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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 01.09.2020, RV/7300044/2020

Niederschrift mündliche Verhandlung, keine Schriftführerin beigezogen, Verfahrensfehler

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin***6*** in der Finanzstrafsache gegen ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch ***5***, wegen der Finanzvergehen der Abgabenhinterziehungen gemäß § 33 Abs. 2 lit. a des Finanzstrafgesetzes (FinStrG) über die Beschwerde des Beschuldigten vom gegen das Erkenntnis des Finanzamtes Hollabrunn Korneuburg Tulln als Finanzstrafbehörde vom , Strafnummer ***1***zu Recht erkannt:

Das Erkenntnis wird aufgehoben und die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung an die Finanzstrafbehörde zurückverwiesen.

Eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Mit Erkenntnis des Finanzamtes Hollabrunn Korneuburg Tulln als Finanzstrafbehörde vom , Strafnummer ***1***, wurde der Bf. als Geschäftsführer der ***2*** schuldig erkannt im Bereich des Finanzamtes Hollabrunn Korneuburg Tulln vorsätzlich unter Verletzung der Verpflichtung zur Abgabe von dem § 21 des Umsatzsteuergesetzes 1994 entsprechenden Voranmeldungen eine Verkürzung folgender Umsatzsteuern bewirkt und dies nicht nur für möglich, sondern für gewiss gehalten und dadurch ein Finanzvergehen nach § 33(2)a FinStrG begangen zu haben.:

Umsatzsteuer 09-12/2017 in Höhe von € 3.200,00

Umsatzsteuer 01-03/2018 in Höhe von € 2.400,00

Gesamt € 5.600,00

Gemäß § 33 Abs. 5 FinStrG wurde er zu einer Geldstrafe von EURO 4.200.00, im Nichteinbringungsfall 11 Tage Ersatzfreiheitsstrafe sowie gemäß § 185 Abs. 1 lit. a FinStrG zum Ersatz der mit EURO 420,00 bestimmten Kosten des Finanzstrafverfahrens verurteilt.

Zur Begründung wurde im Erkenntnis ausgeführt:

"Gegenständliches Finanzstrafverfahren fußt auf einer Betriebsprüfung beim ebenfalls belangten (bzw. bereits rechtskräftig bestraften) Verband, der ***2***, als deren verantwortlicher Geschäftsführer der Bestrafte im inkriminierten Zeitraum fungierte. Im entsprechend ergangenen Betriebsprüfungsbericht wird festgestellt, dass im Rechenwerk des Verbandes im Zeitraum September 2017 bis März 1028 keine Erlöse aus Vermietung der Diskothek an einen Angehörigen des Beschuldigten verbucht worden sind, dies obwohl ein entsprechender Mietvertrag vorliegt und die Leistung tatsächlich erbracht worden ist. Aufgrund des Sollsystems wären diese vereinbarten Mieterträge steuerlich zu erklären gewesen. Der Beschuldigte ließ die in der (persönlich übernommenen) Einleitungsverfügung vom eingeräumte Frist zur schriftlichen Stellungnahme ungenutzt. Gegen die Strafverfügung vom zugestellt am per Hinterlegung, wurde fristgerecht (per ) Einspruch erhoben.

Der Vorladung zur mündlichen Verhandlung kam der Beschuldigte entschuldigt nicht nach.

Eine weitere Vorladung wurde von ihm nicht angenommen.

Die Verpflichtung zur Erklärung der Vermietungsumsätze, die von einem Angehörigen bezogen wurden, war dem Bestraften wohlbekannt, zumal es sich um einen zentralen Betriebsgegenstand handelt. Dazu ist der Bestrafte als langjähriger Unternehmer steuerlich hinlänglich erfahren, dazu mehrfach einschlägig vorbestraft.

Erschwerend: Vorstrafen"

****

In der dagegen fristgerecht am eingebrachten Beschwerde des Beschuldigten wird wie folgt ausgeführt:

"Hiermit erlaube ich mir, gegen das Erkenntnis vom Beschwerde einzulegen.

Begründung: Ich möchte einige Punkte Vorbringen richtig steilen:

1. Die Umsatzsteuer der Mieterträge 01-03/2018 wurde nicht abgeführt, weil der Mieter für diesen Zeitraum keine Miete bezahlen musste. Er hat auf eigene Rechnung umfangreiche Renovierungsarbeiten im Mietobjekt getätigt. Aus diesem Grund wurde ihm für diesen Zeitraum die Miete erlassen. Diesen Umstand wollte ich auch der Prüferin mehrfach mitteilen, aber obwohl sie selbst versucht hat, mich auf dem Handy zu erreichen, war sie für mich trotz mehrfacher Anrufversuche und SMS, die ich ihr geschickt habe, nicht erreichbar (ich habe dazu letztens schon Screenshots beigeschafft die dies beweisen). Die vorgeschriebene Umsatzsteuer wurde in den folgenden UVAs wiederum korrigiert.

2. Auch die Umsatzsteuer für 2017 war zu hoch, aus der Jahreserklärung ergab sich eine Gutschrift idH von rd € 1.000,-.

3. In Ihrer Begründung schreiben Sie, dass die Erlöse aus der Vermietung an einen Angehörigen getätigt wurden. Ich habe keine Ahnung, woher diese Information stammt. Bereits im Zuge der letzten Prüfungen (Umsatzsteuer bzw. Nichtraucherprämie) kam es seitens des Prüforgans zu massiven Verwechslungen der beteiligten Personen. Diese Verwechslungen bzw. Fehlinterpretationen wurden bereits in einem Schreiben der WT-Kanzlei ***5*** eindeutig aufgeklärt. Der Mieter bzw. die Mieterin war niemals in einem Verwandtschafts- oder Angehörigenverhältnis zu meiner Person.

4. Weiters wird mir vorgeworfen, ich hätte eine weitere Vorladung zur mündlichen Verhandlung nicht angenommen. Dies ist nicht richtig. Richtig ist vielmehr, dass ich über einen längeren Zeitraum im Ausland war, in dieser Zeit aber "postabwesend" gemeldet war. Es sollte daher vom zuständigen Postamt eine entsprechende Mitteilung an Sie erfolgt sein.

Ich ersuche Sie daher, auf Grund meiner Einwände die Strafhöhe deutlich zu reduzieren."

*****

Mittels Einspruch gegen die Strafverfügung vom wurde die Abhaltung einer mündlichen Verhandlung durch die Finanzstrafbehörde beantragt.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Rechtslage:

Gemäß § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG macht sich der Abgabenhinterziehung schuldig, wer vorsätzlich unter Verletzung der Verpflichtung zur Abgabe von dem § 21 des Umsatzsteuergesetzes 1994 entsprechenden Voranmeldungen eine Verkürzung von Umsatzsteuer (Vorauszahlungen oder Gutschriften) bewirkt und dies nicht nur für möglich, sondern für gewiß hält.

Gemäß § 161 Abs. 1 FinStrG hat das Bundesfinanzgericht, sofern die Beschwerde nicht gemäß § 156 mit Beschluss zurückzuweisen ist, grundsätzlich in der Sache selbst mit Erkenntnis zu entscheiden. Es ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung des Erkenntnisses seine Anschauung an die Stelle jener der Finanzstrafbehörde zu setzen und das angefochtene Erkenntnis (den Bescheid) abzuändern oder aufzuheben, den angefochtenen Verwaltungsakt für rechtswidrig zu erklären oder die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

Gemäß § 127 Abs. 1 FinStrG wird die mündliche Verhandlung vom Vorsitzenden geleitet. Der mündlichen Verhandlung ist ein Schriftführer beizuziehen.

Gemäß § 135 Abs. 1 FinStrG ist der Ablauf der mündlichen Verhandlung durch den Schriftführer, erforderlichenfalls nach den Angaben des Verhandlungsleiters, festzuhalten. Die Niederschrift hat nach § 135 Abs. 1 lit. a den Namen des Schriftführers und den Namen des Verhandlungsleiters zu enthalten.

Gemäß § 135 Abs. 3 FinStrG ist die Verhandlungsniederschrift vom Verhandlungsleiter und vom Schriftführer zu unterfertigen.

Gemäß § 137 a FinStrG haben die Urschrift und die Ausfertigung des Erkenntnisses den Namen des Verhandlungsleiters und des Schriftführers zu enthalten.

Gemäß § 126 FinStrG gilt: Kommt der Beschuldigte oder ein Nebenbeteiligter einer Vorladung zu einer gemäß § 125 anberaumten Verhandlung nicht nach, ohne durch Krankheit, Behinderung oder ein sonstiges begründetes Hindernis abgehalten zu sein, so hindert dies nicht die Durchführung der mündlichen Verhandlung und die Fällung des Erkenntnisses auf Grund der Verfahrensergebnisse.

Sachverhalt:

In der schriftlichen Ausfertigung des Erkenntnisses, die erst ca. 7 Monate nach der Verhandlung in Abwesenheit des Bf. versendet wurde, ist der Name eines Schriftführers nicht enthalten.

Auf Aufforderung des Bundesfinanzgerichts, dass durch die Finanzstrafbehörde die Niederschrift zur mündlichen Verhandlung vom vorgelegt werden möge, wurde ein A 4 Blatt mit handschriftlichen Aufzeichnungen, dem Datum und der Unterschrift ***3*** vorgelegt.

Der weitere Text lautet:

"NS üb mV gem. § 135 FinStrG vor dem FA Hl/Ko/Tu als FinStrG Behörde am in Ko

in Finstr Vorl gg ***4*** wg § 33/2/a

Verhandlungsleiter und Schriftführer ***3***

Beschuldigter ist n.e., Ladung auf Grund behaupteter O.A. drei weitere gänzlich unleserliche Worte

Erkenntnis ergeht schr. Ko ."

Der Verhandlungsleiter und der Schriftführer müssen während der ganzen Dauer einer mündlichen Verhandlung anwesend sein. (Reger/Judmaier/Kalcher/Kuroki, Finanzstrafgesetz, Kommentar mit Rechtsprechung, Band 2, 4. Neu bearbeitete Auflage, Kommentar zu § 129, S 873). Ist eine dieser Personen auch nur vorübergehend abwesend, stellt dies einen Verfahrensmangel dar, der zur Aufhebung der Entscheidung führen muss.

Das Finanzstrafgesetz enthält diesbezüglich auch keine Sondervorschriften für eine Verhandlung in Abwesenheit des Beschuldigten.

Der Verhandlungsleiter hat nach dem vorgelegten Aktenvermerk keinen Schriftführer zur Verhandlung beigezogen und damit gegen die Bestimmungen des Finanzstrafgesetzes gehandelt.

Das Erkenntnis war daher bereits wegen des Verfahrensmangels ohne weiteres Eingehen auf das Beschwerdevorbringen aufzuheben.

Zur Unzulässigkeit der Revision

Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine Revision nicht zulässig, da das Erkenntnis nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.7300044.2020

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at