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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 11.01.2021, RV/7103754/2020

Zuzugsbegünstigung - die Frist gemäß § 1 Abs. 2 ZBV 2016 ist eine nicht verlängerbare gesetzliche Frist

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Mag. Renate Schohaj in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Bundesministeriums für Finanzen, GZ. BMF-010203/0322-IV/8/2019, vom , betreffend Zurückweisung eines Antrages auf Gewährung der Zuzugsbegünstigung gemäß § 103 Abs. 1a EStG ,zu Recht erkannt:

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Mit Eingabe vom beantragte der Beschwerdeführer (Bf.) die Zuerkennung des pauschalen Zuzugsfreibetrages gemäß § 103 Abs. 1a EStG 1988. Der Zuzug nach Österreich sei am erfolgt und er sei seit 2. Jänner als Assistent Post-Doc am Department für Molekulare Evolution und Entwicklung der Universität ***1*** angestellt.

Der Bf. legte seinem Antrag Meldezettel, Flugtickets der gesamten Familie, Reisepass und Aufenthaltstitel sowie Arbeitserlaubnis der letzten fünf Jahre bei.

Mit Eingabe vom reichte der Bf. seinen Dienstvertrag mit der Universität ***1***, einen Lebenslauf sowie eine Publikationsliste nach.

Mit Bescheid vom wies der Bundesminister für Finanzen den Antrag auf Gewährung der Zuzugsbegünstigung gemäß § 103 Abs. 1a EStG 1988 als verspätet zurück. Begründend wurde dazu im Wesentlichen ausgeführt, dass Anträge auf Zuerkennung des Zuzugsfreibetrages gemäß § 1 Abs. 2 ZBV 2016 spätestens sechs Monate nach dem Zuzug einzubringen seien. Da der Bf. am zugezogen, der Antrag aber erst am eingebracht worden sei, sei die Antragstellung verspätet erfolgt.

Mit Eingabe vom erhob der Bf. fristgerecht Beschwerde gegen den Zurückweisungsbescheid vom . In der Beschwerdebegründung bestätigte der Bf., dass er seinen Antrag zehn Tage zu spät versendet habe. Er sei am mit seiner Familie (Ehefrau und zwei Töchter im Alter von 3 und 6 Jahren) in Österreich angekommen. Seine erste Priorität sei die Suche nach einer Mietwohnung gewesen, in der er während seiner Vollzeitarbeit habe leben können. Am seien sie in eine leere Wohnung eingezogen. Der Bf. habe sich in der Folge dem Verfassen eines Förderantrags (Wissenschaftsfonds Lise Meitner) gewidmet. Der Bf. sei leidenschaftlich an seiner Arbeit interessiert und zähle weder die im Labor verbrachten Stunden noch Abende und Wochenenden. Dies gehe möglicherweise zu Lasten bestimmter Verwaltungsverfahren. Die Familie lebe nur von dem Gehalt des Bf. und würde weder Immobilien noch ein Auto besitzen. Die Gewährung des Antrags auf Zuzugsbegünstigung würde helfen, einen angemessenen Lebensstandard der Familie aufrecht zu erhalten.

Am legte der Bundesminister für Finanzen die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Sachverhalt

Der Bf. wurde mit als wissenschaftlicher Projektmitarbeiter an der Universität ***1*** angestellt. Der Zuzug aus Frankreich nach Österreich erfolgte am gemeinsam mit seiner Familie (Ehefrau und zwei Kinder).

Von Seiten des Bundesfinanzgerichtes erfolgt somit die Feststellung, dass mit dem Zuzug am auch der Mittelpunkt der Lebensinteressen nach Österreich verlagert wurde.

Am stellte der Bf. einen Antrag auf Zuerkennung des pauschalen Zuzugsfreibetrages gemäß § 103 Abs. 1 a EStG 1988.

In seinem Beschwerdevorbringen bestätigt der Bf. den Zuzugszeitpunkt am sowie den Umstand, dass er den Antrag auf Gewährung der Zuzugsbegünstigung gemäß § 103 Abs. 1a EStG 1988 am - und somit zu spät - gestellt habe.

Von Seiten des Bundesfinanzgerichtes erfolgt daher die Feststellung, dass der Antrag auf Gewährung der Zuzugsbegünstigung gemäß § 103 Abs. 1a EStG 1988 verspätet eingebracht wurde.

Beweiswürdigung

Die obigen Sachverhaltsfeststellungen sind allesamt aktenkundig und beruhen auf den seitens des Bf. vorgelegten Unterlagen. Dagegen sprechende Umstände wurden nicht vorgebracht und sind auch nicht ersichtlich.

Vor diesem Hintergrund durfte das Bundesfinanzgericht die obigen Sachverhaltsfeststellungen gemäß § 167 Abs. 2 BAO als erwiesen annehmen.

Rechtliche Beurteilung

Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)

1) Gesetzesgrundlage

§ 103 EStG 1988 lautete vor dem Steuerreformgesetz 2015/2016, BGBl. I Nr. 118/2015 (StRefG 2015/2016):

"Zuzugsbegünstigung

§ 103. (1) Bei Personen, deren Zuzug aus dem Ausland der Förderung von Wissenschaft, Forschung, Kunst oder Sport dient und aus diesem Grunde im öffentlichen Interesse gelegen ist, kann der Bundesminister für Finanzen für die Dauer des im öffentlichen Interesse gelegenen Wirkens dieser Personen steuerliche Mehrbelastungen bei nicht unter Q 98 fallenden Einkünften beseitigen, die durch die Begründung eines inländischen Wohnsitzes eintreten. Dabei kann auch die für eine Begünstigung in Betracht kommende Besteuerungsgrundlage oder die darauf entfallende Steuer mit einem Pauschbetrag festgesetzt werden.

(2) Abs. 1 ist auf Personen, die den Mittelpunkt ihrer Lebensinteressen aus Österreich wegverlegt haben, nur dann anzuwenden, wenn zwischen diesem Wegzug und dem Zuzug mehr als zehn Jahre verstrichen sind.

(3) Der Bundesminister für Finanzen wird ermächtigt, mit Verordnung näher zu bestimmen, unter welchen Voraussetzungen der Zuzug aus dem Ausland der Förderung von Wissenschaft, Forschung, Kunst oder Sport dient und aus diesem Grunde in öffentlichem Interesse gelegen ist."

Das StRefG 2015/2016 fügte in § 103 EStG 1988 folgenden Abs. 1a ein:

"(1 a) Bei Personen, deren Zuzug aus dem Ausland der Förderung von Wissenschaft oder Forschung dient und aus diesem Grunde im öffentlichen Interesse gelegen ist, kann der Bundesminister für Finanzen, unabhängig von der Gewährung einer Begünstigung gemäß Abs. 1 aufgrund des Zuzugs für einen Zeitraum von fünf Jahren ab dem Zeitpunkt des Zuzugs einen Freibetrag in Höhe von 30% der zum Tarif besteuerten Einkünfte aus wissenschaftlicher Tätigkeit festsetzen. Wird der Freibetrag gewährt, können daneben keine weiteren Betriebsausgaben, Werbungskosten oder außergewöhnliche Belastungen, die im Zusammenhang mit dem Zuzug stehen, geltend gemacht werden."

Zugleich wurde Abs. 2 auf die Fälle des Abs. 1 a ausgedehnt und Abs. 3 wie folgt neu gefasst:

"(3) Der Bundesminister für Finanzen wird ermächtigt, das Verfahren betreffend die Erteilung der Zuzugsbegünstigung im Sinne des Abs. 1 und des Abs. 1 a mit Verordnung zu regeln. Dabei ist auch näher zu bestimmen, unter welchen Voraussetzungen der Zuzug aus dem Ausland der Förderung von Wissenschaft, Forschung, Kunst oder Sport dient und aus diesem Grunde im öffentlichen Interesse gelegen ist. Ebenso kann die Verordnung den sachlichen Umfang und die Dauer von Zuzugsbegünstigungen im Sinne des Abs. 1 regeln. In dieser Verordnung kann festgelegt werden, dass die Beseitigung der steuerlichen Mehrbelastung im Sinne des Abs. 1 in Form der Anwendung eines Durchschnittssteuersatzes, der sich aus der tatsächlichen Steuerbelastung vor dem Zuzug ergibt, erfolgt. Dieser Steuersatz darf 15 % nicht unterschreiten."

Eine Übergangsbestimmung enthielt das am im Bundesgesetzblatt kundgemachte StRefG 2015/2016 zu diesen Änderungen nicht.

2) Zuzugsbegünstigungsverordnung

Auf Basis der Bestimmung des § 103 Abs. 3 EStG 1988, BGBl I Nr. 118/2015, idF des StRefG 2015/2016 wurde die Verordnung des Bundesministers für Finanzen betreffend Zuzugsbegünstigungen (Zuzugsbegünstigungsverordnung 2016 - ZBV 2016), BGBl. II Nr. 261/2016, erlassen.

Die am in Kraft getretene ZBV 2016 lautet auszugsweise:

"Antragstellung und Bescheid

§ 1 (1) Der Bundesminister für Finanzen kann auf Antrag der zuziehenden Person die Beseitigung der steuerlichen Mehrbelastungen (§ 103 Abs. 1 EStG 1988) und einen Zuzugsfreibetrag (§ 103 Abs. 1a EStG 1988) zuerkennen. Dem Antrag ist ein Verzeichnis im Sinne des § 7 Abs. 1 samt den dazugehörigen Nachweisen beizulegen.

(2) Der Antrag ist spätestens sechs Monate nach dem Zuzug einzubringen.

(3) Ist es dem Antragsteller nicht möglich, bei der Antragstellung alle erforderlichen Unterlagen (§ 7 Abs. 1) vorzulegen, kann der Bundesminister für Finanzen auf Antrag eine Frist zur Nachreichung der Unterlagen gewähren.

(4) Der Bundesminister für Finanzen hat über einen Antrag für die gesamte Dauer der Zuzugsbegünstigung (§ 6) abzusprechen. Im Fall der Beseitigung der steuerlichen Mehrbelastung durch Anwendung eines pauschalen Durchschnittssatzes ist auch die Höhe des Durchschnittssteuersatzes im Sinne des § 5 Abs. 1 festzusetzen.

[…]

Formelle Voraussetzungen

§ 7 (1) Dem Antrag auf Zuzugsbegünstigung durch den Bundesminister für Finanzen ist ein Verzeichnis anzuschließen, das folgende Angaben zu enthalten hat:

1. Die Glaubhaftmachung, dass der Zuzug gemäß §§ 2, 3 oder 4 im öffentlichen Interesse gelegen sein wird. Belege, die der Glaubhaftmachung dienen, sind beizulegen,

2. die Bekanntgabe des Wegzugsstaates,

3. die Bekanntgabe des Zuzugszeitpunktes,

4. die Bekanntgabe der inländischen Wohnsitze in einem Zeitraum von zehn Jahren vor dem Zuzug und zum Antragszeitpunkt,

5. die Bekanntgabe der ausländischen Wohnsitze in einem Zeitraum von fünf Jahren vor dem Zuzug und zum Antragszeitpunkt,

6. die Bekanntgabe der Mittelpunkte der Lebensinteressen in einem Zeitraum von zehn Jahren vor dem Zuzug und zum Antragszeitpunkt und

7. für Anträge auf Beseitigung der steuerlichen Mehrbelastungen die vollständige Darstellung der Ermittlung des pauschalen Steuersatzes.

(2) Die vom Bundesminister für Finanzen zugesprochene Zuzugsbegünstigung (§ 1 Abs. 4) darf vom Finanzamt nur berücksichtigt werden, wenn vom Steuerpflichtigen als Beilage zur Steuererklärung des jeweiligen Veranlagungsjahres ein ordnungsgemäß geführtes Verzeichnis vorgelegt wird, das unter Hinweis auf die den Eintragungen zugrunde liegenden Belege folgende Angaben zu enthalten hat:

1. Die Glaubhaftmachung, dass das öffentliche Interesse am Zuzug gemäß §§ 2, 3 oder 4 im Veranlagungsjahr vorliegt.

2. Die Bekanntgabe der ausländischen und inländischen Wohnsitze im jeweiligen Veranlagungszeitraum.

3. Die Glaubhaftmachung, dass der Mittelpunkt der Lebensinteressen im jeweiligen Veranlagungszeitraum in Österreich war.

[…]

Schluss und Übergangsbestimmungen

§ 10 (1) Diese Verordnung tritt mit Ablauf des Tages der Kundmachung im Bundesgesetzblatt in Kraft.

(2) Mit dem Inkrafttreten dieser Verordnung tritt die Zuzugsbegünstigungsverordnung, BGBl. II Nr. 102/2005, außer Kraft.

(3) Erfolgte der Zuzug vor dem , gelten folgende Übergangsbestimmungen:

1. Die gemäß § 2 Abs. 2 Z 3 erforderliche Mindestvergütung gilt nicht.

2. Abweichend von § 5 erfolgt die Beseitigung der durch den Zuzug eintretenden steuerlichen Mehrbelastungen bei Personen, denen bereits eine Zuzugsbegünstigung gewährt wurde, durch Anwendung der im zuletzt ergangenen Bescheid vorgesehenen Entlastungsmethode.

3. Die Zuzugsbegünstigung ist für Zeiträume nach dem nicht zuzuerkennen, wenn die gesamte Dauer der Begünstigung 20 Jahre überschreiten würde.

4. § 6 Abs. 1 ist nicht anzuwenden."

3) Würdigung

Das Verfahren betreffend die Erteilung einer Zuzugsbegünstigung wird auf Grund der in § 103 Abs. 3 EStG 1988 statuierten Verordnungsermächtigung vom Bundesminister für Finanzen in der Zuzugsbegünstigungsverordnung 2016, BGBl. II Nr. 2016/261 geregelt.

Gemäß § 1 Abs. 2 ZBV 2016 ist der Antrag auf Zuerkennung einer Zuzugsbegünstigung spätestens sechs Monate nach dem Zuzug einzubringen.

Die in § 1 Abs. 2 ZBV 2016 festgelegte Frist schließt Personen, die nicht innerhalb von sechs Monaten nach dem Zuzug den Antrag auf Zuzugsbegünstigung stellen, von der Zuerkennung der Begünstigung aus (materiellrechtliche Ausschlussfrist).

Ob eine gesetzliche (im Gesetz determinierte) oder eine behördliche (von der Behörde gesetzte) Frist vorliegt, hat vor allem für die Frage der Verlängerbarkeit der Frist Bedeutung (vgl. Ritz, BAO 6, § 108, Rz 2). Während behördliche Fristen stets verlängert werden können, können gemäß § 110 Abs. 1 BAO gesetzliche Fristen, wenn nicht ausdrücklich anderes bestimmt ist, nicht geändert werden. In Verordnungen festgesetzte Fristen sind gesetzlichen Fristen gleichzuhalten (Stoll, BAO, 1177; ; Ellinger/Sutter/Urtz, BAO³, § 110 Anm 2).

Auf Grund der Gleichbehandlung gesetzlicher und in Verordnungen festgesetzter Fristen, handelt es sich bei der in § 1 Abs. 2 ZBV 2016 festgelegten Sechsmonatsfrist eindeutig um eine nicht verlängerbare gesetzliche Frist.

Da der Antrag im gegenständlichen Fall am , also nach dem , eingebracht wurde, ist er gemäß § 1 Abs. 2 ZBV 2016 verspätet. Dieser Umstand war auch dem Bf. bewusst, wenn er in seiner Beschwerde bestätigt, seinen Antrag auf Zuzugsbegünstigung 10 Tage zu spät versendet zu haben.

Der Bundesminister für Finanzen hat den Antrag daher zu Recht zurückgewiesen.

Die Beschwerde war somit als unbegründet abzuweisen.

Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Wenn die anzuwendende generelle Norm (hier ZBV 2016) eine eindeutige Rechtslage schafft (wie dies im vorliegenden Fall geschieht), so ist im Sinne von , nicht vom Vorliegen einer Rechtsfrage auszugehen, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Aus diesem Grund war die Revision für nicht zulässig zu erklären.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2021:RV.7103754.2020

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at