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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 13.01.2021, RV/7400041/2019

Rückzahlungsantrag gemäß § 239 BAO in Zusammenhang mit Wettterminalabgaben

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht erkennt durch die Richterin Mag. Mirha Karahodzic MA in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Rechtsanwälte Mag. Martin Paar und Mag. Hermann Zwanzger, Wiedner Hauptstraße 46/6, 1040 Wien, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Magistrats der Stadt Wien, Magistratsabteilung 6, Rechnungs- und Abgabenwesen, Dezernat Abgaben und Recht, Referat Landes- und Gemeindeabgaben vom (2. Spruchpunkt), Zlen. MA 6/ARL - 34880/2018, MA 6/ARL - 136243/2018, MA 6/ARL - 192797/2018, MA 6/ARL - 294618/2018, MA 6/ARL - 418316/2018, MA 6/ARL - 543130/2018, MA 6/ARL - 584587/2018, MA 6/ARL - 761486/2018, MA 6/ARL - 761506/2018, MA 6/ARL - 962767/2018 und MA 6/ARL - 963811/2018, betreffend Rückzahlung von Wettterminalabgaben für den Zeitraum Jänner bis November 2018, zu Recht:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I Verfahrensgang und Sachverhalt

Nach Einsichtnahme in den Bezug habenden Verwaltungsakt des Magistrats der Stadt Wien, in den Parallelakt zu RV/7400054/2018 sowie in die Eingaben der beschwerdeführenden Partei steht nachstehender Sachverhalt fest, der auch den Verfahrensgang abbildet:

Die beschwerdeführende Gesellschaft hielt im Streitzeitraum in ihren Betrieben im Gebiet der Stadt Wien Wettterminals, die von ihr zur Wettterminalabgabe angemeldet wurden. Die erklärten Beträge wurden auch entrichtet. Ein Guthaben auf dem Abgabenkonto entstand nicht.

In der Folge beantragte die beschwerdeführende Partei die Rückerstattung der entrichteten Beträge und die Festsetzung der Wettterminalabgabe mit 0,00 Euro, weil ihrer Ansicht nach keine Pflicht bestehe, für die angemeldeten Geräte eine Wettterminalabgabe zu bezahlen.

Mit dem angefochtenen Bescheid schrieb der Magistrat der Stadt Wien die bereits von der beschwerdeführenden Partei als Aufstellerin der im angefochtenen Bescheid genannten Wettterminals entrichtete Wettterminalabgabe mit der Begründung vor, diese hätte die Steuerpflicht bestritten und die Abgabe nachträglich mit Null erklärt, weshalb die Abgabe nunmehr gemäß § 201 BAO bescheidmäßig festzusetzen sei. Die im vorliegenden Verfahren strittigen Anträge auf Rückzahlung der bereits entrichteten Wetterminalabgabe im Zeitraum Jänner 2018 bis November 2018 wurden unter einem (2. Spruchpunkt) gemäß § 239 Abs. 1 BAO mangels Guthabens abgewiesen.

Gegen diese Abweisung der Anträge auf Rückzahlung der entrichteten Wettterminalabgabe richtet sich die fristgerecht eingebrachte Beschwerde, die mit Beschwerdevorentscheidung vom als unbegründet abgewiesen wurde, und deren Vorlage an das Bundesfinanzgericht zur Entscheidung rechtzeitig beantragt wurde.

Die Beschwerde der beschwerdeführenden Partei gegen Spruchpunkt I. des gegenständlichen Bescheides (Festsetzung der Wettterminalabgabe) wurde auf Grund der Geschäftsverteilung des Bundesfinanzgerichtes einer anderen Gerichtsabteilung zugewiesen und mit Erkenntnis vom , RV/7400054/2018, mit der Maßgabe abgewiesen, dass der angefochtene Spruchpunkt des Bescheides derart abgeändert wird, dass u.a. die Anträge auf Festsetzung der Wettterminalabgabe für den Zeitraum Jänner 2018 bis November 2018 als unbegründet abgewiesen werden und eine Festsetzung der Wettterminalabgabe für die genannten Zeiträume zu unterbleiben hat.

Die Behandlung der gegen dieses Erkenntnis gerichteten Beschwerde hat der Verfassungsgerichtshof mit Beschluss vom , E 4101/2019, abgelehnt.

Mit Schreiben vom zog die beschwerdeführende Partei ihren Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor dem gesamten Senat zurück.

2. Rechtliche Beurteilung

2.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)

2.1.1. Die beschwerdeführende Partei behauptet zunächst, dass für die verfahrensgegenständlichen Wettterminalabgaben vor dem Hintergrund des Unionsrechts tatsächlich keine Abgabepflicht bestünde und daher die geleisteten Beträge zurück zu zahlen wären.

Dazu ist auszuführen, dass der Gerichtshof der Europäischen Union mit Urteil vom , C-711/19, Admiral Sportwetten GmbH u.a., ausgesprochen hat, dass eine nationale Abgabenvorschrift, die eine Besteuerung des Haltens von Wettterminals vorsieht, keine "technische Vorschrift" im Sinne des Art. 1 der Richtlinie (EU) 2015/1535 ist.

Im Gefolge dieses Urteils hat der Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom , Ro 2019/15/0029, gegen die Festsetzung von Wettterminalabgaben gerichtete Revisionen zurückgewiesen und Folgendes ausgesprochen:

"Das WNotifG dient - in der aktuellen Fassung (LGBl. Nr. 36/2016) - der Umsetzung der Richtlinie (EU) 2015/1535 (§ 7 WNotifG). Es enthält im Wesentlichen dieser Richtlinie entsprechende Definitionen und sieht - als Landesverfassungsbestimmung - vor, dass Gesetzesvorlagen, die einer Notifizierungspflicht unterliegen, vom Präsidenten des Landtages dem zuständigen Ausschuss oder einer vom Landtag hiefür gewählten Kommission mit Hinweis auf diesen Umstand zur Behandlung zuzuweisen sind. Der Ausschuss oder die Kommission hat - falls nicht schon eine Notifizierung erfolgt ist - vor Fassung eines Beschlusses, der eine Verhandlung im Landtag ermöglicht, die Gesetzesvorlage dem Amt der Landesregierung zur erforderlichen Notifizierung zu übermitteln. Eine Weiterleitung an den Landtag ist erst nach Ablauf der Anhörungsfristen zulässig (§ 5 Abs. 2 WNotifG).

21 Dass inhaltlich relevante Abweichungen der Definitionen betreffend 'technische Vorschriften' der Richtlinie 2015/1535 zu jenen der diese Richtlinie umsetzenden Bestimmungen des WNotifG vorlägen, wird in der Revision nicht geltend gemacht. Sprachliche Abweichungen der Definitionen (vgl. Artikel 1 Abs. 1 der Richtlinie 2015/1535 und § 2 WNotifG) ergeben sich einerseits nur dahin, dass in § 2 WNotifG auch der Anhang I der Richtlinie (wenn auch ohne die in der Richtlinie aufgezählten Beispiele) eingearbeitet ist (vgl. die Erläuterungen zur Änderung des WNotifG mit LGBl. Nr. 32/2003, Beilage Nr. 1/2003: damals noch verwiesen auf Anhang V der Richtlinie 98/34/EG vom ), und anderseits durch eine 'Anpassung an eine gendergerechte Sprache' (vgl. Erläuterungen zur Änderung des WNotifG mit LGBl. Nr. 36/2016, Beilage Nr. 10/2016). Damit ist aber aus den im angeführten Gründen auch abzuleiten, dass die Bestimmungen des WWAG nicht notifizierungspflichtig iSd WNotifG waren. Im Übrigen könnte die Verletzung einer über die unionsrechtlichen Vorgaben hinausgehenden (bloß) innerstaatlichen Notifizierungspflicht nur zum Verstoß der Bestimmungen des WWAG gegen Verfassungsrecht des Landes Wien (und nicht zu ihrer Unwirksamkeit) führen; die Verfassungswidrigkeit dieser Bestimmungen wurde im vorliegenden Verfahren aber bereits vom Verfassungsgerichtshof geprüft und verneint."

Das Beschwerdevorbringen, wonach das Wiener Wettterminalabgabegesetz notifizierungspflichtig gewesen wäre, geht vor dem Hintergrund dargestellten jüngsten Rechtsprechung ins Leere, weshalb unionsrechtlich keine Rückzahlungen der eingezahlten gegenständlichen Wettterminalabgaben zu erwarten sind. Im Übrigen ist eine materiellrechtliche Prüfung der verfahrensgegenständlichen Wettterminalabgaben im Rückzahlungsverfahren nicht vorgesehen.

2.1.2. Nach § 3 Wiener Wettterminalabgabegesetz (WWAG), LGBl. Nr. 32/2016, beträgt die Abgabe für das Halten von Wettterminals je Wettterminal und begonnenem Kalendermonat 350 Euro. Das Halten von Wettterminals ist spätestens einen Tag vor deren Aufstellung beim Magistrat anzuzeigen. Die Anmeldung hat gemäß § 5 Abs. 1 WWAG sämtliche für die Bemessung der Abgabe in Betracht kommenden Angaben und den Ort des Haltens zu enthalten. Die Anmeldung von Wettterminals gilt als Abgabenerklärung für die Dauer der Abgabepflicht. Die Abgabe ist gemäß § 6 WWAG erstmals zum Termin für die Anmeldung und in der Folge jeweils bis zum Letzten eines Monats für den Folgemonat zu entrichten. Die Verpflichtung zur Entrichtung der Abgabe endet erst mit Ablauf des Kalendermonates, in dem die Abmeldung des Wettterminals erfolgt oder die Abgabenbehörde sonst davon Kenntnis erlangt, dass der Apparat nicht mehr gehalten wird.

Ordnen - wie im Fall der Wettterminalabgabe - die Abgabenvorschriften die Selbstberechnung einer Abgabe durch den Abgabepflichtigen an, so kann nach Maßgabe des § 201 Abs. 2 BAO und muss nach Maßgabe des § 201 Abs. 3 BAO auf Antrag des Abgabepflichtigen oder von Amts wegen eine erstmalige Festsetzung der Abgabe mit Abgabenbescheid erfolgen, wenn der Abgabepflichtige, obwohl er dazu verpflichtet ist, keinen selbst berechneten Betrag der Abgabenbehörde bekannt gibt oder wenn sich die bekanntgegebene Selbstberechnung als nicht richtig erweist. Für den Fall, dass sich die bekannt gegebene Selbstberechnung als richtig erweist, darf keine Festsetzung der Abgabe erfolgen. Der Antrag auf Festsetzung ist abzuweisen (vgl. ).

Begründet ein Abgabepflichtiger einen Antrag auf Rückerstattung einer durch Selbstbemessung entrichteten Abgabe ausschließlich mit der Unrichtigkeit der Selbstbemessung, ist dieses Begehren dahingehend zu deuten, die Behörde möge zuerst über die Abgabenfestsetzung und sodann erst über das Rückerstattungsbegehren absprechen. In einem solchen Fall setzt die Erledigung des Rückerstattungsbegehrens voraus, dass die Behörde - zunächst - die Rechtsfrage der Abgabenschuldigkeit beantwortet (vgl. ; , 2009/16/0044, mwN).

2.1.2.1. Ausgehend vom festgestellten Sachverhalt, dass die beschwerdeführende Gesellschaft die verfahrensgegenständlichen Wettterminalabgaben selbst berechnet und entrichtet, aber in den Beschwerden gegen die Festsetzungsbescheide jeweils die Rückzahlung dieser entrichteten Abgaben beantragt hat, ist zunächst darauf hinzuweisen, dass die Rechtsfrage der Abgabenschuldigkeit bereits mit Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes vom , RV/7400054/2018, der dargestellten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes folgend () abweisend entschieden worden ist und die Behandlung der dazu beim Verfassungsgerichtshof eingebrachten Beschwerde mit Beschluss vom , E 4101/2019, abgelehnt wurde. Das Bundesfinanzgericht ist daher berechtigt, über die Anträge auf Rückzahlung zu entscheiden. Dazu ist Folgendes auszuführen:

2.1.2.1.1. Ein Guthaben entsteht erst, wenn auf einem Abgabenkonto die Summe der Gutschriften (Zahlungen, sonstige Gutschriften) die Summe der Lastschriften übersteigt. Maßgebend sind die tatsächlich durchgeführten Gutschriften (Lastschriften) und nicht diejenigen, die nach Meinung des Abgabepflichtigen durchgeführt hätten werden müssen. Eine Rückzahlung setzt jedenfalls ein "Guthaben" im Zeitpunkt der behördlichen Erledigung voraus (Ritz, BAO-Kommentar6, Rz 1 zu § 215 BAO sowie ; , 2005/16/0141; , 2005/15/0137; , 2007/16/0184; , 2009/16/0311; , 2009/15/0095).

Voraussetzung für den Erfolg eines Rückzahlungsantrages gemäß § 239 BAO ist damit nicht das Vorliegen einer (zu Unrecht) bezahlten Abgabe, sondern ein Guthaben - also ein Überschuss zu Gunsten des Abgabepflichtigen aufgrund tatsächlich durchgeführter Gutschriften auf dem Abgabenkonto (vgl. ).

Dem Rückzahlungsantrag gemäß § 239 BAO ist daher der Erfolg zu versagen, wenn im Zeitpunkt der Antragstellung das Abgabenkonto kein Guthaben aufweist. Im Fall eines Rückzahlungsantrages ist grundsätzlich nur über jenen Betrag abzusprechen, der im Zeitpunkt der Antragstellung auf dem Abgabenkonto aufscheint ().

2.1.2.1.2. Die beschwerdeführende Partei hat im gegenständlichen Fall die Wettterminalabgabe selbst berechnet und entrichtet und erst danach die Anträge gestellt, die Abgabe mit Null festzusetzen. Da sich die selbstberechneten Beträge als richtig erweisen, sind die Voraussetzungen für eine bescheidmäßige Festsetzung nicht gegeben gewesen und die Anträge auf Festsetzung der Abgabe mit Null wurden daher mit Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes vom , RV/7400054/2018, als unbegründet abgewiesen.

Nach der Verrechnungsregel des § 215 Abs. 1 BAO ist ein sich aus der Gebarung gemäß § 213 BAO ergebendes Guthaben eines Abgabepflichtigen zur Tilgung fälliger Abgabenschuldigkeiten zu verwenden, die der Abgabenpflichtige bei derselben Abgabenbehörde hat.

Laut Abgabenkonto der beschwerdeführenden Partei ergibt sich aus den Buchungen am Abgabenkonto kein Guthaben, das allenfalls antragsgemäß zurückgezahlt werden könnte, da es laut oben zitierter Judikatur allein auf die tatsächlich durchgeführten Buchungen ankommt.

2.1.3. Da weder zum Zeitpunkt der Antragstellung noch zum Zeitpunkt der Erledigung der Rückzahlungsanträge ein Guthaben am Abgabenkonto bestand, das zurückgezahlt werden hätte können, ist die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

2.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Zur Frage, ob das WWAG notifizierungspflichtig ist und wann die Rückzahlung eines Guthabens zu erfolgen hat, liegt bereits die zitierte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vor. Die Revision ist daher nicht zulässig.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Landesabgaben Wien
betroffene Normen
Art. 1 RL 2015/1535, ABl. Nr. L 241 vom S. 1
WWAG, Wiener Wettterminalabgabegesetz, LGBl. Nr. 32/2016
§ 6 WWAG, Wiener Wettterminalabgabegesetz, LGBl. Nr. 32/2016
§ 201 Abs. 3 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 239 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2021:RV.7400041.2019

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at