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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 17.12.2020, RV/3100148/2020

Vertragserrichtungskosten als Teil der Gegenleistung bei einem Liegenschaftskauf

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel vom , ErfNr. 10-184.382/2019, betreffend Grunderwerbsteuer 2019 zu Recht erkannt:

  • Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Entscheidungsgründe

Sachverhalt und Verfahrensgang

1. Mit Kaufvertrag vom erwarb der Beschwerdeführer und seine Ehefrau von der ***X*** GmbH - aufgrund des zum damaligen Zeitpunkt noch einzuholenden Nutzwertgutachtens überschlagsmäßig geschätzte - 127(111+7+9)/1167 Anteile an der Liegenschaft in EZ 2674, Grundbuch ***1***, mit denen das Wohnungseigentum an der im ersten Obergeschoß (auf Ebene E05) gelegenen Wohneinheit Top I5 untrennbar verbunden ist (vgl. Punkt II. des Kaufvertrages).

Unter Punkt III. wurde zwischen den Vertragsparteien ein Pauschalbetrag von 470.000,- Euro als Kaufpreis vereinbart.

In Punkt XII. (Kostentragung) wurde festgelegt, dass sämtliche mit der Errichtung, treuhändigen Abwicklung und grundbücherlichen Durchführung dieses Vertrages verbundenen Kosten, Steuern und Gebühren einschließlich der Kosten der Beglaubigung der Unterschriften sämtlicher Vertragspartner vom Käufer, also dem Beschwerdeführer, zu tragen sind. Ausdrücklich angeführt wurden dabei "Kosten des Vertragsverfassers für die Errichtung, treuhändige Abwicklung und grundbücherliche Durchführung dieses Kaufvertrages (1,5 % des vereinbarten Kaufpreises zuzüglich Umsatzsteuer in Höhe von derzeit 20 %)".

In Punkt XIII. (Vertragsabwicklung) wurde vereinbart, dass RA Dr. ***Y*** mit der Errichtung, treuhändigen Abwicklung und grundbücherlichen Durchführung des Vertrages vom Käufer, also dem Beschwerdeführer, beauftragt wird. Zudem verpflichtete sich der Beschwerdeführer als Käufer auch dazu, die mit der Errichtung, treuhändigen Abwicklung und grundbücherlichen Durchführung dieses Vertrages verbundenen Kosten in Höhe von 1,5 % des von den Vertragspartnern für den Kaufgegenstand vereinbarten Kaufpreises zuzüglich gesetzlicher Umsatzsteuer und anfallender Barauslagen nach Rechnungslegung durch den Vertragsverfasser zu bezahlen.

2. Die Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer wurde, ausgehend von der Hälfte des Kaufpreises und der Hälfte der Kosten der Vertragserrichtung, mit 239.230,- Euro ermittelt und mit Bescheid vom eine Grunderwerbsteuer in Höhe von 8.373,05 Euro festgesetzt.

3. In der Beschwerde vom wurde geltend gemacht, dass eine Einbeziehung der Vertragserrichtungskosten nur dann Teil der grunderwerbsteuerpflichtigen Gegenleistung wäre, wenn der Vertragsverfasser von der Verkäuferin mit der Errichtung der Urkunde beauftragt worden wäre, sich der Beschwerdeführer aber im Innenverhältnis gegenüber der Verkäuferin zur Übernahme der damit verbundenen Kosten verpflichtet hätte.

Die Tätigkeit der Verkäuferin habe sich nur auf die Vermittlung einer Auftragserteilung durch den Beschwerdeführer beschränkt, die Pflicht zur Kostentragung treffe aufgrund einer eigenständigen Auftragserteilung den Beschwerdeführer. Es handle sich um keine für die Bemessung der Grunderwerbsteuer maßgebliche Gegenleistung des Beschwerdeführers.

Der Abgabenbehörde sei vorzuwerfen, dass sie sich - ohne Ermittlungsverfahren - über den klaren Wortlaut des Punktes XIII. des Kaufvertrages hinweggesetzt habe, nach dem der Beschwerdeführer selbst den Urkundenverfasser mit der Errichtung, treuhändigen Abwicklung und grundbücherlichen Durchführung dieses Vertrages beauftragt und sich zur Bezahlung des Pauschalhonorars verpflichtet habe.

4. Die abweisende Beschwerdevorentscheidung vom wurde damit begründet, dass es sich um ein Bauträgerprojekt handle, bei dem sämtliche Verträge einheitlich und vom selben Rechtsanwalt gestaltet worden seien.

Die Vertragserstellung sei schon lange vor Unterzeichnung des Kaufvertrages durch den Beschwerdeführer im Zusammenspiel von Bauträger (Verkäuferin) und Rechtsanwalt erfolgt. Die dabei entstandenen Kosten seien durch die Verkäuferin als Auftraggeberin zu bezahlen. Nachdem die Kosten jedoch laut Vertrag auf den Käufer überwälzt wurden, seien diese als Gegenleistung grunderwerbsteuerpflichtig.

Abschließend wurde auf die Entscheidungen des , und vom , RV/3100356/2019, verwiesen.

5. Im Vorlageantrag vom wurde das Beschwerdevorbringen im Wesentlichen wiederholt. Es sei einzig und allein maßgeblich, ob der Käufer durch die Honorierung des Vertragserrichters die Verkäuferin von einer Zahlungspflicht befreie. Dies sei im vorliegenden Fall jedoch nicht gegeben, weil die Verkäuferin von vornherein keine Zahlungspflicht gegenüber dem Vertragsverfasser übernommen habe. Der Beschwerdeführer habe den Vertragsverfasser direkt beauftragt, die Verkäuferin sei nicht von einer eigenen Entgeltpflicht befreit worden.

Ergänzend wurde vorgebracht, dass vom Vertreter des Beschwerdeführers ein identer Sachverhalt mit denselben Rechtsfragen dem VwGH unter der GZ. RR/3100030/2019 vorgelegt worden sei. Es werde eine Aussetzung gemäß § 271 BAO angeregt.

Rechtslage

1. Gemäß § 4 Abs. 1 GrEStG 1987 ist die Steuer vom Wert der Gegenleistung (§ 5) zu berechnen, mindestens vom Grundstückswert. Der Wert der Gegenleistung bei einem Kauf ist der Kaufpreis einschließlich der vom Käufer übernommenen sonstigen Leistungen und der vom Verkäufer vorbehaltenen Nutzungen (§ 5 Abs. 1 Z 1 GrEStG 1987).

2. Der Begriff der Gegenleistung im Sinne der §§ 4 und 5 GrEStG 1987 ist ein eigener Begriff, der über den Begriff der Gegenleistung des bürgerlichen Rechts hinausgeht und im wirtschaftlichen Sinn (§ 21 BAO) zu verstehen ist. Für die Beurteilung der Gegenleistung kommt es nicht auf die äußere Form der Verträge, sondern auf den wahren wirtschaftlichen Gehalt an, der nach wirtschaftlicher Betrachtungsweise zu ermitteln ist (vgl. , mwN).

Zur Gegenleistung gehört jede Leistung, die der Erwerber als Entgelt für den Erwerb des Grundstückes gewährt oder die der Veräußerer als Entgelt für die Veräußerung des Grundstückes empfängt. Gegenleistung im Sinne des § 5 Abs. 1 Z 1 GrEStG 1987 ist somit die Summe dessen, was der Käufer an wirtschaftlichen Werten dagegen zu leisten verspricht, dass er das Grundstück erhält oder mit anderen Worten alles, was der Käufer einsetzen muss, um das Grundstück zu erhalten (Fellner, Kommentar zum GrEStG (15. Lieferung 2016), § 5 Tz 6, mit zahlreichen Judikaturverweisen).

3. Bei Leistungen, die der Käufer nicht dem Verkäufer erbringt, ist entscheidend, ob sie sich im Vermögen des Verkäufers - etwa durch Befreiung von einer ihn treffenden Verpflichtung - auswirken (vgl. ).

Die Kosten der Errichtung der Vertragsurkunde zählen dann zur Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer, wenn der Veräußerer den Auftrag zur Vertragserrichtung erteilt und der Erwerber sich verpflichtet, diese Kosten zu tragen. Unterzeichnet der Käufer mit der Unterfertigung des Vertrages den Kaufvertrag und die darin enthaltenen Bevollmächtigungen gleichzeitig, so entsteht erst mit der Unterzeichnung des Vertrages auch eine vorher nicht bestehende Vertragsbeziehung zwischen dem Vertragsverfasser und dem Käufer. Hätte der Käufer nicht unterschrieben, dann wäre kein Vertrag mit dem Verkäufer, aber auch keine Bevollmächtigung des Vertragsverfassers zustande gekommen und das Kostenrisiko für die Erstellung des Vertragsentwurfes hätte nur den Verkäufer treffen können. (vgl. Fellner, Kommentar zum GrEStG (15. Lieferung 2016), § 5 Tz 79; Ressler/Arnold in Arnold/Bodis, GrEStG (17. Lieferung 2020), § 5 Tz 127; jeweils unter Bezugnahme auf )

Erwägungen

1. Im Beschwerdefall besteht Uneinigkeit darüber, ob die Abgabenbehörde die (halben) Vertragserrichtungskosten in Höhe von 4.230,- Euro in die Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer einbeziehen darf.

Für die Lösung dieser Frage ist entscheidend, wer den Vertragsverfasser mit der Errichtung des Kaufvertrages beauftragt hat. Der Beschwerdeführer verweist auf den Wortlaut des Punktes XIII. des Kaufvertrages, aus dem hervorgehe, dass die Beauftragung durch den Käufer erfolgt sei. Die Verkäuferin habe lediglich eine vermittelnde Rolle eingenommen, weshalb keine Zahlungspflicht gegenüber dem Vertragsverfasser bestehe.

Demgegenüber geht die Abgabenbehörde davon aus, dass es bei einem Bauträgerprojekt wie dem beschwerdegegenständlichen üblich sei, dass ein vom Bauträger beauftragter Rechtsanwalt sämtliche Verträge einheitlich gestalte. Schon lange vor Unterzeichnung des Kaufvertrages durch den Beschwerdeführer sei die Vertragserstellung im Zusammenspiel zwischen Bauträger und Rechtsanwalt erfolgt, weshalb die dabei entstandenen Kosten von der Verkäuferin, also dem Bauträger, zu bezahlen seien. Eine im Kaufvertrag vereinbarte Überwälzung der Kosten auf den Käufer ändere daran nichts.

2. Aus dem Vorbringen des Beschwerdeführers geht ohne Zweifel hervor, dass sich der Vertragsverfasser gegenüber dem Bauträger im Vorfeld des Bauträgerprojektes zur Erstellung eines Mustervertrages bereit erklärt hat und im Gegenzug die Zusage des Bauträgers erhalten hat, dass er von allen Wohnungskäufern mit der Errichtung des Kaufvertrages und der Abwicklung des Kaufes beauftragt wird.

Diese zwischen Vertragsverfasser und Bauträger vereinbarte Vorgangsweise führte dazu, dass der Beschwerdeführer die Wohnung nur erwerben konnte, wenn er den Verfasser des Mustervertrages mit der Vertragserrichtung und Abwicklung des Kaufes betraute. Andernfalls hätte er die Wohnung nicht erwerben können.

Dies wird auch durch die eindeutige Regelung in Punkt XIII. (Vertragsabwicklung) untermauert, aus der hervorgeht, dass der Beschwerdeführer gleichzeitig mit der Vertragsunterzeichnung den Vertragsverfasser mit der Abwicklung des Kaufes beauftragt hat.

Daraus ergibt sich aber auch zwingend, dass das Kostenrisiko für die Erstellung des Mustervertrages die Verkäuferin getroffen hat und diese erst durch Unterfertigung des Kaufvertrages durch den Beschwerdeführer von der sie treffenden Verpflichtung befreit wurde.

3. Maßgeblich bei der Beurteilung der Gegenleistung ist der wahre wirtschaftliche Gehalt des Erwerbsvorganges und nicht die äußere Form. Der Beschwerdeführer musste, wollte er die Wohnung von der Verkäuferin erwerben, als Gegenleistung im Sinne des § 5 Abs. 1 Z 1 GrEStG 1987 neben dem Kaufpreis auch die Kosten der Vertragserrichtung tragen.

Der Ansicht der Abgabenbehörde, dass die Vertragserrichtungskosten in die Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer einzubeziehen sind, kann vor allem in Hinblick auf die o.a. Entscheidung des sowie zuletzt , und , nicht entgegengetreten werden.

4. Nachdem der Abgabenbehörde der entscheidungswesentliche Sachverhalt aufgrund des Vorbringens des Beschwerdeführers und des vorliegenden Kaufvertrages bekannt war, waren keine weiteren Ermittlungen notwendig. Die diesbezügliche, vom Beschwerdeführer in der Beschwerde geäußerte, Rüge kann nicht nachvollzogen werden.

5. Abschließend wird darauf hingewiesen, dass die vom Beschwerdeführer im Vorlageantrag erwähnte (außerordentliche) Revision vom Verwaltungsgerichtshof am mit Beschluss zurückgewiesen wurde.

Zulässigkeit der Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Das gegenständliche Erkenntnis orientiert sich an der eindeutigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, eine Revision ist nicht zulässig.

Innsbruck, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Verweise



ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.3100148.2020

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at