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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 29.12.2020, RV/7100925/2019

Nachträgliche Aberkennung der Gemeinnützigkeit einer internationalen humanitären Organisation gemäß § 9 Abs. 1 Z 1 NGO-G infolge Änderung des § 40a BAO

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin ***1*** in der Beschwerdesache der ***2***, vertreten durch ***3***, über die Beschwerde vom , gegen den Bescheid des Bundesministers für Finanzen vom (GZ. BMF-010221/0290-IV/8/2018), betreffend Aberkennung der Gemeinnützigkeit gemäß § 9 Abs. 1 Z 1 NGO-Gesetz, zu Recht erkannt:

Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben.

Der angefochtene Bescheid wird aufgehoben.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Mit Bescheid vom wurde der Beschwerdeführerin (Bf.), einer international tätigen, humanitären Organisation, gemäß § 9 Abs. 1 Z 1 NGO-G die mit Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom (GZ RV/7100721/2017) zuerkannte Gemeinnützigkeit ab dem Tag der Zustellung dieses Bescheides aberkannt. Da die Bf. die gemeinnützigen Zwecke nach der durch das Jahressteuergesetz 2018 (BGBl I 2018/62) geänderten Gesetzeslage - insbesondere § 40a BAO - nicht mehr unmittelbar verfolge, würden die in den §§ 34 bis 47 BAO umschriebenen Voraussetzungen nicht mehr erfüllt. In der Begründung werden die §§ 6 Abs. 1 und 9 Abs. 1 NGO-G (BGBl I 2015/160) angeführt und darauf hingewiesen, dass der Verweis auf die §§ 34 bis 47 BAO unstrittig dynamisch auszulegen sei. Der bestehende Gemeinnützigkeitsbescheid bleibe im Bestand. Der Aberkennungsbescheid trete jedoch hinzu, sodass der Gemeinnützigkeitsbescheid zukünftig in seiner Wirkung ins Leere gehe. Die Gewährung von Begünstigungen müsse nicht selten mit auflösenden Bedingungen verbunden werden, die nach der Natur der betreffenden Sache notwendig erschienen, um ungerechtfertigte Vorteile auszuschließen oder um den Zweck zu erreichen, dem die Begünstigung diene. § 9 Abs. 1 NGO-G entspreche der abgeschwächten Form einer auflösenden Bedingung, nämlich einem gesetzlich verankerten Widerrufsvorbehalt. Dieser zeichne sich dadurch aus, dass er im Gegensatz zu einer auflösenden Bedingung eines gesonderten Bescheides bedürfe, um wirksam zu werden. Damit sei gegenständlich eine erhöhte Rechtssicherheit verbunden, da es bei Auslegungsunsicherheiten keine rückwirkende Aberkennung gebe. Der Grundsatz, dass gesetzliche Änderungen ein Erlöschen bescheidmäßig zuerkannter Begünstigungen bedingen, sei dem Abgabenrecht nicht fremd (z.B. § 118 Abs. 8 BAO). Damit werde dem Grundsatz der Gleichmäßigkeit der Besteuerung entsprochen.

In der dagegen erhobenen Beschwerde vom führt die Bf. aus, dass die Zuerkennung der steuerlichen Gemeinnützigkeit durch das Bundesfinanzgericht auf § 6 Abs. 1 NGO-G beruhe. Nach unzutreffender Ansicht des Bundesministers für Finanzen könne gemäß § 9 Abs. 1 Z 1 NGO-G die Gemeinnützigkeit aberkannt werden, wenn "die in diesem Gesetz geforderten Voraussetzungen nicht mehr gegeben sind", was sich auf die geltende Rechtslage und nicht auf die Voraussetzungen gemäß § 6 Abs. 1 NGO-G beziehe. Die in § 6 Abs. 4 NGO-G vorgesehene Befristung spreche dagegen, vor Fristablauf auf Grund einer Änderung der Rechtslage den Status der Gemeinnützigkeit abzuerkennen. Während aufrechter Frist könnten nur faktische Änderungen zu einem Entfall führen, was vorliegend aber nicht der Fall sei. Auch der in den Erläuterungen zur Neufassung des § 9 Abs. 1 NGO-G (BGBl I 160/2015) vorgesehene Ausschluss, wonach innerhalb eines Kalenderjahres die gewährten Privilegien nicht aberkannt werden könnten, stütze die Aberkennung infolge Änderung der Rechtslage vor Fristablauf nicht. Ein anderes Ergebnis wäre nur denkbar, wenn die Novellierung des § 40a BAO durch die Novelle BGBl I 62/2018 mit Rückwirkung erfolgt und damit insoweit § 9 Abs. 1 Z 1 NGO-G derogiert worden wäre. Dies sei aber nicht erfolgt, weshalb die nach der Neufassung des § 40a BAO geltende Rechtslage nur für ab Inkrafttreten dieser Bestimmung vorzunehmende Zuerkennungen gemäß § 6 NGO-G Anwendung finde. Ergänzend wurde angemerkt, dass der Hinweis auf § 118 Abs. 8 BAO die Rechtsauffassung der Bf. nicht ernsthaft in Zweifel ziehe, da ein grundlegender Unterschied zu den gegenständlichen Normen bestehe.

Mit Vorlagebericht vom legte die belangte Behörde die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor. Vorweg sei davon auszugehen, dass die Bf. nach den Grundsätzen des § 40a BAO idF des Jahressteuergesetzes 2018 die Gemeinnützigkeitskriterien nicht erfülle. So fehle es aufgrund ihrer (zur Gänze) bloß mittelbaren Förderung eines mildtätigen Zwecks an der Unmittelbarkeit der Zweckförderung im Sinne des § 34 iVm § 40 BAO. Es stelle sich die Frage, ob die Änderung des § 40a BAO einen Anwendungsfall des § 9 Abs. 1 Z 1 NGO-G auszulösen vermöge. Nach § 9 NGO-G sei eine eingeräumte Rechtsstellung abzuerkennen, wenn "die in diesem Bundesgesetz geforderten Voraussetzungen nicht mehr gegeben sind". Für den gegenständlichen Fall komme es somit darauf an, ob "die in den §§ 34 bis 47 der Bundesabgabenordnung umschriebenen Voraussetzungen unter Berücksichtigung der in den nachstehenden Abs. 2 und 3 enthaltenen besonderen Bestimmungen" (§ 6 Abs. 1 NGO-G) nicht mehr erfüllt würden. Abgesehen von einer Änderung der tatsächlichen Verhältnisse könne es auch dann zu einem Verfehlen der Voraussetzungen der BAO kommen, wenn sich - bei gleichbleibender Sachverhaltslage - die Rechtslage geändert habe. Ebenso wie die Sachverhaltsidentität sei die gleichbleibende Rechtslage Voraussetzung für die Bindungswirkung eines Bescheids (vgl. etwa ; , 2009/05/0335; , 2013/07/0279). Dies setze indes ein dynamisches Verständnis des in § 6 Abs. 1 NGO-G getroffenen Verweises auf die Voraussetzungen der BAO voraus, was nach Ansicht der belangten Behörde überzeugend sei und wovon auch die Bf. auszugehen scheine. Im Ergebnis müsse sowohl der Fall eines abweichenden Sachverhalts als auch einer Gesetzesänderung von einer Aberkennung im Sinne des § 9 Abs. 1 Z 1 NGO-G erfasst sein. Unter Hinweis auf die Rechtsprechung des VwGH und des BFH wurde ausgeführt, dass es bei geänderter Rechtslage überhaupt keiner bescheidmäßigen Aufhebung des Gemeinnützigkeitsbescheides auf Grundlage von § 9 Abs. 1 Z 1 NGO-G bedürfe. Wenn ein Bescheid im Sinne des § 6 NGO-G infolge einer Gesetzesänderung auf Grundlage von § 9 Abs. 1 Z 1 NGO-G bescheidmäßig aufgehoben werde, dann habe dies nur deklaratorische Wirkung. Maßgebend für das Erlöschen der Bindungswirkung des gegenständlichen Bescheides im Sinne des § 6 NGO-G sei der Zeitpunkt, zu dem die dem Bescheid zugrunde gelegten Vorschriften geändert wurden und damit der Zeitpunkt des Inkrafttretens der Gesetzesänderung in § 40a BAO, welche anlässlich des Jahressteuergesetzes 2018 mit Wirkung ab dem erfolgt sei. Die belangte Behörde führte weiter aus, dass es unter Rückgriff auf die Rechtsprechung des VfGH aus verfassungsrechtlicher Sicht nicht weiter bedenklich erscheine, wenn mit Inkrafttreten der Gesetzesänderung die Bindungswirkung des Gemeinnützigkeitsbescheids erlösche. Abschließend stellte die belangte Behörde den Antrag, das Bundesfinanzgericht möge die Beschwerde, welche die Aufhebung des Bescheides vom beantrage, abweisen. Des Weiteren beantragte die belangte Behörde, dass der angefochtene Bescheid vom dahingehend abgeändert werde, dass dieser den Wegfall der mit Beschwerdeentscheidung vom zuerkannten Gemeinnützigkeit ab dem Zeitpunkt des Inkrafttretens der Gesetzesänderung in § 40a BAO - somit ab dem - feststelle (anstatt eines Verlusts der Bindungswirkung erst im Zeitpunkt der Zustellung des Aberkennungsbescheids am ).

Mit Eingabe vom übermittelte die Bf. eine ergänzende Stellungnahme und führte aus, dass die Bf. entgegen der Annahme der belangten Behörde bei Durchführung ihrer Projekte keine spezifische Leistung schulde, sondern den überwiegenden Teil ihrer im Jahr 2018 bezogenen Projekteinnahmen für unspezifische Projektleistungen erhalten habe, wobei zum Nachweis eine entsprechende Übersicht vorgelegt wurde. Ein spezifisches "Werk" werde nur bei etwa 43% der Geldzuflüsse geschuldet, während es sich bei 57% der Geldzuflüsse um eine "Finanzierung" ohne spezifische Gegenleistung handle. Vielmehr seien die erhaltenen Mittel lediglich in einem gewissen Rahmen zweckgebunden, welcher auch vertraglich abgebildet werde. Zweifelsohne würden die von der Bf. durchgeführten und unterstützten Projekte auch deren unmittelbare Gemeinnützigkeit und gesellschaftlichen Wert unterstreichen.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Sachverhalt

Die Bf. ist eine international tätige, humanitäre Organisation, deren Ziel es ist, zur Stärkung der Effektivität und Verantwortlichkeit humanitärer Hilfe beizutragen. Die Aufgabe der Bf. liegt insbesondere darin, regelmäßig und systematisch Feedback von Empfängerinnen humanitärer Hilfe zu sammeln, auszuwerten und in praktische Programmverbesserungen zu übersetzen. Die Bf. wird diesbezüglich im Auftrag anderer mildtätiger Einrichtungen tätig und unterstützt diese dabei, ihre eigenen Hilfsprogramme zielgerichteter und effektiver zu gestalten. Die Tätigkeit der Bf. im Rahmen der verschiedenen Projekte wird durch die jeweiligen Auftraggeber finanziert.

Mit Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes vom (GZ RV/7100721/2017; vgl. auch zur Abweisung der diesbezüglichen Amtsrevision ) wurde der Bf. die Gemeinnützigkeit gemäß § 6 NGO-G zuerkannt. Damit wurde die in § 7 Abs. 2 Z 1 NGO-G vorgesehene Voraussetzung für die Anerkennung als Quasi-Internationale Organisation erfüllt.

Mit Bescheid vom wurde der Bf. gemäß § 9 Abs. 1 Z 1 NGO-G die mit Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts zuerkannte Gemeinnützigkeit ab dem Tag der Zustellung des Bescheides mit der Begründung aberkannt, dass die Bf. die gemeinnützigen Zwecke infolge der Änderung des § 40a BAO durch das Jahressteuergesetz 2018 (BGBl I 2018/62) nicht mehr unmittelbar verfolge und somit die in den §§ 34 bis 47 BAO umschriebenen Voraussetzungen nicht mehr erfülle.

Beweiswürdigung

Die obigen Sachverhaltsfeststellungen sind allesamt aktenkundig. Dagegensprechende Umstände wurden nicht vorgebracht und sind auch nicht ersichtlich.

Vor diesem Hintergrund durfte das Bundesfinanzgericht die obigen Sachverhaltsfeststellungen gemäß § 167 Abs. 2 BAO als erwiesen annehmen.

Rechtsgrundlagen

Die für die Entscheidung relevanten Bestimmungen des Bundesgesetzes über die Einräumung von Privilegien an nichtstaatliche internationale Organisationen (NGO-G), BGBl 174/1992 idF BGBl I 160/2015, lauten wie folgt:

§ 6. (1) Der Bundesminister für Finanzen hat auf Antrag nach Anhörung des Bundesministers für Europa, Integration und Äußeres mit Bescheid einer Organisation im Sinn dieses Bundesgesetzes Gemeinnützigkeit zuzuerkennen, sofern auf Grund der Satzung der Organisation zu erwarten ist, dass die in den §§ 34 bis 47 der Bundesabgabenordnung umschriebenen Voraussetzungen unter Berücksichtigung der in den nachstehenden Abs. 2 und 3 enthaltenen besonderen Bestimmungen erfüllt werden.

(2) Der Zuerkennung der Gemeinnützigkeit steht nicht entgegen,

1. dass die Förderung der gemeinnützigen Zwecke durch die Organisation nicht überwiegend im Inland erfolgt oder

2. dass bei Auflösung der Organisation oder bei Aberkennung der zuerkannten Gemeinnützigkeit das Vermögen nicht für gemeinnützige, mildtätige oder kirchliche Zwecke verwendet wird.

(3) Unterhält eine Organisation einen Gewerbebetrieb, einen land- und forstwirtschaftlichen Betrieb oder einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb, so ist sie hinsichtlich dieses Betriebes abgabepflichtig. Ist ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb jedoch als unentbehrlicher Hilfsbetrieb im Sinn des § 45 Abs. 2 der Bundesabgabenordnung anzusehen, so finden die in den Abgabenvorschriften enthaltenen Begünstigungen, die bei Betätigung für gemeinsame Zwecke auf abgabenrechtlichem Gebiet in einzelnen Abgabenvorschriften gewährt werden, auf diesen Betrieb Anwendung.

(4) Die Gemeinnützigkeit wird befristet, höchstens aber auf fünf Jahre zuerkannt.

§ 7. (1) Quasi-Internationalen Organisationen im Sinn des Abs. 2 werden nach Maßgabe der Abs. 3 und 4 Privilegien eingeräumt.

(2) Eine Quasi-Internationale Organisation ist eine Organisation im Sinn dieses Bundesgesetzes,

1. die mit Bescheid gemäß § 6 als gemeinnützig anerkannt worden ist,

2. deren Tätigkeit in einem engen Zusammenhang mit der Tätigkeit einer Internationalen Organisation im Sinn des § 1 Abs. 7 des Bundesgesetzes über die Einräumung von Privilegien und Immunitäten an internationale Organisationen, BGBl. Nr. 677/1977, in der jeweils geltenden Fassung, steht,

3. die in Österreich ein ständiges und personell angemessen ausgestattetes Büro unterhält,

4. a) deren Mitglieder mehrheitlich Staaten, Internationale Organisationen oder Einrichtungen sind, die Aufgaben von Staaten oder Internationalen Organisationen erfüllen, oder

b) die zu mindestens 25% von Staaten, Internationalen Organisationen oder Einrichtungen, die Aufgaben von Staaten oder Internationalen Organisationen erfüllen, finanziert wird;

5. die über ähnliche Strukturen wie eine zwischenstaatliche Organisation verfügt und

6. die in zwei oder mehr Staaten tätig ist.

(3) Die Bundesregierung hat mit Verordnung festzustellen, welche Organisationen jeweils zum Beginn eines Kalenderjahres die Voraussetzungen des Abs. 2 erfüllen. Die Verordnung ist jeweils auf ein Kalenderjahr zu befristen. Hinsichtlich der in der Verordnung genannten Organisationen ist die gesonderte Erteilung eines Bescheides im Sinn des § 1 nicht erforderlich. Die Bestimmungen der §§ 4, 5 und 8 finden auf die in der Verordnung genannten Organisationen unmittelbar Anwendung.

(4) Den in der Verordnung gemäß Abs. 3 angeführten Quasi-Internationalen Organisationen (Abs. 2) werden folgende Privilegien eingeräumt:

1. die Befreiung der Organisation in Bezug auf ihre amtliche Tätigkeit von folgenden Abgaben:

a) der Gebühr auf Bestandverträge gemäß § 33 TP 5 des Gebührengesetzes 1957, BGBl. Nr. 267/1957, in der jeweils geltenden Fassung;

b) der Normverbrauchsabgabe für Dienstfahrzeuge der Organisation;

c) der motorbezogenen Versicherungssteuer für Dienstfahrzeuge der Organisation;

d) der Kraftfahrzeugsteuer für Dienstfahrzeuge der Organisation;

e) der Kommunalsteuer.

2. die Befreiung von der Grunderwerbsteuer für den unentgeltlichen Erwerb (§ 7 Abs. 1 Z 1 GrEStG 1987) eines Grundstückes im Sinn des § 2 des Grunderwerbsteuergesetzes 1987 (GrEStG 1987), BGBl. Nr. 309/1987, in der jeweils geltenden Fassung, durch eine Organisation, sofern das Grundstück der amtlichen Tätigkeit dient.

3. die Befreiung der Arbeitnehmer der Organisation von der Einkommensteuer auf Aktivbezüge (Gehälter, Bezüge und sonstige Vergütungen), die sie für ihre Dienste von dieser Organisation in Bezug auf ihre amtliche Tätigkeit erhalten. Eine solche Befreiung berührt nicht das Recht der Republik Österreich, diese Aktivbezüge bei der Festsetzung der von Einkünften aus anderen Quellen zu erhebenden Steuer zu berücksichtigen.

§ 9. (1) Die einer Organisation gemäß den §§ 1 bis 3, 6 oder 8 eingeräumte Rechtsstellung ist von den nach diesen Bestimmungen zuständigen Behörden abzuerkennen, wenn

1. die in diesem Bundesgesetz geforderten Voraussetzungen nicht mehr gegeben sind oder

2. die eingeräumten Rechte missbräuchlich ausgeübt werden.

(2) Im Fall der Aberkennung einer nach § 6 Abs. 1 eingeräumten Rechtsstellung ist der Bundesminister für Europa, Integration und Äußeres zu hören.

Die für die Entscheidung relevanten Bestimmungen des Bundesgesetzes über allgemeine Bestimmungen und das Verfahren für die von den Abgabenbehörden des Bundes, der Länder und Gemeinden verwalteten Abgaben (Bundesabgabenordnung - BAO),BGBl 194/1961, idgF, lauten wie folgt:

§ 34. (1) Die Begünstigungen, die bei Betätigung für gemeinnützige, mildtätige oder kirchliche Zwecke auf abgabenrechtlichem Gebiet in einzelnen Abgabenvorschriften gewährt werden, sind an die Voraussetzungen geknüpft, dass die Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse, der die Begünstigung zukommen soll, nach Gesetz, Satzung, Stiftungsbrief oder ihrer sonstigen Rechtsgrundlage und nach ihrer tatsächlichen Geschäftsführung ausschließlich und unmittelbar der Förderung der genannten Zwecke dient. Auf Verlangen der Abgabenbehörde haben Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen, die im Inland weder ihren Sitz noch ihre Geschäftsleitung (§ 27) haben, nachzuweisen, dass sie die Voraussetzungen des ersten Satzes erfüllen.

(2) Die in den §§ 35 bis 47 für Körperschaften getroffenen Anordnungen gelten auch für Personenvereinigungen, Vermögensmassen und für Betriebe gewerblicher Art von Körperschaften des öffentlichen Rechtes.

§ 40. (1) Unmittelbare Förderung liegt vor, wenn eine Körperschaft den gemeinnützigen, mildtätigen oder kirchlichen Zweck selbst erfüllt. Dies kann auch durch einen Dritten geschehen, wenn dessen Wirken wie eigenes Wirken der Körperschaft anzusehen ist.

(2) Eine Körperschaft, die sich auf die Zusammenfassung, insbesondere Leitung ihrer Unterverbände beschränkt, dient gemeinnützigen, mildtätigen oder kirchlichen Zwecken, wenn alle Unterverbände gemeinnützigen, mildtätigen oder kirchlichen Zwecken dienen.

§ 40a. (idF BGBl I 160/2015) Eine Körperschaft verliert ihre wegen Betätigung für gemeinnützige, mildtätige oder kirchliche Zwecke zustehenden Begünstigungen auf abgabenrechtlichem Gebiet nicht dadurch, dass sie

1. Mittel (insbesondere Wirtschaftsgüter und wirtschaftliche Vorteile) begünstigten Einrichtungen im Sinn des § 4a Abs. 3 bis 6 und des § 4b EStG 1988 zur unmittelbaren Förderung derselben Zwecke wie die zuwendende Körperschaft zuwendet,

2. Lieferungen oder sonstige Leistungen entgeltlich, aber ohne Gewinnerzielungsabsicht gegenüber Körperschaften erbringt, deren Tätigkeit dieselben Zwecke wie die leistungserbringende Körperschaft fördert.

§ 40a. (idF BGBl I 62/2018) Eine Körperschaft verliert ihre wegen Betätigung für gemeinnützige, mildtätige oder kirchliche Zwecke zustehenden Begünstigungen auf abgabenrechtlichem Gebiet nicht dadurch, dass sie für die Verwirklichung zumindest eines der von ihr verfolgten begünstigten Zwecke

1. teilweise oder ausschließlich Mittel (insbesondere Wirtschaftsgüter und wirtschaftliche Vorteile) begünstigten Einrichtungen im Sinn des § 4a Abs. 3 bis 6, des § 4b oder des § 4c EStG 1988 zur unmittelbaren Förderung dieses Zweckes zuwendet,

2. teilweise, aber nicht überwiegend Lieferungen oder sonstige Leistungen entgeltlich, aber ohne Gewinnerzielungsabsicht an andere gemäß §§ 34 bis 47 abgabenrechtlich begünstigte Körperschaften erbringt.

Dabei hat zumindest einer der von der empfangenden Körperschaft verfolgten Zwecke in einem der von der zuwendenden oder leistungserbringenden Körperschaft verfolgten Zwecke Deckung zu finden (Zwecküberschneidung). Eine abweichende territoriale Ausrichtung der beiden Körperschaften ist dabei unbeachtlich.

Rechtliche Beurteilung

Zu Spruchpunkt I.

Mit dem Jahressteuergesetz 2018 (BGBl I 62/2018) wurde § 40a BAO neu gefasst, was der Bundesminister für Finanzen zum Anlass nahm, die der Bf. mit Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom (GZ RV/7100721/2017) zuerkannte Gemeinnützigkeit mit Bescheid vom gemäß § 9 Abs. 1 Z 1 NGO G abzuerkennen. Streit besteht darüber, ob die nachträgliche Aberkennung der durch Erkenntnis zugesprochenen Gemeinnützigkeit für den Zeitraum von fünf Jahren auf Grund einer Änderung der Rechtslage zulässig ist.

Gemäß § 6 Abs. 1 NGO-G ist der Bundesminister für Finanzen verpflichtet, einer Organisation im Sinne des NGO-G über Antrag und bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen die Gemeinnützigkeit zuzuerkennen. Dabei handelt es sich um einen Abspruch über das Bestehen eines Status, der mit abgabenrechtlichen Begünstigungen verbunden ist. Dieser Abspruch über das Vorliegen der Gemeinnützigkeit im Sinne der BAO (in Verbindung mit den Vorschriften des NGO-G) stellt einen Feststellungsbescheid dar, der als Grundlagenbescheid in den weiteren (Abgaben-)Verfahren beachtlich ist (vgl. dazu Ritz, BAO6 (2017), § 34 Rz 10).

In § 6 Abs. 1 NGO-G wird hinsichtlich der von der Organisation zu erfüllenden Voraussetzungen auf die §§ 34 bis 47 BAO verwiesen. Da keine konkrete Fassung der Bestimmungen in der BAO genannt wird, ist davon auszugehen, dass der Gesetzgeber die Anwendung der jeweils im Entscheidungszeitpunkt geltenden Fassung beabsichtigte. Demnach ist der Verweis in § 6 Abs. 1 NGO-G auf die Bestimmungen der BAO als dynamische Verweisung zu werten. Nach der ständigen Rechtsprechung des VfGH ist die Verweisung auf die jeweils geltenden Normen einer anderen Rechtsetzungsautorität (z.B. der Landesgesetzgeber verweist auf Bundesgesetze in der jeweils aktuellen Fassung) verfassungswidrig, weil damit die bundesverfassungsrechtlich (allenfalls einfachgesetzlich) übertragene Kompetenz abgetreten wird. Demgegenüber bestehen betreffend die dynamische Verweisung auf künftige Normen derselben Rechtsetzungsautorität keine verfassungsrechtlichen Bedenken (siehe dazu Koja, Zur Frage der verfassungsrechtlichen Zulässigkeit statischer und dynamischer Verweisungen, ÖJZ 1979, 29 mit Hinweisen auf die Rechtsprechung des VfGH).

Ein Bescheid ist eine individuelle, von einer Behörde im Bereich der Hoheitsverwaltung ergangene, außenwirksame Norm. Im Rahmen einer bescheidmäßigen Erledigung spricht die Behörde über die im Entscheidungszeitpunkt bestehende Sach- und geltende Rechtslage ab. Eine normative Verbindlichkeit kann demnach auch nur diesbezüglich eintreten. Bei einer Änderung der dem Bescheid zugrundeliegenden Sach- oder Rechtslage liegt folglich insofern nicht mehr dieselbe Sache vor, die einer neuen Entscheidung entgegenstünde (vgl. dazu Hengstschläger/Leeb, Verwaltungsverfahrensrecht6 2018, Rz 561; Eberhard/Lachmayer, "Bindungswirkung" und "Verbindlichkeit" als Rechtskraftwirkung, in Holoubek/Lang (Hrsg), Rechtskraft im Verwaltungs- und Abgabeverfahren (2007), 110f.).

Der Verwaltungsgerichtshof hat hinsichtlich der Wirkungen eines Feststellungsbescheides festgehalten, dass sich diese nur auf die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der Erlassung dieses Bescheides beziehen können. Nach Änderung der maßgeblichen Rechtsgrundlagen steht die Rechtskraft dieses Bescheides der Erlassung eines neuen Bescheides in derselben Angelegenheit nicht entgegen. Die Verbindlichkeit ("Bindungswirkung") eines Feststellungsbescheides besteht nämlich nur innerhalb der "Grenzen der Rechtskraft". Damit geht das "Ende" bzw. die "Durchbrechung" der Feststellungswirkung einher. In einem solchen Fall ist die Erlassung eines Feststellungsbescheides mit geändertem Inhalt für die Durchbrechung der Feststellungswirkung nicht vorausgesetzt (siehe dazu mit Hinweis auf ).

Die der Bf. mit Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom (GZ RV/7100721/2017) zuerkannte Gemeinnützigkeit gründete sich (unter anderem) auf § 40a BAO in der Fassung BGBl I 160/2015. Durch die mit dem Jahressteuergesetz 2018 (BGBl I 62/2018) erfolgte Neufassung des § 40a BAO hat sich die der Entscheidung zugrundeliegende Rechtslage insofern geändert, als bei einer neuerlichen Entscheidung ein anderslautender Bescheid in Gestalt einer Nichtzuerkennung der Gemeinnützigkeit zu erlassen wäre. Nach der oben angeführten, ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes führt die Änderung der betreffenden Rechtsgrundlagen zur Durchbrechung der Feststellungswirkung. Demnach ist es in der Folge - wie im vorliegenden Fall - möglich, einen neuen Bescheid in der vormals entschiedenen Sache zu erlassen, wobei dies zur Durchbrechung der Feststellungswirkung nicht erforderlich ist.

Die Feststellungswirkung betreffend die Gemeinnützigkeit ist dementsprechend mit Inkrafttreten des § 40a idF des Jahressteuergesetzes 2018 am zu Ende gegangen. Mangels gesetzlich vorgesehener Übergangsvorschrift ist § 40a idF JStG 2018 ab dem Zeitpunkt des Inkrafttretens am uneingeschränkt auf alle Sachverhalte anwendbar. Die Erlassung eines Bescheides, mit dem das Ende der Feststellungswirkung ausgesprochen wird, ist - wie oben ausgeführt - nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes nicht erforderlich. Ein dennoch erlassener Bescheid kann jedoch bloß die Feststellung treffen, dass der zuerkannte Rechtsstatus mit der Durchbrechung der Feststellungswirkung weggefallen ist. Indem der Bescheid des Bundesministers für Finanzen vom vorsieht, dass die Gemeinnützigkeit mit Zustellung dieses Bescheides aberkannt und die Feststellungswirkung demnach bis zu diesem Zeitpunkt ausgedehnt wird, erweist sich dieser Bescheid als rechtswidrig.

Aus den dargelegten Gründen war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Das Bundesfinanzgericht ist der in der Entscheidung angeführten ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes gefolgt. Da somit keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vorgelegen ist, war die Revision nicht zuzulassen.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 6 Einräumung von Privilegien an nichtstaatliche internationale Organisationen, BGBl. Nr. 174/1992
§ 7 Einräumung von Privilegien an nichtstaatliche internationale Organisationen, BGBl. Nr. 174/1992
§ 9 Einräumung von Privilegien an nichtstaatliche internationale Organisationen, BGBl. Nr. 174/1992
§ 40a BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 34 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 40 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.7100925.2019

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at