Schätzung nicht erklärter nebenberuflicher Einkünfte aus Gewerbebetrieb
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht erkennt durch den Richter Mag.Dr. Thomas Leitner in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Mag. Günther Holzapfel, Hauptstraße 9, 4770 Andorf, über die Beschwerde vom gegen
den Bescheid des Finanzamtes Braunau Ried Schärding vom über die Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend Einkommensteuer 2015,
den Bescheid des Finanzamtes Braunau Ried Schärding vom betreffend Einkommensteuer 2015 und
den Bescheid des Finanzamtes Braunau Ried Schärding vom betreffend Umsatzsteuer 2015
zu Recht:
Die Beschwerde gegen den Bescheid des Finanzamtes Braunau Ried Schärding vom über die Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend Einkommensteuer 2015 wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerde gegen den Bescheid des Finanzamtes Braunau Ried Schärding vom betreffend Einkommensteuer 2015 wird teilweise Folge gegeben. Der angefochtene Bescheid wird abgeändert. Die Bemessungsgrundlage und die Höhe der festgesetzten Abgabe sind dem als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.
Der Beschwerde gegen den Bescheid des Finanzamtes Braunau Ried Schärding vom betreffend Umsatzsteuer 2015 wird Folge gegeben. Der angefochtene Bescheid wird ersatzlos aufgehoben.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Verfahrensgang
Infolge einer anonymen Anzeige, der zufolge der Beschwerdeführer in seinem Wohnhaus eine Tischlereiwerkstätte betreibe, wurde von der Finanzpolizei im Jahr 2016 am Wohnsitz des Beschwerdeführers eine Kontrolle durchgeführt und wurde über die dabei erfolgte Einvernahme des Beschwerdeführers eine Niederschrift aufgenommen. Der Niederschrift vom ist im Wesentlichen zu entnehmen, dass sich der Beschwerdeführer die Werkstätte im Jahr 2010 eingerichtet habe und der Beschwerdeführer in dieser diverse Einrichtungsgegenstände für den Eigenbedarf sowie für seine Verwandtschaft und für den Bekanntenkreis bzw "im Stammtischbereich" herstelle, wobei die Bekannten wüssten, dass sich der Beschwerdeführer zu Hause eine Werkstatt eingerichtet habe. Der Beschwerdeführer habe keine Aufzeichnungen über Einnahmen und Ausgaben geführt und gebe an, dass ihm im Jahr ca 5000,- Euro aus der gegenständlichen Tätigkeit "bleiben" würden.
Daraufhin wurde der Beschwerdeführer von der belangten Behörde dazu aufgefordert, für das Jahr 2015 eine Einkommensteuer- und eine Umsatzsteuererklärung einzureichen. Dieser Aufforderung kam der Beschwerdeführer nicht nach.
Mit Schreiben vom wurde vom anwaltlichen Vertreter des Beschwerdeführers hinsichtlich der eingangs erwähnten anonymen Anzeige ein Antrag auf Akteneinsicht eingebracht, da es dem Beschwerdeführer nur in Kenntnis der anonymen Anzeige möglich sei, sich gegen die erhobenen Vorwürfe angemessen zu verteidigen.
Mit Bescheid der belangten Behörde vom wurde der Antrag auf Akteneinsicht vom abgewiesen. Dies mit der Begründung, dass die Akteneinsicht gem § 90 Abs 2 BAO nicht zu gestatten sei, wenn dadurch berechtigte Interessen Dritter geschädigt würden. Der Anzeiger habe ausdrücklich Anonymität beantragt und die Identität des Anzeigers könne auch bei einem "Schwärzen" des Namens leicht ermittelt werden.
Mit Wiederaufnahmebescheid der belangten Behörde vom wurde das Verfahren hinsichtlich der Einkommensteuer für das Jahr 2015 wiederaufgenommen, wobei hinsichtlich des konkreten Wiederaufnahmegrundes auf die Begründung des am selben Tag erlassenen Sachbescheides verwiesen wurde. Mit Bescheid vom wurde die Einkommensteuer 2015 unter Berücksichtigung von Einkünften aus Gewerbebetrieb iHv 8.000,- Euro neu festgesetzt und dabei begründend unter Verweis auf die oa Niederschrift ausgeführt, dass sich im Zuge einer Kontrolle durch die Finanzpolizei herausgestellt habe, dass der Beschwerdeführer Einkünfte aus Gewerbebetrieb (Tischlerei) bezogen habe. Darüber hinaus setzte die belangte Behörde mit Umsatzsteuerbescheid vom für das Jahr 2015 (erstmalig) eine Umsatzsteuerschuld iHv 3.000,- Euro fest, wobei sie unter Verweis auf eine gemäß § 184 BAO erfolgte Schätzung von gemäß § 6 Abs 1 Z 27 UStG 1994 von der Umsatzsteuer befreiten Umsätzen iHv 15.000,- Euro ausging.
Der Beschwerdeführer erhob gegen die vorgenannten Bescheide vom mit Schriftsätzen vom das Rechtsmittel der Beschwerde. Darin wurde sinngemäß im Wesentlichen vorgebracht, dass der Beschwerdeführer von der Finanzpolizei fälschlicherweise als "zur Auskunft verpflichtete Person" gemäß § 143 BAO einvernommen worden sei, obwohl der Beschwerdeführer bei richtiger rechtlicher Beurteilung bereits als Beschuldigter (Verdächtigter) iSd Verwaltungsstrafrechts behandelt hätte werden müssen. Die Aussage des Beschwerdeführers sei daher unter Verstoß gegen das (verwaltungsstrafrechtliche) Verbot des Zwangs zur Selbstbezichtigung erlangt worden und dürfe diese folglich nicht einer behördlichen Erledigung zugrunde gelegt werden. Der Wiederaufnahmebescheid sei ersatzlos aufzuheben, weil es die belangte Behörde unterlassen habe anzuführen, aufgrund welchen konkreten Sachverhalts die belangte Behörde welchen gesetzlichen Wiederaufnahmetatbestand als erfüllt ansieht. Betreffend die von der belangten Behörde durchgeführte Schätzung wurde moniert, dass die belangte Behörde "die Umstände für die Schätzung nicht begründet und ausgeführt" habe. Darüber hinaus erhob der Beschwerdeführer auch gegen den Bescheid der belangten Behörde vom über die Abweisung des Antrages auf Akteneinsicht vom Beschwerde. Dies im Wesentlichen mit der Begründung, durch die Verweigerung der Einsichtnahme in die anonyme Anzeige seien "Verteidigungs- und Parteienrechte" des Beschwerdeführers beschnitten worden "zumal die Kenntnis der anonymen Anzeige wesentlich für die Wahrnehmung seiner rechtlichen Interessen ist."
Mit Beschwerdevorentscheidungen der belangten Behörde vom wurden die Beschwerden als unbegründet abgewiesen. In der Begründung wurde betreffend Umsatzsteuer und Einkommensteuer 2015 im Wesentlichen ausgeführt, dass die belangte Behörde dem Beschwerdeführer in Folge der Kenntniserlangung von den Erhebungen durch die Finanzpolizei und der dabei aufgenommenen Niederschrift zur Einreichung einer Umsatzsteuer- und einer Einkommensteuererklärung für das Jahr 2015 aufgefordert habe und diese vom Beschwerdeführer trotz Setzung einer Nachfrist nicht eingereicht worden seien. In der Folge hätten die Besteuerungsgrundlagen daher geschätzt werden müssen, wobei in Anlehnung an die eigene Aussage des Beschwerdeführers und unter Hinzurechnung eines Sicherheitszuschlages ein Umsatz von 15.000,- Euro und ein Gewinn von 8.000,- Euro angenommen worden sei. Betreffend die Wiederaufnahme des Verfahrens führte die belangte Behörde aus, es sei bei Begründung eines Wiederaufnahmebescheides ausreichend, auf die Begründung im Sachbescheid zu verweisen.
Mit Schreiben vom stellte der Beschwerdeführer (ohne weitere Begründung) den Antrag, die Beschwerden gegen den Umsatzsteuerbescheid 2015, den Einkommensteuerbescheid 2015, den Wiederaufnahmebescheid betreffend Einkommensteuer 2015 und gegen den Bescheid vom betreffend die Verweigerung der Akteneinsicht dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorzulegen.
Am erfolgte durch die belangte Behörde die Vorlage der gegenständlichen Beschwerden an das Bundesfinanzgericht, wobei die belangte Behörde im Rahmen des Vorlageberichtes als Stellungnahme im Wesentlichen ausführte, dass die Besteuerungsgrundlagen in Anlehnung an die Aussage des Beschwerdeführers und unter Hinzurechnung eines Sicherheitszuschlages geschätzt worden seien.
Mit Wiederaufnahmebescheiden der belangten Behörde vom wurden die Verfahren hinsichtlich der Einkommensteuer für die Jahre 2013 und 2014 wiederaufgenommen, wobei hinsichtlich des konkreten Wiederaufnahmegrundes auf die Begründung der am selben Tag erlassenen Sachbescheide verwiesen wurde. Mit Bescheiden vom wurden die Einkommensteuer 2013 und die Einkommensteuer 2014 jeweils unter Berücksichtigung von Einkünften aus Gewerbebetrieb iHv 5.000,- Euro neu festgesetzt und dabei begründend auf die Niederschrift vom , der zufolge dem Beschwerdeführer aus der nebenberuflichen Tätigkeit als Tischler im Jahr ca 5000,- Euro "bleiben" würden, verwiesen. Darüber hinaus setzte die belangte Behörde mit Umsatzsteuerbescheiden vom für die Jahre 2013 und 2014 jeweils (erstmalig) eine Umsatzsteuerschuld iHv 3.000,- Euro fest, wobei sie unter Verweis auf eine gemäß § 184 BAO erfolgte Schätzung von gemäß § 6 Abs 1 Z 27 UStG 1994 von der Umsatzsteuer befreiten Umsätzen iHv 15.000,- Euro ausging.
Mit Schreiben vom stellte der Beschwerdeführer einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, da die vorgenannten Bescheide nicht zugestellt worden seien und erhob der Beschwerdeführer gegen die vorgenannten Bescheide das Rechtsmittel der Beschwerde, wobei die in der Sache erfolgten Vorbringen im Wesentlichen den das Jahr 2015 betreffenden Ausführungen in den Beschwerden vom entsprachen.
Mit Beschwerdevorentscheidungen der belangten Behörde vom wurden die Beschwerden vom als unbegründet abgewiesen; dies mit folgender Begründung: "In der Niederschrift, die von der Finanzpolizei im Jahr 2016 aufgenommen wurde, gab der Steuerpflichtige an, daß er in den letzten fünf Jahren ca. 12-15 Aufträge erledigt habe und ihm Jährlich ca. € 5.000,- verblieben seien. Da trotz Aufforderung und Nachfristsetzungen keine Abgabenerklärungen eingereicht wurden, hatte die Veranlagung im Schätzungwege zu erfolgen."
Mit am über Finanz-Online eingebrachtem Anbringen stellte der Beschwerdeführer den Antrag, die Beschwerden gegen die Umsatzsteuerbescheide 2013 und 2014 sowie gegen die Einkommensteuerbescheide 2013 und 2014 dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorzulegen und führte dazu begründend (unter Verweis auf die in den Beschwerden erfolgten Ausführungen) zusammengefasst aus, dass die Niederschrift der Finanzpolizei 2016 rechtswidrig erfolgt sei, da dem Beschwerdeführer eine falsche Rechtsbelehrung erteilt worden sei.
Am erfolgte durch die belangte Behörde die Vorlage der Beschwerden vom an das Bundesfinanzgericht. Über diese Beschwerden ist vom Bundesfinanzgericht in einem gesonderten Verfahren zu entscheiden.
Infolge einer telefonischen Anfrage des Richters bei der belangten Behörde unter anderem betreffend die Frage, auf welcher Grundlage in den Jahren 2013 bis 2015 trotz Unterschreitens der Kleinunternehmergrenze eine Umsatzsteuerfestsetzung erfolgt sei, insbesondere ob sich die belangte Behörde dabei auf das Vorliegen von Rechnungen mit ausgewiesener Umsatzsteuer stütze, übermittelte die belangte Behörde mit E-Mail vom eine Stellungnahme. In dieser wurde unter anderem ausgeführt, dass der Umsatz mit € 15.000 netto geschätzt und eine Umsatzsteuer von € 3.000 angesetzt worden sei. Rechnungen seien keine vorgelegt worden.
Mit Beschluss des Bundesfinanzgerichtes vom wurde der Beschwerdeführer unter anderem dazu aufgefordert, sämtliche die Höhe der von ihm im streitgegenständlichen Zeitraum erzielten betrieblichen Einnahmen betreffenden vorgenommenen Aufzeichnungen und Beweismittel vorzulegen. Insbesondere wurde der Beschwerdeführer dazu aufgefordert, dem Bundesfinanzgericht Kopien allfälliger von ihm in Zusammenhang mit seinen betrieblichen Einnahmen ausgestellten Rechnungen vorzulegen.
Mit Schreiben vom teilte der anwaltliche Vertreter des Beschwerdeführers dem Bundesfinanzgericht daraufhin mit, dass der Beschwerdeführer keine Rechnungen iSd Umsatzsteuergesetzes ausgestellt habe.
Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
Sachverhalt
Auf Basis des oben geschilderten Verwaltungsgeschehens und der aktenkundigen Unterlagen wird folgender entscheidungswesentlicher Sachverhalt festgestellt:
Der Beschwerdeführer war im streitgegenständlichen Zeitraum als Arbeitnehmer in einem Tischlereibetrieb nichtselbständig tätig. Neben seiner nichtselbständigen Tätigkeit betrieb der Beschwerdeführer unter anderem in den Jahren 2013 bis 2015 eine in seinem Wohnhaus eingerichtete Tischlereiwerkstätte, ohne eine entsprechende Gewerbeberechtigung innezuhaben. In dieser Werkstätte stellte der Beschwerdeführer diverse Einrichtungsgegenstände für den Eigenbedarf (Einrichtung des neu errichteten Wohnhauses) sowie für Verwandte und für Personen aus seinem Bekanntenkreis her, wobei sich die Anzahl der für den Bekanntenkreis hergestellten Werkstücke (insbesondere Wohnzimmerschränke, Badezimmer-Möbel, begehbare Kleiderschränke etc) auf 2 bis 3 pro Jahr belief.
Die Herstellung der Werkstücke erfolgte, soweit diese nicht für den Eigenbedarf bestimmt waren, gegen Entgelt. Der Beschwerdeführer führte bezüglich der erzielten Einnahmen sowie bezüglich der mit der Herstellung der Werkstücke verbundenen Ausgaben (Materialeinkauf etc) keine Aufzeichnungen und stellte an die Abnehmer keine Rechnungen mit ausgewiesener Umsatzsteuer aus. Nach Abzug der Ausgaben verblieben dem Beschwerdeführer aus dieser Tätigkeit jährlich Einnahmen von ca 5.000,- Euro.
Der Beschwerdeführer hat über die in den Jahren 2013 bis 2015 erzielten Einnahmen aus dieser Tätigkeit bislang - trotz mehrmaliger Aufforderung durch die belangte Behörde - keine Steuererklärungen eingereicht.
Beweiswürdigung
Gemäß § 167 Abs 1 BAO bedürfen Tatsachen, die bei der Abgabenbehörde offenkundig sind, und solche, für deren Vorhandensein das Gesetz eine Vermutung aufstellt, keines Beweises. Gemäß § 167 Abs 2 BAO hat die Abgabenbehörde im übrigen unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Abgabenverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht.
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes genügt es, von mehreren Möglichkeiten jene als erwiesen anzunehmen, die gegenüber allen anderen Möglichkeiten eine überragende Wahrscheinlichkeit oder gar die Gewissheit für sich hat und alle anderen Möglichkeiten absolut oder mit Wahrscheinlichkeit ausschließt oder zumindest weniger wahrscheinlich erscheinen lässt. Die Abgabenbehörde muss dieser Rsp zufolge den Bestand einer Tatsache nicht im naturwissenschaftlich-mathematisch exakten Sinn nachweisen (vgl zB ; Ritz, BAO6 § 167 Rz 8 mwN).
Die Feststellungen betreffend Art und Umfang der vom Beschwerdeführer in den Jahren 2013 bis 2015 ausgeübten nebenberuflichen Tätigkeit, insbesondere betreffend die Höhe der dem Beschwerdeführer nach Abzug der Ausgaben verbliebenen Einnahmen beruhen auf der Niederschrift vom , die von der Finanzpolizei über die Einvernahme des Beschwerdeführers anlässlich einer Kontrolle am Wohnsitz des Beschwerdeführers aufgenommen wurde.
Den in der Niederschrift wiedergegebenen Ausführungen des Beschwerdeführers wurde von der belangten Behörde nicht entgegengetreten und wurden diese von der belangten Behörde den angefochtenen Bescheiden zugrunde gelegt und somit als erwiesen angenommen. Auch für das Bundesfinanzgericht sind keine Anhaltspunkte dafür erkennbar, dass die vom Beschwerdeführer im Zuge der Kontrolle durch die Finanzpolizei erfolgten Aussagen nicht der Wahrheit entsprächen, insbesondere widersprechen diese nicht den Denkgesetzen bzw den Erfahrungen des täglichen Lebens. Auch seitens des Beschwerdeführers wurden im Beschwerdeverfahren keinerlei dem entgegenstehende Vorbringen oder Beweisanträge erstattet (insbesondere wurden die Aussagen betreffend die Höhe der erzielten Einnahmen im Zuge des Beschwerdeverfahrens nicht mehr bestritten), sodass es als unstrittig angesehen werden kann, dass dem Beschwerdeführer aus der gegenständlichen Tätigkeit in den Jahren 2013 bis 2015 nach Abzug der Ausgaben jährlich Einnahmen von ca 5.000,- Euro verblieben sind.
Ebenso ist zwischen den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens unstrittig, dass der Beschwerdeführer keinerlei Aufzeichnungen über Einnahmen und Ausgaben geführt und über die erbrachten Leistungen keine Rechnungen mit ausgewiesener Umsatzsteuer ausgestellt hat. Die Feststellung, dass der Beschwerdeführer keine Rechnungen mit ausgewiesener Umsatzsteuer ausgestellt hat, befindet sich auch im Einklang mit den Erfahrungen des täglichen Lebens, wenn man berücksichtigt, dass der Beschwerdeführer nicht über die für seine Tätigkeit erforderliche Gewerbeberichtigung verfügte und lediglich Leistungen an Verwandte und an Bekannte, die gewusst haben, dass sich der Beschwerdeführer zu Hause eine Werkstatt eingerichtet hat, erbracht hat. Insbesondere ist aufgrund der Art der vom Beschwerdeführer hergestellten Möbel (zB Wohnzimmerschränke, begehbare Kleiderschränke etc) davon auszugehen, dass die Leistungsempfänger die Möbelstücke für den privaten Gebrauch erworben haben und somit in Ermangelung einer Möglichkeit zum Vorsteuerabzug kein Interesse an einer Rechnung mit ausgewiesener Umsatzsteuer hatten.
Wenn seitens des Beschwerdeführers eingewendet wird, dass die oa Niederschrift kein zulässiges Beweismittel darstelle, so ist zu bemerken, dass gemäß § 166 BAO als Beweismittel im Abgabenverfahren alles in Betracht kommt, was zur Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes geeignet und nach Lage des einzelnen Falles zweckdienlich ist (vgl Ritz, BAO6 § 166 Rz 6 mwN). Somit besteht nach § 166 BAO unter anderem kein Hindernis, auch die Einvernahme der Partei als Beweismittel heranzuziehen (vgl ).
Betreffend das Beschwerdevorbringen, das gegenständliche Beweismittel sei unter Verstoß gegen das (verwaltungsstrafrechtliche) Verbot des Zwangs zur Selbstbezichtigung erlangt worden, ist wie folgt auszuführen:
Die Finanzpolizei kann zur Gewinnung von für die Erhebung von Abgaben maßgebenden Daten unter anderem allgemeine Aufsichtsmaßnahmen iSd §§ 143 und 144 BAO vornehmen; dabei ist die Finanzpolizei als Organ des jeweils zuständigen Finanzamtes tätig (vgl § 12 Abs 4 AVOG 2010; vgl zum sachlichen Zuständigkeitsbereich auch § 10b Abs 2 AVOG-DV, BGBl II 2010/165). Gemäß § 89 Abs 3 EStG 1988 haben die Abgabenbehörden im Rahmen der Vollziehung der abgabenrechtlichen Bestimmungen unter anderem zu erheben (§§ 143 und 144 BAO), ob die Bestimmungen, deren Missachtung den Tatbestand der §§ 366 Abs 1 Z 1 oder 367 Z 54 GewO erfüllt, eingehalten wurden.
Im vorliegenden Beschwerdefall wurde die Finanzpolizei - wie auch auf Seite 1 der gegenständlichen Niederschrift angeführt - als Organ der belangten Abgabenbehörde (Finanzamt Braunau Ried Schärding) tätig. Auch wenn im Rahmen der Niederschrift festgehalten wurde, dass "Gegenstand der Amtshandlung" ein "Verdacht der Übertretung der Bestimmungen nach § 366 Abs. 1 Z 1 Gewerbeordnung 1994 (GewO)" war, ändert dies nichts daran, dass die Finanzpolizei als Organ des Finanzamtes tätig war und die Erhebungen betreffend die Missachtung von Bestimmungen der GewO im Rahmen der Vollziehung der abgabenrechtlichen Bestimmungen - somit im Abgabenverfahren - erfolgten. Ein eigenes, vom Abgabenverfahren verschiedenes Verfahren, ist in diesem Zusammenhang nicht vorgesehen (vgl Lehner, taxlex 2006, 248 ff).
Der Beschwerdeführer wurde vom Leiter der Amtshandlung somit zu Recht auf die im Abgabenverfahren bestehende Offenlegungs- und Wahrheitspflicht (§ 119 BAO), die den Beschwerdeführer auch in eigener Sache treffende Auskunftspflicht (§ 143 BAO; vgl dazu Ellinger/Iro/Kramer/Sutter/Urtz, BAO3 § 143 Anm 10), sowie auf den Umstand, dass die Auskunftserteilung mittels Zwangsstrafen (§ 111 BAO) erzwungen werden kann (vgl Ellinger/Iro/Kramer/Sutter/Urtz, BAO3 § 143 Anm 12), hingewiesen.
Zwar schränkt das im Verwaltungsstrafrecht geltende Verbot des Zwangs zur Selbstbeschuldigung die Möglichkeit der Verwertung von im Abgabenverfahren offen gelegten Umständen im Verwaltungsstrafverfahren ein (vgl zB Lehner, taxlex 2006, 248 ff); eine Einschränkung der Beweisverwertungsmöglichkeiten im Abgabenverfahren selbst ist jedoch nicht damit begründbar, dass die im Abgabenverfahren erhobenen Beweismittel im Verwaltungsstrafverfahren allenfalls nur eingeschränkt verwertbar sind. Insbesondere ist in diesem Zusammenhang darauf hinzuweisen, dass dem Abgabenverfahrensrecht der Begriff des "Beschuldigten" ebenso fremd ist, wie ein Verbot des Zwangs zur Selbstbeschuldigung. Vielmehr trifft den Abgabepflichtigen gemäß § 119 BAO die Verpflichtung, die für den Bestand und Umfang einer Abgabepflicht bedeutsamen Umstände offenzulegen, wobei die Offenlegung vollständig und wahrheitsgemäß erfolgen muss (Offenlegungs- und Wahrheitspflicht).
Vor diesem Hintergrund ergeben sich im vorliegenden Beschwerdefall in Ermangelung einer sich aus den Bestimmungen betreffend das Abgabenverfahren ergebenden Rechtswidrigkeit der Vorgehensweise der belangten Behörde bei der (im Abgabenverfahren) erfolgten Beweisaufnahme aber von vorneherein keine Anhaltspunkte für ein allfälliges seitens des Beschwerdeführers ins Treffen geführtes Beweisverwertungsverbot.
Im Übrigen beruhen die obigen Sachverhaltsfeststellungen auf den aktenkundigen Unterlagen. Vor diesem Hintergrund kann das Bundesfinanzgericht die unter Punkt 1 angeführten Sachverhaltsfeststellungen gemäß § 167 Abs 2 BAO als erwiesen annehmen.
Rechtliche Beurteilung
Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend Einkommensteuer 2015 (Spruchpunkt I.)
Gemäß § 303 Abs 1 lit b BAO idF BGBl I 2013/14 kann ein durch Bescheid abgeschlossenes Verfahren unter anderem dann auf Antrag einer Partei oder von Amts wegen wiederaufgenommen werden, wenn "Tatsachen oder Beweismittel im abgeschlossenen Verfahren neu hervorgekommen sind […] und die Kenntnis dieser Umstände allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens einen im Spruch anderslautenden Bescheid herbeigeführt hätte."
Im vorliegenden Beschwerdefall kam im Zuge der von der belangten Behörde (durch die Finanzpolizei als Organ dieser Behörde) im Juli 2016 durchgeführten Ermittlungen hervor, dass der Beschwerdeführer unter anderem im Jahr 2015 Betriebseinnahmen aus einer der belangten Behörde bislang nicht zur Kenntnis gelangten nebenberuflichen Tätigkeit des Beschwerdeführers erzielt hat. Das Hervorkommen nicht versteuerter Betriebseinnahmen stellt nach der Rsp des VwGH eine neue Tatsache dar, welche geeignet ist, einen im Spruch anders lautenden Bescheid herbeizuführen (vgl ).
Der Beschwerdeführer bringt im vorliegenden Beschwerdefall vor, dass dem Wiederaufnahmebescheid der von der belangten Behörde für maßgeblich erachtete Wiederaufnahmegrund nicht zu entnehmen sei. Diesbezüglich ist zwar einzuräumen, dass der Spruch eines die Wiederaufnahme verfügenden Bescheides grundsätzlich den maßgeblichen Wiederaufnahmetatbestand anzuführen hat; es darf hiebei jedoch nicht übersehen werden, dass einen Bescheid Spruch und Begründung ausmachen und die Begründung dann, wenn der Spruch für sich allein Zweifel an seinem Inhalt offen lässt, als Auslegungsbehelf des Spruches herangezogen werden kann (vgl ; ). In der Begründung des gegenständlichen Wiederaufnahmebescheides wurde hinsichtlich des Grundes für die Wiederaufnahme des Verfahrens auf die Begründung des gemäß § 307 Abs 1 BAO mit dem Wiederaufnahmebescheid zu verbindenden neuen Sachbescheides verwiesen. In diesem wurde wie folgt ausgeführt: "Im Zuge einer Kontrolle durch die Finanzpolizei stellte sich heraus, dass sie Einkunfte aus Gewerbebetrieb (Tischlerei) bezogen haben. Auf die Niederschrift wird verwiesen." Somit war im vorliegenden Fall für den Beschwerdeführer aber klar erkennbar und konnte für diesen kein Zweifel darüber bestehen, auf welche neuen Tatsachen die belangte Behörde die Wiederaufnahme des Verfahrens stützte und war ihm somit die Möglichkeit, seine Rechte sachgemäß zu verteidigen nicht durch eine Unkenntnis dieses Wiederaufnahmegrundes verwehrt (vgl ).
Betreffend die für die Entscheidung über die amtswegige Wiederaufnahme des Verfahrens nach § 20 BAO erforderliche Interessenabwägung ist wie folgt auszuführen: Von zentraler Bedeutung für die Ermessensübung ist die Berücksichtigung des Zweckes der Ermessen einräumenden Norm. Zweck des § 303 BAO ist es, eine neuerliche Bescheiderlassung dann zu ermöglichen, wenn Umstände gewichtiger Art hervorkommen. Ziel ist ein insgesamt rechtmäßiges Ergebnis. Daher ist bei der Ermessensübung grundsätzlich dem Prinzip der Rechtsrichtigkeit (der Gleichmäßigkeit der Besteuerung) der Vorrang vor jenem der Rechtsbeständigkeit (Rechtskraft) zu geben (vgl Ritz, BAO6 § 303 Rz 67 mit Nachweisen der Rsp des VwGH). In Anbetracht der Höhe der vom Beschwerdeführer im Jahr 2015 nicht versteuerten Einkünfte sind die Auswirkungen weder absolut gesehen noch im Hinblick auf das gesamtbetragliche Ergebnis des bisherigen Bescheides, dem (lediglich) Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit iHv 20.833,85 Euro zu Grunde lagen, als geringfügig einzustufen (vgl dazu zB ). Wenn die belangte Behörde im Hinblick auf die angeführte Änderung der Bemessungsgrundlage dem Prinzip der Rechtsrichtigkeit den Vorrang gegenüber dem Grund der Rechtssicherheit eingeräumt hat, so hat sie somit von dem ihr eingeräumten Ermessen im Sinne des Gesetzes Gebrauch gemacht.
Berechtigung zur Schätzung der Besteuerungsgrundlagen und Schätzungsmethode (Spruchpunkt II.)
Gemäß § 184 Abs 1 BAO hat die Abgabenbehörde die Grundlagen für die Abgabenerhebung, soweit sie diese nicht ermitteln oder berechnen kann, zu schätzen. Dabei sind alle Umstände zu berücksichtigen, die für die Schätzung von Bedeutung sind.
§ 184 Abs 3 BAO ist unter anderem dann zu schätzen, "wenn der Abgabepflichtige Bücher oder Aufzeichnungen, die er nach den Abgabenvorschriften zu führen hat, nicht vorlegt oder wenn die Bücher oder Aufzeichnungen sachlich unrichtig sind oder solche formelle Mängel aufweisen, die geeignet sind, die sachliche Richtigkeit der Bücher oder Aufzeichnungen in Zweifel zu ziehen."
Eine Schätzungsberechtigung kann der Rsp des VwGH zufolge ua dann bestehen, wenn der Abgabepflichtige seiner Verpflichtung zur Einreichung von Abgabenerklärungen nicht nachkommt (vgl Ritz, BAO6 § 184 Rz 8 mit Nachweisen der Rsp des VwGH).
Die Schätzungsberechtigung ist somit im Beschwerdefall gegeben, weil der Beschwerdeführer die Einkünfte aus seiner gewerblichen Tätigkeit nicht erklärt hatte und der belangten Behörde keine Aufzeichnungen über diese Tätigkeit vorgelegt hatte. Die belangte Behörde war im gegenständlichen Fall somit nicht dazu in der Lage, die Grundlagen für die Abgabenerhebung festzustellen.
Nach der ständigen Rechtsprechung des VwGH ist Ziel einer Schätzung, den wahren Besteuerungsgrundlagen möglichst nahe zu kommen (vgl zB ; und ), somit diejenigen Besteuerungsgrundlagen zu ermitteln, welche die größte Wahrscheinlichkeit der Richtigkeit für sich haben (zB ; ). Es ist jene Methode (allenfalls mehrere Methoden kombiniert) zu wählen, die im Einzelfall zur Erreichung dieses Zieles am geeignetsten erscheint (vgl Ritz, BAO6 § 184 Rz 12 mit Nachweisen der Rsp des VwGH).
Da der Beschwerdeführer im vorliegenden Fall weder über seine Einnahmen noch über seine Ausgaben Aufzeichnungen geführt hat, waren die vom Beschwerdeführer erzielten Einkünfte aus Gewerbebetrieb von der belangten Behörde global zu schätzen (Vollschätzung).
Ausgehend von der als erwiesen anzunehmenden Tatsache, dass dem Beschwerdeführer aus seiner Tätigkeit von seinen Einnahmen nach Abzug aller Ausgaben ca 5.000,- Euro pro Jahr verblieben sind (siehe dazu die Ausführungen unter Punkt 2.), ist es nach Ansicht des Bundesfinanzgerichtes - unter Berücksichtigung des Umstandes, dass jeder Schätzung eine gewisse Ungenauigkeit immanent ist (vgl - unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes - Ritz, BAO6 § 184 Rz 3) - zulässig, die vom Beschwerdeführer jährlich erzielten Einkünfte aus Gewerbebetrieb (global) mit 5.000,- Euro zu schätzen.
Für eine seitens der belangten Behörde erfolgte Schätzung der Einkünfte aus Gewerbebetreib für das Jahr 2015 mit 8.000,- Euro - somit für die Annahme eines im Vergleich zu den Jahren 2013 und 2014 um 60% gesteigerten Gewinns - fehlen im vorliegenden Beschwerdefall allerdings dafür erforderliche, auf der Tatsachenebene zu verortende Anhaltspunkte. Auf der Grundlage einer Globalschätzung können die Einkünfte aus Gewerbebetrieb im vorliegenden Fall somit - ebenso wie für die Jahre 2013 und 2014 - auch für das Jahr 2015 nur mit 5.000,- Euro geschätzt werden.
Soweit die belangte Behörde die Annahme von im Jahr 2015 im Vergleich zu den beiden Vorjahren um 3.000,- Euro erhöhten Einkünften auf den Ansatz eines Sicherheitszuschlages stützt, ist dazu zunächst festzuhalten, dass - in Fällen, in denen nähere Anhaltspunkte für eine gebotene Schätzung nicht zu gewinnen sind - grundsätzlich auch die Anwendung eines Sicherheitszuschlages ein zulässiges Element der möglichen Schätzungsmethoden darstellt (zB ; ; ). Hiermit werden Fälle erfasst, in denen es bei mangelhaften Aufzeichnungen wahrscheinlich ist, dass nicht nur nachgewiesenermaßen nicht verbuchte Vorgänge, sondern auch weitere Vorgänge nicht gesetzeskonform aufgezeichnet wurden (vgl zB ; ; ). Solche Sicherheitszuschläge können sich (beispielsweise) an den Gesamteinnahmen, an den Einnahmenverkürzungen oder auch an den Umsätzen orientieren (). Es ist jedoch zu berücksichtigen, dass dem Sicherheitszuschlag - ebenso wie anderen Schätzungskomponenten - kein Strafcharakter zukommt (kein "Straf-Zuschlag"; vgl Ritz, BAO6 § 184 Rz 18 mwN). Auch der Sicherheitszuschlag hat damit dem Ziel, den wahren Besteuerungsgrundlagen möglichst nahe zu kommen, zu dienen. Vor diesem Hintergrund kommt im Beschwerdefall allerdings der Ansatz eines Sicherheitszuschlages nicht in Betracht, da nach der Rsp des VwGH aus den vorgenannten Gründen kein zusätzlicher Sicherheitszuschlag verhängt werden darf, wenn die Einnahmen global geschätzt werden (; Ritz, BAO6 § 184 Rz 18 mwN).
Verweigerung der Akteneinsicht
§ 90 BAO lautet wie folgt: "(1) Die Abgabenbehörde hat den Parteien die Einsicht und Abschriftnahme der Akten oder Aktenteile zu gestatten, deren Kenntnis zur Geltendmachung oder Verteidigung ihrer abgabenrechtlichen Interessen oder zur Erfüllung abgabenrechtlicher Pflichten erforderlich ist. Blinden oder hochgradig sehbehinderten Parteien, die nicht durch Vertreter (§§ 80 ff) vertreten sind, ist auf Verlangen der Inhalt von Akten und Aktenteilen durch Verlesung oder nach Maßgabe der vorhandenen technischen Möglichkeiten in sonst geeigneter Weise zur Kenntnis zu bringen.
(2) Von der Akteneinsicht ausgenommen sind Beratungsprotokolle, Amtsvorträge, Erledigungsentwürfe und sonstige Schriftstücke (Mitteilungen anderer Behörden Meldungen, Berichte und dergleichen), deren Einsichtnahme eine Schädigung berechtigter Interessen dritter Personen herbeiführen würde.
(3) Gegen die Verweigerung der Akteneinsicht ist ein abgesondertes Rechtsmittel nicht zulässig."
Der Bescheid der belangten Behörde vom , mit dem die Akteneinsicht verweigert wurde, unterliegt gem § 90 Abs 3 BAO keiner abgesonderten Bekämpfung. Die dagegen erhobene "Beschwerde" ist als ergänzendes Vorbringen (Geltendmachung eines weiteren Mangels der Entscheidung in der Hauptsache) im Rahmen des Rechtsmittelverfahrens in der Hauptsache zu behandeln (vgl ).
Das Recht auf Akteneinsicht stellt der stRsp des VwGH zufolge (vgl zB ; ) keinen Selbstzweck dar, sondern gibt dem Abgabepflichtigen ein Hilfsmittel zur Hand, seine abgabenrechtlichen Interessen zu verfolgen. Während eines laufenden Verfahrens wird es dem Abgabepflichtigen durch die Akteneinsicht ermöglicht, kontrollierend und vorbeugend Fehlannahmen und unzutreffenden Vermutungen der Behörden entgegenzutreten.
Im gegenständlichen Beschwerdefall erfolgte durch die belangte Behörde keine Verwertung von Aussagen von Auskunftspersonen oder Zeugen, deren Namen der Partei gegenüber geheim gehalten wurden, sondern wurden die in der Hauptsache erlassenen Bescheide ausschließlich auf die Erhebungen durch die Finanzpolizei und die dabei aufgenommene Niederschrift gestützt. Die seitens der belangten Behörde gemäß § 90 Abs 2 BAO von der Akteneinsicht ausgenommene anonyme Anzeige wurde von dieser somit lediglich zum Anlass genommen, entsprechende Ermittlungen und Nachforschungen anzustellen, sie wurde von der belangten Behörde jedoch nicht als Beweismittel zur Begründung von Feststellungen im Bescheid herangezogen (vgl dazu ). Damit ist aber im Beschwerdefall eine für das Verfahrensergebnis wesentliche Verletzung des Parteiengehörs durch die insoweit erfolgte Verweigerung der Akteneinsicht von vorneherein ausgeschlossen.
Umsatzsteuerfestsetzung (Spruchpunkt III.)
Gemäß § 6 Abs 1 Z 27 UStG 1994 sind die Umsätze der Kleinunternehmer steuerfrei. Stellt der Kleinunternehmer aber Rechnungen aus, in denen er Umsatzsteuer gesondert ausweist, so schuldet er diese Steuer gemäß § 11 Abs 12 UStG 1994 auf Grund der Rechnung (vgl Ruppe/Achatz, UStG5 § 6 Rz 467 sowie § 11 Rz 127).
Die belangte Behörde hat die vom Beschwerdeführer im streitgegenständlichen Zeitraum erzielten Umsätze (jährlich gleichbleibend) mit 15.000,- Euro pro Jahr geschätzt und diese aufgrund des Unterschreitens der Kleinunternehmergrenze als gemäß § 6 Abs 1 Z 27 UStG 1994 unecht von der Umsatzsteuer befreit behandelt. Dessen ungeachtet setzte die belangte Behörde jedoch eine Umsatzsteuerschuld von 3.000,- Euro fest und stützte sich diese dabei offenbar auf das Vorliegen einer Umsatzsteuerschuld kraft Rechnungslegung.
Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes kommt - in gleicher Weise wie etwa auch eine Schätzung der abzugsfähigen Vorsteuern - auch die Schätzung einer Umsatzsteuerschuld kraft Rechnungslegung in Betracht; Voraussetzung dafür ist allerdings, dass es als erwiesen angenommen werden kann, dass der Unternehmer tatsächlich entsprechende Rechnungen mit Umsatzsteuerausweis ausgestellt hat (vgl ).
Die belangte Behörde hat im vorliegenden Fall nicht festgestellt, dass der Beschwerdeführer Rechnungen mit Umsatzsteuerausweis ausgestellt hat. Auch das erkennende Gericht geht davon aus, dass der Beschwerdeführer über die von ihm erbrachten Leistungen keine Rechnungen mit ausgewiesener Umsatzsteuer ausgestellt hat. Somit fehlt es im Sinne der oa Rsp des VwGH (E vom , Ra 2015/13/0018) aber an der Grundlage für die Schätzung einer Umsatzsteuerschuld kraft Rechnungslegung. Da im vorliegenden Beschwerdefall auch sonst keine Anhaltspunkte für eine den Beschwerdeführer treffenden Umsatzsteuerschuld erkennbar sind, ist der angefochtene Umsatzsteuerbescheid 2015 somit ersatzlos aufzuheben.
Unzulässigkeit der Revision (Spruchpunkt IV.)
Gegen eine Entscheidung des Bundesfinanzgerichtes ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Soweit im vorliegenden Beschwerdefall Rechtsfragen zu lösen waren, folgt das Bundesfinanzgericht mit dem vorliegenden Erkenntnis der im Zuge der rechtlichen Würdigung zitierten einheitlichen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, weshalb gemäß § 25a Abs 1 VwGG spruchgemäß zu entscheiden ist.
Linz, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 20 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 303 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 166 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 303 Abs. 1 lit. b BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 184 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 184 Abs. 3 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 90 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 90 Abs. 3 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 90 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 6 Abs. 1 Z 27 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994 § 11 Abs. 12 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2021:RV.5100905.2017 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at