Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 13.01.2021, RV/7101087/2012

Umsatzsteuerschuld kraft Rechnungslegung

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den RichterRi in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Wien 12/13/14 und Purkersdorf vom betreffend Umsatzsteuer für das Jahr 2009 zu Recht erkannt:

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Die Bf. betreibt seit dem ein Reinigungsunternehmen.

Im Zuge einer - unter anderem die Umsatzsteuer für das Jahr 2009 - umfassenden Außenprüfung hielt die Prüferin in Tz 1 des mit datierten Berichtes fest, dass die Bf. im Rahmen der Betriebseröffnung sprich am dem Finanzamt einen Antrag auf Vergabe einer UID- Nummer, einen Fragebogen, eine Vollmachtserteilung sowie am eine Verzichterklärung gemäß § 6 Abs. 3 UStG 1994 auf Behandlung als Kleinunternehmer überreicht habe, wobei anzumerken sei, dass sämtliche Anträge unterfertigt gewesen seien, wobei die Unterschriften selbst den Vornamen der Bf. mit ***1*** anstelle ***2*** ausgewiesen habe. Betreffend die mit dem unrichtigen Vornamen versehene Verzichterklärung habe die Bf. angegeben eine solche überhaupt nicht gefertigt zu haben. Vielmehr habe die Bf. zusammen mit ihrer Freundin Frau ***3*** am vormalig zuständigen Finanzamt vorgesprochen, bzw. diesem gleichsam als Tätigkeitsnachweis aus den Monaten März 2009 bis Mai 2009 stammende Ausgangsrechnungen im Ausmaß von 19.832,51 Euro (netto) zuzüglich USt von 4.166,49 Euro vorgelegt, wobei die Bf. am betreffend nämlicher Fakturen angemerkt habe, weder die in diesen verzeichneten Leistungen erbracht zu haben zu haben, noch die Leistungsempfänger zu kennen. Im Übrigen hätten die Rechnungen einerseits samt und sonders den Vornamen der Bf. mit ***1*** anstelle ***2*** ausgewiesen, andererseits der Bf. die in den Rechnungen verzeichneten Bankdaten mit Ausnahme des Kontos ***4*** unbekannt seien.
Auf Grund ergänzender Erhebungen der Abgabenbehörde bei den Leistungsempfängern ***5*** sowie Frau ***6*** sei festgestellt worden, dass die ***5*** einen am fakturierten Betrag von 7.477,00 Euro (netto) zuzüglich 20% Umsatzsteuer sprich sohin 1.495,40 Euro der Bf. laut Kassabestätigung vom bar ausbezahlt habe, wobei letztere den Empfang des Betrages mit ihrer Unterschrift quittiert habe, wobei anzumerken sei, dass nämliche Unterschrift mit einer von der Bf. am abgegebenen Unterschriftenprobe ident sei. Frau ***6*** habe gegenüber der Abgabenbehörde angegeben, dass im Jahr 2009 zwei Damen Reinigungsarbeiten in ihrer Ordination verrichtet hätten, wobei eine der beiden unter dem Namen der Bf. aufgetreten sei.

Des Weiteren wurden von der Bf. an die ***5*** gelegte, einen Gesamtbruttobetrag von 10.862,00 Euro ausweisende Fakturen vorgelegt.

Ausgehend vom Vorbringen der Bf. die Erklärung gemäß § 6 Abs. 3 UStG 1994 nicht unterfertigt zu haben und demzufolge als Kleinunternehmer anzusehen sei und der Tatsache dass die aus sämtlich aufgefundenen Fakturen der Gesamtbetrag der Entgelte des Jahres 2009 auf 28.532,09 Euro lautete, wurde dieser mit datierten Umsatzsteuerbescheid 2009 die in - den, dem Finanzamt am vorgelegten Rechnungen - gesondert ausgewiesenen Umsatzsteuern von 4.166,49 Euro der aus der der der ***5*** gelegten Rechnung herrührende Umsatzsteuerbetrag von 1.495,40 Euro sowie der in den, den Banküberweisungen Dris. ***7*** entnommenen Rechnungen ausgewiesene Umsatzsteuerbetrag von 244,51 Euro sprich sohin ein Gesamtbetrag von 5.906,40 Euro gemäß § 11 Abs. 12 UStG 1994 in Verbindung mit § 19 Abs. 3 UStG 1994 vorgeschrieben.

In der gegen vorgenannten Bescheid erhobenen Berufung (Beschwerde) vom führte die Bf. ins Treffen - abgesehen von der zugestandenen Vereinnahmung des aus der der ***5*** gelegten Rechnung vom stammenden Betrags von 7.477,00 Euro (netto) zuzüglich 20% Umsatzsteuer von 1.495,40 Euro - weder Rechnungen gestellt, noch die darin enthaltenen Beträge erhalten zu haben. In Ansehung der Tatsache, dass die Bf. den Gewinn in Form der Einnahmen- Ausgabenrechnung ermittle, komme gemäß § 17 Abs. 2 lit. b UStG 1944 die Besteuerung nach vereinnahmten Entgelten zum Tragen und sei demzufolge eine Steuerschuld noch gar nicht entstanden.

Das Rechtsmittel wurde seitens der belangten Behörde ohne Erlassung einer Berufungsvorentscheidung dem unabhängigen Finanzsenat (UFS) vorgelegt.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

1. Zuständigkeit des Bundesfinanzgerichtes (BFG)

Nach der Bestimmung des § 323 Abs. 38 BAO sind die am beim unabhängigen Finanzsenat als Abgabenbehörde zweiter Instanz anhängigen Berufungen und Devolutionsanträge vom Bundesfinanzgericht als Beschwerden im Sinne des Art. 130 Abs. 1 B-VG zu erledigen. Solche Verfahren betreffende Anbringen wirken mit auch gegenüber dem Bundesfinanzgericht.

2. Sachverhalt und Streitgegenstand

In der Folge geht das BFG von nachstehend festgestelltem Sachverhalt aus:

Im Zuge einer Außenprüfung wurde festgestellt, dass die Bf. am - aus Anlass der Betriebseröffnung erfolgten Vorsprache - dem vormalig zuständigen Finanzamt aus dem Zeitraum April und Mai 2009 stammende Rechnungen mit gesondertem Ausweis von Umsatzsteuer in Höhe von 4.166,49 Euro vorgelegt hat. Neben diesen Rechnungen wurden im Rechenwerk der Bf. - keine Umsatzsteuer gesondert ausweisende - Fakturen im Gesamtbruttobetrag von 10.862,00 Euro vorgefunden. Konfrontiert mit vorgenannten Feststellungen gab die Bf. der Prüferin gegenüber an, einerseits den aktenkundigen, dem Finanzamt am überreichten, mit dem ihren falschen Vornamen versehenen Verzicht gemäß § 6 Abs. 3 UStG 1994 nicht selbst unterfertigt zu haben, andererseits die in den am vorgelegten Rechnungen verzeichneten Leistungen weder erbracht zu haben, noch die darin verzeichneten Leistungsempfänger zu kennen.

Im Gegensatz zu nämlicher Verantwortung zeitigten Erhebungen der belangten Behörde, dass der der ***5*** am in Rechnung gestellte Betrag von 7.477,00 Euro zuzüglich 1.495,40 Euro Umsatzsteuer seitens der Leistungsempfängerin der Bf. in bar zugezählt, respektive diese den Empfang des Geldbetrages unzweifelhaft mit ihrer Originalunterschrift quittiert hat.

Darüber hinaus hat eine weitere Leistungsempfängerin Frau ***6*** der Abgabenbehörde Reinigungsarbeiten durch eine unter dem Namen der Bf. aufgetretene Dame bestätigt.

In der gegen den Umsatzsteuerbescheid 2009 gerichteten Berufung (Beschwerde) räumt die Bf. einzig und allein den Erhalt des Betrages von der ***5*** ein, bleibt aber ansonsten bei ihrer Verantwortung die Fakturen mit gesondertem Umsatzsteuerausweis nicht erstellt zu haben, respektive stellt diese ob gesetzlicher Versteuerung nach vereinnahmten Entgelten, mangels Vereinnahmung jedweder Beträge das Entstehen der Umsatzsteuerschuld per se in Abrede.

3. Rechtliche Würdigung

3.1. Rechtsgrundlagen

Nach der Bestimmung des § 6 Abs. 1 Z 27 UStG 1994 sind die Umsätze der Kleinunternehmer steuerfrei. Kleinunternehmer ist ein Unternehmer, der im Inland sein Unternehmen betreibt und dessen Umsätze nach § 1 Abs. 1 Z 1 und 2 im Veranlagungszeitraum 30. 000 Euro nicht übersteigen.

Nach dem dritten Absatz leg. cit. kann der Unternehmer, dessen Umsätze nach § 6 Abs. 1 Z 27 befreit sind, bis zur Rechtskraft des Bescheides gegenüber dem Finanzamt schriftlich erklären, dass er auf die Anwendung des § 6 Abs. 1 Z 27 verzichtet. Die Erklärung bindet den Unternehmer mindestens für fünf Kalenderjahre. Sie kann nur mit Wirkung vom Beginn eines Kalenderjahres an widerrufen werden. Der Widerruf ist spätestens bis zum Ablauf des ersten Kalendermonates nach Beginn dieses Kalenderjahres zu erklären.

Die Bestimmung des § 11 Abs. 12 Satz 1 UStG 1994 normiert, dass ein Unternehmer, der in einer Rechnung für eine Lieferung oder sonstige Leistung einen Steuerbetrag ausgewiesen hat, den er nach diesem Bundesgesetz nicht schuldet, diesen Betrag auf Grund der Rechnung schuldet, wenn er sie nicht gegenüber dem Abnehmer der Lieferung oder dem Empfänger der sonstigen Leistung entsprechend berichtigt.

Nach § 19 Abs. 3 UStG 1994 entsteht in den Fällen des § 11 Abs. 12 und 14 die Steuerschuld mit Ablauf des Kalendermonats, in dem die Rechnung ausgefolgt worden ist.

3.2. Rechtliche Beurteilung

3.2.1. Prüfung der Kleinunternehmereigenschaft der Bf. sowie der Wirksamkeit der Rücknahme der Verzichtserklärung gemäß § 6 Abs. 3 UStG 1944

Ausgehend von den in der Tz 2 des Prüfungsberichtes errechneten Gesamtumsätzen des Jahres 2009 von 28.5532,09 Euro steht nach dem Dafürhalten des Verwaltungsgerichts die Kleinunternehmerschaft der Bf. per se außer Streit.

Ausgehend von obiger Feststellung, gilt es nunmehr zu klären ob das von der belangten Behörde als Antragsrücknahme qualifizierte Vorbringen die am übermittelte Erklärung gemäß § 6 Abs. 3 UStG 1994 weder veranlasst, noch unterfertigt zu haben in Einklang mit den Vorschriften des UStG 1994 steht, sprich mit anderen Worten ausgedrückt derselben Rechtswirksamkeit beizumessen ist.

Ausgehend von der Textierung des § 6 Abs. 3 UStG 1994 demgemäß Abgabepflichtigen der Verzicht auf Behandlung als Kleinunternehmer rechtswirksam bis zur Rechtskraft des Umsatzsteuerbescheides "gestattet" ist, obwalten seitens des BFG - ungeachtet des Fehlens einer entsprechenden Normierung UStG 1994 - in Übereinstimmung mit der Verwaltungspraxis keine Bedenken auch die Rücknahme der Erklärung bis zur Rechtskraft des Umsatzsteuerbescheides zuzulassen, mit der Folge, dass die Umsätze der Bf. im Jahr 2009 samt und sonders als unecht steuerbefreit zu qualifizieren sind.

Korrespondierend damit wurde seitens der belangten Behörde völlig rechtens von einer Nettostellung, respektive der Besteuerung der in den Fakturen ausgewiesenen Bruttobeträge von 10.862,00 Euro Abstand genommen.

3.2.2. Folgen des gesonderten Ausweises von Umsatzsteuer durch einen Kleinunternehmer

Demgegenüber zeitigt jedoch der gesonderte Ausweis von Umsatzeuer von insgesamt 5.906,40 Euro resultierend aus in den am vorgelegten Rechnungen, respektive aus den der ***5***, sowie Frau ***6*** gelegten Rechnungen nachstehende umsatzsteuerliche Konsequenzen:

Ausgehend von der unter Punkt 3.2.1. dargelegten Qualifikation der Bf. als Kleinunternehmer darf diese keine Rechnungen mit Ausweis der Umsatzsteuer stellen, da sie diese ansonsten schuldet. Wird eine mit Umsatzsteuer ausgestellte Rechnung nicht berichtigt, so schuldet der Kleinunternehmer nach § 11 Abs. 12 UStG diese Umsatzsteuer kraft Rechnungslegung. Der Leistungsempfänger ist in so einem Fall nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt.

In Ansehung vorstehender Ausführungen erfolgte die im angefochtenen Bescheid erfolgte Festsetzung der Umsatzsteuer im Betrag von 5.906,40 Euro völlig rechtens.

Das Vorbringen der Bf. im streitgegenständlichen Zeitraum weder Rechnungen ausgestellt, noch die darin verzeichneten Leistungen erbracht zu haben, wird angesichts dessen, dass diese im Laufe des Verwaltungsverfahrens einerseits die Zuzählung eines aus der der ***5*** gelegten Rechnung vom stammenden Bruttobetrages von 8.972,40 Euro ob erdrückender Beweislage einräumen musste, andererseits deren Tätigkeit seitens einer Leistungsempfängerin bestätigt wurde, ist nach dem Dafürhalten des BFG als reine Schutzbehauptung zu qualifizieren, weswegen auch der offenbar in der Berufung (Beschwerde) angestrebten Reduktion der Umsatzsteuerfestsetzung auf 1.495,40 Euro nicht näher getreten werden konnte.

Ebenso ging der Einwand der Bf., dass die Steuerschuld ob Versteuerung nach vereinnahmten Entgelten gemäß § 17 Abs. 1 Z 1 UStG 1994 ins Leere, da diese Versteuerung die Erzielung steuerpflichtiger Umsätze voraussetzt, wobei diese Voraussetzung in der Person der Bf. in ihrer Eigenschaft als Kleinunternehmer gerade nicht erfüllt ist.

Korrespondierend damit kommt in Bezug aus das Entstehen der Steuerschuld nicht die Regelung des § 19 Abs. 2 lit. b erster Satz UStG 1994 (Ablauf des Kalendermonats, in dem das Entgelt vereinnahmt worden ist), sondern ist im zu beurteilenden Fall vielmehr die Norm des § 19 Abs. 3 leg. cit., sprich der Ablauf des Kalendermonats, in dem die Rechnung gelegt worden ist, für das Entstehen der Steuerschuld einschlägig.

Zusammenfassend war wie im Spruch zu befinden.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Eine derartige Rechtsfrage liegt im vorliegenden Fall angesichts der rein auf den gesetzlichen Vorschriften des UStG 1994 basierenden Rechtsfolgen nicht vor.

Wien, am

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Materie
Steuer
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2021:RV.7101087.2012

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at