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Bescheidbeschwerde – Einzel – Beschluss, BFG vom 09.12.2020, RV/5100498/2018

Wegfall der Rechtspersönlichkeit eines Vereins bei Auflösung ohne Abwicklungsbedarf

Entscheidungstext

BESCHLUSS

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Adr1***, betreffend die Beschwerde vom gegen die Bescheide des ***FA*** vom betreffend Umsatz- und Körperschaftsteuer 2010 bis 2015 sowie Umsatzsteuerfestsetzung für die Zeiträume 01-03/2016, 04-06/201, 07-09/2016 und 10-12/2016, Steuernummer , beschlossen:

Die Beschwerde wird als gegenstandslos geworden erklärt und das Verfahren eingestellt.

Gegen diesen Beschluss ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 iVm Abs. 9 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Begründung

I. Verfahrensgang:

1. Mit Bescheiden vom wurde gegenüber dem beschwerdeführenden Verein (Entstehungsdatum ***Datum1***) nach Durchführung einer Nachschau durch die Abgabenbehörde Umsatz- und Körperschaftsteuer für die Jahre 2010 bis 2015 sowie Umsatzsteuer für die Zeiträume 01-03/2016, 04-06/2016, 07-09/2016 und 10-12/2016 festgesetzt.

2. Mit Schriftsatz vom wurde gegen diese Bescheide vom bevollmächtigten Vertreter Beschwerde eingebracht, wobei die Aberkennung der Gemeinnützigkeit des Vereins und die Schätzung der Bemessungsgrundlagen bekämpft wurden. Es wurde die Abhaltung einer mündlichen Verhandlung beantragt.

3. Nach Abweisung der Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidungen des Finanzamtes vom wurde mit Schriftsatz vom die Vorlage der Beschwerde zur Entscheidung durch das Bundesfinanzgericht beantragt (Vorlageantrag).

4. Mit Vorlagebericht vom wurde die gegenständliche Beschwerde mit den bezughabenden Aktenteilen vom Finanzamt dem Bundesfinanzgericht mit dem Antrag auf Abweisung vorgelegt.

5. Am wurde von der belangten Behörde ein Vereinsregisterauszug der zuständigen Vereinsbehörde (***BH***) zum Stichtag ***Datum2*** nachgereicht, aus dem hervorgeht, dass der beschwerdeführende Verein mit ***Datum3*** rechtskräftig freiwillig aufgelöst worden war. Als organschaftliche Vertreter schienen bis zum ***Datum4*** (Funktionsperiode ***Datum7*** - ***Datum4***) die Namen des Obmannes, des Schriftführers, der Kassierin und deren Stellvertreter auf. Ein Abwickler wurde nicht bestellt.

6. Am wurde von der ***BH*** über Ersuchen des Bundesfinanzgerichtes die vom damaligen Vereinsobmann am ***Datum5*** unterzeichnete "Anzeige der freiwilligen Vereinsauflösung (§ 28 Abs. 2 VerG)" - eingebracht bei der ***BH*** am ***Datum5*** - übermittelt. Danach hatte der Verein am ***Datum6*** statutengemäß seine freiwillige Auflösung mit Wirkung per ***Datum3*** beschlossen. Aus der Anzeige ging auch hervor, dass Vereinsvermögen nicht vorhanden und eine Abwicklung daher nicht erforderlich war.

7. Mit Schreiben des Bundesfinanzgerichtes vom wurde der belangten Behörde unter Bezugnahme auf die entsprechenden Normen des Vereinsgesetzes und hierzu ergangene einschlägige Rechtsprechung mitgeteilt, dass im Fall, dass eine Abwicklung mangels noch vorhandenem Vereinsvermögen nicht erforderlich und auch kein Rückzahlungsanspruch für den Fall des Obsiegens im anhängigen Verfahren ersichtlich sei, der Verein mit Eintragung seiner Auflösung im Vereinsregister seine Rechtspersönlichkeit verliere und ein anhängiges Beschwerdeverfahren wegen Wegfalls der beschwerdeführenden Partei (Verlust der Rechtspersönlichkeit bzw. Parteifähigkeit) nicht fortgeführt werden könne.
Gleichzeitig wurde dem Finanzamt die von der ***BH*** übermittelte Anzeige der freiwilligen Vereinsauflösung vom ***Datum5*** zur Kenntnis gebracht und angemerkt, dass die sich aus dem Vereinsregisterauszug ergebende Information, dass kein Vereinsvermögen mehr vorhanden und eine Abwicklung nicht erforderlich sei, bestätigt worden sei. Überdies wurde um Mitteilung gebeten, ob der beschwerdeführende Verein bereits Zahlungen geleistet habe, bezüglich welcher im Falle des Obsiegens im gegenständlichen Beschwerdeverfahren ein Rückzahlungsanspruch bestünde.

8. In seiner Antwort vom teilte der Vertreter der belangten Behörde mit, dass vom beschwerdeführenden Verein noch keine Zahlungen geleistet worden seien.

9. Mit Schreiben des Bundesfinanzgerichtes vom wurde dem ehemaligen Obmann des Vereines mitgeteilt, dass nach Auskunft des Finanzamtes bislang noch keine Zahlungen geleistet worden seien, bezüglich welcher im Falle des Obsiegens im Beschwerdeverfahren ein Rückzahlungsanspruch des Vereines bestünde. Es werde um Stellungnahme zu den Aussagen in der Anzeige über die freiwillige Vereinsauflösung vom ***Datum5*** ersucht, dass Vereinsvermögen nicht vorhanden und eine Abwicklung nicht erforderlich sei.
Im Falle der Bestätigung dieser Aussage werde das anhängige Beschwerdeverfahren betreffend Umsatz- und Körperschaftsteuer 2010 bis 2015 und Umsatzsteuer 1-12/2016 wegen Verlustes der Rechtspersönlichkeit bzw. Parteifähigkeit des Vereines einzustellen sein.

10. In seiner Antwort vom bestätigte der ehemalige Obmann die bereits in der Anzeige vom ***Datum5*** dargestellte Vermögenslosigkeit des Vereins und teilte durch seinen Vertreter mit, dass er das Amt im ***Monat*** 2020 vom früheren Obmann übernommen habe. Schon zu diesem Zeitpunkt habe der Verein über keinerlei Vermögen verfügt. Aufgrund der mit der aktuellen Pandemie verbundenen Kontaktbeschränkungen sei die Weiterführung des Vereins nicht mehr sinnvoll gewesen und sei am ***Datum5*** die Auflösung bekanntgegeben worden. Auch zu diesem Zeitpunkt sei keinerlei Vereinsvermögen mehr vorhanden gewesen.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt:

Mit Schriftsatz vom wurde vom beschwerdeführenden Verein gegen die Bescheide des Finanzamtes vom , mit denen nach einer Außenprüfung Umsatz- und Körperschaftsteuer für die Jahre 2010 bis 2015 sowie Umsatzsteuer für die Zeiträume 1-12/2016 vorgeschrieben worden war, Beschwerde erhoben.
Nach Erlassung von abweisenden Beschwerdevorentscheidungen und Erhebung eines Vorlageantrages wurde die Beschwerde am dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorgelegt.
Am ***Datum6*** wurde vom Verein statutenmäßig dessen freiwillige Auflösung mit Wirkung per ***Datum3*** beschlossen. Dies wurde der ***BH*** als zuständiger Vereinsbehörde am ***Datum5*** mit "Anzeige der freiwilligen Vereinsauflösung", unterzeichnet vom damals seit ***Datum7*** fungierenden Obmann, angezeigt. Vereinsvermögen war danach nicht vorhanden und eine Abwicklung nicht erforderlich. Die freiwillige Auflösung per ***Datum3*** wurde im Vereinsregister eingetragen.
Am übermittelte die belangte Behörde dem Bundesfinanzgericht einen entsprechenden Vereinsregisterauszug zum Stichtag ***Datum2***, der die freiwillige Auflösung des Vereins ohne Vermerk einer Abwicklung auswies.
Auf die im gegenständlichen Beschwerdeverfahren strittigen Abgabenschuldigkeiten wurden vom Verein noch keine Zahlungen geleistet. Vereinsvermögen ist nicht mehr vorhanden.

2. Beweiswürdigung:

Die Beweisaufnahme erfolgte zunächst durch Einsicht in die mit dem Vorlagebericht elektronisch übermittelten Akten des Finanzamtes, aus denen sich auch der unter Punkt I.1.-3. dargelegte Verfahrensgang ergibt.
Weiters wurden im Rahmen der Entscheidungsfindung folgende Unterlagen herangezogen:
- Vereinsregisterauszug zum Stichtag ***Datum2*** (siehe Punkt I.5.):
Dieser wurde am von der belangten Behörde an das Bundesfinanzgericht übermittelt. Daraus ging der aktuelle Datenstand laut Vereinsregister hervor (Entstehungsdatum des Vereines, aktueller Obmann des Vereines seit ***Datum7***, freiwillige Auflösung des Vereines mit Rechtskraft ***Datum3***; Namen des Obmannes, des Schriftführers, der Kassierin und deren Stellvertreter; keine Bestellung eines Abwicklers).
- Anzeige der freiwilligen Vereinsauflösung (§ 28 Abs. 2 VerG/siehe Punkt I.6):
Diese wurde von der zuständigen Vereinsbehörde (***BH***) über Ersuchen des Bundesfinanzgerichtes am übermittelt. Aus dieser vom Obmann am ***Datum5*** und am selben Tag bei der Vereinsbehörde eingebrachten Anzeige ging hervor, dass der beschwerdeführende Verein am ***Datum6*** statutenmäßig seine freiwillige Auflösung mit Wirkung per ***Datum3*** beschlossen hatte. Vereinsvermögen war danach nicht vorhanden, eine Abwicklung daher nicht erforderlich.
- Schreiben des Bundesfinanzgerichtes vom an die belangte Behörde samt deren Antwort vom (siehe Punkte I.7. und 8):
Die Anzeige der freiwilligen Vereinsauflösung wurde am der belangten Behörde unter Hinweis darauf, dass hieraus wie auch aus dem Vereinsregisterauszug hervorgehe, dass bei Auflösung kein Vereinsvermögen mehr vorgelegen hätte und daher keine Auflösung erforderlich sei, zur Kenntnis übermittelt. Um Stellungnahme bzw. Antwort auf die Frage, ob seitens des Vereines bereits Zahlungen geleistet worden seien, auf welche im Falle dessen Obsiegens im Beschwerdeverfahren ein Rückzahlungsanspruch bestünde, wurde gebeten.
In seiner Antwort vom teilte der Vertreter der belangten Behörde mit, dass keine Zahlungen geleistet worden seien.
- Schreiben des Bundesfinanzgerichtes vom an den ehemaligen Obmann des Vereines samt Antwort vom (siehe Punkte I.9. und 10.):
Mit Schreiben des Bundesfinanzgerichtes vom wurde dem zuletzt fungierenden Obmann des beschwerdeführenden Vereins mitgeteilt, dass laut Auskunft des Finanzamtes noch keine Zahlungen auf die im gegenständlichen Verfahren strittige Abgabenschuld geleistet worden seien, und wurde er um Stellungnahme zum Vorhandensein von Vereinsvermögen und Bedarf einer Abwicklung gebeten.
In seiner Antwort vom bestätigte er durch seinen Rechtsanwalt die Richtigkeit der Angaben zur Vermögenslosigkeit laut Anzeige vom ***Datum5***. Weder bei Übernahme der Vereinsgeschäfte vom früheren Obmann im ***Monat*** 2020 noch im Zeitpunkt der Auflösung sei Vereinsvermögen vorhanden gewesen.

Zusammenfassend ergaben sich aus den vorliegenden Beweismitteln sowie den durchgeführten Erhebungen, im Rahmen welcher auch der belangten Behörde und dem zuletzt fungierenden Obmann des Vereins Gelegenheit zur Stellungnahme eingeräumt wurde, keinerlei Hinweise auf noch vorliegendes Vereinsvermögen oder einen Abwicklungsbedarf und wurden damit die aus dem Vereinsregisterauszug hervorgehenden Informationen bestätigt.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Rechtsgrundlagen:

3.1.1. Gemäß § 27 Vereinsgesetz 2002 endet die Rechtspersönlichkeit eines Vereins mit der Eintragung seiner Auflösung im Vereinsregister; ist eine Abwicklung erforderlich, verliert er seine Rechtsfähigkeit jedoch erst mit Eintragung ihrer Beendigung.

3.1.2. Nach § 16 Vereinsgesetz 2002haben die Vereinsbehörden für die in ihrem örtlichen Wirkungsbereich ansässigen Vereine zur Erfüllung ihrer gesetzlich übertragenen Aufgaben unter anderem folgende Vereinsdaten in einem Register zu verarbeiten:
….
12. die freiwillige Auflösung und die rechtskräftige behördliche Auflösung des Vereins;
13. die Abwicklung oder Nachabwicklung sowie den Namen des Abwicklers und den Beginn seiner Vertretungsbefugnis;
….
16. die Beendigung der Abwicklung oder Nachabwicklung;
….
Die Vereinsbehörde hat ihr bekannt gewordene Änderungen eingetragener Tatsachen gemäß Abs. 1 im Register entsprechend ersichtlich zu machen, im Fall der Unzulässigkeit hat sie die betreffende Eintragung zu löschen. Ersetzte oder gelöschte Eintragungen werden dadurch zu historischen Eintragungen. Mit der Eintragung einer Vereinsauflösung gemäß Abs. 1 Z 12, im Fall einer Abwicklung mit der Eintragung ihrer Beendigung gemäß Abs. 1 Z 16, endet die Rechtspersönlichkeit des Vereins (§ 27) und werden alle eingetragenen Tatsachen zu historischen Eintragungen. Historische Eintragungen sind zu kennzeichnen, sie müssen lesbar und abfragbar bleiben
(§ 16 Abs. 2 Vereinsgesetz 2002).

3.1.3. Nach § 28 Abs. 1 Vereinsgesetz 2002 bestimmen die Statuten, unter welchen Voraussetzungen sich ein Verein selbst auflösen kann und was in diesem Fall mit dem Vereinsvermögen zu geschehen hat.
Der Verein hat nach § 28 Abs. 2 Vereinsgesetz 2002der Vereinsbehörde das Datum der freiwilligen Auflösung und, falls Vermögen vorhanden ist, das Erfordernis der Abwicklung sowie den Namen, das Geburtsdatum, den Geburtsort und die für Zustellungen maßgebliche Anschrift sowie den Beginn der Vertretungsbefugnis eines allenfalls bestellten Abwicklers binnen vier Wochen nach der Auflösung mitzuteilen.

3.1.4. Ist eine Abwicklung erforderlich, wird der aufgelöste Verein wird gemäß § 30 Abs. 1 Vereinsgesetz 2002 durch den Abwickler vertreten.
Stellt sich nach Beendigung des Vereins (§ 27) heraus, dass (noch weitere) Abwicklungsmaßnahmen erforderlich sind, so ist gemäß §§ 29 Abs. 3 und 4 sowie 30 Abs. 1 und 5 vorzugehen. Für die Zeit der Nachabwicklung lebt der Verein vorübergehend wieder auf. Die entsprechenden Eintragungen im Vereinsregister sind vorzunehmen
(§ 30 Abs. 6 Vereinsgesetz 2002).

3.2. Erwägungen:

3.2.1. Im gegenständlichen Verfahren war im Hinblick auf die zum ***Datum3*** erfolgte freiwillige Auflösung des beschwerdeführenden Vereins zu prüfen, ob diesem noch Rechtspersönlichkeit zukommt und ob bzw. mit wem bei einem Wegfall dieser Rechtspersönlichkeit das gegenständliche Beschwerdeverfahren fortzuführen ist.

3.2.2. Zum Vorliegen der Rechtspersönlichkeit des beschwerdeführenden Vereins:
Gemäß § 27 Vereinsgesetz 2002 endet die Rechtspersönlichkeit eines Vereins mit der Eintragung seiner Auflösung im Vereinsregister; ist eine Abwicklung erforderlich, verliert er seine Rechtsfähigkeit jedoch erst mit der Eintragung ihrer Beendigung. Gemäß § 28 Abs. 2 Vereinsgesetz 2002hat der Verein der Vereinsbehörde das Datum der freiwilligen Auflösung und, falls Vermögen vorhanden ist, das Erfordernis der Abwicklung sowie den Namen und nähere Daten des allenfalls bestellten Abwicklers mitzuteilen. In einem solchen Fall wird der aufgelöste Verein gemäß § 30 Abs. 1 Vereinsgesetz 2002 durch den Abwickler vertreten. Im Fall der Notwendigkeit einer Nachtragsabwicklung, das heißt, wenn nach Beendigung des Vereins noch weitere Abwicklungsmaßnahmen erforderlich sind, lebt der Verein vorübergehend wieder auf und es ist nach § 30 Abs. 6 iVm § 29 Abs. 3 und 4 Vereinsgesetz vorzugehen (; ).

Gegenständlich steht unbestritten fest, dass der beschwerdeführende Verein mit Wirkung per ***Datum3*** freiwillig aufgelöst wurde. Die Auflösung wurde statutengemäß am ***Datum6*** beschlossen. Der Verein verfügte über kein Vermögen. Da, wie sich aus § 28 Abs. 2 Vereinsgesetz 2002 ergibt, eine Abwicklung nur zu erfolgen hat, wenn Vermögen vorhanden ist, hatte der Auflösung des Vereins infolge Vermögenslosigkeit keine Abwicklung gemäß § 30 Vereinsgesetz 2002 zu folgen. Die Auflösung ohne Erfordernis einer Abwicklung wurde der Vereinsbehörde vom ehemaligen Obmann am ***Datum5*** angezeigt und im Vereinsregister eingetragen. Die Eintragung der Auflösung im Vereinsregister ist konstitutiv (vgl. Höhne/Jöchl/Lummerstorfer, Das Recht der Vereine 4, 360f; ). Mit der Eintragung der Auflösung des Vereins ins Vereinsregister war grundsätzlich auch der Verlust der Rechtspersönlichkeit verbunden, da - wie festgestellt - der Fall einer Abwicklung mangels vorhandenem Vereinsvermögen nicht vorlag.

In weiterer Folge war zu prüfen, ob allenfalls der Bedarf nach einer Nachabwicklung im Sinne des § 30 Abs. 6 Vereinsgesetz 2002 absehbar wäre:
In diesem Zusammenhang war entsprechend der oben zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu ermitteln, ob dem beschwerdeführenden Verein im Falle des Obsiegens im laufenden Beschwerdeverfahren ein Rückzahlungsanspruch und insofern eine Forderung gegenüber der Abgabenbehörde entstehen könnte.
Laut Auskunft der belangten Behörde sind auf die sich aus den Vorschreibungen laut angefochtenen Bescheiden ergebende Abgabenschuld keinerlei Zahlungen erfolgt. Es besteht daher keine Aussicht darauf, dass bei einem Ausgang des Beschwerdeverfahrens zugunsten des beschwerdeführenden Vereins ein Rückzahlungsanspruch hinsichtlich der geleisteten Abgaben entstünde.
Wie auch im Rahmen der Beweiswürdigung (siehe Punkt II.2. dieses Beschlusses) dargelegt, lagen gegenständlich keinerlei Hinweise darauf vor und wurden solche auch von den Parteien des Beschwerdeverfahrens nicht vorgebracht, dass nach Beendigung des Vereins noch Vereinsvermögen auftauchen würde, das Anlass zu nachträglichen Abwicklungsmaßnahmen geben könnte.

In Anbetracht dieser Sachlage war davon auszugehen, dass die Rechtspersönlichkeit des beschwerdeführenden Vereins mit der Eintragung dessen rechtskräftiger freiwilliger Auflösung am ***Datum3*** erloschen ist.

3.2.3. Zum Spruch des gegenständlichen Beschlusses:
Nach dem Wegfall der Rechtspersönlichkeit des beschwerdeführenden Vereins (ohne dass ein Fall der Rechtsnachfolge vorläge, aufgrund dessen ein Rechtsübergang auf eine andere juristische Person hinsichtlich der beschwerdegegenständlichen Rechte erfolgt wäre) fehlt es an einer beschwerdeführenden natürlichen oder juristischen Person. Das Verfahren über die ursprünglich zulässige Beschwerde konnte daher nicht fortgeführt werden.
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist in solchen Fällen, in denen es zum "Wegfall der Rechtspersönlichkeit" der revisionswerbenden Partei kommt, die Revision in einem anhängigen Revisionsverfahren in sinngemäßer Anwendung des § 33 Abs. 1 VwGG als gegenstandslos geworden zu erklären und einzustellen (siehe hierzu ; ; ).
§ 33 Abs. 1 VwGG betrifft die Fälle der Klaglosstellung (§ 289 BAO) und der Zurückziehung der Revision. Dies entspricht - wie auch der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis , ausführlich dargelegt hat - den Fällen des § 278 Abs. 1 lit. b BAO, wonach die Bescheidbeschwerde in den Fällen des § 256 Abs. 3 BAO (Zurücknahme der Beschwerde) und des § 261 BAO (Fälle, in denen dem Beschwerdebegehren Rechnung getragen wurde) mit Beschluss des Bundesfinanzgerichtes "als gegenstandslos … zu erklären" ist. Die Einstellung des Beschwerdeverfahrens durch das Bundesfinanzgericht in analoger Vorgangsweise zu jener im Revisionsverfahren wurde demgemäß vom Verwaltungsgerichtshof als rechtmäßig erachtet.

Bezogen auf den gegenständlichen Beschwerdefall bedeutet dies, dass die gegenständliche Beschwerde in sinngemäßer Anwendung des § 278 Abs. 1 lit. b BAO gegenstandslos zu erklären und das Beschwerdeverfahren einzustellen war, dies mit der Wirkung, dass damit die Rechtskraft der Ausgangsbescheide festgestellt wird (in diesem Sinne auch BVwG , L511 2014203-1).

3.2.4. Zum Entfall der mündlichen Verhandlung:
Der beschwerdeführende Verein hat in seiner Beschwerde die Abhaltung einer mündlichen Verhandlung beantragt.
Eine mündliche Verhandlung kann ungeachtet eines Antrages gemäß § 274 Abs. 3 Z 2 BAO unter anderem dann entfallen, wenn die Beschwerde gegenstandslos zu erklären ist.
Da, wie oben dargelegt, das gegenständliche Beschwerdeverfahren zufolge Gegenstandsloserklärung der Beschwerde wegen "Wegfalles der Rechtspersönlichkeit" des Beschwerdeführers einzustellen war, war von der Abhaltung einer mündlichen Verhandlung abzusehen, zumal an den beschwerdeführenden Verein, der den Antrag ursprünglich gestellt hatte, mangels noch bestehender Rechtspersönlichkeit keine Ladung mehr ergehen hätte können. Darüber hinaus hätte er mangels Parteifähigkeit auch keine prozessualen Handlungen mehr setzen können, da die Parteifähigkeit (= Fähigkeit, Träger von prozessualen Rechten und Pflichten zu sein) bezogen auf Verfahrenshandlungen auf der Rechtsfähigkeit gründet ().

3.2.5. Zur Zustellung des gegenständlichen Beschlusses:
Da es dem beschwerdeführenden Verein an der Rechts- und Parteifähigkeit mangelt, war im gegenständlichen Fall auch die rechtswirksame Erlassung einer Entscheidung über dessen Beschwerde durch Zustellung an ihn als beschwerdeführende Partei nicht möglich. An nicht Parteifähige zugestellte Bescheide sind nichtig ("Nichtbescheide"; Ritz, BAO6, § 79 Tz 4).
Auch eine Zustellung an einen Haftungspflichtigen kam nicht in Betracht, da Gegenstand dieses Verfahrens nicht die Beschwerde einer zur Haftung herangezogenen Person war ().
Eine Zustellung des gegenständlichen Beschlusses an den beschwerdeführenden Verein hatte daher zu unterbleiben und konnte eine solche lediglich an die Amtspartei erfolgen.
An den ehemaligen Obmann des aufgelösten Vereins wird jedoch eine diesbezügliche informative Mitteilung ergehen (in diesem Sinne auch ).

4. Zum Abspruch über die Revision:

Gegen einen Beschluss des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird (Art. 133 Abs. 4 iVm Abs. 9 B-VG).

Das Ende der Rechtspersönlichkeit eines Vereins mit der Eintragung von dessen Auflösung ins Vereinsregister, wenn keine Abwicklung erforderlich ist, ist eindeutig dem Gesetz (§ 27 Vereinsgesetz 2002) zu entnehmen. Dass nach Wegfall der Rechtspersönlichkeit des Vereins ein anhängiges Verfahren nicht fortgeführt werden kann, ergibt sich unzweifelhaft aus der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (). Ebenso hat der Verwaltungsgerichtshof die analoge Anwendung seiner Vorgangsweise in Fällen des Wegfalls der Rechtspersönlichkeit des Revisionswerbers im Revisionsverfahrens auf das Beschwerdeverfahren vor dem Bundesfinanzgericht (Gegenstandsloserklärung und Einstellung des Verfahrens) bereits bestätigt ().

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 27 VerG, Vereinsgesetz 2002, BGBl. I Nr. 66/2002
§ 28 Abs. 2 VerG, Vereinsgesetz 2002, BGBl. I Nr. 66/2002
§ 30 Abs. 6 VerG, Vereinsgesetz 2002, BGBl. I Nr. 66/2002
§ 278 Abs. 1 lit. b BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise






ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.5100498.2018

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at