheidungen verwiesen.

Mit Ergänzungsvorhalt vom forderte das Bundesfinanzgericht das Finanzamt um Bekanntgabe auf, ob die Beschwerden, soweit sie sich gegen die Wiederaufnahme der Verfahren richteten, bereits rechtskräftig erledigt worden seien. Sollte dies nicht der Fall, wurde das Finanzamt ersucht, einen weiteren Vorlagebericht zu erstellen, mit dem auch die Beschwerden, soweit sie sich gegen die Wiederaufnahmebescheide richten, vorgelegt werden.

Mit Vorlagebericht vom legte das Finanzamt Braunau Ried Schärding auch die Beschwerden vom , soweit sie sich gegen die Wiederaufnahme-bescheide für die Jahre 2009 bis 2013 richten, dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor und beantragte die Abweisung der Beschwerde.

Das Bundesfinanzgericht forderte die Vertreterin des Bf. auf, zum von ihr behaupteten mangelnden Vorliegen eines Wiederaufnahmetatbestandes Stellung zu nehmen.

Daraufhin übermittelte die Vertreterin des Bf. mit Schreiben vom die Vorhaltsbeantwortung an das Finanzamt Salzburg vom . Beigelegt waren die Aufstellungen über die "Familienheimfahrten" des Bf. in den Jahren 2009, 2010, 2011 und 2012. Handschriftlich war darauf vermerkt "Bestätigung durch Frau E, Exfrau des Bf. und Mutter der beiden unterhaltspflichtigen Kinder K1 und K2 : Hiermit erkläre ich, dass mein Exmann ***Bf1*** zu allen o.g. Zeiten unsere gemeinsamen Kinder besucht und betreut hat."

Mit Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes vom , GZ. 5101400/2020, wurde den Beschwerden, soweit sie sich gegen die Wiederaufnahme des Verfahren richten, stattgegeben und die Bescheide betreffend die Wiederaufnahme des Verfahrens hinsichtlich Einkommensteuer für die Jahre 2009 bis 2013 ersatzlos aufgehoben.
Begründet wurde die Stattgabe im Wesentlichen damit, dass die neuen Tatsachen, auf die sich die Wiederaufnahme in den angefochtenen Bescheiden gründete, dem Finanzamt Salzburg-Land bereits im Zuge eines dort durchgeführten Vorhalteverfahren bekannt waren und daher auch das nunmehr zuständige Finanzamt Braunau Ried Schärding in diesen Verfahren nicht zu einer Wiederaufnahme berechtigt war.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Sachverhalt

Der Sachverhalt ist im Wesentlichen unstrittig und ergibt sich aus dem oben dargestellten Verfahrensgang.

Beweiswürdigung

In den hier strittigen Verfahren ging die Abgabenbehörde stets davon aus, dass der Bf. seinen früheren Familienwohnsitz bei seiner Ex-Gattin in Deutschland nicht beibehalten hat und daher kein doppelter Wohnsitz bestehe.
Der Bf. ist dieser Annahme nicht entgegengetreten und hat es auch unterlassen, einen Gegenbeweis zu erbringen.

Das Bundesfinanzgericht geht daher davon aus, dass eine beruflich veranlasste doppelte Haushaltsführung nicht vorliegt.

Rechtliche Beurteilung

Zu Spruchpunkt I. (Einkommensteuerbescheide 2009 bis 2013)

Mit Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes vom , GZ. 5101400/2020, wurde den Beschwerden, soweit sie sich gegen die Wiederaufnahme des Verfahren richten, stattgegeben und die Bescheide betreffend die Wiederaufnahme der Verfahren hinsichtlich Einkommen-steuer für die Jahre 2009 bis 2013 ersatzlos aufgehoben.

Mit der ersatzlosen Aufhebung der Wiederaufnahmebescheide besteht für die angefochtenen Einkommensteuerbescheide für die Jahre 2009 bis 2013 vom keine Rechtsgrundlage mehr.

Aus den angeführten Gründen war daher den Beschwerden gegen die Einkommensteuerbescheide für 2009, 2010, 2011, 2012 und 2013 Folge zu geben und die angefochtenen Bescheide aufzuheben.

Die Einkommensteuerbescheide für das Jahr 2009 vom , für das Jahr 2010 vom , für das Jahr 2011 vom , für das Jahr 2012 vom und für das Jahr 2013 vom gehören folglich wiederum dem Rechtsbestand an.

Zu Spruchpunkt (Einkommensteuerbescheid 2014)

Familienheimfahrten

Gemäß § 16 Abs. 1 EStG 1988 (Einkommensteuergesetz 1988) sind die Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen Werbungskosten.

Bei den Fahrten zwischen Berufs- und Familienwohnsitz können Familienheimfahrten vorliegen. Gemäß § 20 Abs. 1 Z. 2 lit. e EStG 1988 fallen diese Aufwendungen grundsätzlich in den Bereich der privaten Lebensführung.

Steuerlich absetzbar sind diese Fahrtkosten nach der Judikatur der Höchstgerichte und der daraus abgeleiteten Verwaltungspraxis nur dann, wenn die Voraussetzungen einer beruflich veranlassten doppelten Haushaltsführung vorliegen, und nur insoweit, als den Steuerpflichtigen ein Mehraufwand trifft und die durch § 20 Abs. 1 Z 2 lit. e gesetzte Begrenzung mit dem höchsten Pendlerpauschale nicht überschritten wird.

Aufgrund der Ausführungen zur Beweiswürdigung geht das Bundesfinanzgericht davon aus, dass eine beruflich veranlasste doppelte Haushaltsführung nicht vorliegt. Damit können auch die Fahrtkosten zur Betreuung der Kinder des Bf. steuerlich unter dem Titel "Familienheimfahrten" nicht mehr berücksichtigt werden.

Außergewöhnliche Belastung

Gemäß § 34 Abs. 1 EStG 1988 sind bei der Ermittlung des Einkommens (§ 2 Abs. 2) eines unbeschränkt Steuerpflichtigen nach Abzug der Sonderausgaben (§ 18) außergewöhnliche Belastungen abzuziehen. Die Belastung muss folgende Voraussetzungen erfüllen:
1. Sie muss außergewöhnlich sein (Abs. 2)
2. Sie muss zwangsläufig erwachsen (Abs. 3)
3. Sie muss die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wesentlich beeinträchtigen (Abs. 4)
Die Belastung darf weder Betriebsausgaben, Werbungskosten noch Sonderausgaben sein.

Nach Abs. 2 ist die Belastung außergewöhnlich, soweit sie höher ist als jene, die der Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse erwächst.

Nach Abs. 3 erwächst die Belastung dem Steuerpflichtigen zwangsläufig, wenn er sich ihr aus tatsächlichen, rechtlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann.

Für den Abzug von außergewöhnlichen Belastungen müssen alle Voraussetzungen des § 34 EStG gleichzeitig erfüllt sein.

Im Beschwerdefall besteht die beantragte außergewöhnliche Belastung aus Fahrtkosten, die dem Bf. durch die Betreuung bzw. Vertretung des Vaters (im Rahmen einer Vorsorgevollmacht) entstanden sind.

Solche Aufwendungen können (nur) in Form von Unterhaltsleistungen erwachsen, weil grundsätzlich jedermann verpflichtet ist, selbst für das eigene Auskommen zu sorgen. Nur dann, wenn jemand nicht dazu in der Lage ist, können Angehörige im Rahmen des gesetzlichen Unterhaltes dazu verpflichtet sein. Nach § 143 ABGB (i.d.F. vor BGBl. I Nr. 15/2013, vgl. nunmehr § 234 ABGB) schuldet das Kind seinen Eltern unter Berücksichtigung seiner Lebensverhältnisse den Unterhalt, soweit der Unterhaltsberechtigte nicht imstande ist, sich selbst zu erhalten, und sofern er seine Unterhaltspflicht gegenüber dem Kind nicht gröblich vernachlässigt hat.

Unterhaltsleistungen wiederum sind gemäß § 34 Abs. 7 Z 4 EStG 1988 nur insoweit abzugsfähig, als sie zur Deckung von Aufwendungen gewährt werden, die beim Unterhaltsberechtigten selbst eine außergewöhnliche Belastung darstellen würden (vgl. ).

Der VwGH hat am , 2013/15/0154, in einem Erkenntnis über Fahrtkosten, die eine pflegebedürftige Mutter ihrer Tochter ersetzt hat (und damit als außergewöhnliche Belastung in Abzug bringen wollte) abgesprochen: Aufgrund des Umstandes, dass die Betreuung durch die Tochter "kostenlos" bzw. "vollkommen unentgeltlich" erfolgte und dies aus "persönlichen und moralischen Gründen" erfolgte, sind die geltend gemachten Aufwendungen betreffend die Betreuung durch die Tochter nicht zwangsläufig erwachsen. Dass die Mutter der Tochter insoweit "gewillt und imstande" war, die Fahrtkosten zutragen, begründete keine Zwangsläufigkeit dieser Aufwendungen.

Umgelegt auf den Beschwerdefall bedeutet das, dass die hier strittigen Aufwendungen beim Vater des Bf. keine außergewöhnlichen Belastungen darstellen würden und daher auch beim Sohn nicht in Abzug gebracht werden können.

Nach der Rechtsprechung des BFG erfüllen Fahrtkosten, die anlässlich der häuslichen Besuche eines pflegebedürftigen Vaters erwachsen sind, nicht die Voraussetzungen des § 34 EStG (s. Jakom, Kommentar zum Einkommensteuergesetz, 12. Auflage 2019, § 34, ABC der außergewöhnlichen Belastungen, Stichwort Besuchsfahrten/-reisen und die dort angeführte BFG-Judikatur).

Zu Spruchpunkt III. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Da keiner dieser Revisionsgründe vorliegt, war zu entscheiden, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nicht zulässig ist.

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2021:RV.5102139.2015

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at