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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 14.12.2020, RV/1100210/2017

Mittelpunkt der Lebensinteressen eines doppelt-ansässigen Steuerpflichtigen

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Ernst & Young Steuerberatungs- und Wirtschaftsprüfungsgesellschaft m.b.H., Wagramer Straße 19, 1220 Wien, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des ***FA*** vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2014 zu Recht erkannt:

Der Beschwerde wird im Umfang der Beschwerdevorentscheidung gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben.

Die Bemessungsgrundlage für die Einkommensteuer (Einkommen 2014) sowie die darauf entfallende Steuer (Einkommensteuer 2014) sind der Beschwerdevorentscheidung des Finanzamtes vom zu entnehmen, die insofern einen integrierten Bestandteil des Erkenntnisses bildet.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Am wurde elektronisch über Finanzonline eine Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung 2014 übermittelt. Mit Schriftsatz vom reichte die steuerliche Vertretung des Beschwerdeführers (im Folgenden abgekürzt: Bf.) einen Lohnausweis für den Zeitraum vom bis sowie eine Beilage zur Arbeitnehmerveranlagungserklärung 2014 mit folgendem, auszugsweise wiedergegebenen Inhalt nach:

"1. Allgemeine Erläuterungen

Der Bf. wurde beginnend mit von seiner Arbeitgeberin, der ***1*** (früher: ***2***) von Österreich nach Ungarn zu der ***3*** entsandt.

Er begründete mit einen Wohnsitz zur Dienstverrichtung in Ungarn (***4***).

Der Bf. verfügt im Zeitraum von bis in Österreich über einen Wohnsitz. Ab dem hat der Bf. keinen Wohnsitz in Österreich. Er ist daher in Österreich im Zeitraum 21. März bis beschränkt steuerpflichtig.

Der Lebensmittelpunkt und somit die Ansässigkeit des Bf. im Sinne des Art. 4 DBA Österreich-Ungarn ist bis in Österreich zu sehen. Ab dem ist sein Ansässigkeitsstaat Ungarn. Ungarn hat daher gemäß Art 4 DBA Österreich-Ungarn als Ansässigkeitsstaat das Recht, das Welteinkommen des Bf. für den Zeitraum von 21. März bis zu besteuern. Österreich hat basierend auf Art. 15 Abs. 2 DBA Österreich-Ungarn die österreichischen Arbeitstage besteuert. Der Bf. hatte im Jahr 2014 sechs österreichische Arbeitstage und zwei Arbeitstage im Drittland im Zeitraum von 1. Jänner bis gehabt. Daher sind insgesamt 8 Arbeitstage in Österreich steuerpflichtig.

……."

Mit Ergänzungsersuchen des Finanzamtes vom wurde dem Bf. die Übermittlung eines Lohnzettels für die in Österreich steuerpflichtigen Einkünfte aufgetragen. Begründend wurde ausgeführt, der Bf. sei Eigentümer des Objektes ***5*** in ***6***, er sei dort gemeldet und auch seine Gattin wohne an dieser Adresse. Folglich seien die in Ungarn bezogenen Einkünfte in Österreich steuerpflichtig.

Mit Antwortschreiben vom übermittelte die steuerliche Vertretung des Bf. eine geänderte Beilage zur Arbeitnehmerveranlagungserklärung und teilte ergänzend Folgendes mit:

"Der Bf. wurde beginnend mit von seiner Arbeitgeberin, der ***1*** (früher: ***2***) von Österreich nach Ungarn zu der ***3*** entsandt.

Er begründete mit einen Wohnsitz zur Dienstverrichtung in Ungarn (***7***).

Zum Zeitpunkt der Erstellung der Steuererklärung 2014 des Bf. hat uns unser Mandant darüber informiert, dass kein österreichischer Wohnsitz vorliegt. Aus diesem Grund wurde für den Bf. eine Steuererklärung bei beschränkter Steuerpflicht abgegeben. Nach erneuter Rücksprache mit dem Bf. wurden wir nun darüber informiert, dass der Wohnsitz in Österreich während der Entsendung nach Ungarn aufrechterhalten wurde. Da die Liegenschaft des Bf. im Jahr 2014 nicht vermietet war und im Jahr 2014 jederzeit für den Bf. zugänglich war, ist er in Österreich im Jahr 2014 unbeschränkt steuerpflichtig. Der Wohnsitz wurde vom Bf. sowie von seiner Ehegattin nach dem Umzug nach Ungarn ausschließlich zu einem Urlaubsaufenthalt von höchstens ca. 3-4 Wochen benutzt. Somit ging er davon aus, dass kein Wohnsitz in Österreich (im Sinne eines Lebensmittelpunktes) vorliegt.

Da der Lebensmittelpunkt ab in Ungarn zu sehen ist (die Gattin begleitete ihn), hat gemäß Art. 4 DBA Österreich-Ungarn Ungarn als Ansässigkeitsstaat das Recht, das Welteinkommen des Bf. für den Zeitraum vom 21. März bis zu besteuern.

Österreich hat basierend auf Art. 15 Abs. 2 DBA Österreich-Ungarn die österreichischen Arbeitstage besteuert. Der Bf. hatte im Jahr 2014 sechs österreichische Arbeitstage und zwei Arbeitstage im Drittland im Zeitraum von 1. Jänner bis . Daher sind insgesamt acht Arbeitstage in Österreich steuerpflichtig."

Mit Ergänzungsersuchen des Finanzamtes vom wurde dem Bf. die Vorlage folgender Unterlagen aufgetragen:

  • Steuerbescheid der ungarischen Steuerbehörde (deutsche Übersetzung)

  • Nachweis der Kosten für die Wohnung in Ungarn (Miete, Betriebskosten, etc.)

  • Betriebskostenabrechnung für das Objekt in ***6***

  • Meldebestätigung für die Gattin des Bf. vom Meldeamt in Ungarn

Mit Antwortschreiben vom übermittelte die steuerliche Vertretung des Bf. die folgenden Dokumente:

  • Mietvertrag für die Wohnung in Ungarn (***8***)

  • Meldebestätigung in Ungarn vom Bf. und von seiner Gattin

  • Korrespondenzen zwischen dem Übersiedlungsunternehmen und der Gattin des Bf.

  • Betriebskostenabrechnungen vom Haus in ***6*** (Gas- und Stromrechnungen)

  • Entsendungsvertrag des Bf.

  • Ungarische Steuererklärung 2014 des Bf. (bei einer erklärungsgemäßen Veranlagung wird kein Einkommensteuerbescheid übermittelt).

Mit Schriftsatz vom reichte die steuerliche Vertretung des Bf. eine ungarische Ansässigkeitsbescheinigung nach.

Mit Ergänzungsersuchen des Finanzamtes vom wurde dem Bf. die Vorlage einer deutschen Übersetzung des von der ungarischen Finanzbehörde erstellten Einkommensteuerbescheides sowie die Übermittlung von Stromrechnungen der VKW für den Zeitraum März 2015 bis März 2016 aufgetragen.

Mit Antwortschreiben vom übermittelte die steuerliche Vertretung des Bf. die Abrechnungen der Strom- und Gasrechnungen für den Zeitraum März 2015 bis März 2016. Ergänzend wurde mitgeteilt, der Bf. habe sich mit der VKW wegen der unerklärlichen Höhe des Stromverbrauchs bereits in Verbindung gesetzt.

In der Folge teilte die steuerliche Vertretung des Bf. dem Finanzamt mit, die ***9*** Kraftwerke AG habe den Bf. darüber informiert, wie er den Stromverbrauch prüfen könne. Zudem seien ihm Hinweise gegeben worden, welche Maßnahmen er bei Nichtanwesenheit zur Minimierung des Stromverbrauchs treffen könne.

Mit Schriftsatz vom übermittelte der Bf. den vom Finanzamt mit Vorhalt vom angeforderten Jahreslohnausweis (Lohnzettel) der Fa. ***3*** samt ausgefülltem L17 Formular für 2014. Erläuternd wurde ausgeführt, dass Basis für die Berechnung des L17 die vom Arbeitgeber des Bf. erhaltene Internationale Lohnverrechnung sei. Zudem sei zu beachten, dass der Bf. im Jahr 2014 drei Sonderzahlungen erhalten habe. Gemäß Information der Fa. ***1*** beziehe sich nur der Bonus in Höhe von 66.879,00 Euro auf österreichische Arbeitstage im Jahr 2014. Die übrigen beiden Auszahlungen seien dem Ausland zuzurechnen.

Mit Bescheid vom erfolgte die Einkommensteuerveranlagung 2014. Das Finanzamt begründete die inländische Besteuerung der im Ausland erzielten Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit für das gesamte Jahr 2014 damit, dass der Bf. und seine Gattin laut Zentralem Melderegister immer noch in ***6*** (***5***) gemeldet seien. Ein Nachweis, dass dieser Wohnsitz nicht benutzt werden könne oder mit aufgegeben worden sei (wie in den allgemeinen Erläuterungen zur Arbeitnehmerveranlagung angeführt werde), sei bisher nicht erbracht worden (Nachweis betreffend der Übersiedlung der Einrichtungsgegenstände; Erklärung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung; Nachweis, dass das Objekt ***5*** in ***6*** leer stehe und nicht benutzt werden könne; etc.). Weiters gehe aus den vorgelegten Strom und Erdgasrechnungen hervor, dass der Verbrauch für ein angeblich unbewohntes Objekt relativ hoch sei. Inwieweit eine fehlerhafte Vorschreibung von Seiten der VKW erfolgt sei, sei nicht begründet oder nachgewiesen worden.

Im Übrigen liege kein Nachweis vor, dass der Mittelpunkt der Lebensinteressen nach Ungarn verlegt worden sei und somit Ungarn Ansässigkeitsstaat wäre. Betreffend den Mittelpunkt der Lebensinteressen sei entscheidend, wo die Person die stärkeren persönlichen (vorrangig) und wirtschaftlichen (nachrangig) Beziehungen habe. Von Bedeutung seien insbesondere die Gestaltung des Familienlebens sowie Betätigungen religiöser und kultureller Art und andere Tätigkeiten zur Entfaltung persönlicher Interessen und Neigungen (Freundeskreis, etc.). Grundsätzlich befindet sich der Mittelpunkt der Lebensinteressen dort, wo sich die Familie (Ehegattin) aufhalte.

In Anbetracht der Tatsache, dass weder nachgewiesen worden sei, dass der Wohnsitz in Österreich aufgegeben worden sei oder nicht benutzt werden könne (beispielsweise das Eigenheim vermietet werde) und kein Nachweis vorliege, dass die Ehegattin des Bf. den Wohnsitz ebenfalls nach Ungarn verlegt habe, sei davon auszugehen, dass die Gattin des Bf. weiterhin am gemeinsamen Wohnsitz in ***6*** wohnhaft sei und der Bf. daher den Mittelpunkt der Lebensinteressen in Österreich innehabe und somit gemäß Art. 4 des DBA Österreich-Ungarn in Österreich ansässig sei. Die Einkünfte für den Zeitraum Jänner 2014 bis Dezember 1014 seien daher zur Gänze in Österreich besteuert worden (auf Grundlage des vorgelegten Jahreslohnkontos).

Mit der gegen den Einkommensteuerbescheid 2014 fristgerecht erhobenen Beschwerde wurde eine Berücksichtigung einer Verlagerung der Ansässigkeit sowie eine erklärungsgemäße Festsetzung der Einkommensteuer 2014 beantragt. Begründend brachte die steuerliche Vertretung des Bf. nochmals vor, der Bf. sei beginnend mit von seiner Arbeitgeberin, der ***1*** (früher: ***2***) befristet bis ursprünglich geplant von Österreich nach Ungarn zu der ***3*** entsandt worden. Tatsächlich habe die Entsendung mit geendet. Am sei der Bf. befristet bis nach Deutschland entsandt worden. Zuvor sei der Bf. vom bis nach Großbritannien entsandt worden.

Im gesamten Veranlagungsjahr 2014 sei der Bf. in Ungarn tätig gewesen. Der Bf. habe nach erfolgreicher Wohnungssuche mit einen Wohnsitz zur Dienstverrichtung in Ungarn (***7***) begründet. Der österreichische Wohnsitz sei beibehalten worden, jedoch sei das Inventar großteils (zwei Sofas, ein Lederstuhl, ein Schrank, ein kleines Regal, ein kleiner Schrank, ein Bürostuhl, drei Teppiche, einige Bilder, einige Übertöpfe sowie rund 15 Umzugskartons) in die ungarische Wohnung übersiedelt worden. Der Abtransport sei am erfolgt und die Anlieferung in Ungarn am 21. März nachmittags. Hierfür sei bereits im Rahmen der Beantwortung eines Ergänzungsersuchens ein entsprechender Schriftverkehr mit dem Umzugsunternehmen vorgelegt worden.

Der Lebensmittelpunkt und somit die Ansässigkeit des Bf. im Sinne von Art. 4 des DBA Österreich-Ungarn sei durch den Umzug bis in Österreich zu sehen. Ab dem sei der Ansässigkeitsstaat des Bf. jedoch Ungarn. Als Nachweis der Ansässigkeit in Ungarn sei auch bereits eine Ansässigkeitsbescheinigung vorgelegt worden. Ungarn habe daher gemäß Art. 4 DBA Österreich-Ungarn als Ansässigkeitsstaat das Recht, das Welteinkommen des Bf. für den Zeitraum vom bis zu besteuern.

Dem im angefochtenen Bescheid seitens der Finanzverwaltung angeführten Argument, es sei kein Nachweis über die Nichtbenutzung des österreichischen Wohnsitzes vorgelegt worden, sei zu entgegnen, dass durch den Nachweis der Übersiedlung von Österreich nach Ungarn einschließlich des Nachweises, dass die persönlichen Gegenstände nachweislich nach Ungarn übersiedelt worden seien, der österreichische Wohnsitz - wenn überhaupt - nur eingeschränkt nutzbar gewesen sei. In Österreich habe lediglich eine polizeiliche Meldung bestanden, der für steuerliche Zwecke ohnehin nur Indizfunktion zukomme.

Der Nachweis über die Benützung des Wohnsitzes in Österreich sei auch dahingehend obsolet, da der Lebensmittelpunkt - wie nachfolgend aufgezeigt werde - in Ungarn zu sehen sei.

Weiters sei im angefochtenen Bescheid angeführt worden, dass die Gestaltung des Familienlebens sowie eine Betätigung religiöser und kultureller Art und andere Tätigkeiten zur Entfaltung persönlicher Interessen und Neigungen (Freundeskreis, etc.) von Bedeutung seien. Hierzu sei anzumerken, dass weder die Gattin des Bf. noch der Bf. religiöser Betätigungen nachgehen würden, da sie aus der Kirche ausgetreten seien. Zu diesem Vorhalt sei insgesamt kritisch anzumerken, dass eine religiöse Betätigung dem Bereich der Privatsphäre zuzuordnen sei, über die eine Auskunft gegenüber der Behörde nicht zumutbar wäre.

Überdies sei auszuführen, dass der Bf. grundsätzlich bereits seit außerhalb von Österreich tätig sei. Auch während der Entsendung nach Großbritannien sei der Bf. von seiner Ehegattin begleitet worden. Der gemeinsame Sohn sei ebenfalls nicht in Österreich wohnhaft. Es bestehe somit keine nähere familiäre Beziehung zu Österreich.

Als Nachweis, dass der Bf. von seiner Ehegattin begleitet worden sei, sei bereits die ungarische Meldebestätigung vorgelegt worden. Da selbst in der Begründung des Finanzamtes ausgeführt worden sei, dass sich der Mittelpunkt der Lebensinteressen dort befinde, wo sich die Familie (Ehegattin) aufhalte, sei aufgrund der oben angeführten Punkte eindeutig von einer Verlagerung des Lebensmittelpunktes nach Ungarn auszugehen. Der Bf. sei von seiner Frau während den Entsendungen nach Großbritannien und Ungarn begleitet worden. Aufgrund der Entfernung zwischen Arbeitsort und Wohnort sei auch ein wöchentliches Pendeln nicht zumutbar. Durch die Übersiedlungsbestätigung, die ungarische Meldebestätigung sowie die ungarische Ansässigkeitsbescheinigung sei ein ausreichender Nachweis für die Verlagerung des Lebensmittelpunktes erbracht und sei dies eindeutig glaubhaft gemacht worden.

Selbst wenn vom Vorliegen einer Ansässigkeit in Österreich - was bestritten werde - ausgegangen werde, seien die Bezüge, welche die ungarischen Arbeitstage im Jahr 2014 betreffen würden, gemäß Art. 15 Abs. 2 lit. 2 DBA Österreich-Ungarn in Ungarn steuerpflichtig und seien in Österreich zwecks Vermeidung der Doppelbesteuerung unter Progressionsvorbehalt zu berücksichtigen.

Zudem könnten die im angefochtenen Bescheid veranlagten Einkünfte nicht nachvollzogen werden. In der Begründung sei angemerkt worden, dass diese auf Grundlage des vorgelegten Jahreslohnkontos festgesetzt worden seien. Es sei allerdings nicht möglich, die Bezüge entsprechend nachzuvollziehen.

Der Bescheid sei somit in mehreren Punkten mit Rechtswidrigkeit behaftet. Es seien einerseits die im Zuge des Parteiengehörs vorgelegten Nachweise nicht ausreichend gewürdigt worden. Andererseits sei bei unterstellter Ansässigkeit die Besteuerungsgrundlage nicht korrekt ermittelt worden (keine Freistellung und auch rechnerisch nicht nachvollziehbar).

Aufgrund der vorgebrachten Nachweise und Erläuterungen sei von einer Verlagerung des Lebensmittelpunktes auszugehen.

Mit Vorhalt vom ersuchte das Finanzamt um Aufklärung des Umstandes, dass sich der Stromverbrauch in den Vergleichszeiträumen 03/2013 bis 03/2014 und 03/2014 bis 03/2015 nur geringfügig vermindert habe und weiterhin demjenigen eines Ein- bis Zweipersonenhaushaltes entspreche. Eine solche Aufklärung sei auch hinsichtlich des Erdgasverbrauches ( bis (3 Monate) - 3.698 kWh, bis 10.424 kWH) erforderlich, welcher nach Beginn der Tätigkeit in Ungarn kaum zurückgegangen sei.

Sollte das Finanzamt von einer Ansässigkeit in Österreich nach dem ausgehen, so wären die Einkünfte, welche aus der Tätigkeit für den ungarischen Arbeitgeber erzielt worden seien, unter Progressionsvorbehalt von der Besteuerung ausgenommen, sofern die Einkünfte auf eine in Ungarn ausgeübte Tätigkeit entfallen. Es werde daher um Nachweis (Bestätigung des Arbeitgebers, bei teilweiser Tätigkeitsausübung außerhalb Ungarn mit tabellarischer Aufstellung der Arbeitstage) ersucht, ob diese Tätigkeit zur Gänze in Ungarn ausgeübt worden sei oder ob und in welchem Ausmaß Arbeitstage auf Tätigkeiten außerhalb Ungarns entfallen würden. Im letzteren Fall werde auch um Ermittlung des aufgrund des unter der Prämisse der Ansässigkeit in Österreich steuerpflichtigen Anteiles der Einkünfte ersucht.

Mit Antwortschreiben vom übermittelte die steuerliche Vertretung des Bf. einen von der Arbeitgeberin des Bf. unterzeichneten Reisekalender für das Jahr 2014.

Bezüglich des Stromverbrauches wurde ergänzend wiederum darauf verwiesen, dass dieser laut dem Bf. unerklärlich hoch sei und der Bf. deshalb Kontakt mit der ***9*** Kraftwerke AG aufgenommen habe. Diese habe dem Bf. dienliche Hinweis gegeben, um den Stromverbrauch zu prüfen bzw. zu senken.

Wie ebenfalls bereits angemerkt worden sei, sei der Bf. bereits vor der Entsendung nach Ungarn beginnend mit im Ausland tätig und gemeinsam mit seiner Gattin wohnhaft gewesen. Daher seien auch die Stromkosten entsprechend ins Verhältnis zu setzen, da diese grundsätzlich keinen Zeitraum abdecken würden, wo der Bf. ganzjährig in Österreich gewohnt habe.

Mit dem Umzug der Ehegattin des Bf. nach Ungarn sei von einem Ansässigkeitswechsel auszugehen, dieser sei bereits mittels mehreren Unterlagen nachgewiesen und bekräftigt worden (z.B. Ansässigkeitsbescheinigung, Umzugskosten). Bei Beibehaltung des Mittelpunktes der Lebensinteressen würde sich eine Steuerpflicht von insgesamt 18 - statt wie bisher angenommen 8 - Arbeitstagen für die laufenden Einkünfte aufgrund der Drittstaatsarbeitstage ergeben. Zusätzlich wäre der Progressionsvorbehalt entsprechend zu korrigieren. Bei entsprechender Aufteilung und Hochrechnung der laufenden Bezüge sowie der Sonderzahlungen würden sich folgende Kennziffern ergeben:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
KZ 350
23.749,82 Euro
KZ 351
794,30 Euro
KZ 493
0,00 Euro
KZ 453
309.244,63 Euro

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde der Beschwerde teilweise Folge gegeben und die Einkommensteuer 2014 anstelle von bisher 89.278,00 Euro mit 10.422,00 Euro festgesetzt. Begründend wurde ausgeführt, im Hinblick darauf, dass der Strom- bzw. Gasverbrauch am österreichischen Wohnsitz auch nach Beginn der Tätigkeit in Ungarn und während des Jahres 2014 weiterhin unerklärlich hoch gewesen sei und jenem eines Ein- bis Zweipersonenhaushaltes entspreche, könne in freier Beweiswürdigung eine Verlagerung des Mittelpunktes der Lebensinteressen und somit der steuerlichen Ansässigkeit (gemeinsam mit der Ehegattin) nach Ungarn nicht als erwiesen angenommen werden. Deshalb wäre eine Erfassung der auf die Tätigkeit außerhalb Ungarns entfallenden Einkünfte vorzunehmen und wäre dabei die auf die Tätigkeit in Ungarn entfallenden Einkünfte für den Progressionsvorbehalt zu berücksichtigen (Art. 15 Abs. 1 iVm Art. 22 Abs. 1 DBA Österreich-Ungarn). Die Besteuerung erfolge auf Basis der von der steuerlichen Vertretung des Bf. auf Basis der Drittarbeitstage errechneten Bemessungsgrundlage.

Im am eingebrachten Vorlageantrag wurde die Feststellung der Verlagerung des Lebensmittelpunktes nach Ungarn sowie die erklärungsgemäße Veranlagung der Einkommensteuer 2014 beantragt. Begründend wurde ausgeführt, die Finanzverwaltung stütze sich in ihrer Beschwerdevorentscheidung bei der Verneinung der Ansässigkeitsverlagerung einzig auf den Stromverbrauch. Auf die weiteren Umstände des Falles und die vorgelegten Unterlagen werde nicht eingegangen.

Eine umfassende Beweiswürdigung, insbesondere eine Auseinandersetzung mit den im Zuge der Beschwerde vorgelegten Unterlagen sei nicht erfolgt. Insbesondere wäre auch der Stromverbrauch für den Zeitraum der Vorentsendung nach Großbritannien annähernd gleich gewesen. Auch damals habe sich der Bf. nicht in Österreich aufgehalten.

Somit sei es nicht schlüssig, den Stromverbrauch als offenbar ausschlaggebendes Kriterium für die Verneinung der Ansässigkeitsverlagerung heranzuziehen. Insbesondere dann nicht, wenn die übrigen Umstände (Ansässigkeitsbestätigung aus Ungarn, Umzugsbelege, Nachweis, dass die Gattin des Bf. diesen begleitet habe) nicht - auch nicht ablehnend - gewürdigt worden seien.

Betreffend den Stromverbrauch sei weiters anzumerken, dass, sofern von einem Zweipersonenhaushalt ausgegangen werde - wie vom Finanzamt argumentiert - ein regelmäßiger Aufenthalt in Österreich erforderlich gewesen wäre und somit scheinbar von einer vermehrten Heimreise ausgegangen werde. Es entspreche aber nicht der Lebenserfahrung, Heimfahrten von Ungarn nach ***10*** (ca. 800 km/8 Autostunden) regelmäßig zu tätigen, obwohl der Bf. von seiner Ehegattin begleitet worden sei.

Im Vorlagebericht vom verwies die Abgabenbehörde auf die Ausführungen in der Beschwerdevorentscheidung vom . Ergänzend führte die Abgabenbehörde aus, die Beschwerdevorentscheidung sei nach deren letzter Seite am um 20:30 Uhr elektronisch signiert und in die Databox zugestellt worden (selbst unter "Umrechnung" auf die Mitteleuropäische Sommerzeit, d.h. plus 2 Stunden, sei die Beschwerdevorentscheidung noch am in die Databox zugestellt worden). Ein Verlängerungsantrag betreffend die Rechtsmittelfrist sei nicht eingebracht worden. Der am eingelangte Vorlageantrag sei daher nach Meinung der Abgabenbehörde zu spät eingebracht worden.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Sachverhalt und Beweiswürdigung

Der am ***11*** in ***6***, ***10***, geborene Bf., ein österreichischer Staatsbürger, ist verheiratet und hat einen am ***12*** geborenen Sohn.

Der Bf. ist Alleineigentümer einer bebauten Liegenschaft (KG ***13***, EZ ***14***, GSt-Nr. ***15***) mit der Grundstücksadresse ***16***. Laut Zentralem Melderegister waren der Bf., seine Gattin und ihr Sohn im Inland seit dem bis zum gegenwärtigen Zeitpunkt an dieser Grundstücksadresse mit Hauptwohnsitz polizeilich gemeldet.

Mit wurde der Bf. von seiner Arbeitgeberin, der ***1*** (früher: ***2***), befristet von Österreich nach Ungarn zu der ***3*** entsendet. Ursprünglich war eine Entsendung bis zum geplant, tatsächlich hat die Entsendung mit geendet. Zuvor ist der Bf. von der ***1*** vom bis zum nach Großbritannien entsendet worden. Ab dem wurde der Bf. befristet bis zum nach Deutschland zur ***17*** entsendet.

Laut dem für das Jahr 2014 übermittelten Reisekalender war der Bf. im Zeitraum bis an nachfolgend angeführten Arbeitstagen in den nachfolgend aufgelisteten Ländern tätig und hatte im gegenständlichen Zeitraum nachfolgend angeführte freie Tage:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
April
Mai
Juni
Juli
August
Österreich
4 Tage
Ungarn
20,5 Tage
16 Tage
19 Tage
14 Tage
14 Tage
Deutschland
0,5 Tage
Frankreich
1 Tag
Spanien
Rumänien
Norwegen
Dänemark
Vietnam
Großbritannien
Freie Tage
8 Tage
9 Tage
9 Tage
4 Tage
7 Tage
Urlaub/nationale Feiertage
1 Tag
2 Tage
1 Tag
13 Tage
10 Tage


Tabelle in neuem Fenster öffnen
September
Oktober
November
Dezember
Österreich
1 Tag
Ungarn
19 Tage
18 Tage
17,5 Tage
13 Tage
Deutschland
1 Tag
Frankreich
Spanien
3 Tage
Rumänien
2 Tage
Norwegen
1,5 Tage
Dänemark
1 Tag
Vietnam
Großbritannien
2 Tage
Freie Tage
8 Tage
8 Tage
10 Tage
4 Tage
Urlaub/nationale Feiertage
1 Tag
1 Tag
13 Tage

Im Zeitraum bis wurde vom Bf. eine Wohnung in Ungarn (***4***) angemietet. Für diesen Zeitraum wurde für den Bf. auch eine ungarische Ansässigkeitsbescheinigung vorgelegt. Ab war der Bf. wiederum ausschließlich in ***18***, wohnhaft.

Für diese Sachverhaltsfeststellungen stützt sich das BFG auf die seitens des Finanzamtes übermittelten Aktenteile sowie auf eigene Recherchen im Abgabeninformationssystem.

Rechtliche Beurteilung

Zu Spruchpunkt I. (Teilweise Stattgabe)

Im Beschwerdefall ist strittig, ob Österreich ein Besteuerungsrecht für die vom Bf. im Zeitraum bis im Ausland erzielten Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit zukommt.

Eine Sachentscheidung ist allerdings nur unter der Voraussetzung der fristgerechten Einbringung des Vorlageantrages zu treffen. Im Folgenden ist daher zu prüfen, ob das Vorbringen im Vorlagebericht, wonach der Vorlageantrag nicht zeitgerecht bei der Abgabenbehörde eingebracht worden sei, zutreffend ist.

Gemäß § 264 Abs. 1 erster Satz BAO kann gegen eine Beschwerdevorentscheidung innerhalb eines Monats ab Bekanntgabe (§ 97) der Antrag auf Entscheidung über die Bescheidbeschwerde durch das Verwaltungsgericht gestellt werden (Vorlageantrag).

Für den Beginn der Rechtsmittelfrist ist nach § 109 BAO der Tag maßgebend, an dem die Erledigung bekannt gegeben worden ist. Als Bekanntgabe kommt auch eine Zustellung im Wege automationsunterstützter Datenübertragung in Betracht (§ 97 Abs. 3 BAO iVm FinanzOnline-Verordnung 2006). Elektronisch zugestellte Dokumente gelten als zugestellt, sobald sie in den elektronischen Verfügungsbereich des Empfängers gelangt sind (§ 98 Abs. 2 BAO).

Der Zeitpunkt, in dem die Daten in den elektronischen Verfügungsbereich des Empfängers gelangt sind, ist bei FinanzOnline der Zeitpunkt der Einbringung der Daten in die Databox, zu der der Empfänger Zugang hat (ErlRV 270 BlgNR XXIII. GP 13; ). Auf elektronisch zugestellten Abgabenbescheiden ist am Dokumentende die Amtssignatur iSd § 19 E-Government-Gesetz als Signaturblock abgedruckt. In der Zeile "Datum/Zeit" erfolgen präzise Angaben, welche folgende Bedeutung haben: Der "Zeitstempel" gibt den Zeitpunkt der Erstellung der elektronischen Signatur an. Das ist jedoch nicht der Zeitpunkt des Einbringens des Bescheides in die Databox. Das Einbringen des Bescheides in die Databox hängt von mehreren technischen Faktoren ab. In der Regel ist aber davon auszugehen, dass dies innerhalb einer Stunde ab Erstellung der Amtssignatur erfolgt (siehe dazu )

Gemäß § 108 Abs. 2 BAO enden nach Wochen, Monaten oder Jahren bestimmte Fristen mit dem Ablauf desjenigen Tages der letzten Woche oder des letzten Monates, der durch seine Benennung oder Zahl dem für den Beginn der Frist maßgebenden Tag entspricht. Fehlt dieser Tag in dem letzten Monat, so endet die Frist mit Ablauf des letzten Tages dieser Frist.

Gemäß § 108 Abs. 4 BAO werden die Tage des Postenlaufes in die Frist nicht eingerechnet.

Im Beschwerdefall wurde der Vorlageantrag mittels Post versendet. Laut Poststempel fand die Postaufgabe am statt. Da die Zustellung der Beschwerdevorentscheidung unstrittig am erfolgte und die Postaufgabe somit am letzten Tag der Rechtsmittelfrist stattfand, wurde die Frist zur Einbringung des Vorlageantrages gewahrt (siehe dazu z.B. Ritz, BAO6, § 108 Tz 14 und § 260 Tz 21 samt der dort angeführten höchstgerichtlichen Judikatur).

Gemäß § 1 Abs. 2 EStG 1988 sind jene natürlichen Personen unbeschränkt steuerpflichtig, die im Inland einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben. Die unbeschränkte Steuerpflicht erstreckt sich auf alle in- und ausländischen Einkünfte.

Gemäß § 26 Abs. 1 BAO hat eine natürliche Person dort einen Wohnsitz, wo sie eine Wohnung innehat unter Umständen, die darauf schließen lassen, dass sie die Wohnung beibehalten und benutzen wird.

Gemäß Art. 4 Abs. 1 des Abkommens zwischen der Republik Österreich und der Ungarischen Volksrepublik zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen, Ertrag und vom Vermögen (im Folgenden abgekürzt DBA Österreich-Ungarn) bedeutet im Sinne dieses Abkommens der Ausdruck "eine in einem Vertragsstaat ansässige Person" eine Person, die nach dem Recht dieses Staates dort auf Grund ihres Wohnsitzes, ihres ständigen Aufenthaltes, des Ortes ihrer Geschäftsleitung oder eines anderen ähnlichen Merkmals steuerpflichtig ist.

Ist nach Absatz 1 eine natürliche Person in beiden Vertragsstaaten ansässig, so gilt die Person gemäß Art. 4 Abs. 2 lit. a DBA Österreich-Ungarn als in dem Vertragsstaat ansässig, in dem sie über eine ständige Wohnstätte verfügt. Verfügt sie in beiden Vertragsstaaten über eine ständige Wohnstätte, so gilt sie als in dem Vertragsstaat ansässig, zu dem sie die engeren familiären und wirtschaftlichen Beziehungen hat (Mittelpunkt der Lebensinteressen).

Gemäß Art. 15 Abs. 1 DBA Österreich-Ungarn dürfen - vorbehaltlich der Artikel 16, 17 und 18 - Gehälter, Löhne und ähnliche Vergütungen, die eine in einem Vertragsstaat ansässige Person aus unselbständiger Arbeit bezieht, nur in diesem Staat besteuert werden, es sei denn, dass die Arbeit in dem anderen Vertragsstaat ausgeübt wird. Wird die Arbeit dort ausgeübt, so dürfen die dafür bezogenen Vergütungen in dem anderen Staat besteuert werden.

Gemäß Art. 15 Abs. 2 DBA Österreich-Ungarn dürfen - ungeachtet des Absatzes 1 - Vergütungen, die eine in einem Vertragsstaat ansässige Person für eine in dem anderen Vertragsstaat ausgeübte unselbständige Arbeit bezieht, nur in dem erstgenannten Staat besteuert werden, wenn

  • die Vergütungen von einem Arbeitgeber oder für einen Arbeitgeber gezahlt werden, der nicht in dem anderen Staat ansässig ist, und

  • die Vergütungen nicht von einer Betriebstätte oder einer festen Einrichtung getragen werden, die der Arbeitgeber in dem anderen Staat hat, und

  • der Empfänger sich in dem anderen Staat insgesamt nicht länger als 183 Tage während des betreffenden Steuerjahres aufhält.

Bezieht eine in einem Vertragsstaat ansässige Person Einkünfte oder hat sie Vermögen und dürfen diese Einkünfte oder dieses Vermögen nach diesem Abkommen in dem anderen Vertragsstaat besteuert werden, so nimmt gemäß Art. 22 Abs. 1 DBA Österreich-Ungarn der erstgenannte Staat, vorbehaltlich des Absatzes 2, diese Einkünfte oder dieses Vermögen von der Besteuerung aus; dieser Staat darf aber bei der Festsetzung der Steuer für das übrige Einkommen oder das übrige Vermögen dieser Person den Steuersatz anwenden, der anzuwenden wäre, wenn die betreffenden Einkünfte oder das betreffende Vermögen nicht von der Besteuerung ausgenommen wären.

Ein Wohnsitz im Sinne des § 26 Abs. 1 BAO erfordert, dass der Steuerpflichtige die Wohnung "innehat", sie also jederzeit für die eigenen Wohnbedürfnisse nutzen kann. Dieses "Innehaben" muss unter Umständen erfolgen, die darauf schließen lassen, dass der Steuerpflichtige die Wohnung beibehalten und benutzen wird. Maßgebend sind dabei jeweils die tatsächlichen Verhältnisse, entscheidend ist die tatsächliche Verfügungsmacht (siehe dazu z.B. ; ).

Als Rechtsgründe für die Innehabung kommen vor allem Eigentum (z.B. am Einfamilienhaus), Wohnungseigentum, Miete, Untermiete, Wohnungsrecht (§ 521 ABGB), aber auch familienrechtliche Ansprüche (z.B. des Ehegatten, vgl. auch § 97 ABGB) in Betracht. Eine bestimmte rechtsgeschäftliche Form ist nicht nötig (vgl. ).

Die Frage, ob eine Person in Österreich unbeschränkt steuerpflichtig ist, richtet sich ausschließlich nach den inländischen steuerrechtlichen Vorschriften (vgl. , mwN). Es ist deshalb zunächst nach innerstaatlichem Recht zu prüfen, ob der Bf. während des gesamten Kalenderjahres 2014 - also nicht nur von Jänner 2014 bis März 2014 - einen Wohnsitz in Österreich hatte (vgl. ).

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes genügt es, von mehreren Möglichkeiten jene als erwiesen anzunehmen, die gegenüber allen anderen Möglichkeiten eine überragende Wahrscheinlichkeit oder gar die Gewissheit für sich hat und alle anderen Möglichkeiten absolut oder mit Wahrscheinlichkeit ausschließt oder zumindest weniger wahrscheinlich erscheinen lässt (z.B. ; ; ; , und vgl. auch Ritz, BAO Kommentar6, § 167 Rz 8).

Der Bf. hat nicht in Abrede gestellt, dass er sein in seinem Alleineigentum stehendes Einfamilienhaus in ***18***, zumindest im Juli 2014, im August 2014 und im Oktober 2014 während eines Urlaubs von insgesamt 23 Arbeitstagen (hinzu kommen noch die Samstage, Sonntage und Feiertage) tatsächlich genutzt hat. Schon deshalb kann dem dazu in Widerspruch stehenden Beschwerdevorbringen über die Unmöglichkeit einer Nutzung bzw. einer zumindest eingeschränkten Nutzbarkeit dieses Einfamilienhauses wegen der Übersiedlung von Inventar und persönlichen Gegenständen in die ungarische Wohnung nicht gefolgt werden. Auch lässt die Übersiedlung von zwei Sofas, einem Lederstuhl, einem Schrank, einem kleinen Regal, einem kleinen Schrank, einem Bürostuhl, drei Teppichen, einigen Bildern und Übertöpfen sowie rund 15 Umzugskartons nach Auffassung des Finanzgerichtes nicht den Schluss zu, dass ein Großteil des Inventars und die persönlichen Gegenstände aus dem Einfamilienhaus entfernt wurden. Denn es sind im Einfamilienhaus offenbar nicht nur die Küche, das Bad, Betten und Tische verblieben, es ist auch davon auszugehen, dass sich in einem Haus mit einer Baufläche von 118 m² noch weitere Schränke und Sesseln befunden haben und zudem Personen in einem vergleichbaren Alter und einer vergleichbaren beruflichen Stellung wie der Bf. und seine Gattin wesentlich mehr persönliche Gegenstände wie Kleidung, Schuhe, Bücher, Geschirr, Besteck, Bettwäsche, Handtücher, Kosmetika, etc. besitzen, als in 15 Kartons Platz finden. Das BFG kommt daher zum Ergebnis, dass im Beschwerdefall ein inländischer Wohnsitz im gesamten Jahr 2014 und als Folge eine unbeschränkte Steuerpflicht in Österreich zu bejahen ist.

Außer Streit steht allerdings ebenso, dass der Bf. im Zeitraum April 2014 bis Dezember 2014 auch einen Wohnsitz in Ungarn hatte.

In einem weiteren Schritt ist daher zu prüfen, ob die sich aus dem innerstaatlichen Steuerrecht ergebende Steuerpflicht durch ein Doppelbesteuerungsabkommen eingeschränkt wird. Da sich der Begriff "Wohnsitz" im Sinne des § 26 BAO und der Begriff "ständige Wohnstätte" im Sinne von Art. 4 Abs. 2 DBA Österreich-Ungarn decken (siehe dazu z.B. Jakom/Marschner EStG 2019, § 1 Rz 19), ist somit gemäß Art. 4 Abs. 2 lit. a DBA Österreich-Ungarn zu ermitteln, zu welchem Vertragsstaat der Bf. die engeren persönlichen und wirtschaftlichen Beziehungen gehabt hat (Mittelpunkt der Lebensinteressen).

Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung (siehe dazu z.B. ; ; ) darlegte, ist für die Beurteilung der Frage, zu welchem Ort (in welchem Staat) ein doppelt-ansässiger Steuerpflichtiger die engeren persönlichen und wirtschaftlichen Beziehungen hat, auf das Gesamtbild der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse abzustellen, wobei das Überwiegen der Beziehungen zum einen oder anderen Staat den Ausschlag gibt. Wirtschaftliche Bindungen gehen vor allem von örtlich gebundenen Tätigkeiten und von Vermögensgegenständen in Form von Einnahmequellen aus. Ihnen kommt dabei in der Regel eine geringere Bedeutung zu als persönlichen Beziehungen. Unter letzteren sind all jene zu verstehen, die einen Menschen aus in seiner Person liegenden Gründen mit jenem Ort verbinden, an dem er einen Wohnsitz innehat. Von Bedeutung sind dabei familiäre Bindungen sowie Betätigungen gesellschaftlicher, religiöser und kultureller Art und andere Betätigungen zur Entfaltung persönlicher Interessen und Neigungen, aber auch Verbindungen zu Sachgesamtheiten, wie Privatsammlungen, und die Mitgliedschaft in Vereinen und andere soziale Engagements. Der Mittelpunkt der Lebensinteressen ist durch eine zusammenfassende Wertung aller Umstände zu ermitteln. Entscheidend ist letztlich, welcher Vertragsstaat für die Person der bedeutungsvollere ist (vgl. ; , mwN).

Bei der Ermittlung des Mittelpunktes der Lebensinteressen ist regelmäßig nicht nur auf die Verhältnisse eines Jahres, sondern auf einen längeren Beobachtungszeitraum abzustellen (vgl. ; ; ). In diesem Sinne lässt eine zeitlich begrenzte Auslandstätigkeit nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes den Mittelpunkt der Lebensinteressen auch dann im Inland bestehen, wenn die Familie an den Arbeitsort im Ausland mitzieht, die Wohnung im Inland aber beibehalten wird (vgl. ; ; ; siehe dazu auch Beiser, Doppelwohnsitz und Mittelpunkt der Lebensinteressen im zwischenstaatlichen Steuerrecht, ÖStZ 1989, 241, 243).

Als Anknüpfungspunkte zu Ungarn für das Streitjahr 2014 zählen die erst im November 2013 aufgenommene und insgesamt zweidreiviertel Jahre dauernde Berufstätigkeit des Bf. für einen ungarischen Arbeitgeber sowie eine ab für den Zeitraum von zwei Jahren angemietete Wohnung. Bei der Tätigkeit des Bf. ist allerdings nach Auffassung des BFG darauf Bedacht zu nehmen, dass diese tageweise vom Bf. außerhalb Ungarns ausgeübt wurde (unter anderem war im Mai 2014 für einen Zeitraum von 4 Tagen Tätigkeitsort Österreich), sodass nur eingeschränkt von einer örtlich gebundenen Tätigkeit ausgegangen werden kann.

Bezugspunkte zu Österreich sind der dort befindliche Besitz des Bf., das sich in seinem Alleineigentum befindliche Eigenheim, in dem dieser im Streitjahr nach eigenen Vorbringen seinen ca. vierwöchigen Urlaub verbracht hat. An dieser Adresse in Österreich sind der Bf. und seine Gattin auch seit dem durchgängig gemeldet gewesen, und zwar in Form einer Hauptwohnsitzmeldung.

Wie obig aufgezeigt wurde, wurde der Bf. von seiner österreichischen Arbeitgeberin wiederholt für befristete Zeiträume zu ausländischen Arbeitgebern entsendet - für fünfzehn Monate nach Großbritannien ( bis zum ), für zweidreiviertel Jahre nach Ungarn ( bis ) und für zwei Jahre nach Deutschland ( bis ). Da somit einziger dauerhafter Bezugspunkt der Wohnsitz in Österreich war, kommt das BFG im Rahmen der Beweiswürdigung zum Ergebnis, dass - obwohl die Gattin des Bf. mit nach Ungarn gezogen ist - im Streitjahr bedeutungsvollere Beziehungen zu Österreich bestanden. Ansässigkeitsstaat gemäß Art. 4 Abs. 2 lit. a DBA Österreich-Ungarn ist deshalb Österreich. Der Beschwerde war somit lediglich im Ausmaß der Beschwerdevorentscheidung Folge zu geben.

Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Das Bundesfinanzgericht folgte bei der Beurteilung, ob der Vorlageantrag fristgerecht eingebracht wurde und ob der Bf. den Mittelpunkt seiner Lebensinteressen im Zeitraum April 2014 bis Dezember 2014 in Österreich oder in Ungarn hatte, der in der Entscheidung dargestellten höchstgerichtlichen Judikatur. Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung liegen deshalb nicht vor, sodass eine (ordentliche) Revision nicht zulässig ist.

Gesamthaft war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Feldkirch, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 1 Abs. 2 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 26 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Art. 4 Abs. 1 DBA H (E, V), Doppelbesteuerungsabkommen Ungarn (Einkommen, Ertrag, Vermögen), BGBl. Nr. 52/1976
Art. 4 Abs. 2 lit. a DBA H (E, V), Doppelbesteuerungsabkommen Ungarn (Einkommen, Ertrag, Vermögen), BGBl. Nr. 52/1976
Art. 15 Abs. 1 DBA H (E, V), Doppelbesteuerungsabkommen Ungarn (Einkommen, Ertrag, Vermögen), BGBl. Nr. 52/1976
Art. 15 Abs. 2 DBA H (E, V), Doppelbesteuerungsabkommen Ungarn (Einkommen, Ertrag, Vermögen), BGBl. Nr. 52/1976
Art. 22 Abs. 1 DBA H (E, V), Doppelbesteuerungsabkommen Ungarn (Einkommen, Ertrag, Vermögen), BGBl. Nr. 52/1976
ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.1100210.2017

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at