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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 14.12.2020, RV/5101196/2017

Abhängigkeit des Säumniszuschlages von der Höhe der materiellrechtlichen Abgabe

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Adr***, vertreten durch ***RÄ***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des FA vom , Steuernummer ***StNr***, mit welchem die Säumniszuschläge 2011 bis 2015 hinsichtlich Umsatzsteuer 2011 bis 2015 festgesetzt worden sind, zu Recht erkannt:

  • Der Beschwerde wird hinsichtlich des Säumniszuschlages 2011 in Höhe von € 123,62 gemäß § 279 BAO Folge gegeben und der Säumniszuschlag mit € 0,00 festgesetzt.
    Die Beschwerde wird hinsichtlich der Säumniszuschläge 2012 bis 2015 gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

  • Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang und Sachverhalt

Mit Verfügung des Geschäftsverteilungsausschusses vom wurde die gegenständliche Beschwerdesache mit Stichtag der bislang zuständigen Gerichtsabteilung **** wegen Versetzung in den Ruhestand abgenommen und der Gerichtsabteilung **** zugeteilt.

Der Beschwerdeführer betreibt ein Nachtlokal (einen Nachtclub) mit angeschlossenen Separees. Im Betriebsprüfungsbericht vom wurden diverse Feststellungen getroffen, die zu einer Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend Umsatzsteuer und Erlassung von neuen Umsatzsteuerbescheiden 2011 bis 2015 führten.

Mit Bescheid vom wurden von den nachstehend angeführten Abgabenschuldigkeiten Säumniszuschläge von jeweils 2 % festgesetzt, weil sie nicht innerhalb der entsprechenden Fristen entrichtet worden waren:


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Abgabe
Frist
Betrag in Euro
Säumniszuschlag in €
Umsatzsteuer 2011
6.181,22
123,62
Umsatzsteuer 2012
3.895,83
77,92
Umsatzsteuer 2013
3.888,89
77,78
Umsatzsteuer 2014
3.666,64
73,33
Umsatzsteuer 2015
4.267,49
85,35
Summe
438,00

Mit Schriftsatz vom wurde gegen die Bescheide betreffend Wiederaufnahme des Verfahrens hinsichtlich Umsatzsteuer sowie gegen die Umsatzsteuerbescheide 2011-2015 und gegen den Bescheid über die Festsetzung von ersten Säumniszuschläge das Rechtsmittel der Beschwerde eingebracht. Im Zusammenhang mit den Säumniszuschlägen wurde begründend Folgendes vorgebracht: Mit Bescheid des FA vom sei ein Säumniszuschlag von 2 % für nicht fristgerecht entrichtete Umsatzsteuer festgesetzt worden. Da die Prostituierten umsatzsteuerrechtlich als selbstständig anzusehen seien, sei die umsatzsteuerrechtliche Zurechnung der Prostitution vom Beschwerdeführer für den Zeitraum 2012-2015 zu Unrecht erfolgt. Die 2011 stattgefundenen Sexualleistungen seien vom Beschwerdeführer richtig bekannt gegeben und die Umsatzsteuer dafür fristgerecht abgeführt worden. Der Säumniszuschlag sei daher zu Unrecht festgesetzt worden. Es werde beantragt, das Bundesfinanzgericht möge der Beschwerde vollinhaltlich Folge geben und die bekämpften Bescheide ersatzlos aufheben, in eventu die angefochtenen Bescheide aufheben und die Angelegenheit zur neuerlichen Erlassung der Bescheide an die Erstbehörde zurückverweisen. Es werde ausdrücklich beantragt, dass vor dem Bundesfinanzgericht eine mündliche Verhandlung durchgeführt werden möge.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Mit Schreiben vom wurde die Vorlage der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht beantragt.

Mit Bericht vom legte die Abgabenbehörde die Beschwerdesache dem Bundesfinanzgericht vor. Es wurde beantragt, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen, da es im Falle einer Herabsetzung der Stammabgabe (Beschwerde gegen Umsatzsteuerbescheide 2011-2015 vorgelegt) ohnehin zu einer nachträglichen Berichtigung der Säumniszuschläge komme.

Mit Beschwerdeentscheidung vom , RV/5101188/2017, wurde über die Beschwerde gegen die Bescheide betreffend Wiederaufnahme Umsatzsteuer 2011-2013 sowie Umsatzsteuer 2011-2015 entschieden. Der Beschwerde betreffend Wiederaufnahme des Verfahrens Umsatzsteuer 2011 wurde stattgegeben, damit schied der beeinspruchte Umsatzsteuerbescheid 2011 aus dem Rechtsbestand aus. Die Beschwerde hinsichtlich Wiederaufnahme des Verfahrens Umsatzsteuer 2012 und 2013 sowie hinsichtlich Umsatzsteuer 2012 bis 2015 wurde als unbegründet abgewiesen. Die für die Säumniszuschläge ausschlaggebenden Umsatzsteuerbeträge sind damit in Rechtskraft erwachsen.

Mit Schreiben vom wurde dem Beschwerdeführer mitgeteilt, dass die gegenständliche Beschwerde wie folgt erledigt werden würde:
"Der Säumniszuschlag betreffend Umsatzsteuer 2011 in Höhe von € 123,62 ist gemäß § 217 Abs. 8 BAO mit € 0,00 festzusetzen.
Die Beschwerde hinsichtlich der Säumniszuschläge 2012 bis 2015 in Höhe von € 77,92, € 77,78, € 73,33 und € 85,35 (Summe: 314,38 €) ist als unbegründet abzuweisen, da unbestritten feststeht, dass die säumniszuschlagsauslösenden Umsatzsteuerbeträge nicht bis zum jeweiligen Fälligkeitstag entrichtet worden sind." Schließlich wurde gefragt, ob der Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung aufrecht gehalten werde.

Mit Schreiben vom wurde der Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung zurückgezogen.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Zu Spruchpunkt I.

Nach § 217 Abs. 1 BAO sind Säumniszuschläge (nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen) zu entrichten, wenn eine Abgabe nicht spätestens am Fälligkeitstag entrichtet wird.

Gemäß § 217 Abs. 8 BAO hat die Berechnung der Säumniszuschläge im Fall der nachträglichen Herabsetzung der Abgabenschuld unter rückwirkenden Berücksichtigung des Herabsetzungsbetrages zu erfolgen.

Der Umsatzsteuerbescheid 2011 vom 9 .Februar 2017, aus dem eine Nachforderung in Höhe von € 6.181,22 resultierte, die nicht bis zum Fälligkeitstag entrichtet worden war, schied infolge Stattgabe der Beschwerde in Zusammenhang mit der Wiederaufnahme des Verfahrens hinsichtlich Umsatzsteuer 2011 aus dem Rechtsbestand aus. Eine Herabsetzung der Stammabgabe liegt auch vor, wenn der sie festsetzende Abgabenbescheid ersatzlos oder unter Zurückverweisung der Sache an die Abgabenbehörde (§ 278) aufgehoben wird. (vgl. Fischerlehner, Abgabenverfahren², § 217, Anm 12).

Nachdem nunmehr kein Umsatzsteuerbescheid 2011 existiert, auf Grund dessen der Beschwerdeführer eine Abgabenschuld nicht bis zum Fälligkeitstag entrichtet hätte, war der Säumniszuschlag 2011 mit € 0,00 (bisher: € 123,62) festzusetzen.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes setzt die Säumniszuschlagspflicht das Bestehen eines formellen Abgabenzahlungsanspruchs (bzw. eine formelle Abgabenzahlungsschuld) voraus (vgl. etwa ; , 2000/16/0080; , 90/15/0028). Der Abgabenzahlungsanspruch ist die Verpflichtung, einen Abgabenbetrag bestimmter Höhe bis zu einem bestimmten Zeitpunkt zu entrichten (vgl. etwa ; Ritz, BAO6, § 4 Tz 3).

Im Rechtssatz zum Erkenntnis vom , 2012/15/0206, hat der Verwaltungsgerichtshof Folgendes ausgesprochen: "Der Säumniszuschlag im Sinne des § 217 BAO ist eine objektive Rechtsfolge der verspäteten Entrichtung einer Abgabe. Die Gründe, die zum Zahlungsverzug geführt haben, sind (grundsätzlich) unbeachtlich. Bemessungsgrundlage des Säumniszuschlages ist die nicht rechtzeitig entrichtete Steuer,…….."

Hinsichtlich der Säumniszuschläge in Zusammenhang mit den Umsatzsteuernachzahlungen 2012 bis 2015 ist Folgendes auszuführen: Unbestritten steht fest, dass die Umsatzsteuer 2012 iHv € 3.895,83, Umsatzsteuer 2013 iHv € 3.888,89, Umsatzsteuer 2014 iHv € 3.666,64 und die Umsatzsteuer 2015 iHv € 4.267,49 am , , bzw. am fällig war. Ebenso unbestritten ist, dass diese Beträge nicht an den jeweiligen Fälligkeitstagen entrichtet wurden.

Damit steht fest, dass der Tatbestand des § 217 Abs. 1 BAO erfüllt ist und das Finanzamt verpflichtet war, Säumniszuschläge in Höhe von 2 % der verspätet entrichteten Abgabenbeträge vorzuschreiben.

In der Beschwerde wird die Ansicht vertreten, die Säumniszuschläge seien zu Unrecht vorgeschrieben worden, weil nicht der Beschwerdeführer sondern die Prostituierten umsatzsteuerpflichtig wären.

Bemessungsgrundlage des Säumniszuschlages ist die nicht entrichtete Abgabenschuldigkeit, unabhängig davon, ob die Festsetzung der Stammabgabe rechtmäßig, rechtskräftig, mit Beschwerde angefochten oder richtig selbst berechnet wurde (vgl. zB ).

Die Ausführungen der Beschwerden, welche sich gegen die dem Säumniszuschlag zu Grunde gelegte Abgaben richte, gehen ins Leere (). Das Argument, die Umsatzsteuernachzahlungen seien zu Unrecht festgesetzt worden, kann der gegenständlichen Beschwerde nicht zum Erfolg verhelfen. Darüber hinaus wurden gegenständliche Umsatzsteuernachzahlungen mit der Beschwerdeentscheidung des Bundesfinanzgerichtes vom , RV/5101188/2017, bereits rechtskräftig festgesetzt.

Zu Spruchpunkt II.

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Eine solche Rechtsfrage liegt gegenständlich nicht vor, die Rechtsfolgen ergeben sich direkt aus dem Gesetzestext bzw. finden in der zitierten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes Deckung, sodass eine ordentliche Revision nicht zulässig ist.

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 217 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.5101196.2017

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at