Wr. Kanalräumungs- und Kanalgebührengesetz: Verstoß gegen das Wiederholungsverbot
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht erkennt durch die Richterin Dr. Adebiola Bayer in der Beschwerdesache Bf., Adresse, über die Beschwerde vom gegen die Bescheide des Magistrats der Stadt Wien, Magistratsabteilung 31 - Wiener Wasser vom betreffend Abweisung eines Antrages auf Herabsetzung der Abwassergebühr für die Zeit vom bis und endgültige Festsetzung der Abwassergebühr für den Zeitraum bis , vom betreffend Abweisung eines Antrages auf Herabsetzung der Abwassergebühr für die Zeit vom bis und endgültige Festsetzung der Abwassergebühr für den Zeitraum bis , vom betreffend Abweisung eines Antrages auf Herabsetzung der Abwassergebühr für die Zeit vom bis und endgültige Festsetzung der Abwassergebühr für den Zeitraum bis , vom betreffend Abweisung eines Antrages auf Herabsetzung der Abwassergebühr für die Zeit vom bis und endgültige Festsetzung der Abwassergebühr für den Zeitraum bis und vom betreffend Abweisung eines Antrages auf Herabsetzung der Abwassergebühr für die Zeit vom bis und endgültige Festsetzung der Abwassergebühr für den Zeitraum bis zu Recht:
1. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben. Die angefochtenen Bescheide werden - ersatzlos - aufgehoben.
2. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Verfahrensgang
Auf Grund eines Antrags vom wurde in einem die Beschwerdeführerin (im Folgenden "Bf.") betreffenden Verfahren über die Herabsetzung der Abwassergebühren eine nicht in den öffentlichen Kanal eingeleitete Abwassermenge von 130 m³ ermittelt. Diese Menge wurde den Bescheiden über die Herabsetzung der Abwassergebühren der Kalenderjahre ab 1999 zu Grunde gelegt.
Dementsprechend wurden mit an die Bf. gerichteten und als "WASSER- UND ABWASSERGEBÜHREN Gebührenbescheid" bezeichneten Bescheiden vom , vom , vom , vom und vom laut "Übersicht" Abwassergebühren für die Zeiträume bis , bis sowie bis , bis sowie bis , bis sowie bis und bis sowie bis festgesetzt. Laut der "Detailansicht" dieser Bescheide handelte es sich dabei um eine "Vorläufige Abwassergebühr".
Nach einer neuerlichen Erhebung der durch die Bf. nicht in einen öffentlichen Kanal eingeleiteten Abwassermengen erging an die Bf. ein Informationsschreiben vom , in welchem sie über die neu ermittelte niedrigere Nichteinleitungsmenge von 47 m3 in Kenntnis gesetzt wurde. Darüber hinaus erließ die belangte Behörde die angefochtenen Bescheide, die sich zu Lasten der Bf. auswirkten. In der Begründung führte die belangte Behörde aus, dass die nachgewiesene Nichteinleitungsmenge von 47 m3 nicht die in § 13 Abs. 1 Kanalräumungs- und Kanalgebührengesetz (KKG) vorgegebene Mindestgrenze von 100 m³ überschreite. Gemäß § 200 Abs. 1 Bundesabgabenordnung (BAO) könne die Abgabenbehörde die Abgaben vorläufig festsetzen, wenn nach den Ergebnissen des Ermittlungsverfahrens die Abgabepflicht zwar noch ungewiss, aber wahrscheinlich oder wenn der Umfang der Abgabepflicht noch ungewiss sei. Die Ersetzung eines vorläufigen durch einen anderen vorläufigen Bescheid sei im Fall der teilweisen Beseitigung der Ungewissheit zulässig. Wenn die Ungewissheit beseitigt sei, sei nach Abs. 2 die vorläufige Abgabenfestsetzung durch eine endgültige zu ersetzen. Gebe die Beseitigung der Ungewissheit zu einer Berichtigung der vorläufigen Festsetzung keinen Anlass, so sei ein Bescheid zu erlassen, der den vorläufigen zum endgültigen Abgabenbescheid erkläre.
Dagegen erhob die Bf. Beschwerde. Mit den angefochtenen Bescheiden sei der bisher rechtskräftige gültige Bescheid für die Herabsetzung der Abwassergebühr ab dem Jahr 2012 rückwirkend durch ein neues Ermittlungsverfahren als ungültig erklärt worden. Diese Vorgangsweise erachte sie als rechtswidrig, mit der Begründung, dass die Abwassermengen tatsächlich für die Bewässerung der großen Gartengrünfläche verwendet worden und nicht in den Kanal gelangt seien.
Die belangte Behörde wies die Beschwerde mit ihrer Beschwerdevorentscheidung vom als unbegründet ab. Im ursprünglichen Herabsetzungsverfahren (Antrag vom ) sei eine Nichteinleitungsmenge von 130 m3 festgestellt und den Herabsetzungsbescheiden für die Kalenderjahre ab 1999 zugrunde gelegt worden. Aus verwaltungsökonomischen Gründen und um die finanzielle Belastung der KundInnen in Grenzen zu halten, werde bei Vorliegen einer prüfungsfähigen Unterlage zum Nachweis der nicht in den Kanal eingeleiteten Abwassermengen, sofern es sich um Mengen handele, die aller Voraussicht nach jedes Jahr anfielen (zB Bewässerungsmengen, Haushaltsmengen, Schwimmbecken), seitens der Behörde auf eine jährliche Aufforderung zur Vorlage von prüfungsfähigen Unterlagen verzichtet. In der Regel werde daher eine bereits vom Amtssachverständigen der zuständigen MA 42 überprüfte Unterlage auch als Grundlage für die der erstmaligen Herabsetzung der Abwassergebühr folgenden zehn Kalenderjahre ohne neuerliche Überprüfung in der MA 31 verwendet. Im Hinblick auf den langen Geltungszeitraum der ermittelten Nichteinleitungsmenge sei für die Grünflächenbewässerungsmengen von den bisher seitens der MA 42 durchgeführten Befunderhebungen auf Grund des vorgefundenen Vegetations-, Kultur- und Pflegezustands zum Zeitpunkt der Erhebung abgegangen worden. Die Überprüfung und Berechnung aller in Wien beantragter und mittels Gutachten nachgewiesener Bewässerungsmengen erfolge ab dem Kalenderjahr 2012 neu unter Zugrundelegung der ÖNORM L 1112. Diese beinhalte den Stand der Technik und des Wissens für erforderliche Bewässerungsmengen und gewährleiste daher eine fundierte, neutrale und allgemein gültige Ermittlung für den langjährig erforderlichen Bewässerungsbedarf im Sinne einer effizienten Nutzung der Wasserressourcen. Anhand der bereits vorgelegten prüfungsfähigen Unterlage habe der Amtssachverständige der MA 42 am eine neuerliche Erhebung vorgenommen und die bisher zuerkannte Nichteinleitungsmenge der Grünflächen unter Zugrundelegung der ÖNORM L 1112 einer Prüfung unterzogen. Dabei sei eine Nichteinleitungsmenge pro Kalenderjahr von 47 m3 ermittelt worden, die den Bescheiden für die Kalenderjahre 2012 bis 2016 zugrunde gelegt worden sei. Insgesamt seien von der MA 42 etwa 9.000 Gutachten neu überprüft worden, was zu einer längeren Verfahrensdauer geführt habe. Das Ermittlungsergebnis sowie die Grundlagen der Neuberechnung seien der Bf. mit Informationsschreiben vom gleichzeitig mit den angefochtenen Bescheiden für die Kalenderjahre 2012, 2013, 2014, 2015 und 2016 zur Kenntnis gebracht worden.
Zum Beschwerdevorbringen werde festgestellt, dass gemäß § 16 Abs. 3 KKG bescheidmäßig zuerkannte Herabsetzungen gemäß § 13 bei der Festsetzung der Teilzahlungen zu berücksichtigen seien. Werde ein Antrag gemäß § 13 vor Festsetzung der Abwassergebühr eingebracht, so sei die Abwassergebühr zunächst unter Berücksichtigung bescheidmäßig zuerkannter Herabsetzungen vorläufig und nach Entscheidung über den Antrag endgültig festzusetzen. Jede Änderung der Voraussetzungen für die Herabsetzung der Abwassergebühr sei dem Magistrat unverzüglich mitzuteilen. Gemäß § 200 BAO könne die Abgabenbehörde die Abgaben vorläufig festsetzen, wenn nach den Ergebnissen des Ermittlungsverfahrens die Abgabenpflicht zwar noch ungewiss, aber wahrscheinlich sei oder wenn der Umfang der Abgabenpflicht noch ungewiss sei. Wenn die Ungewissheit beseitigt sei, sei die vorläufige Abgabenfestsetzung durch eine endgültige zu ersetzen. Da zum Zeitpunkt der Erlassung der Gebührenbescheide vom , , , und das Ermittlungsergebnis der MA 42 und somit die abzugsfähige Abwassermenge noch nicht bekannt gewesen sei, habe die Abwassergebühr für die Zeit vom bis vorläufig vermindert werden müssen. Diese vorläufige Festsetzung sei in dem jeweiligen Gebührenbescheid in der Detailansicht mit "vorläufige Abwassergebühr" gekennzeichnet. Nachvollziehbar sei, dass die Abwassermengen zumindest teilweise tatsächlich für die Bewässerung der großen Gartengrünfläche verwendet worden seien, allerdings, wie seitens des Amtssachverständigen der MA 42 festgestellt, lediglich in einem Ausmaß von 47 m3, wodurch die vom Gesetz geforderte Mindestnichteinleitungsmenge von 100 m3 nicht überschritten worden sei. Eine diese Mindestgrenze von 100 m3 übersteigende Bewässerungsmenge sei im Hinblick auf den Wasserbezug der Kalenderjahre 2013 (Bezug: 100 m3) und 2015 (Bezug: 97 m³) nicht möglich. Zu den Kalenderjahren 2012 (Bezug: 164 m³), 2014 (Bezug: 105 m³) und 2016 (Bezug: 103 m³) werde festgehalten, dass nicht als Maßstab, aber zur Hilfestellung bei der Plausibilitätsprüfung nach den Erfahrungswerten der MA 31 der durchschnittliche Gesamtverbrauch pro Person und Tag bei 130 Litern Wasser liege. Angesichts der (derzeit) zwei auf der Liegenschaft gemeldeten Personen (2 x 130 Liter x 365 = ca. 95 m³) und des o.a. Wasserbezugs in den Kalenderjahren 2012, 2014 und 2016 sei eine die Mindestnichteinleitungsmenge von 100 m³ übersteigende Nichteinleitungsmenge schwer vorstellbar. Unbestritten bleibe auch weiterhin, dass eine "Schätzung" nicht der tatsächlichen Bewässerungsmenge pro Jahr entsprechen könne. Der Bf. bleibe es jedoch unbenommen, diese durch die Angaben eines in die Gartenbewässerungsanlagen eingebauten geeichten Messgerätes (Subzähler) nachzuweisen, wobei jedoch darauf Bedacht zu nehmen sei, dass ebenfalls die Mindestnichteinleitungsmenge von 100 m³ überschritten werden müsse.
In Folge beantragte die Bf. die Vorlage an das Bundesfinanzgericht und begründete diesen Antrag damit, dass in den beschwerdegegenständlichen Jahren die Mindestnichteinleitungsmenge von 100 m³ sehr wohl überschritten worden sei. Zu den Ausführungen, dass auf der Liegenschaft zwei Personen gemeldet seien, führte die Bf. aus, dass die Liegenschaft hauptsächlich von ihr alleine bewohnt werde und somit für eine zweite Person der jährliche Wasserbezug keinesfalls anrechenbar sei.
In Folge legte die belangte Behörde den Beschwerdeakt dem Bundesfinanzgericht vor. Zum Vorbringen der Bf. im Vorlageantrag bemerkte die belangte Behörde, dass sie sich nach den ihr zur Verfügung stehenden Meldedaten richten müsse. Eine Personenerhebung vor Ort würde angesichts der Vielzahl der Fälle einen überbordenden Verwaltungsaufwand bedeuten. Jedenfalls sei für die Kalenderjahre 2014 und 2016 aber eine Nichteinleitungsmenge von mehr als 100 m³ selbst unter Berücksichtigung des Vorbringens der Bf. auszuschließen, da nicht davon ausgegangen werden könne, dass lediglich 4 m³ (10 Liter pro Tag) bzw. 2 m³ (5 Liter pro Tag) im Haushalt verwendet würden.
Mit Beschluss vom forderte das Bundesfinanzgericht die Bf. auf, eine Kopie des bisher rechtskräftig gültigen Bescheides für die Herabsetzung der Abwassergebühr, auf welchen sie in ihrer Beschwerde Bezug genommen hatte, zu übermitteln. Die Bf. übermittelte dem Bundesfinanzgericht in Folge zwar eine Kopie des ursprünglichen Antrages, wonach die Herabsetzung der Abwassergebühren "unbefristet[…] für das Jahr 1994 und die folgenden Jahre" beantragt wurde, jedoch keinen Bescheid. Die belangte Behörde wurde mit Beschluss vom aufgefordertmitzuteilen, ob über diesen Antrag bereits vor den angefochtenen Bescheiden bescheidmäßig abgesprochen wurde und bejahendenfalls den entsprechenden Bescheid bzw. die entsprechenden Bescheide in Kopie zu übermitteln. Die belangte Behörde übermittelte in Folge an die Bf. gerichtete Bescheide vom , vom , vom , vom , vom , vom , vom , vom , vom , vom , vom und vom , in welchen dem Antrag auf Herabsetzung der Abwassergebühren stattgegeben und für den Zeitraum vom bis zum eine Abwassermenge iHv 130 m³ festgestellt wurde.
Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
Festgestellter Sachverhalt
Das Bundesfinanzgericht stellte den folgenden entscheidungswesentlichen Sachverhalt fest:
Am wurde im Namen der Bf. ein Antrag auf eine unbefristete Herabsetzung der Abwassergebühren gestellt. Diesem Antrag wurde u.a. in den Bescheiden des Magistrats der Stadt Wien vom , vom , vom , vom , vom , vom , vom , vom , vom , vom , vom und vom stattgegeben, ohne die Stattgabe auf einen bestimmten Zeitraum einzuschränken. Gleichzeitig wurde in diesen Bescheiden für die Zeiträume vom bis zum eine Abwassermenge iHv 130 m³ festgestellt.
Unter Zugrundelegung einer nicht in den öffentlichen Kanal eingeleitete Abwassermenge von 130 m³ ergingen an die Bf. am , am , am , am und am als "WASSER- UND ABWASSERGEBÜHREN Gebührenbescheid" bezeichnete Bescheide. In diesen wurden laut "Übersicht" Abwassergebühren für die Zeiträume bis iHv EUR 105,84, bis iHv EUR 32,13 sowie bis iHv EUR 62,37, bis iHv EUR 22,68 sowie bis iHv EUR 61,07, bis iHv EUR 31,52 sowie bis iHv EUR 57,13 und bis iHv EUR 27,58 sowie bis iHv EUR 55,16 festgesetzt. Diese Gebühren wurden in der Übersicht jeweils als "Abwassergebühr" ausgewiesen. Laut der "Detailansicht" dieser Bescheide handelte es sich dabei um eine "Vorläufige Abwassergebühr".
Nach einer neuerlichen Erhebung der durch die Bf. nicht in einen öffentlichen Kanal eingeleiteten Abwassermengen erging am ein Informationsschreiben an die Bf., in welchem sie über die neu ermittelte niedrigere Nichteinleitungsmenge von 47 m3 in Kenntnis gesetzt wurde. Darüber hinaus erließ die belangte Behörde die angefochtenen Bescheide vom , vom , vom , vom und vom . Nach diesen wurde die Abwassergebühr für den Zeitraum bis statt mit EUR 137,97 mit EUR 309,96 "endgültig" festgesetzt, für den Zeitraum bis statt mit EUR 85,05 mit EUR 189,00 "endgültig" festgesetzt, für den Zeitraum bis statt mit EUR 92,59 mit EUR 206,85 EUR "endgültig" festgesetzt, für den Zeitraum bis statt mit EUR 84,71 mit EUR 191,09 "endgültig" festgesetzt und für den Zeitraum bis statt mit EUR 55,16 mit EUR 122,14 "endgültig" festgesetzt.
Beweiswürdigung
Der festgestellte Sachverhalt ist unstrittig und ergibt sich aus der Aktenlage.
Rechtliche Beurteilung
Zu Spruchpunkt 1: Stattgabe und Aufhebung
§ 200 BAO besagt Folgendes:
"§ 200. (1) Die Abgabenbehörde kann die Abgabe vorläufig festsetzen, wenn nach den Ergebnissen des Ermittlungsverfahrens die Abgabepflicht zwar noch ungewiß, aber wahrscheinlich oder wenn der Umfang der Abgabepflicht noch ungewiß ist. Die Ersetzung eines vorläufigen durch einen anderen vorläufigen Bescheid ist im Fall der teilweisen Beseitigung der Ungewißheit zulässig.
(2) Wenn die Ungewißheit (Abs. 1) beseitigt ist, ist die vorläufige Abgabenfestsetzung durch eine endgültige Festsetzung zu ersetzen. Gibt die Beseitigung der Ungewißheit zu einer Berichtigung der vorläufigen Festsetzung keinen Anlaß so ist ein Bescheid zu erlassen, der den vorläufigen zum endgültigen Abgabenbescheid erklärt.
(3) Die Bestimmungen des Erbschafts- und Schenkungssteuerrechtes über die vorläufige Festsetzung der Erbschafts- und Schenkungssteuer bleiben unberührt.
(4) Die Abs. 1 und 2 gelten sinngemäß für Bescheide, mit denen festgestellt wird, daß eine Veranlagung unterbleibt, oder die aussprechen, daß eine Abgabe nicht festgesetzt wird.
(5) Die Erlassung gemäß Abs. 2 endgültiger oder endgültig erklärender Bescheide obliegt der Abgabenbehörde, die für die Erlassung des vorläufigen Bescheides zuständig war oder vor Übergang der Zuständigkeit als Folge einer Bescheidbeschwerde oder einer Säumnisbeschwerde (§ 284 Abs. 3) zuständig gewesen wäre. Ist die diesbezügliche Zuständigkeit auf eine andere Abgabenbehörde übergegangen, so obliegt die Erlassung des endgültigen oder endgültig erklärenden Bescheides der zuletzt zuständig gewordenen Abgabenbehörde."
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sind vorläufige Bescheide als solche zu bezeichnen und ist diese Bezeichnung als Spruchbestandteil mit Berufung bekämpfbar; fehlt einem Bescheid die Bezeichnung vorläufig, so ist er endgültig (etwa ).
Die Gebührenbescheide vom , vom , vom , vom und vom , mit denen die Abwassergebühren für die Zeiträume bis , bis sowie bis , bis sowie bis , bis sowie bis und bis sowie bis laut belangter Behörde vorläufig festgesetzt werden sollten, wurden jeweils als "WASSER- UND ABWASSERGEBÜHREN Gebührenbescheid" bezeichnet und die Gebühren in der Übersicht als "Abwassergebühr" ausgewiesen. Daraus ist nicht ersichtlich, dass es sich um vorläufige Bescheide iSd § 200 Abs. 1 BAO handeln sollte. Lediglich in der Detailansicht wurde die beschwerdegegenständliche Gebühr als "Vorläufige Abwassergebühr" bezeichnet. Aus Sicht des Bundesfinanzgerichtes steht es nicht mit der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes im Einklang, nur einzelne Teile des Bescheidspruches als vorläufig zu bezeichnen, die zumal im Widerspruch zu anderen Teilen des Bescheidspruches stehen. Daher genügen diese Bescheide nicht den Anforderungen, die an die Bezeichnung als vorläufige Bescheide gestellt werden.
Dies hat zur Folge, dass mit den Gebührenbescheiden vom , vom , vom , vom und vom eine endgültige Festsetzung der Abwassergebühren für die Zeiträume bis , bis sowie bis , bis sowie bis , bis sowie bis und bis sowie bis erfolgte.
Bescheide iSd § 92 BAO entfalten die Rechtswirkung der Rechtskraft. Unterschieden wird dabei zwischen formeller und materieller Rechtskraft.
Formell rechtskräftig ist ein Bescheid, wenn er durch ein ordentliches Rechtsmittel nicht mehr anfechtbar ist.
Unter materieller Rechtskraft wird die Unwiderrufbarkeit und die Unwiederholbarkeit des Bescheides verstanden (vgl. Ritz, BAO6, § 92 Tz 5). Daher liegt eine Missachtung der Rechtskraftwirkung einer Entscheidung vor, wenn neuerlich über dieselbe Sache abgesprochen wird, was die Aufhebung der letzteren Entscheidung zur Folge hat ().
In den Bestand von rechtskräftigen Bescheiden kann nur insoweit eingegriffen werden, als entsprechende, auf die Durchbrechung der Rechtskraft gerichtete, gesetzliche Tatbestände vorgesehen sind (§§ 293ff BAO, § 303 BAO).
Die von der belangten Behörde erlassenen Gebührenbescheide vom , vom , vom , vom und vom sind im Rechtsbestand. In den angefochtenen Bescheiden wurde die Durchbrechung der Rechtskraft auf keinen dazu ermächtigenden gesetzlichen Tatbestand gestützt.
Somit stand und steht dem neuerlichen Abspruch in derselben Sache durch die angefochtenen Bescheide, soweit sie über Festsetzung der Abwassergebühren absprechen, die Rechtskraft der Gebührenbescheide vom , vom , vom , vom und vom entgegen ().
Soweit die angefochtenen Bescheide über die Abweisung des Antrages auf Herabsetzung der Abwassergebühr absprechen, ist darauf hinzuweisen, dass diesem Antrag, der sich auf eine unbefristete Herabsetzung bezog, bereits zuvor in mehreren Bescheiden ohne zeitraumbezogene Einschränkung stattgegeben wurde. Es gilt auch diesbezüglich, dass in den Bestand von rechtskräftigen Bescheiden nur insoweit eingegriffen werden kann, als entsprechende, auf die Durchbrechung der Rechtskraft gerichtete, gesetzliche Tatbestände vorgesehen sind (§§ 293ff BAO, § 303 BAO). Auf einen solchen Tatbestand stützte sich die belangte Behörde in ihren angefochtenen Bescheiden, in denen sie den Antrag auf Herabsetzung der Abwassergebühr abwies, nicht.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Zu Spruchpunkt 2: Unzulässigkeit einer Revision
Gemäß § 25a Abs. 2 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisse soder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Gegen eine Entscheidung des Bundesfinanzgerichtes ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wurde. Da das Erkenntnis der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes folgt, war die Revision nicht zuzulassen.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Landesabgaben Wien |
betroffene Normen | BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2021:RV.7400079.2018 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at