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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 23.10.2020, RV/5101199/2020

Keine pauschalierte Vorsteuer bei nicht steuerbaren Umsätzen

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Mag. Marco Laudacher in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr*** über die Beschwerde vom , gegen die Bescheide des Finanzamtes Braunau Ried Schärding vom , betreffend Berichtigung gemäß § 293b BAO hinsichtlich Umsatzsteuer 2013 und 2014

zu Recht erkannt:

1. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Die angefochtenen Bescheide bleiben unverändert.

2. Eine Revision gegen dieses Erkenntnis an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) ist nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Verwaltungsgeschehen im Beschwerdeverfahren:

1. a. Die Umsatzsteuerbescheide des Bf. für 2013 vom und für 2014 vom , wurden mit Berichtigungsbescheiden nach § 293b BAO vom abgeändert. Die jeweils geltend gemachte Vorsteuer von 1.779,27 € (für 2013) und von 2.079,77 € (für 2014) wurde nicht anerkannt.

b. In der Begründung der Bescheide wurde angeführt, dass die gemäß § 14 UStG pauschal ermittelten Vorsteuern nicht anerkannt werden könnten. Die detaillierte Begründung sei der Beschwerdevorentscheidung (BVE) betreffend Umsatzsteuer 2015 zu entnehmen.

c. Aus der Entscheidung des , zum selben Steuerpflichtigen, ist der Begründung der BVE vom für die Umsatzsteuer 2015 folgendes zu entnehmen:

"Gemäß § 14 UStG kann ein Unternehmer die abziehbare Vorsteuer wahlweise mittels Durchschnittssatz in Höhe von 1,8% des Gesamtumsatzes oder gemäß § 12 UStG mit dem tatsächlichen Vorsteuerbetrag ermitteln. Gesamtumsatz gemäß § 1 Abs 1 Z 1 UStG sind Lieferungen und sonstige Leistungen, die ein Unternehmer im Inland gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens ausführt. Bei den von ihnen ausgeführten Umsätzen handelt es sich um Auslandsumsätze, die nicht unter das UStG § 1 Abs 1 Z 1 fallen. Als Bemessungsgrundlage für die Geltendmachung des Vorsteuerabzuges nach Durchschnittssätzen gemäß § 14 UStG gilt daher lediglich die Summe der Inlandsumsätze. Diese beträgt in diesem Fall Null. Eine Ungleichbehandlung zu einem Unternehmer mit Inlandsumsätzen liegt daher nicht vor."

2. Mit Schreiben vom wurde Beschwerde gegen die Berichtigungsbescheide gemäß § 293b BAO betreffend Umsatzsteuer 2013 und 2014 eingelegt:

a. In den Umsatzsteuererklärungen 2013 und 2014 seien pauschale Vorsteuern geltend gemacht worden und man habe diese auch durch die Eintragung in der Kennzahl 084 der Steuererklärung ausdrücklich als pauschale Vorsteuern kenntlich gemacht. Die Finanzbehörde habe diese Vorsteuern zunächst gewährt.

b. Mit den angefochtenen Bescheiden versuche die Finanzbehörde nun unter Rückgriff auf § 293b BAO ihre Rechtsauffassung durchzusetzen, wonach pauschale Vorsteuern im vorliegenden Fall nicht zustehen würden.

c. Zu dieser Rechtsauffassung sei die Finanzbehörde offensichtlich erst kürzlich gelangt, da genau zu diesem Thema bei genau diesem Bf. bereits für das Veranlagungsjahr 2015 eine Bescheidbeschwerde anhängig sei, für deren Abweisung die Finanzbehörde exakt sechs Monate benötigt habe.

Am selben Tag, an dem die Finanzbehörde die Bescheidbeschwerde 2015 nach sechs Monaten abgewiesen habe, seien die angefochtenen Bescheide für 2013 und 2014 erlassen worden. Ein kausaler Zusammenhang erscheine offensichtlich.

d. Dass nun die Finanzbehörde aber als Verfahrenstitel für die gewünschte Rechtskraftdurchbrechung der rechtskräftig veranlagten Jahre 2013 und 2014 den § 293b BAO heranziehe, sei eine klare Verkennung der Rechtslage. Es handle sich gerade nicht um eine offensichtliche Unrichtigkeit der Abgabenerklärung, sondern um eine wohlbegründete Rechtsansicht. Aus diesem Grund werde gleichzeitig mit einem weiteren Schriftsatz auch die Vorlage der Beschwerde Umsatzsteuer 2015 an das BFG beantragt. Aus eben diesem Grund habe die Finanzbehörde die Beschwerde gegen die Umsatzsteuer 2015 auch nach sechs Monaten und nicht nach sechs Tagen abgewiesen.

e. Zurinhaltlichen Begründung der Rechtsansicht, wonach pauschale Vorsteuern im vorliegenden Fall zustünden, verweise man ausdrücklich auf das offene Verfahren Umsatzsteuer 2015.

f. Man ersuche um ersatzlose Aufhebung der angefochtenen Bescheide.

g. Im Verfahren , beim selben Bf., wurde der Vorsteuerabzug für 2015 wie folgt begründet:

(1) Beschwerde:

Ein vergleichbares Unternehmen mit gleicher Struktur, in der Nähe ansässig, dessen Kunde nicht zufällig im benachbarten Ausland sondern auf dem Staatsgebiet der Republik Österreich sei, habe das Recht von der Regelung der pauschalen Vorsteuer Gebrauch zu machen. Nur die Tatsache, dass der Kunde des Bf. nicht in Österreich, sondern im benachbarten Deutschland ansässig sei, nehme dem Bf. die Möglichkeit, von dieser Regelung Gebrauch zu machen. Das verstoße gegen das Gebot der Gleichbehandlung und sei keinesfalls konform mit den Regelungen, welche die Rechtsprechung der Europäischen Union vorsehe.

(2) Vorlage:

Während die Finanzbehörde durch den Verweis auf § 1 UStG lediglich im Inlnd steuerbare Umsätze zur Berechnung heranziehe, vertrete der Antragsteller die Auffassung, dass eine derartig enge Auslegung gegen den Sinn der Bestimmung ebenso verstoße, wie gegen EU-rechtliche Vorgaben. Der Bf. sei im gegenständlichen Fall ein ausschließlich in Österreich ansässiger Unternehmer. Sämtliche Umsätze aus seiner gewerblichen Tätigkeit seien dem österreichischen Unternehmen zuzurechnen. Weitere unternehmerische Tätigkeiten habe man nicht ausgeübt. Da der Bf. ausschließlich an deutsche Unternehmen Leistungen erbracht habe, seien die Umsätze aus dieser Tätigkeit in Österreich nicht steuerbar gewesen (§ 3a Abs 6 UStG).

Art 281 der MwSt-Syst-RL als unionsrechtliche Grundlage des § 14 Abs 1 UStG normiere, dass Pauschalierungs- und Vereinfachungsregeln keine Steuerermäßigung bewirken dürften. Nach Auffassung der Finanzbehörde stünden pauschale Vorsteuern lediglich in Österreich ansässigen Unternehmern mit in Österreich ansässigen Kunden zu. Eine derartige Auslegung verstoße in ihren oben dargestellten Auswirkungen offensichtlich gegen das Verbot der Steuerermäßigung und diskriminiere darüber hinaus in unsachlicher Weise Unternehmer, die ihre Dienstleistungen exportierten. Bei EU-rechtskonformer Auslegung des § 14 Abs 1 UStG habe die Bemessung der pauschalen Vorsteuern von dem im inländischen Unternehmen erzielten Umsatz zu erfolgen, egal wo nach dem Konzept der §§ 3 und des 3a UStG der Ort der Leistung liege. Die Auslegung der Finanzverwaltung sei ein klarer Verstoß gegen EU-Recht.

3. Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Beschwerde gegen die Umsatzsteuerbescheide 2013 und 2014 (Berichtigung nach § 293b BAO) als unbegründet abgewiesen:

a. Gemäß § 293b BAO könne die Abgabenbehörde von Amts wegen einen Bescheid insoweit berichtigen, als seine Rechtswidrigkeit auf der Übernahme offensichtlicher Unrichtigkeiten aus Abgabenerklärungen beruhe.

b. § 293b BAO setze voraus, dass die Abgabenbehörde den Inhalt einer Abgabenerklärung übernehme, wobei diesem Inhalt eine offensichtliche Unrichtigkeit zugrunde liege. Dies sei dann zu bejahen, wenn die Abgabenbehörde bei ordnungsgemäßer Prüfung der Abgabenerklärung die Unrichtigkeit hätte erkennen müssen, ohne ein weiteres Ermittlungsverfahren durchzuführen. Die Unrichtigkeit könne laut Rspr des VwGH sowohl in einer unzutreffenden Rechtsauffassung als auch in einer in sich widersprüchlichen oder eindeutig gegen menschliches Erfahrungsgut sprechenden Sachverhaltsdarstellung zum Ausdruck kommen.

c. Ob eine offensichtliche Unrichtigkeit im Hinblick auf die übernommene Rechtsauffassung vorliege, sei anhand des Gesetzes und vor allem auch anhand der dazu entwickelten Rspr zu beurteilen. Bestünde behördlicherseits bei entsprechender Prüfung von vorneherein die Gewissheit, dass die in der Abgabenerklärung vertretene Rechtsansicht unrichtig sei, so liege aus Sicht der Abgabenbehörde eine offensichtliche Unrichtigkeit vor.

d. Im gegenständlichen Fall sei in der Umsatzsteuererklärung der Vorsteuerabzug nach Durchschnittssätzen geltend gemacht worden. Der Bf. habe aber nur Umsätze erzielt, die in Österreich nicht steuerbar seien. Als Bemessungsgrundlage für die Geltendmachung des Vorsteuerabzuges nach Durchschnittssätzen gemäß § 14 UStG gelte lediglich die Summe der Inlandsumsätze, diese betrage im gegenständlichen Fall Null. Die pauschale Vorsteuer stehe deshalb nicht zu.

e. Aufgrund der in den Abgabenerklärungen erfolgten Offenlegung des - entgegen der Ansicht der Finanzverwaltung - vorgenommenen pauschalen Vorsteuerabzuges, liege eine offensichtliche Unrichtigkeit vor. Die Berichtigung erfolge demnach zu Recht. Hinsichtlich der weiteren Ausführungen werde auf das BFG-Erkenntnis vom verwiesen. Daher sei die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

4. Mit Schreiben vom stellte der Bf einen Antrag auf Vorlage der Beschwerde gegen die berichtigten Umsatzsteuerbescheide 2013 und 2014 an das Bundesfinanzgericht:

a. Bei diesen Bescheiden habe es sich gerade nicht um offensichtliche Unrichtigkeiten der Abgabenerklärung gehandelt, sondern um eine wohlbegründete Rechtsansicht. Dieser sei die Finanzbehörde im damaligen Zeitraum auch gefolgt.

b. Im Jahr 2017 sei die Finanzbehörde der Rechtsansicht dann nicht mehr gefolgt und habe die Vorsteuern 2015 nicht mehr anerkannt. Am selben Tag, an dem die Finanzbehörde die Bescheidbeschwerde 2015 nach sechs Monaten abgewiesen habe, seien die Bescheide 2013 und 2014 erlassen worden. Ein kausaler Zusammenhang sei offensichtlich.

c. Zum Zeitpunkt der Bescheidberichtigungen am seien der Finanzbehörde keine neuen Erkenntnisse hinsichtlich der getätigten Erklärungen vorgelegen. Sämtliche gemachten Angaben seien im Vergleich zum Zeitpunkt der ursprünglichen Umsatzsteuerbescheide unverändert geblieben. Die Finanzbehörde sei lediglich zu einer neuen Rechtsauffassung gelangt, welche sie nachträglich versuche durch Heranziehen des § 293b BAO für 2013 und 2014 durchzusetzen.

d. Dies sei eine klare Verkennung der Rechtslage.

5. Am wurde die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorgelegt: Aufgrund der in den Abgabenerklärungen erfolgten Offenlegung liege eine offensichtliche Unrichtigkeit vor.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Sachverhalt

Der Bf. erbringt als inländischer Unternehmer ausschließlich sonstige Leistungen an Unternehmen in Deutschland. Das ergibt sich dezidiert aus dem Vorlageantrag zur Beschwerde Umsatzsteuer 2015. Die Umsätze sind im Inland daher nicht steuerbar. Mit diesen Umsätzen in Zusammenhang stehende Vorsteuern wurden vom Bf. abgezogen.

Beweiswürdigung

Das Faktum der ausschließlichen Erbringung nicht steuerbarer Umsätze wurde vom Bf. selbst behauptet.

Rechtslage:

1. a. Nach § 1 Abs 1 Z 1 UStG unterliegen der Umsatzsteuer Lieferungen und sonstige Leistungen, die ein Unternehmer im Inland gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens ausführt.

b. Zum Ort der Leistung führt § 3a Abs 6 UStG aus: Eine sonstige Leistung, die an einen Unternehmer im Sinne des Abs. 5 Z 1 und 2 ausgeführt wird, wird vorbehaltlich der Abs. 8 bis 16 und Art. 3a an dem Ort ausgeführt, von dem aus der Empfänger sein Unternehmen betreibt. Wird die sonstige Leistung an die Betriebsstätte eines Unternehmers ausgeführt, ist stattdessen der Ort der Betriebsstätte maßgebend.

2. Nach § 6 Z 27 UStG ist der Kleinunternehmer ein Unternehmer, der im Inland einen Wohnsitz oder Sitz hat und dessen Umsätze nach § 1 Abs 1 Z 1 und 2 im Veranlagungszeitraum 30.000 Euro nicht übersteigen. Bei dieser Umsatzgrenze bleiben die Umsätze aus Hilfsgeschäften einschließlich der Geschäftsveräußerungen außer Ansatz.

3. Gemäß § 14 Abs 1 werden die Durchschnittssätze wie folgt ermittelt: Unternehmer, bei denen die Voraussetzungen gemäß § 17 Abs. 2 Z 2 UStG des Einkommensteuergesetzes für die Ermittlung der Betriebsausgaben mit einem Durchschnittssatz vorliegen, können die abziehbaren Vorsteuerbeträge mit einem Durchschnittssatz von 1,8% des Gesamtumsatzes aus Tätigkeiten im Sinne des § 22 und § 23 EStG mit Ausnahme der Umsätze aus Hilfsgeschäften, höchstens jedoch mit einer abziehbaren Vorsteuer von 3 960 Euro, berechnen.

4. § 17 Abs 5 UStG lautet: Hängt die Anwendung einer Besteuerungsvorschrift vom Gesamtumsatz ab, so ist bei der Sollbesteuerung von den steuerbaren Lieferungen und sonstigen Leistungen, bei der Istbesteuerung von den vereinnahmten Entgelten und den Umsätzen gemäß § 3 Abs. 2 und § 3a Abs. 1a UStG auszugehen. Außer Betracht bleiben die steuerfreien Umsätze mit Ausnahme der nach § 6 Abs. 1 Z 1 bis 6 UStG befreiten Umsätze sowie die Geschäftsveräußerungen nach § 4 Abs. 7 UStG.

Rechtliche Beurteilung

1. a. Der Bf. begehrt den pauschalen Vorsteuerabzug, obwohl er nur nichtsteuerbare ausländische Umsätze aufweist. Die Finanzverwaltung will im Zusammenhang mit diesen Umsätzen keine Vorsteuer zuerkennen.

b. Der Bf. verweist in seiner Darstellung zur Begründung des Vorsteuerabzuges lediglich

- (1) auf das Verfahren Umsatzsteuer 2015 (Beschwerde vom ),

- (2) auf ein dem Bf. bekanntes ähnliches Unternehmen mit Inlandskunden, das den Vorsteuerabzug erhalten habe, während dies dem Bf mit seinen Auslandskunden verweigert werde und angebliche dadurch begangene EU-Rechtsverletzungen (Verfahren ) und

- (3) auf das Faktum, dass der Finanzverwaltung keine neuen Erkenntnisse nach Abgabe der Steuererklärungen zugekommen seien (Vorlageantrag vom ).

2. Verfahren 2015:

Zunächst ist festzuhalten, dass es am Bf und seinem steuerlichen Vertreter gelegen wäre, die Beschwerde ordnungsgemäß zu begründen. Enthalten ist nur der simple Verweis auf ein anderes Verfahren desselben Steuerpflichtigen.

3. Ähnliche Steuerfälle:

Die steuerliche Behandlung ähnlicher Unternehmen ist kein Kriterium für die Beurteilung der gegenständlichen Causa. Aus der (angeblichen) Bevorzugung (oder Benachteiligung) anderer Unternehmen kann der Unternehmer keinen Rückschluss auf die ihm zustehende steuerliche Behandlung ziehen.

4. Vorsteuerabzug und EU-Rechtsverletzung:

a. Unbestritten ist der Bf. Kleinuntermehmer und fällt unter die Regelung des § 6 Abs 1 Z 27 UStG (siehe dazu auch ).

b. Die Voraussetzungen für den Vorsteuerabzug von Kleinunternehmern sind bereits in der AÖF 1994/287, 14 0602/3-IV/14/94, Durchführungserlass zur gesetzlichen Basispauschalierung, enthalten: Nach § 14 Abs 1 Z 1 UStG beträgt die pauschale Vorsteuer 1,8% des Gesamtumsatzes, der in § 17 Abs 5 UStG definiert ist. Der Gesamtumsatz setzt sich aus den steuerbaren Lieferungen, den sonstigen Leistungen und dem Eigenverbrauch zusammen. Außer Ansatz bleiben die unecht befreiten Umsätze und die Geschäftsveräußerungen nach § 4 Abs 7 UStG.

c. Ist der Steuerpflichtige in seinem Ansässigkeitsstaat als Kleinunternehmer steuerbefreit (Art 282 ff MwSt-Syst-RL) steht ihm gemäß § 289 MwSt-Syst-RL kein Vorsteuerabzug zu. Dies gilt auch in Bezug auf jene im Ansässigkeitsstaat angefallenen Umsatzsteuerbeträge, die mit Leistungen des Kleinunternehmers zusammenhängen, die er in einem anderen Mitgliedsstaat umsatzsteuerpflichtig erbringt. Der Kleinunternehmer ist somit im Ansässigkeitsstaat auch vom Vorsteuerabzug aus jenen Vorleistungen ausgeschlossen, die seine in anderen Mitgliedstaaten erbrachten (und damit steuerpflichtigen) Ausgangsleistungen betreffen (Zorn in ÖStZB 2019, 214, Kein inländischer Vorsteuerabzug des Kleinunternehmers für inländische Vorleistungen zu im Ausland umsatzsteuerpflichtig erbrachten Leistungen, zu ).

d. Der Bf. weist im vorliegenden Fall ausschließlich nicht steuerbare Umsätze im Ausland auf: Soweit der leistende Unternehmer das Unternehmen im Inland und der Leistungsempfänger im Ausland betreiben, liegt der Leistungsort im Ausland. In Österreich besteht diesbezüglich keine Steuerpflicht (Ruppe/Achatz, § 3a, Rz 54, 55), es kommt zum Übergang der Steuerschuld auf den ausländischen Empfänger.

e. Da selbst umsatzsteuerpflichtige Leistungen nicht zum Vorsteuerabzug führen, können nicht steuerbare Auslandsumsätze nicht von der Pauschalierung der Vorsteuer erfasst sein (Ruppe/Achatz, UStG-Kommentar, § 14, Rz 19: Nicht steuerbare Umsätze zählen nicht zur Berechnungsgrundlage, obwohl mit ihnen Vorsteuern verbunden sein können, die prinzipiell nach § 12 abzugsfähig sind).

f. Eine EU-widrige Rechtsauslegung liegt nicht vor, da der , diese Einschränkung der steuerbefreiten Kleinunternehmer selbst für mit dem EU-Recht vereinbar gehalten hat. Die Rechtsansicht des Bf. ist damit auch keine "vertretbare Rechtsansicht".

5. § 293b BAO und "neue Erkenntnisse" im Berichtigungsverfahren:

a. (1) § 293b BAO soll eine Handhabe gegen Abgabepflichtige bieten, die darauf hoffen, dass offensichtliche Unrichtigkeiten in ihren Abgabenerklärungen bei der Veranlagung übersehen werden (Ritz, BAO, § 293b Rz 1).

(2) Eine Unrichtigkeit ist dann nicht offensichtlich, wenn sie auf einer vertretbaren Rechtsansicht beruht (Ritz, BAO, § 293b Rz 2).

(3) Eine Unrichtigkeit ist offensichtlich, wenn sie ohne nähere Untersuchung im Rechtsbereich und ohne Ermittlungen im Tatsachenbereich deutlich erkennbar ist bzw die Abgabenbehörde bei ordnungsmäßiger Prüfung der Abgabenerklärung die Unrichtigkeit hätte erkennen müssen (Ritz, BAO, § 293b Rz 5).

(4) Offensichtliche Unrichtigkeiten sind nur dann gemäß § 293b BAO beseitigbar, wenn sie aus Abgabenerklärungen übernommen worden sind. Eine solche Übernahme liegt vor, wenn die Abgabenbehörde den widersprüchlichen, nicht mit der Wirklichkeit übereinstimmenden Sachverhalt dem Bescheid zugrunde legt, weil sie die Unrichtigkeit mangels entsprechender Prüfung nicht erkennt. Ist der Sachverhalt durchaus denkbar, führt er aber als Folge einer offenbar unrichtigen Rechtsauffassung des Abgabepflichtigen zu einem unrichtigen Ergebnis, so ist § 293b BAO anwendbar, wenn die Abgabenbehörde die Unrichtigkeit der Rechtsauffassung (die unrichtige Rechtsfolge) nicht wahrnimmt. § 293b BAO ist auch anwendbar, wenn die offensichtliche Unrichtigkeit mehrfach übersehen wurde (, wonach die Unrichtigkeit vier Jahre lang übernommen wurde). Das weitgehend ungeprüfte Übernehmen des Inhaltes von Abgabenerklärungen in Abgabenbescheiden ist nämlich durchaus nichts Unübliches und kann daher auch mehrmals wiederholt erfolgen (Ritz, BAO, § 293b Rz 7).

(5) Liegen die Voraussetzungen des § 293b BAO für eine Berichtigung vor, so liegt sie im Ermessen (Ritz, BAO, § 293b Rz 8).

b. (1) Die ungeprüfte Übernahme des Inhalts der Abgabenerklärung dient der schnelleren - von den Steuerpflichtigen und der Steuerberatung - seit jeher geforderten Erledigung der Jahressteuererklärungen. Die Finanzverwaltung hat in der Folge dieser schnellen Erledigung den zu Unrecht erfolgten Vorsteuerabzug offenkundig übersehen. Aber auch wenn kein Soforteingabefall vorgelegen wäre, würde dies an der Rechtmäßigkeit der Berichtigung gemäß § 293b BAO nichts ändern ().

(2) Hätte die Abgabenbehörde bei der bekannten Sachlage - dass der Bf. ausschließlich Auslandsleistungen (erklärter inländischer Umsatz für die Berechnung der Umsatzsteuer Null) erbringt - bei der Veranlagung den Vorsteuerabzug dahingehend geprüft, wäre dieser Fehler schon früher aufgefallen. Keine Rolle spielt der Umstand, dass die Aufdeckung erst nach Behandlung der Umsatzsteuer 2015 durch das Finanzamt erfolgt ist. Entscheidend ist lediglich, dass eine offensichtliche Unrichtigkeit vorliegt. Dies ist nach den vorangehend geschilderten Umständen gegeben.

(3) Da ein Vorsteuerabzug bei ausschließlich nicht steuerbaren Auslandsumsätzen nicht in Betracht kommt, war der Rechtsrichtigkeit der Vorzug vor der Rechtsbeständigkeit einzuräumen. Mit Beträgen von 1,779,27 € und 2.079,77 €, handelt es sich nach der VwGH-Rsp auch nicht nur um bloß geringfügige Unrichtigkeiten ( zu einer Berichtigung der Umsatzsteuer mit 10.000,00 Schilling (= 726,73 €). Billigkeitsgründe die einer Berichtigung entgegenstünden, hat der Bf. nicht vorgebracht.

6. Zu "neuen Erkenntnissen".

Für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Berichtigung irrelevant ist auch der Umstand, ob der Finanzverwaltung "neue Erkenntnisse" zugekommen sind. Diese Frage ist nur im Rahmen einer Wiederaufnahme des Verfahrens zu erörtern. Für die Berichtigung ist nur entscheidend, ob eine offensichtliche Unrichtigkeit gegeben war, ob diese Unrichtigkeit im Zeitpunkt der Erlassung des Berichtigungsbescheides beurteilt wurde und ob keine vertretbare Rechtsansicht vorgelegen ist.

7. a. Die Finanzverwaltung hat nicht - wie der Bf annimmt - später die Rechtsauffassung geändert, sondern sie hat im Zeitpunkt der Erlassung des Erstbescheides die Unrichtigkeit mangels sofortiger Überprüfung nicht erkannt. Auch wenn der Bf. wiederholt und geradezu mantramäßig einen Zusammenhang zwischen der Bescheiderlassung für 2013 und 2014 sowie der Abweisung für den Umsatzsteuerbescheid 2015 herstellen und damit offensichtlich einen "Rechtsschwenk" darstellen will: Die Behörde hat schlicht und einfach die Unrichtigkeit infolge ungeprüfter Eingabe der Steuererklärung (die ja stets von Steuerpflichtigen und Steuerberatern gefordert wird) nicht bemerkt und im Zeitpunkt der Realisierung dieser Unrichtigkeit anschließend korrigiert. Wäre die Behörde der Frage der fehlenden inländischen Umsätze nachgegangen, hätte die Unrichtigkeit auch - ohne nähere Untersuchungen im Rechtsbereich - erkannt werden können.

b. (1) Nach dieser Vorgangsweise kann die Berichtigung nach § 293b BAO unbedenklich eingesetzt werden.

Sie wäre auch nicht nötig gewesen, wenn der Bf. nicht (unterstützt durch die Soforteingabe der Steuererklärungen) in einer der jüngeren Rspr des EuGH entgegenstehenden Weise einen Vorsteuerabzug vorgenommen hätte. Da der Bf steuerlich vertreten ist, hätte ihm - oder dem steuerlichen Vertreter - zumindest die Kommentierung in Ruppe/Achatz in § 14 UStG bekannt sein müssen, wonach nicht steuerbare Umsätze nicht zur Bemessungsgrundlage zählen.

(2) Soweit der Bf. darauf verweist, dass Pauschalierungsregeln keine Steuerermäßigung bewirken dürften, ist damit gemeint, dass die Begünstigung einer pauschalen Berechnung nicht dazu führen darf, dass der pauschalierte Unternehmer weniger Umsatzsteuer zahlen muss, als der nichtpauschalierte Unternehmer. Inwiefern die Auslegung des § 14 UStG im gegenständlichen Fall dagegen verstoßen soll, ist für das BFG nicht erkennbar.

c. Der Grund liegt darin, dass Umsatzsteuer und Vorsteuer "kommunizierende Gefäße" darstellen und es daher ohne Möglichkeit der Vorschreibung von Umsatzsteuer auch keinen Vorsteuerabzug geben kann.

Aus den bezeichneten Gründen war die Beschwerde gegen die von der Finanzverwaltung vorgenommene Bescheidberichtigung betreffend Umsatzsteuer für 2013 und 2014 als unbegründet abzuweisen.

  • Zulassung zur Revision:

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts¬hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die Entscheidung orientiert sich an der ständigen Rechtsprechung des VwGH. Eine Rechtsfrage mit besonderer Bedeutung liegt nicht vor.

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.5101199.2020

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at