Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 14.01.2021, RV/7104763/2020

Keine Berücksichtigung eines Unterhaltsabsetzbetrages für volljährige Kinder, für die keine Familienbeihilfe ausbezahlt wurde

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die RichterinRi***1*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Österreich vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2018 und 2019, Steuernummerzu Recht erkannt:

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Die Beschwerdeführerin (Bf.) beantragte in den Erklärungen zur Arbeitnehmerveranlagung 2018 und 2019 ganzjährig Unterhaltsabsetzbeträge für ihre beiden bereits volljährigen Kinder. Nach den Angaben der Bf. sind diese serbische Staatsbürger, die in Serbien wohnen und dort studieren. In den Einkommensteuerbescheiden 2018 und 2019 berücksichtigte die belangte Behörde den geltend gemachten Unterhaltsabsetzbetrag nicht, da Unterhaltsleistungen an volljährige Kinder, für die keine Familienbeihilfe ausbezahlt wird im Sinne des § 34 Abs. 7 Z 5 EStG 1988, BGBl 1996/201 einkommensteuerlich nicht in Abzug zu bringen wären.

Dagegen erhob die Bf. Beschwerde und brachte vor, dass eine Unterhaltsverpflichtung nicht mit der Volljährigkeit des Kindes oder einem bestimmten Alter, sondern erst mit der Selbsterhaltungsfähigkeit ende. Eine solche sei erst gegeben, wenn das Kind in der Lage sei, seinen Lebensunterhalt durch eine zumutbare Erwerbstätigkeit selbst zu bestreiten. Dies sei grundsätzlich erst bei einer abgeschlossenen Berufsausbildung der Fall. Das Kind darf die Selbsterhaltungsfähigkeit aber nicht schuldhaft hinauszögern. Das Studium müsse aber ernsthaft und zielstrebig betrieben werden.

Das Finanzamt hätte daher einen Unterhaltsabsetzbetrag, wie etwa bei Unterhaltsleistungen für haushaltszugehörige und nicht haushaltszugehörige Kinder, die sich ständig in einem Land außerhalb des EU/EWR-Raumes und der Schweiz aufhalten, beachten müssen.

In den abweisenden Beschwerdevorentscheidungen vom führte die belangte Behörde aus, dass Unterhaltsleistungen für haushaltszugehörige Kinder in einem Staat außerhalb des EU-Raumes, EWR-Raumes oder der Schweiz, bei denen der Anspruch auf Familienbeihilfe nach § 2 Abs. 5 FLAG 1967 ausgeschlossen ist, als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigen () wären. Es könne in solchen Fällen der halbe Unterhalt (, G 285/96; ) ohne Abzug eines Selbstbehaltes als außergewöhnliche Belastungen geltend gemacht werden. Die Unterhaltsleistungen seien bis zum vollendeten 15. Lebensjahr des Kindes zu berücksichtigen, darüber hinaus sei ein entsprechender Nachweis über die fehlende Selbsterhaltungsfähigkeit zu erbringen. Die fehlende Selbsterhaltungsfähigkeit sei durch eine entsprechende amtliche Bescheinigung nachzuweisen. Ab der Volljährigkeit des Kindes dürfe jedoch nach § 34 Abs. 7 Z 5 EStG 1988 (Verfassungsbestimmung) keine außergewöhnliche Belastung berücksichtigt werden, wobei die jeweiligen nationalen Volljährigkeitsbestimmungen heranzuziehen sind. Da die Volljährigkeit in Serbien mit dem 18. Lebensjahr gegeben ist, wäre eine durch Unterhaltszahlungen zu berücksichtigende außergewöhnliche Belastung jedenfalls auszuschließen gewesen.

Im Vorlageantrag führte die Bf. aus, dass sie ihre Kinder durch eine gesetzliche Pflichtversicherung mitversichert habe. Eine beitragsfreie Mitversicherung beim österreichischen Versicherungsträger wäre nur aufgrund ihrer Unterhaltspflicht sowie der noch nicht erfolgten Selbsterhaltungsfähigkeit ihrer Kinder möglich gewesen. Entgegen einer weit verbreiteten Meinung ende die Unterhaltspflicht nicht mit der Volljährigkeit des Kindes oder einem bestimmten Alter, sondern erst mit dessen Selbsterhaltungsfähiqkeit: Das Kind müsse in der Lage sein, seinen Lebensunterhalt durch eine zumutbare Erwerbstätigkeit selbst zu bestreiten. Dies sei grundsätzlich erst bei einer abgeschlossenen Berufsausbildung der Fall. Das Studium müsse aber ernsthaft und zielstrebig betrieben werden. Daher hätte das Finanzamt aufgrund von Unterhaltsleistungen für haushaltszugehörige und nicht haushaltszugehörige Kinder, die sich ständig in einem Land außerhalb des EU/EWR-Raumes und der Schweiz aufhalten, den halben laufenden, nach den ausländischen Lebenshaltungskosten angemessenen Unterhalt, im Wege eines pauschalen Abzuges (Richtwert pro Kind: 50 Euro monatlich) vornehmen müssen. Ein Selbstbehalt werde in diesen Fällen nicht berechnet.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Sachverhalt

Das Bundesfinanzgericht stellt als erwiesen fest, dass die Bf. in den Streitjahren Unterhaltszahlungen an ihre bereits volljährigen Kinder leistete, die in Serbien ihren Wohnsitz haben und dort studieren. Familienbeihilfe wurde in den genannten Jahren für beide Kinder der Bf. nicht ausbezahlt.

Beweiswürdigung

Diese Feststellungen ergeben sich aus der Aktenlage, insbesondere dem Vorbringen der Bf. in der Beschwerde und im Vorlageantrag. Dass für beide Kinder keine Familienbeihilfe ausbezahlt wurde, ergab sich aus den Daten des Abgabeninformationssystems des BMF und wurde der Bf. im Wege der Begründungsausführungen in den angefochtenen Einkommensteuerbescheiden unter Hinweis auf § 34 Abs. 7 Z 5 EStG 1988 mitgeteilt. Einwendungen dagegen wurden in der Folge keine erhoben.

Rechtliche Beurteilung

Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)

§ 33 Abs. 4 Z 3 EStG 1988 bestimmt:

"Darüber hinaus stehen folgende Absetzbeträge zu, wenn sich das Kind ständig in einem Mitgliedstaat der EU oder Hoheitsgebiet einer anderen Vertragspartei des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz aufhält:

Steuerpflichtigen, die für ein Kind den gesetzlichen Unterhalt leisten, steht ein Unterhaltsabsetzbetrag von 29,20 Euro monatlich zu, wenn das Kind nicht ihrem Haushalt zugehört (§ 2 Abs 5 Familienlastenausgleichsgesetz 1967) und für das Kind weder ihnen noch ihrem jeweils von ihnen nicht dauernd getrenntlebenden (Ehe-) Partner Familienbeihilfe gewährt wird. Leisten sie für mehr als ein nicht haushaltszugehöriges Kind den gesetzlichen Unterhalt, so steht für das zweite Kind ein Absetzbetrag von 43,80 Euro und für jedes weitere Kind ein Absetzbetrag von jeweils 58,40 Euro monatlich zu. Erfüllen mehrere Personen in Bezug auf ein Kind die Voraussetzungen für den Unterhaltsabsetzbetrag, so steht der Absetzbetrag nur einmal zu.

Für Unterhaltsleistungen als außergewöhnliche Belastung gilt gem. § 34 Abs. 7 Z 4 und 5 EStG 1988 Folgendes:

Z 4. Darüber hinaus sind Unterhaltsleistungen nur insoweit abzugsfähig, als sie zur Deckung von Aufwendungen gewährt werden, die beim Unterhaltsberechtigten selbst eine außergewöhnliche Belastung darstellen würden. Ein Selbstbehalt (Abs 4) auf Grund eigener Einkünfte des Unterhaltsberechtigten ist nicht zu berücksichtigen ( Z 4).

Z. 5 (Verfassungsbestimmung) Unterhaltsleistungen an volljährige Kinder, für die keine Familienbeihilfe ausbezahlt wird, sind außer in den Fällen und im Ausmaß der Z 4 weder im Wege eines Kinder- oder Unterhaltsabsetzbetrages noch einer außergewöhnlichen Belastung zu berücksichtigen.

Nach dem festgestellten Sachverhalt steht der Bf. ein Unterhaltsabsetzbetrag gem. § 33 Abs. 4 Z 3 EStG 1988 schon deshalb nicht zu, da sich ihre Kinder nicht ständig in einem Mitgliedstaat der EU oder im Hoheitsgebiet einer anderen Vertragspartei des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz aufhalten.

Eine Berücksichtigung der Unterhaltszahlungen als außergewöhnliche Belastung konnte darüber hinaus nicht nach dem § 37 Abs. 7 Z 5 EStG 1988 erfolgen, da die diesbezüglichen Voraussetzungen nicht erfüllt waren. Die Bestimmung regelt klar, dass für volljährige Kinder, für die keine Familienbeihilfe ausgezahlt wird, weder der Unterhaltsabsetzbetrag zusteht, (vgl. ; ), noch Unterhaltszahlungen als außergewöhnliche Belastung anerkannt werden konnten. Dass der § § 34 Abs. 7 Z 4 EStG 1988 erfüllt wäre, war nicht Gegenstand des Verfahrens.

Die von der Bf. eingewendete mangelnde Selbsterhaltungsfähigkeit ihrer Kinder ändert nichts an der Tatsache, dass nach vorgenannter Bestimmung die Ausbezahlung der Familienbeihilfe Voraussetzung für die einkommensteuermindernde Berücksichtigung von Unterhaltszahlungen ist. Da dies nach der Sachlage nicht zutrifft, war spruchgemäß zu entscheiden.

Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Es liegt keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vor, da sich die Konsequenzen der einkommensteuerlichen Berücksichtigung von Unterhaltszahlungen aus dem Gesetz und der im Erkenntnis zitierten Judikatur des Verfassungsgerichtshofes ergeben hat.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 279 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 34 Abs. 7 Z 5 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 33 Abs. 4 Z 3 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2021:RV.7104763.2020

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at