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Säumnisbeschwerde – Einzel – Beschluss, BFG vom 14.01.2021, RS/7100074/2020

Bescheiderlassung nach abgeschlossenem Säumnisverfahren

Beachte

Revision beim VwGH anhängig zur Zahl Ra 2021/13/0037. Mit Erk. v. als unbegründet abgewiesen.

Entscheidungstext

Beschluss

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Dr. Hans Blasina in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch ÖBUG Dr. Nikolaus WT KG Steuerberatungsgesellschaft, St Veit-Gasse 8, 1130 Wien, über die Beschwerde der beschwerdeführenden Partei vom wegen behaupteter Verletzung der Entscheidungspflicht durch das Finanzamt Wien 3/6/7/11/15 Schwechat Gerasdorf betreffend Umsatzsteuer 2015 und 2016, Steuernummer ***BF1StNr1***, beschlossen:

Die Säumnisbeschwerde wird unter analoger Anwendung des § 261 Abs 1 BAO für gegenstandlos erklärt und das Säumnisbeschwerdeverfahren eingestellt.

Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) unzulässig.

Begründung

Mit hat die Beschwerdeführerin (Bf) Säumnisbeschwerde erhoben.

Mit Beschluss vom wurde die belangte Behörde aufgefordert, bis spätestens zu entscheiden und eine Abschrift der Bescheide (samt Zustellnachweis) vorzulegen oder anzugeben, warum eine Verletzung der Entscheidungspflicht nicht oder nicht mehr vorliegt.

Mit Schreiben vom hat die belangte Behörde mitgeteilt, dass eine Verletzung der Entscheidungspflicht nicht vorliegt. Mit Erkenntnis vom , RS/7100050/2018, wurde die Säumnisbeschwerde mit hg Erkenntnis abgewiesen.

Aufgrund einer am eingebrachten Revision hat der VwGH das hg Erkenntnis mit Erkenntnis vom , Ra 2018/13/0087, aufgehoben. Das Bundesfinanzgericht ist damit wieder zuständig, über die Säumnis zu entscheiden.

Zwischenzeitlich hat die belangte Behörde am die begehrten Bescheide nachgeholt und - nach am selben Tag eingebrachter Beschwerde, am ergangener Beschwerdevorentscheidung und am gestelltem Vorlageantrag - die Akten am dem Bundesfinanzgericht vorgelegt, wo sie in der GA 1024 unter den Zahlen RV/7105275/2018 (USt 2015) bzw RV/7105352/2018 (USt 2016) seither anhängig sind.

§ 284 BAO lautet auszugsweise:

(1) Wegen Verletzung der Entscheidungspflicht kann die Partei Beschwerde (Säumnisbeschwerde) beim Verwaltungsgericht erheben, wenn ihr Bescheide der Abgabenbehörden nicht innerhalb von sechs Monaten nach Einlangen der Anbringen oder nach dem Eintritt zur Verpflichtung zu ihrer amtswegigen Erlassung bekanntgegeben werden. Hiezu ist jede Partei befugt, der gegenüber der Bescheid zu ergehen hat.

(2) Das Verwaltungsgericht hat der Abgabenbehörde aufzutragen, innerhalb einer Frist von bis zu drei Monaten ab Einlangen der Säumnisbeschwerde zu entscheiden und gegebenenfalls eine Abschrift des Bescheides vorzulegen oder anzugeben, warum eine Verletzung der Entscheidungspflicht nicht oder nicht mehr vorliegt. Die Frist kann einmal verlängert werden, wenn die Abgabenbehörde das Vorliegen von in der Sache gelegenen Gründen nachzuweisen vermag, die eine fristgerechte Entscheidung unmöglich machen. Wird der Bescheid erlassen oder wurde er vor Einleitung des Verfahrens erlassen, so ist das Verfahren einzustellen.

(3) Die Zuständigkeit zur Entscheidung geht erst dann auf das Verwaltungsgericht über, wenn die Frist (Abs. 2) abgelaufen ist oder wenn die Abgabenbehörde vor Ablauf der Frist mitteilt, dass keine Verletzung der Entscheidungspflicht vorliegt.

(6) Partei im Beschwerdeverfahren ist auch die Abgabenbehörde, deren Säumnis geltend gemacht wird.

Gemäß § 261 Abs. 1 BAO ist eine Bescheidbeschwerde mit Beschwerdevorentscheidung oder mit Beschluss als gegenstandslos zu erklären, wenn dem Beschwerdebegehren Rechnung getragen wird in einem an die Stelle des angefochtenen Bescheides tretenden Bescheid oder in einem den angefochtenen Bescheid abändernden oder aufhebenden Bescheid.

Nun mag auch die sinngemäße Anwendung des § 261 BAO in der Aufzählung des § 284 Abs. 7 BAO nicht enthalten sein, doch ist diese Lücke des Gesetzgebers durch Analogie zu schließen, und die Säumnisbeschwerde ist dann als gegenstandslos zu erklären, wenn dem Begehren der Säumnisbeschwerde Rechnung getragen wurde, indem die Abgabenbehörde, deren Säumnis bekämpft wurde, ihren Bescheid erlassen hat. Unschädlich ist dabei auch, wenn das Verwaltungsgericht in den Spruch seines Beschlusses aufnimmt, dass das Verfahren eingestellt wird (vgl. ).

Ist der Bescheid der Abgabenbehörde nach Erheben der Säumnisbeschwerde wirksam erlassen worden, so ist dem Rechtschutzbedürfnis des Säumnisbeschwerdeführers damit Rechnung getragen; die von ihm mit Säumnisbeschwerde begehrte Entscheidung über seinen Antrag liegt vor. Die Rechtmäßigkeit eines solcherart wirksam erlassenen Bescheides ist dabei nicht zu prüfen. Deshalb hängt der Beschluss des Verwaltungsgerichtes, womit eine nach § 284 f BAO erhobene Säumnisbeschwerde als gegenstandslos erklärt wird, etwa nicht davon ab, ob die in § 284 Abs. 2 BAO genannte Frist wirksam und rechtmäßig verlängert wurde oder ob der Bescheid der Abgabenbehörde innerhalb der Frist des § 284 Abs. 2 BAO ergangen ist und die Abgabenbehörde zur Erlassung des Bescheides noch zuständig war (vgl ).

Die von der Bf in ihrer Stellungnahme vom relevierten Bedenken werden nicht geteilt.

Zum einen übersieht die Bf mit ihren verfassungsrechtlichen Erwägungen zur Vermeidung einer gleichzeitigen Zuständigkeit von Verwaltungsbehörde und Verwaltungsgericht, dass im Zeitpunkt der Bescheiderlassung durch die belangte Behörde () das Verfahren vor dem Bundesfinanzgericht bereits mit Erkenntnis vom beendet war und der aufgezeigte Konflikt nicht vorgelegen ist. Vielmehr war nach der Entscheidung durch das Bundesfinanzgericht wieder die Abgabenbehörde zuständig. Der Revision an den VwGH kommt mangels aufschiebender Wirkung diesbezüglich keine Bedeutung zu.

Zum anderen hat der VwGH zu § 284 BAO idgF bereits ausgesprochen, dass auch eine verspätete Bescheiderlassung durch die belangte Behörde zur Einstellung des Säumnisverfahrens führen kann.

Die Einstellung nach § 284 Abs 2 BAO war iZm der zeitlich dem Säumnisbeschwerdeverfahren nachgelagerten Bescheiderlassung durch die belangte Behörde nicht direkt anwendbar, weshalb die Einstellung nach § 261 Abs 1 BAO zu erfolgen hatte.

Zur Unzulässigkeit einer Revision

Gegen einen Beschluss des Bundesfinanzgerichtes ist die ordentliche Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil der Beschluss von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 284 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
ECLI
ECLI:AT:BFG:2021:RS.7100074.2020

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at

Fundstelle(n):
HAAAC-26481