Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 15.12.2020, RV/7101267/2019

Rückzahlungsanspruch ausbezahlter Zuschüsse zum Kinderbetreuungsgeld entsteht mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Einkommensgrenze gem §19 KBGG erreicht wird.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des ***FA*** vom über die Rückzahlung ausbezahlter Zuschüsse zum Kinderbetreuungsgeld für das Jahr 2007 zu Recht erkannt:

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Der beschwerdegegenständliche o. im Spruch näher bezeichnete Bescheid betreffend 2007 lautet wie folgt:

[...]

Begründung des Bescheids über die Rückzahlung betreffend 2007:

"Für Ihr Kind ***2*** wurden Zuschüsse zum Kinderbetreuungsgeld ausbezahlt.

Gemäß § 18 Abs 1 Z 2 KBGG sind im Rahmen des Gesamtschuldverhältnisses beide (Ehe)Partner zur Rückzahlung des Zuschusses verpflichtet. Bei einer Gesamtschuld liegt es im Ermessen der Behörde, wem und in welchem Ausmaß die Abgabe vorgeschrieben wird.

Im Jahr 2007 wurden die für die Rückzahlung des Zuschusses maßgeblichen Einkommensgrenzen gemäß § 19 Abs 1 Z 2 KBGG überschritten. Die Behörde hat nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände Sie auf Grund Ihrer Einkommensverhältnisse und der Tragung der mit der Haushaltszugehörigkeit des Kindes verbundenen Lasten durch den anderen Elternteil zur Rückzahlung herangezogen."

Die beschwerdegegenständliche o. im Spruch näher bezeichnete Beschwerde betreffend 2007 lautet wie folgt:
"Mir wurde mit Ausstellungsdatum ein Bescheid zur Kenntnis gebracht und lege ich gegen diesen Berufung ein. Nach dem Erreichen des 7. Lebensjahres des betreffenden Kindes sind im gemeinsamen Haushalt lebende Elternteile nicht mehr verpflichtet, den Zuschuss zurückzuzahlen! Mein Sohn ist am ***1*** geboren und ist nach Bescheiderstellung am (gemeint: 2013) bereits im 9. Lebensjahr!"

Die abweisende Beschwerdevorentscheidung vom wurde folgendermaßen begründet:

"Gemäß §18 Abs 1 Z 2 KBGG haben eine Rückzahlung ausbezahlter Zuschüsse zum Kinderbetreuungsgeld die Eltern des Kindes im Rahmen eines Gesamtschuldverhältnisses zur ungeteilten Hand zu leisten, wenn an einen der beiden Elternteile ein Zuschuss gemäß § 9 Abs 1 Z 2, 3 oder 4 ausbezahlt worden ist.
Dem Wesen der Gesamtschuld nach ist es unerheblich, ob eine "Einverständniserklärung" zur Heranziehung zur Rückzahlung des Zuschusses abgegeben wurde.
Der Abgabenanspruch entsteht mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Einkommensgrenze gem §19 KBGG erreicht wird, frühestens mit Ablauf des Kalenderjahres der Geburt des Kindes, letztmals mit Ablauf des "auf die Geburt des Kindes folgenden 7. Kalenderjahres".
Im Jahre 2007 wurde in Ihrem Fall diese Grenze erstmals erreicht.
Ihr Sohn ist am ***1*** geboren.
Der Abgabenanspruch kann gemäß § 21 KBGG letztmals mit Ablauf des auf die Geburt des Kindes folgenden 7. Kalenderjahres entstehen (=Jahr 2011).
Der streitgegenständliche Abgabenanspruch entstand mit Ablauf des Jahres 2007.
Sie haben in den Jahren 2004 bis 2007 Zuschuss zum Kinderbetreuungsgeld bezogen.
Da Ihr Sohn im Kalenderjahr 2007 noch nicht das 7. Lebensjahr erreicht hatte, kam es zu Recht zur Überprüfung der Einkommensverhältnisse und aufgrund Überschreitens der maßgeblichen Grenze zur Vorschreibung des bekämpften Bescheides.

Der angefochtene Bescheid vom entspricht aufgrund obiger Bestimmungen der Rechtslage, weshalb die dagegen gerichtete Beschwerde als unbegründet abzuweisen war."

Im Vorlageantrag (Antrag auf Vorlage der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht [BFG]) vom führte der Bf i. Wesentlichen aus wie folgt:

"Aufgrund meiner Rechtsauffassung handelt es sich hierbei um einen Zuschuss zum KBG, nach dem KBGG, wobei dieser einem Beobachtungszeitraum von sieben Jahren unterliegt!

Das für die Rückzahlung befasste Finanzamt wusste aufgrund der von uns jährlich durchgeführten Arbeitnehmerveranlagung zu jeder Zeit, wie die Einkommensverhältnisse stehen und hat verabsäumt innerhalb der Beobachtungsfrist die Rückzahlung bescheidmäßig vorzuschreibenI Desweiteren ergibt sich aufgrund der bereits ausjudizierten Materie, nämlich dann, wenn die Kindeseltern getrennt leben und dadurch der Zuschuss nicht zurückgezahlt werden muss, eine Ungleichstellung und würde somit gegen den Gleichheitsgrundsatz verstoßen!"

Im Bericht zur Vorlage der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht (BFG) vom führte das Finanzamt (FA) im Wesentliche aus wie folgt:

"Bezughabende Normen §§ 18 - 23 KBGG

Sachverhalt und Anträge

Sachverhalt: Nach der in der Bescheidbeschwerde dargestellten Rechtsansicht bestehe keine Verpflichtung zur Rückzahlung des Zuschusses, wenn das Kind das 7. Lebensjahr erreicht hat, und sei der Abgabenanspruch erloschen bzw. verjährt.
Der Vorlageantrag wendet zusätzlich ein, dass das Finanzamt aufgrund der jährlich durchgeführten Arbeitnehmerveranlagung zu jeder Zeit wusste, wie die Einkommensverhältnisse stehen, und es verabsäumt habe, innerhalb der Beobachtungsfrist die Rückzahlung bescheidmäßig vorzuschreiben. Desweiteren ergebe sich aus der bereits ausjudizierten Materie, dass ein Zuschuss dann nicht zurückgezahlt werden müsse, wenn die Kindeseltern getrennt leben.
Beweismittel: Bescheidbeschwerde, Vorlageantrag und weitere hochgeladene Aktenteile Stellungnahme: Gemäß § 21 KBGG entsteht der Abgabenanspruch mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Einkommensgrenze gem. § 19 KBGG erreicht wird, frühestens mit Ablauf des Kalenderjahres der Geburt des Kindes, letztmals mit Ablauf des auf die Geburt des Kindes folgenden 7. Kalenderjahres. Einen Ausschluss von der Verpflichtung zur Abgabenentrichtung bei getrennt lebenden Elternteilen normiert das KBGG nicht. Es wird daher beantragt, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen."

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Sachverhalt

Das BFG geht vom o.a. grundsätzlich unstrittigen Sachverhalt laut Aktenlage aus.

Rechtliche Beurteilung

Zu Spruchpunkt I.

Strittig ist im vorliegenden Fall, ob die Festsetzung der Abgabe verjährt ist. Das BFG teilt wie auch das Finanzamt die vom Bf vertretene Rechtsansicht, dass im gemeinsamen Haushalt lebende Elternteile nach dem Erreichen des 7. Lebensjahres des betreffenden Kindes nicht mehr verpflichtet seien, den Zuschuss (Anmerkung: nach den Vorgaben der §§ 18ff KBGG) zurückzuzahlen, nicht.

§ 21 KBGG (i. d. F. vor BGBl. I 2009/116) normiert einerseits den (die) Zeitpunkt(e), zu denen der Abgabenanspruch i. S. d. §§ 18 ff KBGG entsteht, sowie andererseits die Zeitpunkte, zu denen ebendieser Abgabenanspruch frühestens und/oder letztmalig entsteht, nicht aber vom Alter der betreffenden Kinder abhängige Zeitpunkte, bis zu denen die abgabepflichtigen Personen an die Befolgung der gesetzlichen Verpflichtungen gebunden sind, bzw. ab denen eine bis dahin entstandene bzw. bestehende Verpflichtung ohne weiteres einfach entfällt.

Das KBGG umfasst keine eigenständigen Regelungen zu einem für die Abgabenvorschreibung oder Abgabeneinhebung vorgegebenen Zeitraum, somit sind (insbesondere auch im Hinblick auf die Bestimmungen des § 18 Abs. 3 KBGG) die Bundesabgabenordnung (BAO)-Regelungen zur Bemessungs- und Einhebungsverjährung maßgeblich.

§ 9 Kinderbetreuungsgeldgesetz (KBGG) idgF lautet:

§ 9. (1) Anspruch auf Zuschuss zum Kinderbetreuungsgeld haben

1. alleinstehende Elternteile (§ 11),

2. verheiratete Mütter oder verheiratete Väter nach Maßgabe des § 12,

3. nicht alleinstehende Mütter oder Väter nach Maßgabe des § 13 und

4. Frauen oder Männer, die allein oder gemeinsam mit dem anderen Elternteil ein Kind, welches das dritte Lebensjahr noch nicht vollendet hat, an Kindes statt angenommen oder in Pflege genommen haben, nach Maßgabe der §§ 11, 12 oder 13.

(2) Voraussetzung für den Anspruch auf Zuschuss zum Kinderbetreuungsgeld ist, dass ein Anspruch auf Auszahlung des Kinderbetreuungsgeldes besteht.

(3) Ausgeschlossen vom Zuschuss sind Personen, deren maßgeblicher Gesamtbetrag der Einkünfte (§ 8) einen Grenzbetrag von 16.200 Euro übersteigt.

(4) Auf den Anspruch auf Zuschuss zum Kinderbetreuungsgeld kann verzichtet werden, wodurch sich der Anspruchszeitraum (§ 8) um den Zeitraum des Verzichtes verkürzt.

Nach § 11 Abs. 1 KBGG sind alleinstehende Elternteile im Sinne dieses Bundesgesetzes Mütter oder Väter, die ledig, geschieden oder verwitwet sind und nicht unter § 13 fallen. Ferner gelten Mütter und Väter als alleinstehend, wenn der Ehepartner erwiesenermaßen für den Unterhalt des Kindes nicht sorgt. Nach Abs. 2 haben alleinstehende Elternteile nur Anspruch auf Zuschuss zum Kinderbetreuungsgeld, wenn sie eine Urkunde vorlegen, aus der der andere Elternteil des Kindes hervorgeht. In Ermangelung einer derartigen Urkunde haben sie eine entsprechende Erklärung abzugeben. Nach Abs. 3 haben alleinstehende Elternteile, die die Voraussetzungen gemäß Abs. 2 nicht erfüllen, dann Anspruch auf Zuschuss zum Kinderbetreuungsgeld, wenn sie sich selbst zur Rückzahlung des Zuschusses verpflichten.

Gemäß § 12 KBGG erhalten verheiratete Mütter bzw. Väter einen Zuschuss, sofern ihr Ehegatte kein Einkommen erzielt oder der maßgebliche Gesamtbetrag der Einkünfte (§ 8) nicht mehr als 12.200 € (Freigrenze) beträgt. Die Freigrenze erhöht sich für jede weitere Person, für deren Unterhalt der Ehepartner auf Grund einer rechtlichen oder sittlichen Pflicht tatsächlich wesentlich beiträgt, um 4.000 €.

Nach § 13 KBGG erhalten einen Zuschuss nicht alleinstehende Mütter bzw. Väter, das sind Mütter bzw. Väter, die ledig, geschieden oder verwitwet sind und mit dem Vater bzw. der Mutter des Kindes nach den Vorschriften des Meldegesetzes 1991 an derselben Adresse angemeldet sind oder anzumelden wären. Hinsichtlich des Einkommens gilt § 12 entsprechend.

§ 18 KBGG lautet:

§ 18 (1) Eine Rückzahlung ausbezahlter Zuschüsse zum Kinderbetreuungsgeld haben zu leisten:

[1. Der Elternteil des Kindes, wenn an den anderen Elternteil ein Zuschuss gemäß § 9 Abs. 1 Z 1 ausbezahlt wurde.]*)

2. Die Eltern des Kindes, wenn an einen der beiden Elternteile ein Zuschuss gemäß § 9 Abs. 1 Z 2, 3 oder 4 ausbezahlt wurde.

3. Der Elternteil des Kindes, der sich gemäß § 11 Abs. 3 zur Rückzahlung des Zuschusses verpflichtet hat.

(2) Leben die Eltern in den Fällen des Abs. 1 Z 2 im Zeitpunkt der Entstehung des Abgabenanspruchs (§ 21) dauernd getrennt, so ist die Rückzahlung bei den Elternteilen insoweit zu erheben, als dies bei dem jeweiligen Elternteil billig ist. Dabei ist insbesondere auf die jeweiligen Einkommensverhältnisse der Elternteile sowie auf die Tragung der mit der Haushaltszugehörigkeit des Kindes verbundenen Lasten Bedacht zu nehmen.

(3) Die Rückzahlung ist eine Abgabe im Sinne des § 1 der Bundesabgabenordnung (BAO).

*) Der Verfassungsgerichtshof hat mit Erkenntnis vom , G 184-195/10-7, dem Bundeskanzler zugestellt am , zu Recht erkannt:

I. § 18 Abs. 1 Z 1 des Kinderbetreuungsgeldgesetzes, BGBl. I Nr. 103/2001, in seiner Stammfassung wird als verfassungswidrig aufgehoben.

II. Die aufgehobene Bestimmung ist nicht mehr anzuwenden.

§ 19 KBGG lautet:

§ 19 (1) Die Abgabe beträgt jährlich

1. in den Fällen des § 18 Abs. 1 Z 1 und 3 bei einem jährlichen Einkommen von

mehr als 14 000 € ...................................... 3%

mehr als 18 000 € ...................................... 5%

mehr als 22 000 € ...................................... 7%

mehr als 27 000 € ...................................... 9%

des Einkommens,

2. in den Fällen des § 18 Abs. 1 Z 2 bei einem Gesamteinkommen der beiden Elternteile von

mehr als 35 000 € ...................................... 5%

mehr als 40 000 € ...................................... 7%

mehr als 45 000 € ...................................... 9%

des Einkommens.

(2) Als Einkommen für Zwecke der Rückzahlung ausbezahlter Zuschüsse zum Kinderbetreuungsgeld gilt das Einkommen gemäß § 2 Abs. 2 EStG 1988 zuzüglich steuerfreier Einkünfte im Sinne des § 3 Abs. 1 Z 5 lit. a bis d EStG 1988 und Beträge nach den §§ 10 und 12 EStG 1988, soweit sie bei der Ermittlung des Einkommens abgezogen wurden. Werden Gewinne nicht nach Führung ordnungsgemäßer Bücher und Aufzeichnungen, sondern nach Durchschnittssätzen (§ 17 EStG 1988) ermittelt, sind diese Einkünfte zu erhöhen. Die Erhöhung beträgt

1. bei Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft 40 vH des Einheitswertes des land- und forstwirtschaftlichen Vermögens,

2. bei Einkünften aus Gewerbebetrieben 10 vH dieser Einkünfte.

Gemäß § 20 KBGG ist die Abgabe im Ausmaß des Zuschusses, der für den jeweiligen Anspruchsfall ausbezahlt wurde, zu erheben.

Nach § 21 KBGG entsteht der Abgabenanspruch mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Einkommensgrenze gemäß § 19 erreicht wird, frühestens mit Ablauf des Kalenderjahres der Geburt des Kindes, letztmals mit Ablauf des auf die Geburt des Kindes folgenden 7. Kalenderjahres.

Gemäß § 22 KBGG obliegt die Erhebung der Abgabe in den Fällen des § 18 Abs. 1 Z 1 und 3 dem für die Erhebung der Abgaben vom Einkommen zuständigen Finanzamt des Elternteiles, in den Fällen des § 18 Abs. 1 Z 2 dem für die Erhebung der Abgaben vom Einkommen des Vaters des Kindes, nach dem Tod des Vaters dem für die Erhebung der Abgaben vom Einkommen der Mutter des Kindes zuständigen Finanzamt.

§ 49 Abs. 22 und Abs. 23 KBGG lauten:

(22) § 1, die Überschrift des Abschnitts 2, §§ 3a Abs. 3, §§ 5 Abs. 4a und b, 5c, 7 Abs. 3 und 4, Abschnitt 5 samt Überschrift, die Überschrift des Abschnitts 5a, §§ 25 und 25a, § 26a und 33 Abs. 5 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBI. I Nr. 116/2009 treten mit in Kraft und sind auf Geburten nach dem anzuwenden, sofern 2009 kein Antrag auf Kinderbetreuungsgeld für Zelträume nach dem und vor dem gestellt worden ist; wird 2010 rückwirkend Kinderbetreuungsgeld für Zeiträume zwischen und beantragt, so besteht kein Anspruch auf Auszahlung von Kinderbetreuungsgeld für diese Zeiträume.

(23) Die §§ 1, 8 Abs. 2, 8a, Abschnitt 3. und 4, §§ 24 und 25 jeweils in der Fassung BGBI. I Nr. 24/2009 treten mit Ablauf des außer Kraft, sind jedoch auf Geburten bis weiter anzuwenden. Letzteres gilt nur, sofern kein Anwendungsfall des Abs. 22 vorliegt.

Nach § 6 Abs. 1 BAO sind Personen, die nach Abgabenvorschriften dieselbe abgabenrechtliche Leistung schulden, Gesamtschuldner (Mitschuldner zur ungeteilten Hand, § 891 ABGB). Nach Abs. 2 sind Personen, die gemeinsam zu einer Abgabe heranzuziehen sind, ebenfalls Gesamtschuldner; dies gilt insbesondere auch für die Gesellschafter (Mitglieder) einer nach bürgerlichem Recht nicht rechtsfähigen Personenvereinigung (Personengemeinschaft) hinsichtlich jener Abgaben, für die diese Personenvereinigung (Personengemeinschaft) als solche abgabepflichtig ist.

Gemäß § 20 BAO müssen Entscheidungen, die die Abgabenbehörden nach ihrem Ermessen zu treffen haben (Ermessensentscheidungen), sich in den Grenzen halten, die das Gesetz dem Ermessen zieht. Innerhalb dieser Grenzen sind Ermessensentscheidungen nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände zu treffen.

Das Recht, eine Abgabe festzusetzen, unterliegt nach § 207 Abs. 1 BAO der Verjährung. Die Verjährungsfrist in Bezug auf den Zuschuss zum Kinderbetreuungsgeld beträgt nach § 207 Abs. 2 BAO fünf Jahre, wobei sich die Verjährungsfrist um ein Jahr verlängert, wenn innerhalb der Verjährungsfrist nach außen erkennbare Amtshandlungen zur Geltendmachung des Abgabenanspruches oder zur Feststellung des Abgabepflichtigen von der Abgabenbehörde unternommen werden (§ 209 Abs. 1 BAO).

Eltern mit nur geringem Einkommen können einen Zuschuss zum Kinderbetreuungsgeld in Höhe von 6,06 Euro pro Tag beantragen. Dabei handelt es sich um einen Kredit, der später bei Überschreiten gewisser Einkommensgrenzen an das Finanzamt zurückzuzahlen ist. Zur Überprüfung der Einkommensgrenzen hat die/der Rückzahlungsverpflichtete dem Finanzamt unter Verwendung des Vordruckes KBG 1 (bei einer rückzahlungsverpflichteten Person) oder KBG 2 (bei zwei rückzahlungsverpflichteten Personen, was beschwerdegegenständlich der Fall ist) eine Abgabenerklärung über das im Kalenderjahr erzielte Einkommen im Sinne des § 19 Abs. 2 KBGG vorzulegen.

Die Rückzahlungsverpflichtung betrifft alle Zuschüsse, die für bis zum geborene Kinder ausbezahlt wurden (siehe BGBl I Nr. 116/2009 vom ). Der Beobachtungszeitraum beginnt mit dem Kalenderjahr der Geburt des Kindes und endet spätestens Ende des Kalenderjahres, in dem das Kind den 7. Geburtstag feiert.

Die maßgeblichen Einkommensgrenzen wurden mit BGBl. I Nr. 24/2009 rückwirkend ab geändert.

Sind beide Elternteile zur Rückzahlung verpflichtet, dann bildet das Gesamteinkommen beider Elternteile die Berechnungsbasis für den Rückzahlungsbetrag, was beschwerdegegenständlich der Fall ist.

Der Verwaltungsgerichtshof hat im Erkenntnis vom , Ra 2017/13/0065, ausgesprochen: "Die Aufforderung des Finanzamtes an einen Elternteil, eine vorausgefüllte Erklärung des Einkommens gemäß § 23 Kinderbetreuungsgeldgesetz für ein bestimmtes Jahr genau zu prüfen, allenfalls zu berichtigen oder zu ergänzen und unterschrieben an das Finanzamt zurückzuschicken, verlängert nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die Verjährungsfrist hinsichtlich jener Abgaben, auf die das Schreiben Bezug nimmt (vgl. Ritz, BAO6, § 209 Tz 22 f, mwN)."

Aufgrund der Zustellung der Erklärung "KBG 2" (betreffend Rückzahlung des Zuschusses zum Kinderbetreuungsgeld) an den Bf. sowie an die Kindesmutter (dh an beide Elternteile) durch das Finanzamt am wurde die fünfjährige Verjährungsfrist um ein Jahr verlängert und die Abgabenvorschreibung im Jahr 2013 (für den mit Ende des Jahres 2007 entstandenen Abgabenanspruch) erfolgte rechtzeitig (§§ 207 Abs. 2 iVm 209 Abs. 1 BAO).

Bei beiden Elternteilen erfolgte für 2007 die Zustellung im Zuge einer Hinterlegung an der Abgabestelle am . Bei Hinterlegung gilt die Erklärung als mit dem auf die Hinterlegung folgenden Tag als rechtmäßig zugestellt.

Beide Elternteile unterließen für dieses Kalenderjahr die Abgabe der Erklärung.

Im vorliegenden Fall ist der Abgabenanspruch mit Ablauf des Kalenderjahres 2007 entstanden, weil in diesem Jahr die Einkommensgrenze der Eltern gemäß § 19 KBGG erreicht wurde. Zu diesem Zeitpunkt war das Kind drei Jahre alt. Da der Abgabenanspruch gemäß § 21 KBGG letztmals mit Ablauf des auf die Geburt des Kindes folgenden 7. Kalenderjahres entsteht, erfolgte die Vorschreibung des Finanzamtes zu Recht.

Der Zuschuss zum Kinderbetreuungsgeld ist seinem Wesen nach mit einem Kredit vergleichbar, der bei Überschreiten der im Gesetz definierten Einkommensgrenzen zurückzuzahlen ist (auf diesen Umstand wird bereits im Antrag (Formular "KBGG 1a") hingewiesen).

Die gesetzgeberische Intention hinter dem Kinderbetreuungsgeldgesetz ist die Schaffung eines Ausgleichs für entgehende Verdienstmöglichkeiten des betreuenden Elternteils ( und zum unterhaltsrechtlichen Aspekt auch G 9/09 u.a.).

Im hier zu beurteilenden Fall wird über die Rückforderung der in den Jahren 2004 bis 2007 gewährten Zuschüsse zum Kinderbetreuungsgeld abgesprochen.

Die Eltern, die eine Rückzahlung gemäß § 18 Abs. 1 Z 2 KBGG zu leisten haben, sind Gesamtschuldner im Sinne des § 6 BAO, das heißt, jeder dieser Schuldner kann für den Gesamtbetrag herangezogen werden. Hier kann nur im Innenverhältnis zwischen Beschwerdeführer und Kindesmutter ein finanzieller Ausgleich erzielt werden.

Das Wesen einer Gesamtschuld beinhaltet, dass es im Ermessen des Gläubigers steht, wem gegenüber er die gesamte Schuld geltend macht (vgl. Ritz, BAO5, § 6 Tz 2).

Das im Rahmen des Ermessens zu berücksichtigende Einkommen des Bf. im Jahr 2007 beträgt 32.679,15 €, das Einkommen der Kindesmutter 9.130,43 €. Da der Bf. ein vielfach höheres Einkommen als die Kindesmutter hatte, erachtet es das Bundesfinanzgericht im Rahmen des nach § 20 BAO auszuübenden Ermessens als gerechtfertigt, dass der Rückforderungsbetrag zur Gänze dem Bf. vorgeschrieben wurde. Im Übrigen wurde auch auf die Tragung der mit der Haushaltsführung durch die Mutter des Kindes verbundenen Lasten Bedacht genommen (vgl. mwH).

Dem Bf wird weiters entgegnet, dass das Bundesfinanzgericht wie auch das Finanzamt aufgrund des Legalitätsprinzips an die geltenden Gesetze gebunden ist. Darüber hinaus ist im vorliegenden Fall keine dem verfassungsrechtlichen Gleichheitsgebot widersprechende Ungleichbehandlung zu erkennen, zumal die Zuschüsse zum Kinderbetreuungsgeld bei Überschreiten der Einkommensgrenzen im Allgemeinen nicht nur von den Kindesvätern (Kindesmüttern), die mit Kind und/oder Kindesmutter (Kindesvater) in einem Haushalt leben, rückgefordert werden.


Zu Spruchpunkt II. Nichtzulassen der Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Da im vorliegenden Fall eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung nicht vorliegt, insbesondere weil sich die Frage der Rückzahlungsverpflichtung des Zuschusses zum Kinderbetreuungsgeldes ex lege ergibt, ist eine (ordentliche) Revision nicht zulässig.

Insgesamt ist daher spruchgemäß zu entscheiden.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 19 KBGG, Kinderbetreuungsgeldgesetz, BGBl. I Nr. 103/2001
ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.7101267.2019

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at