Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens; keine Tatsachen oder Beweismittel neu hervorgekommen
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Sera Trust GmbH, Gablenzgasse 11/4. Stock, 1150 Wien, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Wien 3/6/7/11/15 Schwechat Gerasdorf vom betreffend Abweisung eines Antrages auf Wiederaufnahme des Verfahrens gem. § 303 BAO hinsichtlich Einkommensteuer 2016, Steuernummer ***BF1StNr1***, zu Recht erkannt:
Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Verfahrensgang
Mit Bescheid vom setzte das Finanzamt die Einkommensteuer für das Jahr 2016 fest, wobei die Einkünfte aus Gewerbebetrieb wegen Nichtabgabe der Einkommensteuererklärung im Schätzungsweg ermittelt wurden. Der Bescheid erwuchs in Rechtskraft.
Mit Eingabe vom beantragte der Beschwerdeführer (Bf.) die Wiederaufnahme des Verfahrens mit der Begründung, dass er im Jahr 2016 keine gewerbliche Tätigkeit ausgeübt habe. Zum Nachweis dafür legte er eine Bestätigung der Wirtschaftskammer Wien vor, aus welcher ersichtlich ist, dass mit Wirkung vom der Nichtbetrieb gemeldet wurde.
Mit Bescheid vom wurde der Antrag auf Wiederaufnahme des Einkommensteuerverfahrens 2016 abgewiesen. Das Finanzamt anerkannte die vom Bf. vorgelegte Bestätigung der Wirtschaftskammer Wien als Nachweis der Ruhendmeldung nicht, da am die Grundlagen zur Ausübung des Gewerbes inklusive des ausgefüllten Fragebogens bei der Behörde eingebracht wurden.
In der rechtzeitig eingebrachten Beschwerde gab der Bf. bekannt, dass er nach wie vor keine gewerbliche Tätigkeit ausübe und legte dem Finanzamt ein Schreiben der SVA der gewerblichen Wirtschaft vom vor, wonach seine Pflichtversicherung in der Kranken-, Pensions- und Unfallversicherung wegen der Meldung des Nichtbetriebes des Gewerbes ab mit (= Beginn) endet.
Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen, da keine Tatsachen oder Beweismittel gemäß § 303 BAO neu hervorgekommen seien.
Im Vorlageantrag wird vom Bf. vorgebracht, dass er den Nichtbetrieb seines Gewerbes wegen ausbleibender Aufträge bereits ab dem bei der WKO angezeigt habe.
Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
Sachverhalt
Der Beschwerdeführer hat mit Wirkung vom das Gewerbe der Güterbeförderung mit Kraftfahrzeugen (Gesamtgewicht bis 3,5 Tonnen) angemeldet. Mit Schreiben vom wurde das Gewerbe mit Wirkung vom ruhend gemeldet (Nichtbetrieb).
Da der Bf. trotz zweimaliger Aufforderung der Abgabenbehörde keine Einkommensteuererklärung einreichte, schätzte das Finanzamt die Einkünfte aus Gewerbebetrieb (Transport) mit 4.350 € und setzte die Einkommensteuer für das Jahr 2016 mit Bescheid vom fest. Der Einkommensteuerbescheid erwuchs in Rechtskraft.
Am brachte der Bf. einen Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend Einkommensteuer 2016 ein. Der Antrag wurde von der Abgabenbehörde abgewiesen.
Beweiswürdigung
Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus den dem BFG vorliegenden Unterlagen und ist auch nicht strittig. Die Feststellung, dass der Bf. das Gewerbe mit Schreiben vom ruhend gemeldet hat (Nichtbetrieb ab ), basiert auf einer vom BFG bei der Wirtschaftskammer Wien eingeholten Auskunft.
Rechtliche Beurteilung
Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)
Gemäß § 303 Abs. 1 lit. b Bundesabgabenordnung (BAO) kann ein durch Bescheid abgeschlossenes Verfahren auf Antrag einer Partei oder von Amts wegen wiederaufgenommen werden, wenn Tatsachen oder Beweismittel im abgeschlossenen Verfahren neu hervorgekommen sind (Neuerungstatbestand).
Zweck der Wiederaufnahme wegen Neuerungen ist somit die Berücksichtigung von bisher unbekannten, aber entscheidungswesentlichen Sachverhaltselementen. Gemeint sind Tatsachen, die zwar im Zeitpunkt der Bescheiderlassung im abgeschlossenen Verfahren bereits existierten, aber erst danach hervorgekommen sind ().
Als Wiederaufnahmsgründe kommen nur jene Tatsachen in Betracht, die im Zeitpunkt der Bescheiderlassung bereits existierten, aber erst später hervorkommen (nova reperta). Später entstandene Umstände (nova producta) sind keine Wiederaufnahmsgründe (vgl. Ritz, BAO6, § 303 Tz 30 und die dort angeführte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes).
Der Bf. begehrt die Wiederaufnahme des mit Bescheid vom abgeschlossenen Einkommensteuerverfahrens 2016 mit der Begründung, dass er im Jahr 2016 keine gewerbliche Tätigkeit ausgeübt habe.
Nach der herrschenden Judikatur (vgl. und vom , Ro 2016/15/0036; und vom , RV/5101363/2017) kann aus dem insoweit klaren Wortlaut des § 303 Abs. 1 lit. b iVm Abs. 2 lit. b BAO abgeleitet werden, dass bei einem Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens das Neuhervorkommen von Tatsachen aus der Sicht des Antragstellers zu beurteilen ist. Auch nach Fischerlehner (Abgabenverfahren, 2. Auflage, § 303 Anm 6) bilden Umstände, die der Partei bekannt waren, keinen tauglichen Wiederaufnahmegrund für eine Wiederaufnahme auf Antrag der Partei.
Sollte der Bf. - wie von ihm behauptet wird - tatsächlich im Jahr 2016 keine gewerbliche Tätigkeit ausgeübt haben, so war ihm dieser Umstand bereits im Zeitpunkt der Erlassung des Einkommensteuerbescheides bekannt. Es liegt somit weder eine neue Tatsache vor noch ist ein Beweismittel neu hervorgekommen. Die Voraussetzungen für die Wiederaufnahme des Verfahrens auf Antrag sind somit nicht erfüllt.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Da das gegenständliche Erkenntnis hinsichtlich der Beurteilung der Rechtsfrage, ob der vom Bf. bekanntgegebene Umstand eine Wiederaufnahme des Verfahrens auf Antrag rechtfertigt, der angeführten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes folgt, war die Unzulässigkeit der ordentlichen Revision auszusprechen.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 303 Abs. 1 lit. b BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
Schlagworte | Kenntnisstand des Antragstellers Neuerungstatbestand |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2020:RV.7104824.2019 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at