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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 13.12.2020, RV/7400277/2018

Vorschreibung der Ausgleichsabgabe auch nach Bauwerberwechsel an jene Person, die im Zeitpunkt der Entstehung des Abgabenanspruches (Baubewilligung) Bauwerber war.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Magistrats der Stadt Wien, Magistratssabteilung 37 vom betreffend Ausgleichsabgabe zu Recht erkannt:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen. Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Strittig ist allein die Frage, ob dem Bf zu Recht die Ausgleichsabgabe vorgeschrieben wurde, obwohl er im Zeitpunkt der Vorschreibung nicht mehr Bauwerber und Grundeigentümer war und das bewilligte Bauvorhaben von ihm nie ausgeführt worden ist.

Dieser Frage ging folgendes Verwaltungsgeschehen voran:

Der Bf beantragte gemeinsam mit seiner Gattin mit Einreichplan vom die Bewilligung eines Bauvorhabens mit Umbau, Aufstockung und Dachgeschossausbau an einer ihm und seiner Gattin gehörigen Liegenschaft.

Der Magistrat der Stadt Wien erteilte mit Bescheid vom die Baubewilligungund führte in dieser an, dass mit dem Bauvorhaben der zwingenden Vorschrift zur Schaffung von Stellplätzen nicht entsprochen werde. Die Anzahl der Pflichtstellplätze, die mit der Bauführung geschaffen würden, bliebe um vier Stellplätze hinter der gesetzlichen Stellplatzpflicht zurück. Es liege daher ein Fall der Ausgleichsabgabe vor, die gesondert mit Baubeginn vorgeschrieben werde und 12.000 Euro pro Stellplatz betrage.

Mit Fax vom zeigte der Bf der Baubehörde an, dass ein Wechsel der Bauwerber stattgefunden habe. Darin teilte der Bf mit, dass die bisherigen Bauwerber alle Rechte und Pflichten, die sich im Zusammenhang mit dem betreffenden Bauverfahren ergäben, übergeben würden und die zukünftigen Bauwerber diese übernehmen würden. Ausgenommen davon seien verschiedene Abgabepflichten, insbesondere auch eine allfällige Ausgleichsabgabe nach dem Wiener Garagengesetz. Die zukünftigen Bauwerber erklärten in diesem Schreiben, dass sie die Pläne und sonstigen Unterlagen umgehend beim zuständigen Magistrat unterzeichnen würden.

Mit Bescheid vom schrieb der Magistrat der Stadt Wien dem Bf die Ausgleichsabgabe für vier Stellplätze in der Höhe von insgesamt 48.000 Euro vor. Abgabepflichtig seien die Bauwerber. Begründend wurde ausgeführt, dass sich aus dem Baubewilligungsbescheid ergebe, dass das Bauvorhaben um vier Stellplätze hinter dem gesetzlich geforderten Ausmaß zurückbleibe.

Gegen diesen Bescheid wurde Beschwerde erhoben. Der Bf führte darin aus, dass es unverständlich sei, warum diese Ausgleichsabgabe nicht auch seiner Gattin vorgeschrieben worden sei. Fakt sei, dass der Bf und seine Gattin nicht mehr Grundeigentümer seien, der Bauwerberwechsel schon vor Monaten der Behörde angezeigt worden sei und seitens des Bf nie ein Baubeginn gemeldet worden sei. Warum dessen ungeachtet die Abgabeforderung an ihn gerichtet worden sei, entziehe sich seiner Kenntnis.

Es werde daher die Einvernahme der Grundeigentümerin, die Aufhebung des Bescheides und die Erlassung eines Bescheides gegen die neuen Bauwerber beantragt.

Der Magistrat der Stadt Wien entschied mit abweisender Beschwerdevorentscheidung. Begründend wurde ausgeführt, dass im Rahmen der Baubewilligung festgestellt worden sei, dass das geplante Bauvorhaben um vier Stellplätze hinter der gesetzlichen Stellplatzpflicht zurückbleibe. Adressat dieses Baubewilligungsbescheides seien der Bf und seine Gattin als Bauwerber und Grundeigentümer gewesen. Dieser Bescheid sei im August in Rechtskraft erwachsen. Bauwerber in diesem die Abgabepflicht auslösenden Bescheid seien der Bf und seine Gattin gewesen. Die Vorschreibung an nur einen von mehreren Bauwerbern hemme die Zahlungspflicht nicht. Die Abgabenschuld sei zur ungeteilten Hand entstanden. Zudem habe die Gattin des Bf diesem aktenkundig am Vollmacht erteilt. Im Falle der Uneinbringlichkeit würde die Gattin zur ungeteilten Hand mit ihrem Ehegatten für die Abgabe haftbar gemacht.

Dass der Bf nie eine Bauanzeige gemacht habe, habe auf die Entstehung der Abgabenschuld keinen Einfluss, weil die Abgabenschuld mit Rechtskraft des Baubewilligungsbescheides entstehe. Dass der Bf nicht mehr Grundeigentümer sei, wäre erst in einem allfälligen Haftungsverfahren zu berücksichtigen. Die neuen Grundeigentümer würden erst im Falle der Uneinbringlichkeit der Abgabenschuld vom Zahlungspflichtigen haften.

Der Verwaltungsgerichtshof habe dazu in seiner Entscheidung () ausgeführt:

"§ 124 Abs. 4 Wr. Bauordnung, dem zu Folge der zukünftige Bauwerber in die Rechtsstellung des bisherigen Bauwerbers an dessen Stelle eintritt, normiert zwar einen Wechsel in der Stellung des Bauwerbers, es kommt ihm jedoch nur Bedeutung für die baurechtlichen Regelungen zu. Auswirkungen für den Bereich der Ausgleichsabgabe kann die Regelung nur insoweit haben, als in jenen Fällen, in denen der Wechsel in der Stellung des Bauwerbers vor der Verwirklichung des Abgabentatbestandes eingetreten ist, bei der Bestimmung des Abgabepflichtigen auf die baurechtliche Regelung Bedacht zu nehmen ist: Abgabeschuldner ist der Bauwerber im Zeitpunkt der Verwirklichung des Abgabetatbestands (insofern ist der Beschwerde zu folgen). Wenn sich also ein Wechsel in der Stellung als Bauwerber vor der Erlassung des Bescheids betreffend die Feststellung, um wie viel die Stellplätze hinter der erforderlichen Zahl zurückbleiben, ergeben hat, dann wäre dieser Wechsel bei der Bestimmung des Abgabepflichtigen zu berücksichtigen. Abgabepflichtiger wäre der "neue" Bauwerber (der im Zeitpunkt der Entstehung des Abgabenanspruches aktuelle Bauwerber).

Sobald sich jedoch der Abgabentatbestand verwirklicht hat, ist das Abgabenschuldverhältnis entstanden und der Abgabeschuldner - unabhängig davon, ob bereits ein Bescheid zur Festsetzung der Abgabe ergangen ist oder nicht - damit festgelegt. Das Abgabenschuldverhältnis besteht zwischen dem Abgabegläubiger und dem Abgabeschuldner, in diesem Fall dem Bauwerber zum Zeitpunkt der Verwirklichung des Abgabetatbestandes. Spätere Änderungen in der Stellung des Abgabeschuldners müssten von der Abgabennorm ausdrücklich vorgesehen werden (vgl. für den Fall der Vorschreibung einer Abgabe an den Eigentümer eines Grundstücks und einen nachfolgenden Wechsel im Grundstückseigentum, der ebenfalls einen Wechsel in der Stellung als Bauwerber nach sich zog, den hg. Beschluss vom , Zl. 98/17/0319). Wollte der Gesetzgeber einen Übergang der bereits entstandenen Abgabenschuld auf den jeweiligen Bauwerber anordnen, müsste er dies durch eine ausdrückliche Vorschrift, die einen solchen Übergang anordnet, tun (es könnte der Übergang im Sinne eines Schuldnerwechsels, aber auch eine Gesamtschuld oder die Haftung des späteren Bauwerbers angeordnet werden). Eine solche Regelung enthält das Wr. Garagengesetz 1957 jedoch nicht. Die Anordnung in § 124 Abs. 4 Wr. Bauordnung betrifft nur die Stellung als "Bauwerber" und nicht jene als Abgabepflichtiger nach dem Wiener Garagengesetz 1957.

Daran ändert auch die in der Beschwerde unter Hinweis auf Ritz, BAO, Kommentar, § 4 Rz 3, angeführte Unterscheidung zwischen Abgabenanspruch und Abgabenzahlungsanspruch nichts. Der Beschwerdeführer irrt, wenn er vermeint, nur der Abgabenzahlungsanspruch richte sich "gegen den konkret Abgabepflichtigen". Auch der Abgabenzahlungsanspruch muss sich gegen den im jeweiligen Abgabenschuldverhältnis Abgabepflichtigen (hier: den Bauwerber im Zeitpunkt der Entstehung des Abgabenanspruches) richten. Ein Auseinanderfallen zwischen dem Abgabenschuldner und dem aus dem Abgabenzahlungsanspruch Verpflichteten kann es nicht geben; Gegenteiliges lässt sich auch der in der Beschwerde zitierten Literaturstelle nicht entnehmen."

Der vom Zahlungspflichtigen ins Treffen geführte Bauwerberwechsel sei im September 2017 der Behörde angezeigt worden, also erst nach dem die Stellplatzverpflichtung auslösenden Baubewilligungsbescheid. Eine Zustellung des Bescheides an die neuen Grundeigentümer und Bauwerber sei aus den angeführten Gründen nicht zulässig.

Der Bf stellte den Antrag, die Beschwerde zur Entscheidung durch das Bundesfinanzgericht vorzulegen.

Die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes sei falsch und hindere einen Richter nicht, diese wieder zu korrigieren. Der entscheidende Fehler liege in der Auslegung des § 124 Abs 4 Wiener Bauordnung, der klar und deutlich aussage - ohne zu unterscheiden, welche Bereiche betroffen sein sollten-, dass der neue Bauwerber an die Stelle des alten Bauwerbers eintrete. Dies bedeute, dass dem alten Bauwerber alle zukünftigen Rechte und somit auch alle zukünftigen Pflichten entzogen würden.

Der Verwaltungsgerichtshof sage weiter, dass dieser Eintritt in die Rechte und Pflichten nur Bedeutung für die baurechtlichen Regelungen zukomme. Das Wiener Garagengesetz sei aber nichts anderes als eine baurechtliche Angelegenheit. Auch die Stellplatzabgabe sei ohne Baurecht nicht denkbar. Würde man der Rechtsansicht des VwGH folgen, dann würde der alte Bauwerber ewig für sämtliche Abgaben im Zusammenhang mit einer späteren Bauführung haften. Die Sicherstellung der Forderung des Abgabengläubigers erfolge nach dem Wiener Garagengesetz nicht durch die ewige Haftung des früheren und im Verfahren nicht mehr existenten Bauwerbers, sondern eindeutig durch die nominierte subsidiäre Haftung des jeweiligen Grundeigentümers.

Hätte der Gesetzgeber die ewige Haftung des früheren Bauwerbers gewollt, dann hätte er diese auch in die Bestimmung eingebaut. So werde durch die Fehlinterpretation des VwGH ein zusätzlicher Haftender geschaffen, der nicht der Nutznießer der Baubewilligung sei und auch in das Verfahren nicht mehr eingreifen könne. Erschwerend komme noch hinzu, dass durch die formulierten Bestimmungen des § 124 Abs 4 Wiener Bauordnung und des Wiener Garagengesetzes kein Verkäufer einer Liegenschaft mit einem nachweislich durchgeführten Bauwerberwechsel auf die Idee kommen würde, sich hier zivilrechtlich absichern zu müssen.

Zusätzlich übersehe der VwGH, dass es für die Behörde keine gesetzliche Verpflichtung gebe, die Stellplatzabgabe vorzuschreiben. Die Abgabenschuld entstehe daher erst mit dem Bescheid, mit dem die Behörde die Abgabe festlege und dem Bauwerber vorschreibe. Alles andere sei eine unzulässige Interpretation von wortklaren Gesetzestexten, die einer umgehenden Korrektur durch eine neue Befassung des Verwaltungsgerichtshofes bedürfe. Diese werde am ehesten dadurch zu erreichen sein, dass sich das Bundesfinanzgericht der Rechtsansicht des Bf anschließe und feststelle, dass der Bescheid an den aktuellen Bauwerber zu richten sei.

Es werde daher die ersatzlose Behebung des Bescheides beantragt.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Sachverhalt

Das Bundesfinanzgericht ist bei seiner Entscheidung von nachstehendem Sachverhalt ausgegangen:

Der Bf und seine Ehegattin waren je zur Hälfte Miteigentümer der Liegenschaft in ***Adr1***.

Für diese Liegenschaft war ein Dachgeschoßzubau und die Errichtung eines Aufzugsschachtes geplant. Am wurde vom Bf und seiner Gattin um eine Baubewilligung angesucht.

Mit Bescheid vom wurde die Baubewilligung für den Bf und seine Ehegattin erteilt. In diesem Bewilligungsbescheid wurde festgestellt, dass das Bauvorhaben den zwingenden Vorschriften zur Schaffung von sechs Stellplätzen nicht entspreche und das Bauvorhaben um vier Stellplätze hinter der gesetzlichen Stellplatzpflicht zurückbleibe.

Über Ersuchen wurde die Rechtskraft des Bescheides festgestellt, die Rechtskraft ist am eingetreten.

Am wurde der Baubehörde angezeigt, dass ein Bauwerberwechsel stattgefunden habe. Darin teilten der Bf und seine Ehegattin mit, dass die bisherigen Bauwerber alle Rechte und Pflichten, die sich im Zusammenhang mit dem betreffenden Bauverfahren ergäben, übergeben würden und die zukünftigen Bauwerber, welche in dieser Anzeige namentlich genannt waren, diese übernehmen würden. Ausgenommen davon seien verschiedene Abgabepflichten, insbesondere auch eine allfällige Ausgleichsabgabe nach dem Wiener Garagengesetz.

Mit Bescheid vom schrieb der Magistrat der Stadt Wien dem Bf gemäß Wiener Garagengesetz 2008 LGBl Nr 34/2009 (WGarG 2008) die Ausgleichsabgabe für das am bewilligte Bauvorhaben für vier Stellplätze in der Höhe von insgesamt 48.000 Euro vor.

Beweiswürdigung

Der Sachverhalt ergibt sich aus dem Akteninhalt und ist insoweit nicht strittig. Das Bundesfinanzgericht durfte daher diesen Sachverhalt als erwiesen annehmen und seiner Entscheidung zu Grunde legen.

Rechtliche Beurteilung

Gemäß § 48 Abs 1 WGarG 2008 entsteht bei Neu- und Zubauten eine Stellplatzverpflichtung nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen; diese ist entweder als Naturalleistung (Pflichtstellplätze) grundsätzlich auf dem Bauplatz oder Baulos oder durch Entrichtung der Ausgleichsabgabe an die Stadt Wien zu erfüllen.

Bleibt bei einem Bauvorhaben nach der Berechnung der Stellplatzverpflichtung die Zahl der vorgesehenen Stellplätze hinter der sich aus dem Gesetz oder dem Stellplatzregulativ ergebenden Anzahl zurück, so ist dies gemäß § 52 Abs 1 WGarG 2008 im Baubewilligungsbescheid festzustellen und auszusprechen, um wie viel die Zahl der vorgesehenen Stellplätze hinter dem gesetzlich geforderten oder dem sich aus dem Stellplatzregulativ ergebenden Ausmaß zurückbleibt.

Gemäß § 52 Abs 3 WGarG 2008 gilt die Herstellung eines Stellplatzes als unwirtschaftlich, wenn die Herstellungskosten den Betrag der durch Verordnung festgesetzten Ausgleichsabgabe übersteigen. Für solche Stellplätze ist eine Ausgleichsabgabe zu entrichten.

Gemäß § 53 Abs 1 WGarG 2008 ist der Bauwerber oder die Bauwerberin abgabepflichtig. Ist er oder sie nicht der Grundeigentümer oder die Grundeigentümerin, so haftet dieser oder diese für die Abgabeschuld zur ungeteilten Hand. Bei einem Wechsel im Grundeigentum haftet auch der neue Grundeigentümer oder die neue Grundeigentümerin für die Abgabeschuld zur ungeteilten Hand.

Gemäß § 55 WGarG 2008 wird die Ausgleichsabgabe mit gesondertem Bescheid bemessen. Die Erhebung einer Beschwerde gemäß § 52 Abs 1 WGarG 2008 (Feststellung inwieweit das Bauvorhaben hinter der Stellplatzverpflichtung zurückbleibt) hindert nicht die Vorschreibung dieser Abgabe.

Gemäß § 56 Abs 1 WGargG 2008 ist die Ausgleichsabgabe binnen einem Monat nach Zustellung des Bemessungsbescheides zu entrichten. Wird die Baubewilligung durch ausdrücklichen Verzicht oder durch Zeitablauf unwirksam, steht ein Anspruch auf zinsenfreie Erstattung des entrichteten Abgabebetrages zu (§ 56 Abs 2 WGarG 2008).

Unter Anwendung dieser Bestimmungen ergibt sich daher, dass das Bauvorhaben, für das der Bf und seine Gattin um Baubewilligung angesucht hatten, hinter der gesetzlichen Stellplatzverpflichtung zurückblieb. Dies wurde rechtskräftig gegenüber dem Bf und seiner Gattin in dem Baubewilligungsbescheid festgestellt. Dieser Bescheid löste die Verpflichtung zur Entrichtung der Ausgleichsabgabe aus. Mit der Rechtskraft des Baubewilligungsbescheides ist der Abgabenanspruch des Magistrats der Stadt Wien gegenüber dem Bf und seiner Ehegattin entstanden. Die Ausgleichsabgabe wurde entsprechend der gesetzlichen Vorschrift mit gesondertem Bescheid bemessen. Der Bemessungsbescheid löste die Abgabenzahlungspflicht aus. Der Bescheid vom steht somit in Übereinstimmung mit der oben dargestellten Rechtslage.

Zu den Einwendungen des Bf gegen diese Abgabepflicht vertritt das Bundesfinanzgericht folgende Rechtsansicht:

Die Ausgleichsabgabe sei nur dem Bf und nicht auch seiner Gattin vorgeschrieben worden.

Gemäß § 1 Abs 1 Bundesabgabenordnung (BAO) gelten die Bestimmungen dieses Gesetzes in Angelegenheiten der öffentlichen Abgaben, soweit diese Abgaben durch Abgabenbehörden des Bundes, der Länder oder der Gemeinden zu erheben sind.

Die Erweiterung des Anwendungsbereiches der BAO auf Landes- und Gemeindeabgaben erfolgte durch die Änderung des § 1 BAO durch das AbgVRefG (BGBl I 2009/20), welches am in Kraft trat.

Somit sind für die Ausgleichsabgabe die Bestimmungen der BAO heranzuziehen.

Gemäß § 6 Abs 1 BAO sind Personen, die dieselbe abgabenrechtliche Leistung schulden, Gesamtschuldner (Mitschuldner zur ungeteilten Hand, § 891 ABGB). Diese Bestimmung verweist dabei nach ihrem Wortlaut zum Begriff der Gesamtschuld auf § 891 ABGB. Diese Bestimmung lautet:

"Versprechen mehrere Personen ein und dasselbe Ganze zur ungeteilten Hand dergestalt, dass sich Einer für Alle, und Alle für Einen ausdrücklich verbinden; so haftet jede einzelne Person für das Ganze. Es hängt dann von dem Gläubiger ab, ob er von allen, oder von einigen Mitschuldnern das Ganze, oder nach von ihm gewählten Anteilen; oder ob er es von einem Einzigen fordern wolle. Selbst nach erhobener Klage bleibt ihm, wenn er von derselben absteht, diese Wahl vorbehalten; und, wenn er von einem oder dem andern Mitschuldner nur zum Teile befriediget wird; so kann er das Rückständige von den übrigen fordern."

Wesen der Gesamtschuld ist somit, dass der Gläubiger die Mitschuldner nicht nur anteilsmäßig in Anspruch nehmen darf, sondern dass er auch die gesamte Schuld nur einem einzigen (einigen, allen) der Gesamtschuldner gegenüber geltend machen darf. Das Wesen der Gesamtschuld dient einer besonders starken Sicherung des Gläubigers. Der Abgabenanspruch wird damit auf mehrere Beine gestellt und die Abgabenbehörde dadurch in die Lage versetzt, die zur Erfüllung der Ansprüche geeignete Person auszuwählen (Ritz, BAO6, § 6, Rz 1-2).

Da sich der Baubewilligungsbescheid an den Bf und seine Gattin richtete, entstand der Abgabeanspruch für die Ausgleichsabgabe sowohl gegenüber dem Bf als auch gegenüber seiner Gattin. Der Bf und seine Gattin wurden dadurch zu Gesamtschuldnern im Sinne des § 891 ABGB. Der Abgabenbehörde stand es somit frei, entweder den Bf, die Gattin des Bf oder beide Abgabenschuldner in Anspruch zu nehmen.

Der Bescheid vom stand somit auch in der Hinsicht, dass er nur an den Bf gerichtet wurde, in Übereinstimmung mit der Rechtslage.

Die Entscheidung, wen der Gesamtschuldner die Abgabenbehörde in Anspruch nimmt, ist im Rahmen des Ermessens zu treffen (Ritz, BAO6, § 6, Rz 6). Die Ermessensentscheidung ist zu begründen.

Die Ermessensübung wurde von der Abgabenbehörde im Abgabebescheid nicht begründet. Insofern ist der Abgabebescheid mit einem Begründungsmangel behaftet. Damit wurde eine Verfahrensvorschrift verletzt. Dies steht jedoch der Bescheidqualität des Abgabebescheides nicht entgegen.

Eine fehlende Begründung kann durch eine gesonderte Begründung oder in einem nachfolgenden Beschwerdeverfahren nachgeholt und dieser Verfahrensmangel damit saniert werden.

Diese fehlende Begründung für die Ermessensübung hat die Abgabenbehörde in der Beschwerdevorentscheidung nachgeholt, indem sie ausführte, warum mit dem Abgabenbescheid nur der Bf und nicht auch seine Gattin in Anspruch genommen worden sei.

Der Bf hat in seinem Vorlageantrag keine Einwendungen gegen diese Ermessensübung vorgebracht. Das Bundesfinanzgericht hegt keine Bedenken gegen die vorgenommene Ermessensübung, da sie sich innerhalb des gesetzlichen Rahmens der Zweckmäßigkeit und Billigkeit bewegt. Dieser Verfahrensmangel ist damit geheilt.

Der Bf und seine Gattin seien im Zeitpunkt der Vorschreibung nicht mehr Bauwerber gewesen, haben das Bauvorhaben nie ausgeführt und nie einen Baubeginn angezeigt.

Gemäß § 4 Abs 1 BAO entsteht der Abgabenanspruch, sobald der Tatbestand verwirklicht ist, an den das Gesetz die Abgabepflicht knüpft. In Abgabenvorschriften enthaltene Bestimmungen über den Zeitpunkt der Entstehung des Abgabenanspruches (der Steuerschuld) bleiben unberührt (Abs 3 leg cit).

Ist ein gesetzlicher Tatbestand verwirklicht, so entsteht der Abgabenanspruch unabhängig vom Willen und der subjektiven Meinung des Abgabenschuldners und der Abgabenbehörde (Ritz, BAO6, § 4, Rz 7).

Der Abgabenanspruch entsteht somit grundsätzlich unabhängig von einer behördlichen Tätigkeit, setzt daher keine diesbezügliche Bescheiderlassung voraus.

Soweit Abgabenbescheide über entstandene Abgabenansprüche absprechen, sind sie deklarativ.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl etwa das hg Erkenntnis vom , 88/13/0241, Slg 6479 F) sind rückwirkende Rechtsgeschäfte ungeachtet ihrer zivilrechtlichen Zulässigkeit für den Bereich des Abgabenrechtes nicht anzuerkennen, es sei denn, der Gesetzgeber selbst hätte diesen Grundsatz durch eine besondere Vorschrift ausdrücklich oder schlüssig zu Gunsten einer steuerlichen Relevanz rückwirkender Tatbestände durchbrochen (vgl ; vgl ).

Ist der Abgabenanspruch entstanden, so ist grundsätzlich der Wegfall des Abgabenanspruches durch nachträgliche Dispositionen des Abgabepflichtigen ausgeschlossen. Daher kann der Abgabenanspruch durch (rückwirkende) Rechtsgeschäfte nicht zum Wegfall gebracht werden. Nachträgliche Dispositionen des Abgabepflichtigen können den Abgabenanspruch nur dann beeinflussen, wenn dies gesetzlich vorgesehen ist.

Der Zeitpunkt der Festsetzung und der Fälligkeit der Abgabe ist ohne Einfluss auf die Entstehung des Abgabenanspruches.

Vom Abgabenanspruch zu unterscheiden ist der Abgabenzahlungsanspruch; das ist die Verpflichtung, einen Abgabenbetrag bestimmter Höhe bis zu einem bestimmten Zeitpunkt zu entrichten. Diese Verpflichtung ergibt sich aus einer bescheidmäßigen Festsetzung.

Der Tatbestand, der die Ausgleichsabgabepflicht auslöst, ist die rechtskräftige Feststellung im Baubewilligungsbescheid, dass das Bauvorhaben hinter der Stellplatzverpflichtung zurückbleibt. Mit dieser Feststellung ist der Abgabenanspruch gegenüber jenen Personen entstanden, an die die Baubewilligung mit dieser Feststellung ergangen ist. Der oder die Bauwerber, die zum Zeitpunkt der Rechtskraft des Baubewilligungsbescheides die Stellung als Bauwerber innehaben und an die sich der Bewilligungsbescheid richtet, sind damit die Abgabenschuldner der Ausgleichsabgabe.

Eine nachträgliche Disposition wie der Wechsel der Bauwerber vermag an diesem Abgabenschuldverhältnis nichts mehr zu ändern.

Im WGarG 2008, in dem die Ausgleichsabgabe geregelt ist, gibt es keine gesetzliche Bestimmung, die eine nachträgliche Dispositionsmöglichkeit über den Ausgleichsabgabenanspruch einräumen würde. Somit kommt die grundsätzliche Regelung zur Anwendung, dass nachträgliche Dispositionen keinen Einfluss auf den bereits entstandenen Abgabenanspruch haben.

Somit entstand mit Rechtskraft der Baubewilligung der Abgabenanspruch gegen den Bf und seine Gattin, sie wurden damit zu Abgabenschuldnern, auch wenn die Zahlungspflicht und die Fälligkeit erst mit der bescheidmäßigen Festsetzung festgelegt wurde. Die spätere Disposition über die Liegenschaft durch Verkauf und über die Baubewilligung in Form des Bauwerberwechsels vermochten keine Wirkung auf den bereits entstandenen Abgabenanspruch auf Ausgleichsabgabe zu entfalten.

Abgesehen davon, dass der Bf und seine Gattin in der Anzeige des Bauwerberwechsels Abgabepflichten insbesondere die Ausgleichsabgabe von der Übertragung der Rechte und Pflichten auf den neuen Bauwerber selbst ausgenommen haben, war eine Übertragung der Abgabepflicht auf den neuen Bauwerber gegenüber dem Abgabegläubiger auf Grund der dargestellten Rechtslage nicht möglich. Es bestünde lediglich die Möglichkeit von privatrechtlichen Vereinbarungen darüber, wer die Ausgleichsabgabe wirtschaftlich trägt.

§ 124 Abs 4 der Bauordnung für Wien (BO für Wien) lautet:

(4) Der Wechsel des Bauwerbers ist der Behörde anzuzeigen. Diese Anzeige ist sowohl vom bisherigen Bauwerber als auch vom zukünftigen Bauwerber zu unterfertigen. Die Pläne und sonstigen Unterlagen sind vom zukünftigen Bauwerber zu unterfertigen. Der zukünftige Bauwerber tritt in die Rechtsstellung des bisherigen Bauwerbers an dessen Stelle ein.

Die BO für Wien enthält dabei keine Begriffsbestimmung für den Bauwerber. Zweifellos handelt es sich dabei um jene Person, die um die Baubewilligung eingekommen ist (Kirchmayer, Bauordnung für Wien, § 124, Anmerkung 2 zu Abs 4).

Eine Baubewilligung bedeutet die Verleihung des subjektiven öffentlichen Rechts, einen Bau nach Maßgabe der bewilligten Pläne zu errichten. Sie enthält lediglich die Feststellung, dass das geplante Vorhaben vom öffentlich-rechtlichen Standpunkt des Raumordnungsrechts und des Baurechts her zulässig ist. Normativer Gehalt einer Baubewilligung ist nur der Ausspruch, dass dem zur Bewilligung beantragten Bau kein im öffentlichen Recht fußendes Hindernis entgegensteht. Die Baubewilligung sagt nichts über allfällige Abgabenansprüche, die mit der Baubewilligung entstehen, aus (vgl ).

Übergang von abgaberechtlichen Pflichten, Gesamtrechtsnachfolge:

Bei Gesamtrechtsnachfolge gehen gemäß § 19 BAO alle Rechtspositionen eines Rechtssubjektes auf den Rechtsnachfolger über. Dies betrifft nicht nur Rechte und Pflichten, die sich aus dem Abgabenschuldverhältnis ergeben, sondern der Rechtsnachfolger tritt in materieller und verfahrensrechtlicher Hinsicht in die gesamte Rechtsstellung des Rechtsvorgängers ein. § 19 BAO versteht unter Gesamtrechtsnachfolge jedenfalls eine solche im zivilrechtlichen Sinn. Ein Beispiel einer derartigen Rechtnachfolge liegt insbesondere bei Erbfolge oder in den vom Gesetz bestimmten Fällen (bspw Umwandlungsgesetz, AktG, EU-VerschmelzungsG etc) vor. Nur im Falle einer Gesamtrechtsnachfolge trete der Rechtsnachfolger in die Rechtstellung des Rechtsvorgängers auch in abgabenrechtlicher Hinsicht ein. Gesamtrechtsnachfolge tritt in abgabenrechtlicher Hinsicht nur in bestimmten, vom Gesetz ausdrücklich so bestimmten Fällen ein.

Der belangten Behörde ist beizupflichten, wenn sie auf Grund der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes in § 124 Abs 4 BO für Wien "nur" eine aus öffentlich-rechtlicher Sicht normierte Ordnungsvorschrift erkennt (vgl auch den Hinweis in Geuder/Hauer, Wiener Bauvorschriften4, Anmerkung 6 zu § 124 BO; vgl auch und 0323 und 97/05/0298). Dieser Bestimmung kommt daher nur Bedeutung für den rechtlichen Teilbereich der baurechtlichen Regelungen zu. Diese Vorschrift regelt keine Gesamtrechtsnachfolge im Sinne des § 19 BAO, die bspw mit einer Erbfolge vergleichbar wäre.

Auf Grund dieser Judikaturlinie des Verwaltungsgerichtshofes zu § 124 Abs 4 BO für Wien spricht diese Bestimmung nach Ansicht des Bundesfinanzgerichtes keine Gesamtrechtsnachfolge im Sinne des Abgabenrechtes für den nachfolgenden Bauwerber aus. Das Bundesfinanzgericht tritt daher der Rechtsansicht der belangten Behörde bei und erachtet die diesbezüglichen Ausführungen des Verwaltungsgerichtshofes, dass es sich bei § 124 Abs 4 BO für Wien nur um eine Ordnungsvorschrift im Bereich des Baurechtes handle, für zutreffend.

Auswirkungen für den Bereich der Ausgleichsabgabe kann die Regelung nur insoweit haben, als der Wechsel in der Stellung des Bauwerbers vor der Entstehung des Abgabenanspruches eingetreten ist. Wenn sich also ein Wechsel in der Stellung des Bauwerbers vor der Erlassung des Baubewilligungsbescheides ergeben hat, dann wäre dieser Wechsel bei der Bestimmung des Abgabepflichtigen zu berücksichtigen. Abgabenschuldner wäre dann der "neue" Bauwerber, also der im Zeitpunkt des Entstehens des Abgabenanspruches aktuelle Bauwerber (vgl ). Dieser Sachverhalt liegt im gegenständlichen Streitfall aber nicht vor.

Das Bundesfinanzgericht geht davon aus, dass auch der Bf durch den Bauwerberwechsel den Eintritt einer Rechtsnachfolge in anderen Bereichen seiner Rechtsstellung, die von der Baubewilligung nicht betroffen sind, nicht erreichen wollte und somit eine Gesamtrechtsnachfolge auch von ihm nicht beabsichtigt war. Eine Disposition über die baurechtlichen Regelungen hinaus lediglich hinsichtlich des Abgabenanspruches ist aber - wie bereits oben ausgeführt - rechtlich nicht möglich.

Zusammenfassend kann somit die Ansicht der belangten Behörde, dem Bauwerberwechsel komme keine steuerliche Relevanz für die Ausgleichsabgabe zu, vom Bundesfinanzgericht nicht als rechtswidrig erkannt werden.

Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im gegenständlichen Fall wurden die aufgeworfenen Rechtsfragen anhand der vorliegenden Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (Wirkung von Rechtsgeschäften auf den bereits entstandenen Abgabenanspruch: vgl ; vgl . Baubewilligung und Bauwerberwechsel: vgl ; vgl auch und 0323 und 97/05/0298, ) beantwortet.

Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung lag somit nicht vor. Aus diesem Grunde wurde die Revision für unzulässig erklärt.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Landesabgaben Wien
betroffene Normen
§ 53 Abs. 1 WGarG 2008, Wiener Garagengesetz 2008, LGBl. Nr. 34/2009
§ 55 WGarG 2008, Wiener Garagengesetz 2008, LGBl. Nr. 34/2009
§ 56 Abs. 2 WGarG 2008, Wiener Garagengesetz 2008, LGBl. Nr. 34/2009
§ 1 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 6 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 891 ABGB, Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch, JGS Nr. 946/1811
§ 4 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 124 Abs. 4 BO für Wien, Bauordnung für Wien, LGBl. Nr. 11/1930
§ 52 Abs. 3 WGarG 2008, Wiener Garagengesetz 2008, LGBl. Nr. 34/2009
§ 48 Abs. 1 WGarG 2008, Wiener Garagengesetz 2008, LGBl. Nr. 34/2009
§ 52 Abs. 1 WGarG 2008, Wiener Garagengesetz 2008, LGBl. Nr. 34/2009
WGarG 2008, Wiener Garagengesetz 2008, LGBl. Nr. 34/2009
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.7400277.2018

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at