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Bescheidbeschwerde – Einzel – Beschluss, BFG vom 11.01.2021, RV/6100429/2020

Fristverlängerungsansuchen mittels E-Mail entfaltet keine Rechtswirkung

Entscheidungstext

Beschluss

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin***1*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Dr. Michael Kotschnigg, Stadlauer Straße 39/1/Top12, 1220 Wien, und Seiwald & Herzog Wirtschaftstreuhand- und SteuerberatungsgmbH, Bahnhofstraße 1, 5400 Hallein, betreffend Beschwerde vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Österreich vom betreffend Einkommensteuer 2013, Einkommensteuer 2014, Einkommensteuer 2015 und Einkommensteuer 2016, beschlossen:

Die Beschwerde wird gemäß § 260 Abs. 1 lit. b BAO als nicht fristgerecht eingebracht zurückgewiesen.

Gegen diesen Beschluss ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Begründung

Mit Datum wurden Einkommensteuerbescheide für die Jahre 2013 bis 2016 erlassen, die an die Wohnadresse des Beschwerdeführers zugestellt wurden.

Mit E-Mail vom der Vertreter 1 wurde für den Bf die Verlängerung der Beschwerdefrist bis für die Einkommensteuerbescheide 2013 bis 2016 bei dem vorlegenden Finanzamt beantragt.

Das Finanzamt übermittelte an den Bf, zugestellt an die Kanzlei Vertreter 1, einen als "Bescheid" intendierten Schriftsatz vom über die Gewährung einer Fristverlängerung zur Einbringung einer Beschwerde bis .

Die genannte Steuerberatungskanzlei ist entsprechend ihrer selbst vorgenommenen Eintragungen in die elektronischen Datenbanken der Finanzverwaltung (AIS) nicht im Besitz einer Zustellvollmacht. Dessen ungeachtet erfolgte die Zustellung dieses "Fristverlängerungsbescheides" zu Handen der Kanzlei Vertreter 1.

Mit Eingabe vom wurde seitens der steuerlichen Vertretung ***2***, Beschwerde gegen die oben angeführten Einkommensteuerbescheide 2013 bis 2016 vom eingebracht.

Mit Datum vom erließ das Finanzamt abändernde Beschwerdevorentscheidungen betreffend Einkommensteuer 2013 bis 2016. Die Zustellung der Beschwerdevorentscheidungen erfolgte jeweils an die Wohnadresse des Bf .

Gegen diese Beschwerdevorentscheidungen vom betreffend die Einkommensteuerbescheide 2013 bis 2016 wurde durch den steuerlichen Vertreter Vertreter 2 Vorlageantrag am eingebracht.

Mit Vorlagebericht des Finanzamtes vom erfolgte die Vorlage der Beschwerde zur Entscheidung an das Bundesfinanzgericht.

Das Bundesfinanzgericht übermittelte dem Bf am ein Auskunftsersuchen, und forderte diesen u.a. zur Stellungnahme und Nachweisführung hinsichtlich der Frage der Rechtzeitigkeit der Beschwerde vom auf. Die Anfrage lautete diesbezüglich konkret wie folgt:

"Mit E-Mail vom der Vertreter 1 wurde eine Verlängerung der Beschwerdefrist bis bei dem vorlegenden Finanzamt beantragt. Einer E-Mail (hier: Fristverlängerungsantrag) kommt im Anwendungsbereich der BAO nicht die Eigenschaft einer Eingabe zu und bewirkt auch keine Hemmung der Beschwerdefrist.
Mit Schriftsatz des Finanzamtes vom wurde über eine Fristverlängerung zur Einbringung einer Beschwerde abgesprochen. Die Zustellung erfolgte zu Handen der Kanzlei
Vertreter 1, die jedoch entsprechend ihrer selbst vorgenommenen Eintragungen im Abgabeninformationssystem der Finanzverwaltung (AIS) nicht im Besitz einer Zustellvollmacht ist.

Seitens des Finanzamtes wurde demnach - antragslos - ein als "Fristverlängerungsbescheid" intendiertes Schreiben am an die nicht zustellungsbevollmächtigte Kanzlei Vertreter 1 übermittelt. Mangels Zustellungsbevollmächtigung ist eine rechtswirksame Zustellung eines Fristverlängerungsbescheides gemäß § 245 Abs. 3 BAO nicht erfolgt.
Nach Aktenlage ist die Beschwerde vom somit als verspätet eingebracht anzusehen."

In Beantwortung dieses Vorhalts des Bundesfinanzgerichtes stellte der weitere steuerliche Vertreter Vertreter 2, mit Schreiben vom die Sachverhalts- und Rechtsausführungen des Bundesfinanzgerichtes vom außer Streit, wobei er insbesondere entscheidungsrelevant ausführte:

"1. Der Antrag auf Verlängerung der Rechtsmittelfrist gegen die Einkommensteuerbescheide 2013 bis 2016 vom wurde per E-Mail eingebracht, und zwar - wie beizufügen ist - außerhalb von FinanzOnline. Dass ein solcherart gestelltes Anbringen für Zwecke der BAO keine Rechtswirkungen entfalten kann, entspricht allgemeiner Auffassung (z.B , VwSlg 8756/F; Beschlüsse , Ra 2015/15/0007; /15/0081; Ritz BAO § 86a Tz3 ff).

2) Damit ist- man muss es realistisch sehen - dieses Rechtsmittelverfahren abgeschlossen, zumal wir den Gegenbeweis nicht erbringen können."

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Rechtsgrundlagen

Gemäß § 97 BAO werden Erledigungen dadurch wirksam, dass sie demjenigen bekanntgegeben werden, für den sie ihrem Inhalt nach bestimmt sind. Die Bekanntgabe erfolgt bei schriftlichen Erledigungen idR durch Zustellung.

Soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, sind gemäß § 98 Abs.1 BAO Zustellungen nach dem Zustellgesetz BGBl Nr 200/1982, ausgenommen Abschnitt III (Elektronische Zustellung), vorzunehmen.

Nach § 2 Z. 1 ZustG bedeutet Empfänger die von der Behörde in der Zustellverfügung (§ 5) namentlich als solche bezeichnete Person.

Die Zustellung ist gemäß § 5 ZustG von der Behörde zu verfügen, deren Dokument zugestellt werden soll.

Wie der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom , 2012/16/0082, näher ausgeführt hat, kommt einer E-Mail im Anwendungsbereich der BAO nicht die Eigenschaft einer Eingabe zu, wobei es sich nicht einmal um eine einem Formgebrechen unterliegende, der Mängelbehebung gemäß § 85 BAO zugängliche Eingabe handelt. Ein mit E-Mail eingebrachtes Anbringen löst weder eine Entscheidungspflicht der Behörde aus, noch berechtigt es die Behörde, eine bescheidmäßige Entscheidung zu fällen. Die Abgabenbehörde ist nicht einmal befugt, das "Anbringen" als unzulässig zurückzuweisen, weil es sich bei einer solchen E-Mail eben nicht um eine Eingabe an die Behörde handelt (vgl. auch Verwaltungsgerichtshof vom , 2012/13/0091, und vom , Ra 2015/16/0065, und vom , Ra 2019/15/0081).

Da § 85 und § 86a BAO und die auf Grund des § 86a BAO ergangenen Verordnungen die Einbringung von Anbringen mittels E-Mail nicht vorsehen, kommt einem E-Mail die Eigenschaft einer Eingabe auch dann nicht zu, wenn das Finanzamt derartige Anbringen (zunächst) in Bearbeitung nimmt (vgl. dazu auch ).

Nach der BAO gelten "Anbringen", die der Abgabenbehörde auf einem für sie nicht zugelassenen Weg zugeleitet werden, als nicht eingebracht, weshalb sie auch keine Entscheidungspflicht auslösen können (vgl. Ellinger/Sutter/Urtz, BAO9, § 86a Anm 9, VwGH vo m , Ra 2019/15/0081).

Die Frist zur Einbringung einer Beschwerde beträgt gemäß § 245 Abs 1 BAO einen Monat.

Gemäß Abs. 3 leg.cit ist die Beschwerdefrist auf Antrag von der Abgabenbehörde aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erforderlichenfalls auch wiederholt zu verlängern. Durch einen Antrag auf Fristverlängerung wird der Lauf der Beschwerdefrist gehemmt.

Der Verlängerung einer Frist setzt nach der Judikatur einen vor deren Ablauf gestellten Antrag voraus (; , 2006/17/0046, 0047; ebenso Ellinger/ Sutter/Urtz, BAO, § 110 Anm5).

Gegen Bescheide, die Abgabenbehörden erlassen, sind gemäß § 243 BAO Beschwerden (Bescheidbeschwerden) an die Verwaltungsgerichte zulässig.

Wurde eine Beschwerde nicht fristgerecht eingebracht, normiert § 260 Abs 1 lit b BAO die daraus entstehende Rechtsfolge der Zurückweisung der Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung oder Beschluss.

Erwägungen

Im Spruch der angefochtenen Einkommensteuerbescheide 2013 bis 2016 vom wurde der Bf. als Bescheidadressat genannt (§ 93 Abs 2 BAO). Die Zustellung der Bescheide erfolgte an den Bf. Die Bescheide wurden dem Bf gemäß § 97 Abs 1 BAO bekannt gegeben und damit wirksam erlassen.

Ein rechtwirksamer Antrag auf Gewährung einer Rechtsmittelfristverlängerung zur Einbringung einer Beschwerde gegen die Einkommensteuerbescheide 2013 bis 2016 wurde nicht eingebracht, zumal einem E-Mail im Wirkungsbereich der BAO keine Wirkung zukommt. Das als Bescheid intendierte Schreiben des Finanzamtes vom zum Zwecke der Verlängerung der Beschwerdefrist erging antragslos, die Zustellung erfolgte zu Handen der Kanzlei Vertreter 1, die jedoch entsprechend ihrer selbst vorgenommenen Eintragungen in den Datenbanken der Finanzverwaltung nicht im Besitz einer Zustellvollmacht ist. Dass sich der genannte Parteienvertreter auf eine ihm erteilte Zustellbevollmächtigung berufen hätte, ist der Aktenlage nicht zu entnehmen und wird auch vom Bf nicht argumentiert.

Vielmehr wurden die dargestellten Sachverhalts- und Rechtsausführungen des Bundesfinanzgerichtes vom steuerlichen Vertreter Vertreter 2 in der Vorhaltsbeantwortung vom außer Streit gestellt.

Einvernehmen besteht somit darüber, dass seitens des Finanzamtes -ohne Antrag des Bf- ein als "Fristverlängerungsbescheid" intendiertes Schreiben am an die nicht zustellungsbevollmächtigte Kanzlei Vertreter 1 übermittelt wurde. Der gegenständliche "Fristverlängerungsbescheid" konnte somit keine Rechtswirksamkeit entfalten. Mangels Zustellungsbevollmächtigung ist eine rechtswirksame Zustellung gemäß § 245 Abs. 3 BAO nicht erfolgt.

In der Folge wurde am , und somit außerhalb der einmonatigen Beschwerdefrist des § 245 Abs 1 BAO, vom steuerlichen Vertreter Vertreter 1 Beschwerde gegen die Einkommensteuerbescheide 2013 bis 2016 eingebracht.

Die Beschwerde vom ist nicht fristgerecht eingebracht worden.

Die Beschwerde war gemäß § 260 Abs 1 lit b BAO mit Beschluss als nicht fristgerecht zurückzuweisen.

Nach § 274 Abs. 3 BAO kann eine mündliche Verhandlung unter anderem dann unterbleiben, wenn die Beschwerde zurückzuweisen ist.

Es ist daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zur Zulässigkeit einer Revision

Gegen einen Beschluss des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die Entscheidung des Bundesfinanzgerichtes ergibt sich aus dem Gesetz und der dazu ergangenen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes. Die Beurteilung von Tatfragen ist einer Revision nicht zugänglich.

Eine Revision gegen dieses Erkenntnis ist daher nicht zulässig.

Salzburg, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 260 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
ECLI
ECLI:AT:BFG:2021:RV.6100429.2020

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at