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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 15.12.2020, RV/7103890/2019

Keine Werbungskosten aus dem Titel Fahrtkosten mit dem Privat-PKW bei vollständiger Fahrtkostenvergütung durch den Arbeitgeber.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des ***FA*** vom , Steuernummer , betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2012 zu Recht erkannt:

I)

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen. Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

II)

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Bisheriger Verfahrensgang

Strittig ist, ob für das Veranlagungsjahr 2012 geltend gemachte Aufwendungen für Fahrtkosten iHv € 4.800,00 als Werbungskosten (WK) steuerlich berücksichtigt werden können.

Verwaltungsbehördliches Geschehen:

***Bf1***Der Beschwerdeführer (Bf.) bezog im Jahr 2012 Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit. In der am eingereichten Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung machte der Bf. Reisekosten iHv € 4.800,00 geltend. Als Anmerkung führte er bei der Rubrik Reisekosten im ANV-Formular an: "gefahrene km 2012: 37.611 * 0,26 €". Angemerkt wird, dass im Formular zur Arbeitnehmerveranlagung laut Aktenlage Reisekosten iHv Euro 4.800,00 bei KZ 721 des Steuerformulars angegeben wurden (s. auch u.a. Vorlagebericht des Finanzamtes).

Mit Vorhalt vom verlangte die Behörde eine Aufzeichnung über die Fahrten (Fahrtenbuch) und eine Bestätigung des Arbeitgebers, wofür der Bf. steuerfreie Bezüge iHv € 13.883,88 erhalten habe.

Am reichte der Bf. in Beantwortung des Vorhaltes die verlangten Aufzeichnungen zu den Fahrten nach (im Folgenden Fahrtenbuch).

Am erging der Einkommenssteuerbescheid für das Jahr 2012. Darin führte die belangte Behörde zu den Fahrtkosten folgendes aus:

"Unter Wahrung des Parteiengehörs wurden die von Ihnen geltend gemachten Aufwendungen hinterfragt. Da trotzdem die benötigten Unterlagen (zum Teil) nicht beigebracht wurden, konnten die Aufwendungen in freier Beweiswürdigung nur in Höhe der nachgewiesenen bzw glaubhaft gemachten Aufwendungen berücksichtigt werden."

Mit Einbringen vom erhob der Bf. fristgerecht Beschwerde gegen den oben genannten Bescheid. Der Bf. beantragt die Berücksichtigung der Kosten laut ANV vom und erklärt die Vorhaltsbeantwortung fristgerecht eingebracht zu haben.

Am erging die Beschwerdevorentscheidung der belangten Behörde. Diese wies die Beschwerde mit der folgenden Begründung ab:

"Fahrtkosten auf Grund der Benutzung eines Kraftfahrzeuges können dann steuerlich als Werbungskosten nach § 16 EStG 1988 berücksichtigt werden, wenn Nachweise vorliegen, die eine Kontrolle dieser Fahrten erlauben. Zu diesem Zweck sind Aufzeichnungen über Datum, Beginn und Ende, Ziel und Zweck der Reise, Kilometerstand und Gesamtzahl der gefahrenen Kilometer (jeweils getrennt in private und berufliche), zu führen. Das trifft auf die vorgelegten Unterlagen nicht zu. Die beruflichen Fahrten sind somit nicht nachvollziehbar und die beantragten Kosten können daher nicht berücksichtigt werden. Zudem haben Sie von Ihrem Dienstgeber steuerfreie Bezüge in Höhe von € 13.883,88 erhalten. Die als Werbungskosten geltend gemachten Ausgaben für beruflich veranlasste Reisen müssen um diese Bezüge gekürzt werden. Da die genannten steuerfreien Bezüge höher sind als die von Ihnen beantragten Reisekosten können letztgenannte schon aus diesem Grund nicht zum Ansatz kommen."

Am stellte der Bf. den Antrag auf Vorlage zur Entscheidung durch das Bundesfinanzgericht. Darin erklärt der Beschwerdeführer, es sei sehr wohl aus dem vorgelegten Fahrtenbuch ersichtlich, ob es sich um private oder berufliche Fahrten handle.

Am legte die belangte Behörde die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht vor. Die belangte Behörde verlangt die Abweisung der Beschwerde, da die Werbungskosten nicht zu berücksichtigen seien und begründet wie folgt:

"Werbungskosten aus dem Titel "Reisekosten" liegen nur in dem Umfang vor, in dem sie vom Steuerpflichtigen selbst getragen werden. Als Reisekosten kommen insbesondere Fahrtkosten (Werbungskosten allgemeiner Art), Tagesgelder gemäß § 16 Abs. 1 Z 9 EStG 1988 iVm § 26 Z 4 EStG 1988 und Nächtigungsaufwand in Betracht. Ersätze, die der Arbeitgeber gemäß § 26 Z 4 EStG 1988 leistet, vermindern den jeweils abzugsfähigen Aufwand. Da der DG des Bf im Jahr 2012 für dienstliche Fahrten EUR 8.337,68 mit je 0,26 EUR/Kilometer und EUR 5.546,20 für Diäten vergütet hat, und diese Ersätze somit die Kosten der beantragten Reisekosten übersteigen, hat der Bf keine Kosten selbst getragen, weswegen auch keine Werbungskosten diesbezüglich berücksichtigt werden können und die Beschwerde daher abzuweisen ist."

Über die Beschwerde hat das Bundesfinanzgericht erwogen

Im Beschwerdefall ist strittig, ob der Bf. beruflich veranlasste Fahrtkosten als WK geltend machen kann.

Sachverhalt

Der Bf. führte für das Jahr 2012 ein Fahrtenbuch in welchem er die beruflich veranlassten Fahrten eintrug. Das Fahrtenbuch enthält Abfahrts- und Ankunftskilometerstand jeweils für den gesamten Arbeitstag sowie die Gesamtanzahl der gefahrenen Kilometer pro Tag. Ebenfalls angegeben sind der Zweck jeder Fahrt sowie die einzelnen Ziele. In Wien wurde Bezirk und Straße (ohne Hausnummer) angegeben, an sonstigen Orten nur der Ortsname.

Im ANV-Steuerformular nahm der Bf auf Reisekosten (Fahrkosten) im Ausmaß von 37.611 km gefahrene Kilometer x € 0,26 Bezug, allerdings hat der Bf dann betragsmäßig als Werbungskosten (lediglich) Euro 4.800,00 im ANV-Formular (Kennziffer 721) geltend gemacht. Wie das Finanzamt im Zuge der Vorlage der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht im Vorlagebericht geht auch das BFG von beantragten Fahrtkosten als Werbungskosten laut Kennziffer 721 iHv € 4.800,00 aus.

Mit Schreiben vom bestätigte der Arbeitgeber des Bf., dass für das Jahr 2012 für dienstliche Fahren mit dem privaten PKW € 8.337,68 und an Diäten € 5.546,20 vergütet wurden.

Beweiswürdigung

Der festgestellte Sachverhalt ergab sich aus den vom Finanzamt elektronisch übermittelten Aktenteilen, die auch das Fahrtenbuch des Bf. für 2012 und die Bestätigung des Arbeitgebers enthielten.

Rechtliche Beurteilung

Laut Aktenlage ist der Bf bei einem bekannten Unternehmen als Außendienstmitarbeiter im Verkauf tätig. Laut Einkommensteuerbescheid des beschwerdegegenständlichen Jahres hat der Bf ausschließlich Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit aus der Tätigkeit bei diesem Unternehmen. Laut Bestätigung des Arbeitgebers vom hat der Bf im Beschwerdejahr für dienstliche Fahrten mit seinem Privatauto € 8.337,68 (0,26 € je mit dem Privatauto gefahrenem Kilometer) und € 5.546,20 für Diäten vergütet bekommen. Laut dieser Bestätigung des Arbeitgebers betrifft diese Vergütung Fahrten vom Firmenstützpunkt zu div. Baustellen, für die kein Firmenfahrzeug zur Verfügung gestellt wird. Aus dieser Bestätigung geht nach Ansicht des Bundesfinanzgerichts hervor, dass grundsätzlich die Fahrten mit dem Privatauto des Bf für dienstliche Fahrten vom Arbeitgeber vergütet wurden.

Der deutsche Bundesfinanzhof definiert, da der Begriff des ordnungsgemäßen Fahrtenbuches, wie auch im österreichischen EStG, gesetzlich nicht näher bestimmt ist und sich die Ausführungen in den BFH Erkenntnissen mit der österreichischen Rechtsansicht decken, in seiner Entscheidung BFH , VI R 33/10, die Mindestanforderungen an ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch folgendermaßen:

"Der gesetzlich nicht weiter bestimmte Begriff des ordnungsgemäßen Fahrtenbuchs i.S. des § 8 Abs. 2 Satz 4 EStG ist durch die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) dahingehend präzisiert, dass nach Wortlaut sowie Sinn und Zweck der Regelung die dem Nachweis des zu versteuernden Privatanteils an der Gesamtfahrleistung dienenden Aufzeichnungen eine hinreichende Gewähr für ihre Vollständigkeit und Richtigkeit bieten und mit vertretbarem Aufwand auf ihre materielle Richtigkeit hin überprüfbar sein müssen. Ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch muss zeitnah und in geschlossener Form geführt werden, um so nachträgliche Einfügungen oder Änderungen auszuschließen oder als solche erkennbar zu machen. Hierfür hat es neben dem Datum und den Fahrtzielen grundsätzlich auch den jeweils aufgesuchten Kunden oder Geschäftspartner oder --wenn ein solcher nicht vorhanden ist-- den konkreten Gegenstand der dienstlichen Verrichtung aufzuführen. Bloße Ortsangaben im Fahrtenbuch genügen allenfalls dann, wenn sich der aufgesuchte Kunde oder Geschäftspartner aus der Ortsangabe zweifelsfrei ergibt oder wenn sich dessen Name auf einfache Weise unter Zuhilfenahme von Unterlagen ermitteln lässt, die ihrerseits nicht mehr ergänzungsbedürftig sind. Dementsprechend müssen die zu erfassenden Fahrten einschließlich des an ihrem Ende erreichten Gesamtkilometerstandes im Fahrtenbuch vollständig und in ihrem fortlaufenden Zusammenhang wiedergegeben werden. Grundsätzlich ist dabei jede einzelne berufliche Verwendung für sich und mit dem bei Abschluss der Fahrt erreichten Gesamtkilometerstand des Fahrzeugs aufzuzeichnen. Besteht allerdings eine einheitliche berufliche Reise aus mehreren Teilabschnitten, so können diese Abschnitte miteinander zu einer zusammenfassenden Eintragung verbunden werden. Dann genügt die Aufzeichnung des am Ende der gesamten Reise erreichten Gesamtkilometerstands, wenn zugleich die einzelnen Kunden oder Geschäftspartner im Fahrtenbuch in der zeitlichen Reihenfolge aufgeführt werden, in der sie aufgesucht worden sind. Wenn jedoch der berufliche Einsatz des Fahrzeugs zugunsten einer privaten Verwendung unterbrochen wird, stellt diese Nutzungsänderung wegen der damit verbundenen unterschiedlichen steuerlichen Rechtsfolgen einen Einschnitt dar, der im Fahrtenbuch durch Angabe des bei Abschluss der beruflichen Fahrt erreichten Kilometerstands zu dokumentieren ist (vgl. BFH-Urteile vom VI R 27/05, BFHE 211, 508, BStBl II 2006, 408; vom VI R 64/04, BFHE 211, 513, BStBl II 2006, 410; vom VI R 87/04, BFHE 212, 546, BStBl II 2006, 625; vom IV R 62/04, BFH/NV 2007, 691; vom VI R 38/06, BFHE 221, 39, BStBl II 2008, 768)." (vgl auch ; ; ; ; )

Im gegenständlichen Fall scheitert eine ordentliche Überprüfbarkeit der materiellen Richtigkeit des Fahrtenbuchs bereits grundsätzlich an den mangelhaften Angaben zum Ziel der jeweiligen Fahrten. Eine ausschließliche Ortsangabe oder die Angabe eines Bezirks samt Straße ohne Hausnummer in Wien ermöglichen keine Überprüfung der angegebenen Kilometer. Auch lässt sich aus diesen Angaben nicht schließen, um welchen Geschäftspartner oder Kunden es sich betreffend die Fahrten handle.

Das vorgelegte Fahrtenbuch könnte demnach nur als Schätzungsgrundlage herangezogen werden.

Eine steuerliche Absetzung von beruflichen Fahrten mit dem privaten PKW als Werbungskosten gem § 16 EStG ist nur dann möglich, solang vom Arbeitgeber keine Ersätze geleistet wurden. Erfolgt nur ein teilweiser Aufwandersatz, so kann der übersteigende Betrag idR als Werbungskosten geltend gemacht werden. (Jakom 2019, § 26 RZ 2).

Da der Arbeitgeber mehr als die vom Bf geltend gemachten Fahrtkosten iHv € 4.800,00, nämlich € 8.337,68 für Fahrtkosten vergütet hat, sind keine zusätzlichen Fahrtkosten als Werbungskosten iSd § 16 EStG 1988 idgF anzuerkennen, zumal die Fahrtkosten vom Arbeitgeber offenbar vergütet wurden und demnach dem Bf keine Aufwendungen entstanden.

Der Vollständigkeit halber wird angemerkt, dass, selbst wenn man davon ausginge, dass der Bf Fahrtkosten für 37.611 gefahrene Kilometer geltend machen wollte (s. o.a. Anmerkung im ANV-Formular bei der Rubrik Reisekosten: 37.611 gefahrene Kilometer mal 0,26 €), aber letztendlich eben betragsmäßig € 4.800,00 als Werbungskosten geltend machte, dies zu keiner anderen rechtlichen Würdigung führen würde, zumal das Fahrtenbuch aufgrund der gravierenden Mängel lediglich als Schätzungsgrundlage herangezogen werden könnte, und überdies aus diesen Aufzeichnungen keineswegs ersichtlich ist, welche Beträge zusätzlich zu den vom Arbeitgeber vergüteten Fahrtkosten vom Bf selbst zu tragen gewesen wären. Aus der o.a. Bestätigung des Arbeitgebers des Bf geht hervor, dass 32.068 km (32.068 km zu 0,26 € ergibt für Fahrten mit dem Privatauto des Bf für Dienstfahrten eine Vergütung iHv € 8.337,68) abgegolten wurden.

Darüber hinausgehende vom Arbeitgeber nicht vergütete Fahrten mit dem Privatauto des Bf wurden vom Bf weder nachgewiesen noch glaubhaft gemacht und darüber hinaus ohnehin auch nicht dezidiert von ihm behauptet. Angemerkt wird, dass ein derartiger Sachverhalt der teilweisen Kostentragung der Fahrten mit dem Privat-PKW durch den Arbeitgeber selbst aus der Aktenlage einschließlich der o.a. Bestätigung des Arbeitgebers vom über die Vergütung der Fahrtkosten und Diäten nicht hervorgeht.

Das Bundesfinanzgericht ist zur Ansicht gelangt, dass die Fahrtkosten mit dem Privatauto des Bf durch den Arbeitgeber vergütet wurden, weshalb keine WK iSd § 16 Einkommensteuergesetz (EStG) 1988 id im Beschwerdezeitraum geltenden Fassung anzuerkennen sind.

Es war demnach spruchgemäß zu entscheiden.

Nichtzulassen der Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Da das gegenständliche Erkenntnis der Rechtslage iVm hRspr folgt, ist die Revision an den Verwaltungsgerichtshof nicht zulässig. Eine über den Individualfall hinaus relevante Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung liegt nicht vor.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.7103890.2019

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at