Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 09.12.2020, RV/3100867/2017

Schätzung von Schwarzlohnzahlungen

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, gegen

1. den am ausgefertigten Bescheid der belangten Behörde ***FA*** betreffend Einkommensteuer für das Jahr 2006,

2. den am ausgefertigten Bescheid der belangten Behörde ***FA*** betreffend Einkommensteuer für das Jahr 2007,

3. den am ausgefertigten Bescheid der belangten Behörde ***FA*** betreffend Einkommensteuer für das Jahr 2009,

4. den am ausgefertigten Bescheid der belangten Behörde ***FA*** betreffend Einkommensteuer für das Jahr 2010,

5. den am ausgefertigten Bescheid der belangten Behörde ***FA*** betreffend Einkommensteuer für das Jahr 2011,

6. den am ausgefertigten Bescheid der belangten Behörde ***FA*** über die Festsetzung von Anspruchszinsen für das Jahr 2006,

7. den am ausgefertigten Bescheid der belangten Behörde ***FA*** über die Festsetzung von Anspruchszinsen für das Jahr 2007,

8. den am ausgefertigten Bescheid der belangten Behörde ***FA*** über die Festsetzung von Anspruchszinsen für das Jahr 2009,

9. den am ausgefertigten Bescheid der belangten Behörde ***FA*** über die Festsetzung von Anspruchszinsen für das Jahr 2010 und

10. den am ausgefertigten Bescheid der belangten Behörde ***FA*** über die Festsetzung von Anspruchszinsen für das Jahr 2011

nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung

zu Recht erkannt:

I. Die Bescheidbeschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

1. Die Abgabenbehörde hat nach Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend Einkommensteuer für die Jahre 2006, 2007, 2009, 2010 und 2011 mit den am ausgefertigten Bescheiden die Einkommensteuer für diese Jahre festgesetzt, für 2006 mit € 1.206,19, für 2007 mit € 3.067,20, für 2009 mit € 3.770,81, für 2010 mit € -738,10 und für 2011 mi € 989,00. Mit am gleichen Tag ausgefertigten Bescheiden wurde eine Abgabenschuld in Höhe von € 417,09 für 2006, € 263,86 für 2007, € 508,61 für 2009, € 58,77 für 2010 und € 109,61 für 2011 für Anspruchszinsen berechnet und festgesetzt. Begründend führt die Abgabenbehörde aus, ein zu niedriger oder nicht durchgeführter Lohnsteuerabzug sei gemäß § 83 EStG zu korrigieren. Aufgrund des Strafurteils vom zu ***AZ-4*** sowie des eindeutig festgestellten Sachverhalts seien die Bemessungsgrundlagen berichtigt und demgemäß dem Einkommensteuerbescheid zugrunde gelegt worden. Zum festgestellten Sachverhalt verwies die Abgabenbehörde auf die Wiederaufnahmebescheide. Dort wird festgehalten, dass die Abgabenbehörde aufgrund von umfangreichen Ermittlungen (Einvernahmen von ***RB*** vom , ***MB*** vom und ***SH*** vom , vom sowie vom ) durch die Steuerfahndung sowie das Landeskriminalamt Tirol davon Kenntnis erlangt habe, dass Schwarzzahlungen im großen Stil an Dienstnehmer erfolgt seien. Die Hauptbeschuldigten seien vollinhaltlich geständig. Es sei bekannt geworden, dass der Abgabepflichtige (Beschwerdeführer) Entgelt erhalten habe, welches bislang keiner Besteuerung unterzogen worden sei. Auswertungen hätten ergeben, dass der Beschwerdeführer nicht bei den Firmen ***F-GmbH*** (2006), ***SH*** und ***W-GmbH*** (2007), ***O-GmbH*** und ***D-KG*** (2009), ***RM*** (2010) und ***ZT*** (2011) beschäftigt gewesen sei. Bei diesen Firmen sei er nur zum Schein angemeldet gewesen, tatsächlich sei er bei den Firmen ***B-KG*** und ***H-GmbH*** beschäftigt gewesen. Die bei den Scheinfirmen gemeldeten Dienstnehmer seien "schwarz" bzw. teilweise "schwarz" in bar bezahlt worden. Es sei festgestellt worden, dass jeder Dienstnehmer zumindest € 3.000,00 netto pro Monat verdient habe. Dies decke sich auch weitestgehend mit der Kalkulation der Unterlagen, die im Zuge der Ermittlungen gesammelt worden seien. Auch hätten alle Dienstnehmer gewusst, dass diese bei Scheinfirmen angemeldet worden seien.

2. Mit Schreiben vom erhob der Beschwerdeführer das Rechtsmittel der Bescheidbeschwerde und beantragte die Korrektur der Bescheide. Es sei von zentraler Bedeutung, dass sein Monatseinkommen bei der Firma ***B-GmbH*** (teilweise benannt auch Fa. ***B-KG*** oder Firma ***H-GmbH***) nur € 1.300,00 netto bis € 1.500,00 netto betragen habe. Der geschätzte € 3.000,00 Nettoverdienst sei vollkommen unrichtig und er weise diese Unterstellung schärfstens zurück. Es sei diese Behauptung eine Schutzbehauptung der gerichtlich verurteilten Brüder ***B***. Diese behaupteten dies deshalb, da sie eine sehr große Menge an Geld in ihre Heimat (Kosovo) gebracht hätten bzw. tagtäglich im Casino verspielt hätten und einen teuren Lebenswandel (Mercedes, teuerste Uhren) betrieben hätten. Um den Verbleib des Geldes zu rechtfertigen, sei von den ***B´s*** unterstellt worden, dass die Arbeiter es im Zuge hoher Lohnzahlungen erhalten hätten, was jedoch nicht stimme. Die Kalkulationen, die im Zuge der Ermittlungen gesammelt worden seien, seien aufgrund dieser Umstände zu erklären. Die Mitarbeiter seien unschuldig in dies kriminellen Machenschaften hineingezogen worden und sollten jetzt Steuern zahlen für Einkünfte, die sie nicht erhalten hätten.

3. Mit der am ausgefertigten Beschwerdevorentscheidung hat die Abgabenbehörde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

3.1. Durch eine GPLA-Prüfung gemäß § 147 BAO für den Zeitraum - bei den Firmen ***B-GmbH***, ***B-KG*** und ***H-GmbH*** seien neue Beweismittel und Unterlagen zum Vorscheib gekommen. Mittels einer Vielzahl von Firmengründungen und/oder Firmenübernahmen mit entsprechenden Schein- und Strohgeschäftsführern für Zwecke eines anschließenden Konkurses sei es den Verantwortlichen Personen möglich gewesen, Schwarzgelder zu lukrieren, da die Arbeiter bei den Firmen teilweise geringfügig oder mit einem Bruchteil des ausbezahlten Lohnes gemeldet worden seien. Es habe festgestellt werden können, dass der Beschwerdeführer bei Scheinfirmen beschäftigt gewesen sei:

  • Vom 16.06. bis sei er bei der der Scheinfirma ***F-GmbH*** gemeldet gewesen, tatsächlicher Arbeitgeber sei die ***B-KG*** gewesen.

  • Vom 15.03. bis sei er bei der der Scheinfirma ***SH*** gemeldet gewesen, tatsächlicher Arbeitgeber sei die ***B-KG*** gewesen.

  • Vom 01.06. bis sei er bei der der Scheinfirma ***W-GmbH*** gemeldet gewesen, tatsächlicher Arbeitgeber sei die ***B-KG*** gewesen.

  • Vom 02.02. bis sei er bei der der Scheinfirma ***O-GmbH*** gemeldet gewesen, tatsächlicher Arbeitgeber sei die ***H-GmbH*** gewesen.

  • Vom 16.06. bis sei er bei der der Scheinfirma ***D-KG*** gemeldet gewesen, tatsächlicher Arbeitgeber sei die ***H-GmbH*** gewesen.

  • Vom 10.06. bis sei er bei der der Scheinfirma ***RM*** gemeldet gewesen, tatsächlicher Arbeitgeber sei die ***H-GmbH*** gewesen.

  • Vom 04.03. bis sei er bei der der Scheinfirma ***ZT*** gemeldet gewesen, tatsächlicher Arbeitgeber sei die ***H-GmbH*** gewesen.

3.2. Zudem habe festgestellt werden können, dass die Lohnzettel der genannten Scheinfirmen unrichtig gewesen seien, da der Beschwerdeführer monatlich mindestens € 3.000,- bar "Brutto für Netto" erhalten habe. Der Einwand des Beschwerdeführers der falschen Bemessungsgrundlage iHv € 3.000,- sei nicht erfolgreich. ***MB***, einer der faktischen Geschäftsführer, habe in seiner Beschuldigteneinvernahme (Seite 8 der Niederschrift über die Beschuldigteneinvernahme vom ) angegeben, dass es vermutlich keinen einzigen Arbeiter gegeben habe, der im Monat unter € 3.000,- bar auf die Hand bekommen habe. Angemeldet seien sie in den jeweiligen Anmeldefirmen im Kollektiv, teils sogar als geringfügig. Diese geringfügigen Anmeldungen seien von den jeweiligen Arbeitern gefordert worden, um weiterhin AMS- Geld zu erhalten. Dies habe auch ***RB***, der Hauptverantwortliche des gesamten "***B***-Systems", in seiner Beschuldigtenvernehmung vom 05. auf Seite 7 bestätigt: "Jeder dieser Dienstnehmer wusste von Anfang an, dass er nicht bei mir gemeldet wird, sondern bei einer der angeführten Anmeldefirmen. Nur so war es auch möglich, dass ich ihnen einen Stundenlohn von mind. € 13,-, meistens € 15,- bis sogar € 17,- bar auf die Hand bezahlt habe. Da war kein einziger Arbeiter, der im Monat unter € 3.000,00 bar auf die Hand nach Hause gegangen ist." Zwar hätten sich ***MB*** und ***RB*** in den Aussagen auf die ***B-GmbH*** und ***B-KG*** bezogen, es habe sich jedoch um ein einheitliches "***B-B*** System" mit denselben handelnden Personen und denselben Scheinfirmen gehandelt. Zudem habe es zahlreiche Arbeiter wie den Beschwerdeführer gegeben, die sowohl für die ***H-GmbH*** als auch der ***B-GmbH*** oder ***B-KG*** Arbeiten verrichtet hätten.

3.3. Nach umfangreichen Ermittlungen der Staatsanwaltschaft und der Abgabenbehörde stehe der Sachverhalt fest, dass Schwarzzahlungen im großen Stil an Dienstnehmer erfolgten. Die Dienstnehmer hätten Stundenlöhne von bis zu € 20,- brutto für netto kassiert, dadurch seien Monatslöhne von bis zu € 4.000,- möglich gewesen. Dies werde ebenfalls durch die Aussage des ***SB***, den tatsächlichen Machthaber der ***H-GmbH***, auf Seite 7 der Beschuldigteneinvernahme vom bestätigt: "Dies heißt, dass die Hilfsarbeiter tatsächlich jeden Monat mindestens € 3.000,- und dass die Vorarbeiter bis zu € 4.500,- ausbezahlt bekamen. [...] Es wurde mit den Arbeitern vereinbart, dass der Stundenlohn zwischen € 13,- bis 15,- netto für die ersten 160 Stunden im Monat beträgt, die weiteren Stunden wurden mit € 17,- bis 18,- vergütet. Alle Arbeiter erhielten ihren Lohn zum Monatsersten. Am 15. des Monats erhielten sie einen Vorschuss zw. € 1.000,- und 1.500,-, den Rest erhielten sie nach Vorliegen der geleisteten Monatsstunden am Anfang des Folgemonats. Die Vorarbeiter hatten natürlich einen höheren Stunden-/Monatslohn. Bis zum Jahr 2008 hatte ich selbst als Arbeiter tatsächlich einen Monatslohn von ca. € 3.500,- netto. Alle Arbeiter haben gewusst, dass sie einen Teil ihres Lohnes schwarz erhalten haben."

3.4. Der kollektivvertragliche Lohn sei bei ***SB*** deutlich überschritten worden, im Jahr 2009 habe ein Hilfsarbeiter im Baugewerbe einen Bruttolohn iHv € 1.654,32 bei 169,50 Stunden gehabt. Tatsächlich habe aus den beschlagnahmten Stundenaufzeichnungen - die meisten Aufzeichnungen seien direkt nach der Lohanzahlung vernichtet worden - festgestellt werden können, dass die meisten Arbeitnehmer in etwa 190 Stunden im Monat gearbeitet hätten. Auch am Wochenende sei regelmäßig gearbeitet worden.

3.5. ***DB*** (faktischer Geschäftsführer einer nach gleichem Muster geführten Gesellschaft und rechtskräftig verurteilt) habe ebenfalls die Höhe der Löhne der Dienstnehmer bestätigt. Er habe von ***IG*** Anfang des Jahres 2009 in Erfahrung gebracht, dass man bei den "***B***" gutes Geld verdienen ´könne. Es sei in Innsbruck nämlich bekannt gewesen, dass man bei den "Albanern" als Eisenbieger oder Zimmerer monatlich netto € 3.000 - 3.500 verdienen könne. ***DB*** habe sich daher in weiterer Folge mit ***RB*** in Kontakt gesetzt und sei von diesem prompt als Hilfsarbeiter am Bau eingestellt worden.

3.6. Zudem habe es zahlreiche weitere Urteile gegeben, die Verurteilten seien zum größten Teil geständig gewesen und hätten auch die Auszahlungen in der Höhe von € 3.000,00 bestätigt. Die Geständnisse passten auch mit dem restlichen Akteninhalt überein. Es sei nicht ersichtlich, warum die Beschuldigten sich selbst zu Unrecht belastet haben sollten. Daher erschienen die erwähnten Aussagen glaubwürdiger als die Behauptung mit dem Geldtransfer in den Kosovo. Es widerspreche den Erfahrungen des täglichen Lebens und den logischen Denkgesetzen, wenn sich eine Person für eine Tat verurteilen und bestrafen lasse, wenn sie diese Tat nicht begangen habe. Dem Einwand bezüglich der Casinobesuche sei entgegenzuhalten, dass die Casinobesuche per se keine erhöhten Lohnzahlungen ausschließen würden. Zwar wären die Hauptverantwortlichen des "***B-B***-Systems" sehr oft im Casinogewesen, ***RB*** habe seine Spielsucht zugegeben, jedoch hindere selbst eine Spielsucht nicht daran, die Dienstnehmer, wie vereinbart, zu entlohnen. Auch nach den Lohnzahlungen und weiteren erforderlichen Zahlungen sei ein großer Gewinn übriggeblieben. Diesen hätten sie verspielt. Da alle Aussagen bezüglich der Lohnhöhe der Dienstnehmer gleichlautend seien, gebe es keinen Zweifel, dass die Mitarbeiter den Lohn von zumindest € 3.000,00 erhalten hätten. Die Casinobesuche hätten nur Einfluss auf den übrig gebliebenen Gewinn gehabt, jedoch nicht auf die Lohnzahlungen. Auch der teure Lebenswandel habe nur den übrig gebliebenen Gewinn beeinflusst.

3.7. Bei der Firma ***F-GmbH*** habe es sich um eine Scheinanmeldefirma gehandelt. Mit Beschluss vom habe das LG Graz, ***S-1***, den Konkurs eröffnet, welcher mit Beschluss vom mangels Kostendeckung aufgehoben wurde. Die beiden Machthaber der ***F-GmbH***, ***AH*** und ***RZ***, seien unter anderem wegen des Vergehens der organisierten Schwarzarbeit nach § 153e Abs 1 Z 2 StGB verurteilt worden. Sie seien schuldig gesprochen worden, im Zeitraum 16.05. bis insgesamt 227 Dienstnehmer bei der Steiermärkischen Gebietskrankenkasse zur Anmeldung gebracht zu haben, wobei sie diese Meldungen durch Täuschung über Tatsachen, Dienstgerberin der zur Anmeldung gebrachten Dienstnehmer wäre die ***F-GmbH***, erreicht haben. Sie hätten weder Sozialversicherungsbeiträge noch Zuschläge nach dem Bauarbeiter- Urlaubs- und Abfertigungsgesetz geleistet. Der überwiegende Teil der Dienstnehmer sei als Bauarbeiter bei verschiedenen, auf eigene Rechnung tätigen Arbeiterpartien beschäftigt gewesen. ***BuB*** sei mit dem Strafurteil des LG Innsbruck vom , ***Hv-3***, schuldig gesprochen worden, mit dem Mittäter ***RB*** von Mai 2006 bis November 2006 zumindest 53 zum Schein bei der Firma ***F-GmbH*** angemeldete Bauarbeiter von ihnen geführter, auf eigene Rechnung im Rahmen der ***B-KG*** tätiger Arbeiterpartien, beschäftigt zu haben.

3.8. ***RB*** sei mit dem Strafurteil des LG Graz schuldig gesprochen worden, von März 2007 bis Juli 2007 zumindest 21 zum Schein bei der Firma ***SH*** und im Juni 2007 zumindest 23 zum Schein bei der Firma ***W-GmbH*** angemeldete Bauarbeiter von ihnen geführter, auf eigene Rechnung im Rahmen der ***B-KG*** tätiger Arbeiterpartien, beschäftigt zu haben. ***RB*** habe in seiner Vernehmung vom auf Seite 6 angegeben, dass das Einzelunternehmen ***SH*** und die Firma ***W-GmbH*** zwei der zahlreichen Schein- bzw. Anmeldefirmen für seine Firma gewesen seien. ***SH*** sei der Ansprechpartner von ***RB*** gewesen und habe die zahlreichen Scheinanmeldungen organisiert.

3.9. Bei der Firma ***D-KG*** habe es sich überwiegend um eine Schein- bzw. Anmeldefirma gehandelt. Kleinere Baustellarbeiten hätte die Firma selber durchgeführt, aber zum wesentlichen Teil seien die Dienstnehmer zum Schein bei dieser Firma angemeldet worden. Die Firma sei am von ***JD*** gegründet worden. Als Kommanditist sei zunächst ***AS*** eingetragen worden. Dieser habe die Geschäftsleitung bis Juni 2009 innegehabt. Nach dem Untertauchen des ***AS*** habe ***DB*** die faktische Geschäftsführerleitung übernommen, da der Gründer ***JD*** überfordert gewesen sei. Nach Ansicht des Massenverwalters habe ***JD*** nicht die Fähigkeiten gehabt, um eine Geschäftsführung im Baumeistergewerbe zu übernehmen. Nach Antrag auf Eröffnung des Konkurses der Tiroler Gebietskrankenkasse beim LG Innsbruck sei dieser mit Beschluss vom des LG Innsbruck zu ***S-2*** eröffnet worden. Mit Beschluss vom habe das LG Innsbruck den Konkurs gemäß § 139 IO aufgehoben. Der Masseverwalter habe festgestellt, dass keine Dienstverträge, Dienstzettel, Arbeitszeitaufzeichnungen, Baustellenberichte, Abschriften aus Bautagebüchern und Stundenaufzeichnungen beim Gesellschaftssitz vorhanden waren. Die einzigen Unterlagen - ein zur Hälfte gefüllter DIN-A4-Ordner betreffend Umsatzsteuervoranmeldungen Juni 2009 bis August 2009, die sichergestellt werden konnten, hätten sich bei der ***SP-KG*** befunden. Bereits der Masseverwalter habe in seinem Bericht vom den Verdacht gehegt, dass die gemeldeten Dienstnehmer nur formal bei der ***D-KG*** gemeldet waren. Insgesamt seien im Zeitraum zwischen und 113 Dienstanmeldungen bei der Tiroler Gebietskrankenkasse vorgenommen worden, dabei seien zumindest 96 Dienstnehmer nur zum Schein angemeldet worden, davon seien unter anderem zumindest 18 Dienstnehmer für die ***H-GmbH*** tätig gewesen. Es sei von Vorhinein klar gewesen, dass diese angemeldeten Dienstnehmer nie beim gemeldeten Dienstgeber ***D-KG***, sondern nur für die ***H-GmbH*** tätig und dort bar "schwarz" bezahlt werden sollten. Aufgrund dieser Scheinmeldungen seien unter anderem ***JD*** und ***DB*** als Mittäter schuldig gesprochen worden, im Zeitraum April bis Oktober 2009 zumindest 96 Dienstnehmer für die ***D-KG*** angemeldet zu haben (LG Innsbruck, ***Hv-3***).

3.10. Bei der Firma ***O-GmbH*** habe es sich überwiegend um eine Schein- bzw. Anmeldefirma gehandelt. Die Firma sei am gegründet worden. Nach zahlreichen Geschäftsführer- und Gesellschafterwechsel habe am ***AC*** die alleinige Geschäftsführung und am alle Gesellschafteranteile übernommen. Zudem habe er den Firmennamen auf ***O-GmbH*** geändert. Alle Firmenübernahmen seien von ***SH*** vorbereitet worden. Außerdem habe der vermeintliche als Angestellter tätige ***SH*** die tatsächliche Geschäftsführung innegehabt. Dies werde unter anderem dadurch bestätigt, dass ***SH*** eine Vollmacht über alle Tätigkeiten in der Firma gehabt habe. Formell habe ***SH*** die Firma jedoch nicht übernehmen können, da er schon im Jahr 2007 mit seiner Firma in den Konkurs geschlittert war. Daher sei der Strohgeschäftsführer ***AC*** eingesetzt worden. ***AC*** habe keine Löhne ausbezahlt, Bauverträge oder Rechnungen unterschrieben. Nach einem Monat, nachdem die Übernahme der Gesellschaft durch ***AC*** vollzogen worden sei, habe die Tiroler Gebietskrankenkasse einen Konkursantrag aufgrund von Beitragsrückständen für die Monate Jänner bis März 2009 iHv € 57.939,39 gestellt. Das Landesgericht Innsbruck habe mit Beschluss vom zu ***S-3*** den Konkurs eröffnet. Insgesamt seien im Zeitraum vom bis 96 Dienstnehmer angemeldet worden. Davon seien im Zeitraum bis zumindest 23 Dienstnehmer auf Bestimmung von ***SB*** bei der Tiroler Gebietskrankenkasse angemeldet worden. Diese Dienstnehmer seien nie beim gemeldeten Dienstgeber ***O-GmbH***, sondern tatsächlich in auf eigene Rechnung tätigen, im Einflussbereich von ***SB*** stehenden Arbeiterpartien der ***H-GmbH*** in Tirol und Vorarlberg tätig gewesen. ***SB*** sei mit dem Strafurteil vom , ***Hv-4***, schuldig gesprochen, zumindest 23 Dienstnehmeranmeldungen zum Schein bei der Tiroler Gebietskrankenkasse bestimmt zu haben. Aufgrund der geständigen Verantwortungen von ***SH***, ***SB***, ***RB***, ***BuB*** und ***MB*** stehe fest, dass es sich bei der ***O-GmbH*** um eine Scheinfirma gehandelt habe.

3.11. Das Einzelunternehmen ***RM*** sei auch unter der Bezeichnung "***LL***" aufgetreten. Es seien insgesamt 32 Dienstnehmer vom bis zum bei dem Einzelunternehmen ***RM*** zu Sozialversicherung angemeldet worden. Hierbei habe es sich ausschließlich um sogenannte Scheinanmeldungen gehandelt. Das Einzelunternehmen sei tatsächlich von ***SH*** beherrscht worden. ***SB*** habe ***SH*** bestimmt, im Zeitraum vom bis 18 Dienstnehmeranmeldungen bei der Tiroler Gebietskrankenkasse vorzunehmen. Diese Dienstnehmer seien vorwiegend in Tirol und Vorarlberg tätig gewesen, sie seien zudem "schwarz" bezahlt worden. Aufgrund der Bestimmungen der Scheinanmeldungen von zumindest 18 Dienstnehmer sei ***SB*** mit Strafurteil des LG Innsbruck von , ***Hv-4***, rechtskräftig verurteilt worden. Aufgrund der geständigen Verantwortungen von ***SH***, ***SB***, ***RB*** und ***MB*** stehe es fest, dass es sich beim Einzelunternehmen ***RM*** um eine Scheinfirma gehandelt habe.

3.12. Beim Einzelunternehmen des ***ZT*** habe es sich um eine Schein- bzw. Anmeldefirma gehandelt, die unter der Leitung des ***IG*** gestanden habe. Im Zeitraum vom bis seien insgesamt 86 Dienstnehmer bei der Tiroler Gebietskrankenkasse angemeldet worden. Der bulgarische Staatsangehörige ***ZT*** sei ein Strohmann, er habe keine unternehmerischen Kenntnisse und keine Sprachkenntnisse, um ein Unternehmen zu führen. Zudem sei er nur wenige Tage in Österreich polizeilich gemeldetgewesen. Die tatsächliche Leitung habe ***IG*** innegehabt. Mit Antrag vom habe die Tiroler Gebietskrankenkasse wegen Beitragsrückständen iHv € 50.000,00 den Antrag auf Eröffnung des Konkurses gestellt. Diesen habe das LG Innsbruck mit Beschluss vom zurückgewiesen. Mit Strafurteil vom des LG Innsbruck, ***Hv-3***, sei ***IG*** schuldig gesprochen worden, zwischen und zumindest 80 Dienstnehmer bloß zum Schein beim Einzelunternehmen des ***ZT*** angemeldet zu haben. Davon seien zumindest 25 Dienstnehmeranmeldungen im Auftrag ***SB*** vorgenommen worden. Diese Dienstnehmer seien nie beim gemeldeten Dienstgeber ***ZT***, sondern tatsächlich in auf eigene Rechnung tätigen, im Einflussbereich von ***SB*** stehenden Arbeiterpartien der ***H-GmbH*** tätig gewesen. Dies habe nach dem teilweisen Geständnis von ***SB*** und nach den Ermittlungen der Abgabenbehörde festgestellt werden können. ***SB*** habe in der Beschuldigteneinvernahme vor der Steuerfahndung am zugestanden, ***IG*** dazu bestimmt zu haben, 9 Dienstnehmer zum Schein bei diesem Einzelunternehmen angemeldet zu haben (Anklage Bajrami ***St-1***). Mit Strafurteil vom des LG Innsbruck, ***Hv-4***, sei ***SB*** verurteilt worden, zumindest 25 Dienstanmeldungen bestimmt zu haben.

3.13. ***RB*** und ***MB*** seien mit dem Strafurteil vom des LG Innsbruck, zu ***Hv-2***, rechtskräftig schuldig gesprochen worden, unter anderem bei den genannten Scheinfirmen Scheinanmeldungen von Dienstnehmern in Auftrag gegeben zu haben. Insgesamt seien 519 Dienstnehmer zum Schein angemeldet worden. ***SB*** sei am am Landesgericht Innsbruck, zu ***Hv-4***, schuldig gesprochen worden, insgesamt zumindest 126 Dienstnehmer nur zum Schein auf Anmeldefirmen angemeldet zu haben.

3.14. Tatsächlich sei der Beschwerdeführer als Dienstnehmer in den Jahren 2006 und 2007nicht für die genannten Scheinfirmen tätig gewesen, bei welchen er zum Schein angemeldet worden sei, sondern sei die Beschäftigung für auf eigene Rechnung tätigen ***RB*** zuzurechnende Arbeiterpartien bzw. letztlich die von diesen beherrschte Firma ***B-KG*** erfolgt, welche daher faktisch, tatsächlich und unzweifelhaft als sozialversicherungs- und steuerrechtlicher Dienstgeber anzusehen sei. Auch für die Jahre 2009, 2010 und 2011 sei der Beschwerdeführer nicht für die oben genannten Scheinfirmen tätig. Tatsächlich war der Arbeitgeber die ***H-GmbH***, welche von ***SB*** beherrscht worden war.

4. Der Beschwerdeführer hat mi Schreiben vom die Entscheidung über die Beschwerde durch das Bundesfinanzgericht beantragt sowie die Durchführung einer mündlichen Verhandlung gemäß § 274 BAO sowie die persönliche Einvernahme.

4.1. Es sei vollkommen unrichtig, dass er bei der Firma ***B-GmbH*** mindestens € 3.000,- bar pro Monat erhalten haben soll. In Wahrheit habe sein Monatseinkommen bei der Firma ***B*** lediglich € 1.300,- bis € 1.500,- netto betragen. Er möchte nochmals betonen, dass der "geschätzte" Monatsnettoverdienst iHv € 3.000,- in seinem Fall vollkommen überhöht und unrichtig sei. Er weise diese Unterstellung klar zurück. Im Übrigen sei es für ihn nicht nachvollziehbar, auf welcher Grundlage diese Schätzung durch die zuständigen Finanzprüfer zustande gekommen sei. Hätte er tatsächlich so viel verdient, würde er dazu stehen und die Nachforderung bezahlen.

4.2. Vollkommen haltlos und unrealistisch sei außerdem die Aussage des ***RB***, auf welche sich die Abgabenbehörde in der Beschwerdevorentscheidung vom beziehe, dass jeder Arbeiter gewusst habe, dass er nicht bei ***B***, sondern einer der "Anmeldefirmen" beschäftigt gewesen sei. Dies entspräche nicht der Wahrheit und er weise diese Aussage entschieden zurück. Er persönlich habe keinerlei Grund daran zu zweifeln, dass er bei ***RB*** beschäftigt und dementsprechend gemeldet gewesen sei.

4.3. Er weise auch die Aussage des ***SB*** entschieden zurück, wonach alle Hilfsarbeiter € 3.000,- und alle Facharbeiter € 4.000,- verdient haben sollen. Aus dessen Aussage, welche die Abgabenbehörde in ihrer Begründung zitiere, geht hervor, dass jene Stunden, welche über "die ersten 160 Stunden im Monat" geleistet worden seien, sehr hoch entlohnt worden seien. Demnach hätte er ständig sehr viele Überstunden machen müssen, um auch nur in die Nähe des ihm vorgeworfenen Verdienstes zu gelangen. Zumal seine tatsächliche Entlohnung lediglich bei ca. € 1.400,- netto im Monat gelegen habe, also weniger als die Hälfte des ihm vorgeworfenen Monatsnettoverdienstes, erscheine diese Aussage äußerst unrealistisch.

4.4. Schon aufgrund dessen liege es doch auf der Hand, dass die Behauptung der Überzahlung "Brutto für Netto" eine reine Schutzbehauptung der, teilweise gerichtlich verurteilten, Akteure des ***B***-Systems sei. Angesichts des ungeklärten Verbleibs sehr großer Geldmengen, sei es für die Beschuldigten wohl einfacher gewesen, alles auf die Arbeiter zu schieben und keine weiteren Ermittlungen zu riskieren. Es laufe gegenständlich darauf hinaus, dass die Arbeiter Steuern für Gelder zahlen müssten, welche sie tatsächlich nicht erhalten hätten und deren Verbleib wohl weiterhin ungeklärt bleibe.

4.5. Widersinnig sei die Unterstellung der Finanzprüfer auch insofern, als sich die Frage stelle, warum die ***B*** Akteure so "großzügig" hätten sein sollen und den Arbeitern einen so hohen Verdienst hätten bezahlen sollen, insbesondere in Anbetracht der durchschnittlichen Verdienstlage eines Arbeiters in der hiesigen Baubranche. Die Argumentation der Abgabenbehörde hinsichtlich der Aussagen von ***RB*** und anderer Beschuldigten bzw. Verurteilten sowie hinsichtlich der pauschalen Unterstellung von Schwarzgeldzahlungen sei für ihn nicht nachvollziehbar. Insbesondere, da die Abgabenbehörde in ihrer Begründung wiederholt Annahmen treffe und diese pauschal auf alle betroffenen Arbeiter anwende, ohne den Einzelfall zu betrachten.

4.6. Außerdem sei die Begründung der Abgabenbehörde in sich widersprüchlich, da es zunächst heiße, im Rahmen einer GPLA-Prüfung "konnte festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer mindestens € 3.000,- bar - Brutto für Netto" - erhalten hat" und in der Folge werde dieser Betrag auf die Aussage des ***RB*** gestützt. In Anbetracht dessen, dass im gesamten Verfahren in keinster Weise das Zustandekommen der Berechnung oder vielmehr der Schätzung des vorgeworfenen Monatsnettoverdienstes von € 3.000,- durch die Abgabenbehörde dargelegt worden sei und dieser Betrag bei jedem einzelnen der betroffenen ***B***-Arbeiter pauschal unterstellt worden sei, erscheine die Vorgehensweise der Abgabenbehörde unter rechtsstaatlichen Gesichtspunkten mehr als zweifelhaft. Er beantrage daher die Berücksichtigung der von ihm vorgebrachten Umstände und die Prüfung der Grundlage der Verdienstschätzung.

4.7. Letztlich beantragt der Beschwerdeführer die Einvernahme von 22 Personen "welche sich laut beiliegenden Erklärungen als Zeugen für die wahrheitsgemäße Ermittlung des Sachverhaltes sowie der Verdiensthöhe zur Verfügung stellen." Diese Personen würden völlig unabhängig voneinander behaupten, dass der monatlich geschätzte Verdienst € 3.000 um weit mehr als € 1.000 zu hoch gegriffen sei.Dem Vorlageantrag sind 22 Einverständniserklärungen beigelegt, wovon eine vom Beschwerdeführer selbst stammt. Sie sind inhaltsgleich und lauten:

"Hiermit erkläre ich, dass ich damit einverstanden bin, als Zeuge in den Rechtsmittelverfahren jener Arbeitnehmer genannt zu werden, die von einer Lohsteuernachzahlung aufgrund ihrer Beschäftigung bei der Firma ***B*** bzw. der Firma ***H-GmbH*** oder einer der zugehörigen Scheinfirmen betroffen sind.

Ich bin bereit, über die Höhe meines tatsächlich bezogenen Einkommens, die Art der Tätigkeit sowie die näheren Umstände der Beschäftigung Zeugnis abzulegen.

5. Die Abgabenbehörde hat die Beschwerde mit Bericht vom dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorgelegt.

6. Vor dem Bundesfinanzgericht hat am die vom Beschwerdeführer beantragte mündliche Verhandlung stattgefunden.

II. Sachverhalt

1. Der Beschwerdeführer arbeitete in den Streitjahren 2006 bis 2011 als Eisenbieger. Angemeldet war er unter anderem bei den Firmen ***F-GmbH*** (vom 16.06.bis ), Einzelunternehmen ***SH*** (vom 15.03. bis ), ***W-GmbH*** (vom 01.06. bis ), ***O-GmbH*** (vom 02.02. bis ), ***D-KG*** (vom 16.06. bis ), Einzelunternehmen ***RM*** (vom 10.06. bis ) und Einzelunternehmen ***ZT*** (vom 04.03. bis ).

2. Tatsächlich gearbeitet hat der Beschwerdeführer in den genannten Zeiträumen für die Firmen ***B-KG*** (vom 16.06.bis , vom 15.03. bis und vom 01.06. bis ) und ***H-GmbH*** (vom 02.02. bis , vom 16.06. bis , vom 10.06. bis und vom 04.03. bis ).

3. Die genannten Firmen waren Teil eines Systems, deren Haupttäter sich zum Ziel gesetzt hatten, durch professionell organisierte Schwarzarbeit, vornehmlich im Bereich der Eisenbiegerei, sich zum Nachteil der öffentlichen Hand im großen Stil planmäßig unrechtmäßig zu bereichern. Die österreichweit organisierten Tätergruppierungen strebten eine Bereicherung in großem Umfang an, indem sie nach Gründung von Gesellschaften Scheinunternehmen nach außen hin durch Strohmänner als vermeintliche Bauunternehmen führen ließen, dort Schwarzarbeiter in großem Stil anmelden ließen, jedoch für die bei den dubiosen Unternehmen angemeldeten Schwarzarbeiter weder Sozialversicherungsbeiträge und Zuschläge nach dem Bauarbeiter-, Urlaubs- und Abfertigungsgesetz entrichteten, noch Steuern und Abgaben bezahlten oder sonstige Gesellschaftsverbindlichkeiten erfüllten (Anklageschrift gegen ***RB*** und ***MB*** vom zu ***AZ-1***; Anklageschrift gegen ***SB*** vom zu ***AZ-2***). Die Neufestsetzung der Einkünfte des Beschwerdeführers war Ausfluss der umfassenden Ermittlungen der Lohnsteuerprüfung und der Steuerfahndung zum System "***B***" bzw. zum System "***H-GmbH***".

3.1. Das System beruhte auf drei bis vier verschiedenen Vergabeebenen (Anklageschrift gegen ***RB*** und ***MB*** vom zu ***AZ-1***, S. 17 ff; Anklageschrift gegen ***SB*** vom zu ***AZ-2***, S. 11 ff):

3.1.1. Auf der oberen Ebene befand sich ein seriöser Generalunternehmer, der einen großen Auftrag erhielt, typischerweise handelte es sich um einen Großkonzern (A-Firma). Dieses Unternehmen gab den Auftrag oder Teile davon an einen ersten Subunternehmer (B-Firma) weiter. Solche B-Firmen wurden bewusst "sauber" gehalten, das heißt, entsprechende Abgaben wurden geleistet, die Aufträge wurden zufriedenstellend erfüllt, um auch künftig entsprechende Aufträge zu erhalten.

3.1.2. Die B-Firmen bedienten sich sogenannter C-Firmen (dritte Ebene) in Form von reinen Anmeldefirmen oder D-Firmen (vierte Ebene), die ohne im Geschäftsverkehr tätig zu sein, Schein- und Deckungsrechnungen für die B-Firmen ausstellten. Die von diesen Gesellschaften geschuldeten Sozialversicherungsbeiträge, Abgaben und BUAG-Zuschläge (Zuschläge nach dem Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungsgesetz) wurden nicht oder nicht vollständig entrichtet, welcher Umstand von Anfang an beabsichtigt war. Die Lebensdauer der C- oder D-Firmen war äußerst begrenzt, wobei bei einem "Ausfall" (Konkurs) der betreffenden Firma in der Regel schon neue "Anmeldefirmen" zur Verfügung standen, auf deren Beitragskonto Dienstnehmergemeldet bzw. laufend umgemeldet wurden. Tatsächlich standen die C-Firmen und die D-Firmen im Einflussbereich der Geschäftsführer der B-Firmen.

3.1.3. Die Anmeldung von Dienstnehmern zur Sozialversicherung war das zentrale Charakteristikum des Sozialbetrugs mittels Anmeldefirmen. Üblicherweise kam es zu einem bestimmten Zeitpunkt zum ruckartigen Anstieg der Dienstnehmer-Anmeldungen bei C-Firmen bei den jeweiligen Sozialversicherungsträgern. Durch die Anmeldung zur Sozialversicherung erlangten die gemeldeten Personen umfassenden Versicherungsschutz. Die faktischen Machthaber der Anmeldefirmen gründeten über Auftrag der Mitglieder der Familie ***B*** über einen Scheingeschäftsführer ein Unternehmen (C-Firma). Auf Veranlassung von Mitgliedern der Familie ***B***, welche wöchentlich entsprechende Listen mit den zum Schein an- und abzumeldenden Arbeitern übergaben, erfolgte die Anmeldung zur Sozialversicherung. Es wurden jedoch von Anfang an keine oder zu niedrige Lohnabgaben und Sozialversicherungsbeiträge abgeführt. Kontrollen durch das Finanzamt führten zu keinerlei Auffälligkeiten, da sämtliche Personen bei der Sozialversicherung gemeldet waren und noch keine Rückstände an Lohnabgaben und Sozialversicherungsbeiträgen, bedingt durch die kurze Lebensdauer der Firmen, auf den Abgabenkonten ersichtlich waren.

3.1.4. Für den tatsächlichen Dienstgeber waren solche Auslagerungen wesentlich günstiger als die anfallenden Lohn- und Sozialabgaben. Die an die ausgelagerten Dienstnehmer durch den tatsächlichen Dienstgeber bezahlten Löhne wurden teilweise durch Eingangsrechnungen, denen keine Leistungen gegenüberstanden, buchhalterisch abgedeckt bzw. wurde somit der anfallende Gewinn aus dem Gesellschaftsvermögen abgeschöpft bzw. verschleiert. Die faktischen Machthaber der Anmeldefirmen (C-Firmen) erhielten pro angemeldetem Arbeitnehmer einen Beitrag zwischen € 250 und € 450 (im Regelfall € 350) im Monat ausbezahlt (Anklageschrift gegen ***RB*** und ***MB*** vom zu ***AZ-1***, S. 20).

3.1.5. Bei der ***B-KG*** handelte es sich um eine B-Firma. Die ***B-KG*** mit dem Geschäftsgegenstand "Eisenverleger" und dem Sitz in Zirl wurde mit Gesellschaftsvertrag vom von ***RB*** als unbeschränkt haftendem Gesellschafter gegründet. Als Kommanditist schien zunächst ***BeB*** auf. In den Jahren 2004 bis 2010 war ***RB*** der faktische Machthaber dieser Gesellschaft, die zunächst bis Anfang 2009 operativ tätig war. In den Jahren 2009 und 2010 war die Tätigkeit der ***B-KG*** weitestgehend eingestellt, im Februar 2011 nahm sie ihre Tätigkeit, nun unter der faktischen Geschäftsführung von ***BuB***, wieder auf. Mit Beschluss des Landesgerichtes Innsbruck vom wurde über die ***B-KG*** der Konkurs eröffnet. ***RB*** setzte seine Tätigkeit ab 2009 mit der im Jahr 2007 gegründeten ***B-GmbH*** fort. Ab dem Jahr 2006 wurden Dienstnehmer der ***B-KG*** auf C-Firmen angemeldet (im Beschwerdefall auf die Anmeldefirmen ***F-GmbH*** im Jahr 2006, ***SH*** sowie die ***W-GmbH*** im Jahr 2007). Tatsächlich waren diese Dienstnehmer nicht für die C-Firmen, wo sie zum Schein angemeldet waren, tätig, sondern erfolgte die Beschäftigung für auf eigene Rechnung tätige, ***RB*** zuzurechnende Arbeiterpartien bzw. letztlich für die von ihm beherrschte B-Firma ***B-KG*** (Anklageschrift gegen ***RB*** und ***MB*** vom zu ***AZ-1***, S. 89 ff).

3.1.6. Faktische Machthaber der C-Firma bzw. Anmeldefirma ***F-GmbH*** mit Sitz in Graz waren ***AH*** und ***RZ*** (Anklageschrift gegen ***RB*** und ***MB*** vom zu ***AZ-1***, S. 25). ***SH*** war faktischer Machthaber des Einzelunternehmens ***SH*** sowie der ***W-GmbH*** und der ***O-GmbH***. Diese Unternehmen waren ebenfalls C-Firmen bzw. Anmeldefirmen (Anklageschrift gegen ***RB*** und ***MB*** vom zu ***AZ-1***, S. 22; Beschuldigtenvernehmung ***RB*** vom , Landespolizeidirektion Tirol, ***GZ-1***, S. 6).

3.2. Ein ähnliches System wurde von ***SB*** in Vorarlberg (Feldkirch) etabliert (Anklageschrift gegen ***SB*** vom zu ***AZ-2***, S. 11 ff):

3.2.1. Die ***H-GmbH*** wurde mit Gesellschaftsvertrag vom von ***RS*** und ***CH*** gegründet und mit dem Geschäftszweig Eisenverlegearbeiten in das Firmenbuch beim Landesgericht Feldkirch eingetragen. Bei ***RS*** handelte es sich um die Ehefrau von ***SB***, der seit Anfang des Jahres 2006 faktischer Machthaber der ***H-GmbH*** war. Mit Beschluss des Landesgerichts Feldkirch vom wurde über die Gesellschaft der Konkurs eröffnet (Anklageschrift gegen ***SB*** vom zu ***AZ-2***, S. 16).

3.2.2. Um die offiziellen Personalkosten gering zu halten und konkurrenzlos günstig anbieten zu können, wurden von ***SB*** zwei Vorgangsweisen perfektioniert. Einerseits wurden Dienstnehmer direkt bei der Firma ***H-GmbH*** zur Sozialversicherung angemeldet, allerdings erfolgte die Anmeldung mit einer unrichtigen, weil viel zu geringen Bemessungsgrundlage. Andererseits hat sich auch ***SB*** bzw. die ***H-GmbH*** (wie diverse ***B***-Firmen, die vorwiegend in Tirol tätig waren) mehrerer C-Firmen in Form von Anmelde- bzw. Scheinfirmen bedient. Als C-Firmen für die ***H-GmbH*** fungierten unter anderem das Einzelunternehmen ***MR***, die ***O-GmbH*** (faktischer Machthaber bzw. Ansprechpartner war bei beiden Firmen ***SH***; Beschuldigtenvernehmung ***RB*** vom , Landespolizeidirektion Tirol, ***GZ-1***, S. 6; Anklageschrift ***RB*** und ***MB***, S. 22; Anklageschrift gegen ***SB*** vom zu ***AZ-2***, S. 4), die ***D-KG*** (beherrscht von ***DB*** und ***IG***; Beschuldigtenvernehmung ***RB*** vom , Landespolizeidirektion Tirol, ***GZ-1***, S. 7; Anklageschrift gegen ***SB*** vom zu ***AZ-2***, S. 18) sowie das Einzelunternehmen ***TZ*** (beherrscht von ***IG***, Anklageschrift gegen ***SB*** vom zu ***AZ-2***, S. 18). Die Lohnzahlungen erfolgten über Veranlassung durch ***SB*** und stets in Form von Barzahlungen. Die entsprechenden Stundenaufzeichnungen wurden nach den baren "schwarzen" Auszahlungen vernichtet (Anklageschrift gegen ***SB*** vom zu ***AZ-2***, S. 17 ff).

3.3. Mit Urteil des Landesgerichts Graz vom , ***Hv-1***, wurden ***AH*** und ***RZ*** (als faktische Geschäftsführer der ***F-GmbH***) wegen des Verbrechens des schweren gewerbsmäßigen Betruges und der betrügerischen Krida, des Vergehens des betrügerischen Vorenthaltens von Sozialversicherungsbeiträgen und Zuschlägen nach dem Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungsgesetz sowie des Vergehens der organisierten Schwarzarbeit zu Freiheitsstrafen verurteilt. Nach den Feststellungen des Gerichtes haben ***AH*** und ***RZ***, teils im Zusammenwirken mit dem während der Untersuchungshaft verstorbenen handelsrechtlichen Geschäftsführer ***MV***, bei der Steiermärkischen Gebietskrankenkasse Dienstnehmer angemeldet, die tatsächlich nicht beider ***F-GmbH***, sondern bei auf eigene Rechnung tätigen Arbeiterpartien beschäftigt waren. Als Dienstnehmer einer solchen, von ***RB*** und ***BuB*** im Jahr 2006 geführten Arbeiterpartie ist auch der Beschwerdeführer namentlich angeführt (Urteil des Landesgerichts Graz vom , ***Hv-1***, S. 42 ff). ***AH*** und ***RZ*** waren geständig (Urteil des Landesgerichts Graz vom , ***Hv-1***, S. 81).

3.4. Mit Urteil des Landesgerichts Innsbruck vom , ***Hv-2***, wurden ***RB*** (als Verantwortlicher der ***B-KG*** sowie der ***B-GmbH***) und ***MB*** (als Verantwortlicher der ***B-GmbH***) unter anderem wegen des Verbrechens des schweren gewerbsmäßigen Betruges, des Vergehens der organisierten Schwarzarbeit, des Verbrechens der betrügerischen Krida, des betrügerischen Vorenthaltens von Sozialversicherungsbeiträgen und Zuschlägen nach dem Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungsgesetz zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt. ***RB*** und ***MB*** waren voll geständig (Urteil des Landesgerichts Innsbruck vom , ***Hv-2***, S. 17).

3.5. ***DB*** und ***JD*** wurden wegen des Verbrechens des schweren gewerbsmäßigen Betruges, des Vergehens des Vorenthaltens von Sozialversicherungsbeiträgen, des Vergehens der organisierten Schwarzarbeit sowie des Vergehens der grob fahrlässigen Beeinträchtigung von Gläubigerinteressen verurteilt. ***DB*** und ***JD*** waren geständig (Urteil des Landesgerichts Innsbruck vom , ***Hv-3***).

3.6. ***BuB***, im Jahr 2006 "verlängerter Arm" des ***RB*** in Graz, im Jahr 2011 faktischer Machthaber der ***B-KG***, wurde wegen des Verbrechens des schweren gewerbsmäßigen Betruges, des Vergehens des Vorenthaltens von Sozialversicherungsbeiträgen, des Vergehens der organisierten Schwarzarbeit, des Vergehens der fahrlässigen Beeinträchtigung von Gläubigerinteressen sowie des Verbrechens der betrügerischen Krida verurteilt. ***BuB*** legte ein umfassendes Geständnis ab (Urteil des Landesgerichts Innsbruck vom , ***Hv-3***).

3.7. Mit Urteil des Landesgerichts Innsbruck vom , ***Hv-4***, wurde ***SB*** wegen des Vergehens des schweren gewerbsmäßigen Betruges, des Vergehens der organisierten Schwarzarbeit, des Verbrechens des betrügerischen Anmeldung zur Sozialversicherung und des Verbrechens der betrügerischen Krida zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt. ***SB*** hat sich im Verfahren umfassend schuldig bekannt (Urteil des Landesgerichts Innsbruck vom , ***Hv-4***, S. 11).

3.8. Mit Urteil des Landesgerichts Innsbruck vom , ***Hv-5***, wurden ***RB***, ***MB***, ***BuB***, ***BeB*** und ***SB-U***, ***JD***, ***DB*** und ***IG*** wegen des Finanzvergehens der Abgabenhinterziehung zu Geldstrafen zwischen € 660.000 und € 100.000 bzw. Ersatzfreiheitstrafen zwischen 22 Monaten und 5 Monaten verurteilt. Die genannten Personen haben sich auch im Finanzstrafverfahren umfassend objektiv und subjektiv schuldig bekannt und die ihnen zur Last gelegten Taten zugestanden (Urteil des Landesgerichts Innsbruck vom , ***Hv-5***, S. 25).

3.9. Folgenden Aussagen sind in den angesprochenen Strafverfahren von den Beschuldigten protokolliert worden:

3.9.1. ***RB*** hat anlässlich seiner Beschuldigtenvernehmung durch die Landespolizeidirektion Tirol zur Entlohnung der bei den Anmeldefirmen (C-Firmen) gemeldeten Dienstnehmer Folgendes ausgesagt (Beschuldigtenvernehmung ***RB*** vom , Landespolizeidirektion Tirol, ***GZ-1***, S. 7 f):

"Jeder dieser Dienstnehmer wusste von Anfang an, dass er nicht bei mir gemeldet wird, sondern bei einer der angeführten Anmeldefirmen. Nur so war es auch möglich, dass ich ihnen einen Stundenlohn von mindestens € 13.-, meistens € 15.-, bis sogar € 17.- bar auf die Hand bezahlt habe. Da war kein einziger Arbeiter, der im Monat unter € 3.000.- bar auf die Hand nach Hause gegangen ist."

[…]

"Alle zwei Wochen erfolgte die Auszahlung. Meist durch mich, fallweise durch ***MB*** in meinem Auftrag. Mitte des Monats wurde ein Vorschuss ausbezahlt. Am Monatsende habe ich anhand der vorgelegten Stundenzettel die Abrechnungen gemacht. Es wurden die geleisteten Stunden mit dem vereinbarten Stundenlohn multipliziert, der Vorschuss in Abzug gebracht und der Restbetrag bar ausbezahlt. Die Aufzeichnungen wurden meistens zerrissen und nach Auszahlung von mir weggeworfen. Ein Teil der Aufzeichnungen wurde von der Steuerfahndung bei einer Hausdurchsuchung im Mai 2011 sichergestellt."

3.9.2. ***MB*** hat anlässlich seiner Beschuldigtenvernehmung durch die Landespolizeidirektion Tirol zur Entlohnung der Bauarbeiter folgende Aussage getätigt (Beschuldigtenvernehmung ***MB*** vom , Landespolizeidirektion Tirol, ***GZ-1***, S. 8):

"Es hat vermutlich keinen einzigen Arbeiter gegeben, der im Monat unter € 3.000,- bar auf die Hand bekommen hat. Angemeldet waren sie in den jeweiligen Anmeldefirmen im Kollektiv, teils sogar als geringfügig. Diese geringfügigen Anmeldungen wurden von den jeweiligen Arbeitern gefordert, denn so hatten sie die Möglichkeit auch noch AMS zu kassieren.

Ich möchte ausdrücklich anführen, dass dies eine Forderung der Arbeiter war, ansonsten hätten sie nicht für uns gearbeitet.

Auch möchte ich ausdrücklich anführen, dass uns die Arbeitnehmer richtiggehend "erpresst" haben, dass sie auf diese Anmeldefirmen angemeldet werden und dass sie einen entsprechenden Stundenlohn, der weit über dem Kollektiv lag, bekommen.

Es gibt keinen einzigen Arbeiter, der nicht gewusst hat, dass er bei einer Anmelde- bzw. Scheinfirma angemeldet wurde. Wenn die Arbeiter dies in ihren Vernehmungen teilweise ausgesagt haben, so lügen sie."

3.9.3. ***SH*** hat anlässlich seiner Beschuldigtenvernehmung durch die Landespolizeidirektion Tirol zum System ***B*** ausgesagt (3te Beschuldigtenvernehmung ***SH*** vom , Landespolizeidirektion Tirol, ***GZ-1***, S. 5):

"Sinn der Anmeldefirmen war es den Markt mit unschlagbaren Preisen zu übernehmen und die Personalkosten durch das Nichtzahlen der Krankenkasse, des Finanzamtes, der BUAK also aller regulären Abgaben in weiterer Folge als Gewinn in die Tasche einzustreichen. Die Arbeiter wurden von ***RB*** und ***SB*** schwarz ausbezahlt und erhielten dadurch logischerweise mehr Gehalt als normal, nämlich zwischen 15,- und 17,- Euro pro Stunde bar auf die Hand, Vorarbeiter ca. 19,- Euro. Die Arbeiter, die offiziell bei ***B*** oder ***H-GmbH*** gemeldet sind, erhalten auch die Überstunden und etwas "extra" schwarz. Offiziell sind diese Arbeiter aber nach dem Kollektivvertrag gemeldet und es werden auch die entsprechenden Abgaben entrichtet."

3.9.4. ***SH*** hat anlässlich der Beschuldigtenvernehmung durch den Staatsanwalt am ausgesagt (Ergänzende Beschuldigtenvernehmung vom , StA/Gericht ***St-2***, S. 4):

"Zum System befragt gebe ich an, dass ein Arbeiter bei ***RB***, ***BeB*** oder ***BuB*** vorstellig wurde, um für deren Firmen zu arbeiten. Die Arbeiter wussten ja, dass die ***B*** über viel Geld verfügen und gut bezahlen. Diesen Arbeitern wurde dann erklärt, dass sie entweder für die Firma ***B*** "offiziell" per Kollektivvertrag als Eisenbiegerarbeiten können und auch nach Kollektivvertrag entlohnt werden, oder aber dass sie bei einer anderen Firma angemeldet werden. […] Den Arbeitern wurde ferner erläutert, dass sie diesfalls, wenn sie sich also für eine andere Firma anmelden lassen, den Lohn brutto für netto erhalten und dieser schwarz in bar ausbezahlt wird. Auf diese Art und Weise hat ein Hilfsarbeiter als Eisenbieger pro Stunde € 13,- schwarz in bar ausbezahlt erhalten."

3.9.5. ***DB*** hat anlässlich seiner Beschuldigtenvernehmung durch die Landespolizeidirektion Tirol zur Entlohnung ausgesagt (Beschuldigtenvernehmung ***DB*** vom , Landespolizeidirektion Tirol, ***GZ-1***, S. 3):

"Ich habe in meinem Freundeskreis in Erfahrung gebracht, dass man mit den ***B*** gutes Geld verdienen kann. Dies war im Jahr 2009. Es war in Innsbruck bekannt, dass man bei den "Albanern" als Eisenbieger oder Zimmerer so € 3.000,- bis € 3.500,- im Monat verdienen kann.

Mit den "***B***" meine ich ***RB***, ***BeB*** und ***BuB***. Das waren die ersten, die ich kennen gelernt habe. Die sind auch immer aufgefallen, da sie mit großen Autos unterwegs waren und den ganzen Tag im Kaffeehaus gesessen sind."

3.9.6. ***BuB*** hat anlässlich seiner Beschuldigtenvernehmung durch die Landespolizeidirektion Tirol zur ***F-GmbH*** ausgesagt (Beschuldigtenvernehmung ***BuB*** vom , Landespolizeidirektion Tirol, ***GZ-1***, S. 4):

"Die Preise waren aber schlecht und hat ***RB*** dann die Arbeiter der ***B-KG***, die in Graz im Einsatz waren, abgemeldet. Diese Leute - ich würde sagen 15 bis 20 Leute - wurden dann auf die ***F-GmbH*** angemeldet.

Meinem Wissen nach war es so, dass der ***RB*** und ich in Graz den ***AH*** (der Nachname ***AH*** ist mir nicht bekannt) und den ***RZ*** (der Nachname ***RZ*** ist mir nicht bekannt) kannten. Den Kontakt zu diesen Personen stellte unser Arbeiter "Luli" (= ***LK***) her. Ich möchte auch anführen, dass es zu dieser Zeit in Graz üblich war, dass Arbeiter bei einer anderen Firma angemeldet waren.

***RB*** und ich haben uns mit ***RZ*** und ***AH*** in Graz getroffen. Dabei haben sie uns angeboten, Dienstnehmer auf die Firma ***F-GmbH*** zum Schein anzumelden. Wir wussten, dass es sich bei der ***F-GmbH*** um eine reine Scheinfirma handelt, wo viele Dienstnehmerangemeldet werden. ***RB*** musste für jede Anmeldung eine Gebühr bezahlen und zwar monatlich glaublich € 350,- pro Dienstnehmer an ***RZ***.

Mir war schon klar, dass die bei der ***F-GmbH*** angemeldeten Dienstnehmer sozialversichert waren, ohne dass die ***F-GmbH*** Beiträge bezahlt.

Ich war in Graz für zwei Baustellen zuständig und zwar vom Mai bis Ende September/Anfang Oktober 2006. Auf diesen Baustellen waren ca. 15 bis 20 Leute für die ***B-KG*** im Einsatz, die tatsächlich auf die ***F-GmbH*** angemeldet waren.

Diese Arbeiter haben wöchentlich von mir ihr Geld bekommen, immer bar. Bezahlt wurden zwischen € 12,- und € 15,-. Sie haben zwischen 170 und 190 Stunden im Monat gearbeitet.

Es stimmt, dass die Arbeiter im Monat zwischen € 3.000,- und € 3.500,- bekommen haben.

Mir war klar, dass die Leute das Geld nicht versteuern werden. Sie waren ja alle im Kollektiv - etwa € 1.500,- angemeldet.

Das Geld für die Auszahlung an die Arbeiter habe ich vom ***RB*** per Postanweisung bekommen."

3.9.7. ***SB*** hat anlässlich seiner Beschuldigtenvernehmung durch die Steuerfahndung ausgesagt (Protokoll über die Beschuldigtenvernehmung ***SB*** vom , Steuerfahndung für das Finanzamt Feldkirch, ***AZ-3***, S. 6 ff):

"Generell ist es so, dass die Arbeiter zum Kollektivlohn bei der Sozialversicherung angemeldet wurden. Die Arbeiter haben durchschnittlich im Monat ca. 200 bis 210 Stunden gearbeitet. Pro Stunde haben die Arbeiter netto zwischen € 13,- und € 15,- erhalten. Ganz egal, ob diese mehr oder weniger gemeldet waren. Dies heißt, dass die Hilfsarbeiter tatsächlich jeden Monat mindestens € 3.000,- und Vorarbeiter bis zu € 4.500,- ausbezahlt bekamen. Das System bei der Firma ***H-GmbH*** funktionierte folgendermaßen: Es wurde mit den Arbeitern vereinbart, dass der Stundenlohn zwischen € 13,- und € 15,- netto für die ersten 160 Stunden im Monat beträgt, die weiteren Stunden mit € 17,-/18,- vergütet. Alle Arbeitererhielten ihren Lohn zum Monatsersten. Am 15. des Monats erhielten sie einen Vorschuss zw. € 1.000,- und € 1.500,-, den Rest erhielten sie nach Vorliegen der geleisteten Monatsstunden am Anfang des Folgemonats. Die Vorarbeiter hatten natürlich einen entsprechend höheren Stunden-/Monatslohn. Bis zum Jahr 2008 hatte ich selbst als Arbeiter tatsächlich einen Monatslohn von ca. € 3.500,- netto. Alle Arbeiter haben gewusst, dass sie einen Teil ihres Lohnes schwarz erhalten haben.

Es ist richtig, dass ich Arbeiter teilweise bei Scheinfirmen zur Sozialversicherung anmelden habe lassen. Mir wird eine Liste vorgelegt, auf welcher Dienstnehmer mit deren Anmeldung bei sogenannten Scheinfirmen angeführt sind, welche der Fa. ***H-GmbH*** zugerechnet werde. Ich habe jene Dienstnehmer, welche tatsächlich für die Fa. ***H-GmbH*** gearbeitet haben, mit einem Haken markiert. Diese Arbeiter haben die Meldung über ***SH*** bzw. ***IG*** aktiv von mir gefordert, da sie mehr verdienen wollten. Bei welchen Firmen diese Arbeiter angemeldet wurden, war Sache von ***SH*** bzw. ***IG***. ***IG*** war für die Firma "***ZT***" verantwortlich, die restlichen Firmen waren im Verantwortungsbereich von ***SH***. Für die Anmeldung der Arbeiter wurde an ***SH*** und ***IG*** ein Betrag in der Höhe von € 350,- pro Person und Monat bezahlt. Die Arbeiter erhielten ihren Lohn von mir. Auch diese haben zw. € 3.500,- und 4.000,- netto pro Monat verdient. Diese Arbeiter wussten auch, dass sie bei Scheinfirmen gemeldet waren."

4. Der Beschwerdeführer hat von seinen tatsächlichen Arbeitgebern, den Firmen ***B-KG*** und ***H-GmbH***, mehr Lohn erhalten, als von den zum Schein vorgeschobenen Firmen (***F-GmbH***, Einzelunternehmen ***SH***, ***W-GmbH***, ***O-GmbH***, ***D-KG***, Einzelunternehmen ***RM*** und Einzelunternehmen ***ZT***) bekanntgegeben wurde. Der Lohn wurde bar ausbezahlt, Aufzeichnungen über die Lohnzahlungen und die geleistete Arbeit (Stundenaufzeichnungen) existieren nicht mehr. Der Beschwerdeführer hat für seine Arbeit lohnsteuerpflichtigen Bezüge erhalten im geschätzten Ausmaß von:

  • für seine Arbeit vom 16.06. bis zum bei der ***B-KG***: € 12.533,32.

  • für seine Arbeit vom 15.03. bis zum bei der ***B-KG***: € 6.766,33.

  • für seine Arbeit vom 01.06. bis zum bei der ***B-KG***: € 2.670,92.

  • für seine Arbeit vom 02.02. bis zum bei der ***H-GmbH***: € 11.593,10.

  • für seine Arbeit vom 16.06. bis zum bei der ***H-GmbH***: € 10.674,91.

  • für seine Arbeit vom 10.06. bis zum bei der ***H-GmbH***: € 3.700,25.

  • für seine Arbeit vom 04.03. bis zum bei der ***H-GmbH***: € 6.075,25.

III. Beweiswürdigung

1. Die Feststellungen zu den Firmen, bei denen der Beschwerdeführer gemeldet war und jenen, bei denen er tatsächlich gearbeitet hat (Punkt II.1. und 2.) sind nach der Aktenlage erwiesen und unbestritten. Die Tatsachen wurden dem Beschwerdeführer bei der mündlichen Verhandlung am am Bundesfinanzgericht mit der Gelegenheit zur Stellung dargetan. Er hat dazu keine Einwendungen vorgebracht (Niederschrift über die mündliche Verhandlung vor dem Bundesfinanzgericht vom ).

2. Dies Feststellungen zum System "***B***" und "***H-GmbH***" basieren auf den unter Punkt II.3. angeführten Dokumenten (Vernehmungsprotokolle, Anklageschriften und Strafurteile). Die Tatsachen und Beweismittel wurden dem Beschwerdeführer ebenfalls in der mündlichen Verhandlung am am Bundesfinanzgericht zur Kenntnis gebracht (die Beschwerdevorentscheidung enthält dazu bereits ausführliche Angaben). Er hat die Sachlage nicht bestritten, jedoch angemerkt, dass er gemeint habe, alles sei in Ordnung. Er sei ja von Finanzbeamten ein bis zweimal im Monat kontrolliert worden. Dass sein Arbeitgeber ihn von einer Firma zur anderen gemeldet habe, habe er nicht gewusst. Hätte er gewusst, dass sein Arbeitgeber das nicht korrekt mache, dann hätte er natürlich selbst Aufzeichnungen geführt und die aufbewahrt.

3. Strittig sind die Feststellungen zur Höhe der lohnsteuerpflichtigen Bezüge (Punkt II.4.). Sie wurden gemäß § 184 BAO geschätzt. Siehe dazu folgenden Punkt IV.

IV. Rechtliche Beurteilung

1. Gemäß § 184 Abs. 1 BAO hat die Abgabenbehörde die Grundlagen für die Abgabenerhebung zu schätzen, soweit sie diese nicht ermitteln oder berechnen kann. Dabei sind alle Umstände zu berücksichtigen, die für die Schätzung von Bedeutung sind. Nach § 184 Abs. 2 BAO ist insbesondere dann zu schätzen, wenn der Abgabepflichtige über seine Angaben keine ausreichenden Aufklärungen zu geben vermag oder weitere Auskunft über Umstände verweigert, die für die Ermittlung der Grundlagen wesentlich sind.

2. Die Schätzungsberechtigung beruht allein auf der objektiven Voraussetzung der Unmöglichkeit, die Besteuerungsgrundlagen zu ermitteln oder zu berechnen (; ; ; , ; ; ; ). Die Schätzungsberechtigung setzt kein Verschulden des Abgabepflichtigen voraus (; ; ; ). Bei der Schätzung handelt es sich lediglich um eine Form der Ermittlung des Sachverhaltes. Sie kommt zur Anwendung, wenn die Grundlagen für die Abgabenerhebung nicht exakt ermittelt bzw. errechnet werden können. Schätzen ist ein Akt der Feststellung tatsächlicher Gegebenheiten und Verhältnisse, die trotz Bemühens der Behörde um Aufklärung nicht mit der erforderlichen Sicherheit ermittelt werden können (; ). Ziel der Schätzung ist es, Besteuerungsgrundlagen zu ermitteln, die den tatsächlichen Betriebsergebnissen möglichst nahekommen. Aber auch bei einigermaßen genauer Erforschung der tatsächlichen Verhältnisse haftet der Gewinnermittlung im Wege der Schätzung zwangsläufig eine gewisse Unsicherheit an, und es ist der Behörde aus diesem Grunde bei der Durchführung der Schätzung ein gewisser Spielraum eingeräumt (). Wer zur Schätzung begründeten Anlass gibt, muss die mit jeder Schätzung verbundene Ungewissheit auch dann hinnehmen, wenn er sich im Bestreben der Verheimlichung eines abgabepflichtigen Sachverhaltes vor der Abgabenbehörde der Möglichkeit zu nachträglicher Mitwirkung an der Sachverhaltsermittlung mangels Beweisvorsorge selbst begeben hat ().

3. Im Beschwerdefall wurde von der Abgabenbehörde die Höhe der lohnsteuerpflichtigen Bezüge geschätzt. Die Schätzung ist für das Bundesfinanzgericht gerechtfertigt und nachvollziehbar. Dies aus folgenden Gründen:

3.1. Im Beschwerdeschreiben vom sowie im Vorlageantrag vom gibt der Beschwerdeführer an, dass sein Monatseinkommen nur € 1.300,00 netto bis € 1.500,00 netto betragen habe. Dass er mindestens € 3.000,00 pro Monat bar erhalten habe, sei vollkommen unrichtig. Die Schätzung der Abgabenbehörde sei völlig unrealistisch und nicht nachvollziehbar. Die Abgabenbehörde stütze sich nur auf die Aussagen der teilweise gerichtlich verurteilten ***B***-Akteure. Er weise die Aussage des ***SB*** entschieden zurück, wonach alle Hilfsarbeiter € 3.000,00 und alle Facharbeiter € 4.000,00 verdient haben sollen. Aus dessen Aussagen, welche die Abgabenbehörde in ihrer Begründung zitiere, gehe hervor, dass jene Stunden, welche über die ersten 160 im Monat geleistet wurden, sehr hoch entlohnt worden seien. Demnach hätte er ständig sehr viele Überstunden machen müssen, um auch nur in die Nähe des ihm vorgeworfenen Verdienstes zu gelangen. Zumal seine tatsächliche Entlohnung lediglich bei ca. € 1.400,00 netto im Monat gelegen habe, also weniger al der Hälfte des ihm vorgeworfenen Monatsverdienstes, erscheine diese Aussage äußerst unrealistisch. Schon aufgrund dessen liege es doch auf der Hand, dass die Behauptung der Überzahlung "Brutto für Netto" eine reine Schutzbehauptung der teilweise gerichtlich verurteilten Akteure des ***B***-Systems sei. Angesichts des ungeklärten Verbleibs sehr großer Geldmengen sei es für die Beschuldigten wohl einfacher gewesen, alles auf die Arbeiter zu schieben und keine weiteren Ermittlungen zu riskieren. Es laufe darauf hinaus, dass die Arbeiter Steuern für Gelder zahlen müssten, welche sie tatsächlich nicht erhalten hätten und deren Verbleib wohl weiterhin ungeklärt bleibe. Widersinnig sei die Unterstellung der Finanzprüfer auch insofern, als sich die Frage stelle, warum die ***B***-Akteure so großzügig hätten sein sollen und den Arbeitern einen so hohen Verdienst hätten bezahlen sollen, insbesondere in Anbetracht der durchschnittlichen Verdienstlage eines Arbeiters in der hiesigen Baubranche.

3.2. Die Abgabenbehörde hat in der Begründung zu den angefochtenen Bescheiden (oben Punkt I. 1.) zur Höhe der zugeschätzten Lohneinkünfte ausgeführt, es sei erwiesen, dass der Abgabepflichtige mindestens € 3.000,00 netto pro Monat verdient habe. Dies decke sich auch weitestgehend mit der Kalkulation der Unterlagen, die im Zuge der Ermittlungen gesammelt worden seien. In der Begründung zur Beschwerdevorentscheidung (oben Punkt I. 3.) rechtfertigt die Abgabenbehörde ihre Annahme, der Beschwerdeführer habe € 3.000,00 pro Monat verdient, im Wesentlichen mit den Aussagen des ***RB***, des ***MB*** sowie des ***SB*** im Rahmen derer Beschuldigtenvernehmungen. Berechnet wurden die lohnsteuerpflichtigen Bezüge so, dass, ausgehend vom angenommenen monatlichen Mindestlohn von € 3.000,00 ein Tageslohn von € 100,00 (€ 3.000,00/30 Tage) angesetzt und davon noch Taggelder lt. Kollektivvertrag abgezogen wurden. Der sich daraus ergebende Betrag wurde mit der Anzahl der Tage vervielfacht, die der Beschwerdeführer bei den Scheinfirmen gemeldet war (Akt der Abgabenbehörde ON 44 bis 47). Die Abgabenbehörde hat aus fragmentarischen Unterlagen, die bei Hausdurchsuchungen der Steuerfahndung gefunden bei ***RB*** wurden (Notizzettel von Dienstnehmern, auf denen die geleisteten Stunden im Monat notiert waren) und aus Regieberichten des Jahres 2010, die der Steuerfahndung von der Firma ***FT*** GmbH & Co KG übergeben wurden, eine durchschnittliche Leistung von 213,27 Stunden im Monat errechnet. Mit einem durchschnittlich angesetzten Stundenlohn von € 13,32 kalkulierte sie ein durchschnittliches Monatseinkommen von € 2.840,00. Damit sei der von der Abgabenbehörde angesetzte Monatslohn von € 3.000,00 plausibel (Akt der Abgabenbehörde ON 47).

3.3. Dem Beschwerdeführer wurde im Rahmen der mündlichen Verhandlung am vor dem Bundesfinanzgericht die Ermittlung der lohnsteuerpflichtigen Bezüge durch die Abgabenbehörde in den Zeiträume 16.06. bis , 15.03. bis , 01.06. bis , 02.02. bis , 10.06. bis sowie 04.03. bis zur Kenntnis gebracht, ebenso die kalkulatorische Verprobung der Abgabenbehörde bezüglich des angenommenen Monatslohns von € 3.000,00 als Ausgangsgröße für die Lohnschätzungen. Die Berechnung der sich aus den angefochtenen Bescheiden ergebenden Nachforderung an Einkommensteuer wurde ihm erklärt. Vorgehalten wurden dem Beschwerdeführer bei der mündlichen Verhandlung am am Bundesfinanzgericht zudem die Aussage des ***RB*** vom anlässlich der Beschuldigtenvernehmung durch die Landespolizeidirektion Tirol (oben Punkt II.3.9.1.), die Aussage des ***MB*** vom anlässlich der Beschuldigtenvernehmung bei der Landespolizeidirektion Tirol (oben Punkt II.3.9.2.), die Aussage des ***SH*** vom anlässlich der Beschuldigtenvernehmung bei der Landespolizeidirektion Tirol (oben Punkt II.3.9.3.) und bei seiner ergänzenden Einvernahme am durch den Staatsanwalt (oben Punkt II.3.9.4.), die Aussage des ***DB*** vom anlässlich der Beschuldigtenvernehmung bei der Landespolizeidirektion Tirol (oben Punkt II.3.9.5.), die Aussage des ***BuB*** vom anlässlich der Beschuldigtenvernehmung bei der Landespolizeidirektion Tirol (oben Punkt II.3.9.6.) und die Aussage des ***SB*** am anlässlich der Beschuldigtenvernehmung durch die Steuerfahndung für das Finanzamt Feldkirch (oben Punkt II.3.9.7.). Die im Kern gleichlautenden Aussagen dieser Personen zur Höhe der bar ausbezahlten Löhne, nämlich zwischen mindestens € 3.000,00 und € 4.500,00 im Monat bzw. € 13,00 bis € 17,00 pro Arbeitsstunde, wurden vom Beschwerdeführer bestritten, diese Leute seien Betrüger. Lohnbestätigungen oder sonstige Aufzeichnungen zu den Barzahlungen und geleisteten Arbeitsstunden in den unter Punkt II.4. angeführten Zeiträumen gibt es nicht. Der Beschwerdeführer konnte im Verfahren nur zwei Zettel vorgelegt, die für den Monat Jänner und September 2007 handschriftlich tageweise Stundenaufzeichnungen enthalten, sie betreffen keine Lohnzahlungszeiträume (Monate), für die die Abgabenbehörde Lohnerhöhungen vorgenommen hat.

3.4. Da jegliche Aufzeichnungen über Arbeitszeiten und bar ausbezahlte Löhne in jenen Zeiträumen fehlen, in denen der Beschwerdeführer unstrittig für die ***B-KG*** tatsächlich gearbeitet hat (oben Punkt II.2.), war die Schätzung der Besteuerungsgrundlagen durch die Abgabenbehörde gerechtfertigt. Dass sie sich dabei vor allem auf Aussagen der verurteilten Straftäter ***RB*** und ***SB***, den faktischen Machthabern der Arbeitgeber des Beschwerdeführers, stützt, ist nicht zu beanstanden. Sie haben übereinstimmend mit anderen verurteilten Straftätern bzw. Beschuldigten in Strafverfahren ausgesagt, dass keinem Arbeitnehmer weniger als € 3.000,00 für seine monatliche Arbeitsleistung ausbezahlt wurde (oben Punkt II.3.9.). Die Abgabenbehörde hat von der Ausgangsgröße € 3.000,00 noch rund € 350,00 für Taggelder abgezogen und somit nur einen monatlichen Betrag von rund € 2.650,00 bei der Ermittlung der strittigen Lohnsteuerbemessungsgrundlagen steuerpflichtig berücksichtigt. Die ergänzend herangezogene Kalkulation der Abgabenbehörde aus den beschlagnahmten Unterlagen bestätigt die Angemessenheit der Vorgangsweise. Der Beschwerdeführer ist es im Verfahren nicht gelungen, substantielle Einwendungen gegen das Schätzungsergebnis vorzubringen. Alleine die Behauptung, nicht mehr als € 1.300 bis € 1.500,00 netto monatlich verdient zu haben, vermag eine Unschlüssigkeit der Schätzung nicht aufzuzeigen. Auch der Vorwurf, dass sich die Abgabenbehörde auf Aussagen von verurteilten Straftätern bzw. von Beschuldigten in Strafverfahren stützt, ist nicht gerechtfertigt. Es ist nicht davon auszugehen, dass sich die Beschuldigten oder Verurteilten bei ihren Vernehmungen und Geständnissen durch Angabe von überhöhten Schwarzlohnzahlungen selbst belasteten.

3.5. Den Antrag des Beschwerdeführers, 22 Personen einzuvernehmen, welche sich als Zeugen für die wahrheitsgemäße Ermittlung des Sachverhaltes sowie der Verdiensthöhe zur Verfügung stellen (oben Punkt. I.4.7.) wertete das Bundesfinanzgericht im gegenständlichen Verfahren nicht als erheblich. Ein Beweisthema wurde nicht ausreichend bestimmt benannt. Dass die allgemein gehaltene Anregung, 22 Personen "als Zeugen für die wahrheitsgemäße Ermittlung des Sachverhaltes sowie der Verdiensthöhe" einzuvernehmen, dazu beitragen kann, Klarheit über die tatsächliche Höhe der dem Beschwerdeführer bar ausgezahlten Löhne zu schaffen, sodass von einer Schätzung Abstand zu nehmen wäre bzw. die Schätzung der Abgabenbehörde beanstandet werden müsste, ist für das Bundesfinanzgericht nicht nachvollziehbar. Dies gilt umso mehr, als es dem Beschwerdeführer, der sich selbst als Zeuge anbietet, im gesamten Verfahren nicht gelungen ist, sein Vorbringen zu den erhaltenen Barzahlungen in irgendeiner Form substantiell zu untermauern oder zu belegen. Dass die als Zeugen angebotenen Personen zur Höhe der Barzahlungen an den Beschwerdeführer konkrete Aussagen tätigen könnten, geht aus den dem Bundesfinanzgericht vorgelegten 22 "Einverständniserklärungen" nicht hervor. Diese beinhalten die Bereitschaft der jeweils angeführten Person, Zeugnis abzulegen über die Höhe des von ihr selbst bezogenen Einkommens, die Art der Tätigkeit sowie die näheren Umstände der Beschäftigung. Diese Tatsachen sind für die Klärung der im Beschwerdefall strittigen Sachlage (die tatsächliche Höhe der Barzahlungen an den Beschwerdeführer) nicht erheblich. Zum angebotenen Thema haben sie im Übrigen schon als Zeugen ihm Rahmen der Vernehmungen durch die Steuerfahndung für das ***FA*** zu ***StA-GZ-1*** ausgesagt, was aktenkundig ist (Akt der Abgabenbehörde ON 48).

3.6. Nachdem vom Bundesfinanzgericht die Schätzung der Besteuerungsgrundlagen durch die Abgabenbehörde schlüssig und nicht zu beanstanden war, war die Bescheidbeschwerde gegen die angefochtenen Einkommensteuerbescheide gemäß § 279 Abs. 1 BAO als unbegründet abzuweisen.

3.7. Nach Maßgabe des § 205 BAO werden für den Zeitraum zwischen dem 1. Oktober des auf das Entstehen des Abgabenanspruchs folgenden Jahres und der Bekanntgabe des Abgabenbescheids Anspruchszinsen (Nachforderungszinsen oder Gutschriftzinsen) festgesetzt. Anspruchszinsen sind zur festgesetzten Abgabe(Einkommensteuer) formell akzessorisch. Sie sind insoweit von der festgesetzten Abgabe zu berechnen, als ihre Bemessungsgrundlage von der Höhe der festgesetzten Abgabe abhängt. Die Festsetzung von Anspruchszinsen ist selbständig anfechtbar. Im Hinblick auf die Bindungswirkung kann jedoch eine Anfechtung mit der Begründung, der maßgebende Einkommensteuerbescheid sei inhaltlich rechtswidrig, von vornherein nicht zum Erfolg führen. Ändert sich die Bemessungsgrundlage von Anspruchszinsen mit der Höhe der festgesetzten Abgabe, bietet eine verfahrensrechtliche Handhabe zur Anpassung der Anspruchszinsenfestsetzung § 295 Abs. 3 BAO (; ). Die Bescheidbeschwerde erweist sich in diesem Punkt daher schon aus verfahrensrechtlichen Gründen als nicht gerechtfertigt.

V. Zulässigkeit einer Revision

Nach Art 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes die Revision an den Verwaltungsgerichtshof zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung liegt vor Allem dann vor, wenn das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Der Beschwerdefall hat Sachverhaltsfragen zum Gegenstand, nämlich die Schätzung von Besteuerungsgrundlagen. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung stellt sich dabei nicht. Die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist demzufolge nicht zulässig. Zur außerordentlichen Revision an den Verwaltungsgerichtshof siehe nachstehende Rechtsbelehrung.

Innsbruck, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 184 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 184 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.3100867.2017

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at