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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 15.12.2020, RV/2100725/2020

§ 34 EStG: Keine außergewöhnliche Belastung für Übernahme der Pflegeheimkosten des Gatten

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht (BFG) hat durch die Richterin***Ri*** in der Beschwerdesache der ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen die Bescheide des ***FA*** vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2014 -2017 zur Steuernummer 99-999/9999 zu Recht erkannt:

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Im gegenständlichen RM-Verfahren wurden dem BFG der beantragte Abzug von Sonderausgaben für Personenversicherungen, Spenden und Kirchenbeitragszahlungen (§ 18 EStG 1988) sowie die Berücksichtigung von Kosten für den Pflegeheimaufenthalt des Gatten der Beschwerdeführerin (Bf) als außergewöhnliche Belastungen der Bf (§ 34 EStG 1988) im Rahmen ihrer Arbeitnehmerveranlagungen (ANV) 2014 - 2017 zur Entscheidung vorgelegt.

In den - mangels Einreichung von Abgabenerklärungen auf Basis des § 184 BAO - an die Bf ergangenen Einkommensteuer- (ESt-) Bescheiden 2014-2017 wurden jeweils nur der Sonderausgabenpauschbetrag nach § 18 Abs. 2 EStG 1988 bzw. im Jahr 2017 darüber hinaus auch die von der zuständigen Stelle elektronisch übermittelte Kirchenbeitragszahlung der Bf berücksichtigt.

Da die Bf im abgabenbehördlichen Rechtmittelverfahren trotz mehrerer Ergänzungsvorhalte keine hinreichenden Nachweise für die in den nachgereichten ANV-Erklärungen geltend gemachten verfahrensgegenständlichen Aufwendungen beibrachte, erließ das ***FA*** (FA) in der Folge zudem für alle vier Jahre abweisende Beschwerdevorentscheidungen (BVE).

Erst nach Ergehen der BVE bzw. im finanzgerichtlichen Ermittlungsverfahren übermittelte die Bf Teile der angeforderten Unterlagen.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

I. Die 1933 geborene Bf bezog bis 2013 ausschließlich Einkünfte aus einer staatlichen Alterspension (Nettojahresbezug knapp unter 10.000,- €; kein Pflegegeldbezug) und war bis dahin nicht zur Einkommensteuer (ESt) veranlagt.

Ab 2014 hatte sie außerdem Lohnbezüge aus einer nichtselbständigen Tätigkeit für ihren Sohn, einen Architekten (Nettojahresbezug etwa 4.700,- €) und erfüllte damit die Voraussetzungen für eine Pflichtveranlagung nach § 41 Abs.1 Z 2 ESTG.

Im anhängigen Rechtsmittelverfahren bevollmächtige die Bf den langjährigen steuerlichen Vertreter ihres Gatten zu ihrer Vertretung.

Der Gatte der Bf (geb. 1935, Nettojahrespension knapp unter 30.000,- € + Pflegegeldbezug Stufe 4) war von 2013 bis zu seinem Tod im Jänner 2019 in einem Pflegeheim untergebracht. Die ihm daraus erwachsenen Kosten brachte er im Rahmen seiner (Antrags-) ANV jeweils als außergewöhnliche Belastungen in Abzug (Kz 476/nachgewiesene Kosten der eigenen Behinderung ohne Selbstbehalt). Daneben wurden beim Gatten - als Bezieher von erhöhter Familienbeihilfe samt Kinderabsetzbetrag (§ 33 Abs.3 EStG) und Kinderfreibetrag für ein haushaltszugehöriges Kind (§ 106a (1) EStG - im Rahmen des § 34 EStG auch Kosten für die behinderte Tochter A. (geb. 1965) berücksichtigt.

Außerdem weisen die ANV-Bescheide das Gatten für 2014 - 2017 auch Sonderausgabenabzüge aus, darin enthalten u.a. Personenversicherungen und Kirchenbeitragszahlungen.

Die Höhe der Sonderausgaben und außergewöhnlichen Belastungen hatte jeweils die Erstattung der vollen Lohnsteuerabzüge von den Pensionsbezügen des Gatten zur Folge.

Während die ANV 2014 vor dem Ableben des Gatten - nach Erklärungseinreichung durch und Ermittlungsverfahren mit dessen steuerlichen Vertreter - durchgeführt worden war, wurden die ANV-Erklärungen für 2015 - 2018 nach dem Tod des Gatten, als Erbin von der Bf unterfertigt und zeitgleich mit ihren eigenen verfahrensgegenständlichen Abgabenerklärungen für 2014 - 2017 beim FA eingereicht. Die ANV-Bescheide zur StNr des Gatten erwuchsen nach erklärungsgemäßer Veranlagung in Rechtskraft.

II. Sonderausgaben:

Nach § 18 Abs. 1 EStG 1988 sind Sonderausgaben - soweit verfahrensrelevant - die nachfolgend angeführten Aufwendungen, soweit diese nicht Betriebsausgaben oder Werbungskosten sind:

"2. Beiträge und Versicherungsprämien (…) zu einer

- freiwilligen Kranken-, Unfall- oder Pensionsversicherung, (…)

- Lebensversicherung (Kapital- oder Rentenversicherung), (…)

- freiwillige Witwen-, Waisen-, Versorgungs- und Sterbekasse,(…)

- Pensionskasse,(…..),

- betrieblichen Kollektivversicherung im Sinne des § 18f VersAG (…),

- ausländischen Einrichtungen im Sinne des § 5 Z 4 des Pensionskassengesetz (…)"

"5. Verpflichtende Beiträge an Kirchen und Religionsgesellschaften, die in Österreich gesetzlich anerkannt sind, höchstens jedoch 400 Euro jährlich. (….)"

§ 18 Abs. 2 EStG 1988 lautet: "Für Sonderausgaben im Sinne des Abs. 1 Z 2 bis 4 (……) ist ohne besonderen Nachweis ein Pauschbetrag von 60 Euro jährlich abzusetzen."

In Ergänzung zu § 18 Abs. 1 EStG bestimmt dessen Abs. 3:

"1. Ausgaben im Sinne des Abs. 1 Z 2, 3 und 5 kann der Steuerpflichtige auch dann absetzen, wenn er sie für seinen nicht dauernd getrennt lebenden (Ehe)Partner (§ 106 Abs. 3) und für seine Kinder (§ 106) leistet.

2. Für Ausgaben im Sinne des Abs. 1 Z 2 bis 4 (…) besteht ein einheitlicher Höchstbetrag von 2.920 Euro jährlich. (…)

Sind diese Ausgaben insgesamt

- niedriger als der jeweils maßgebende Höchstbetrag, so ist ein Viertel der Ausgaben, mindestens aber der Pauschbetrag nach Abs. 2, als Sonderausgaben abzusetzen,

- gleich hoch oder höher als der jeweils maßgebende Höchstbetrag, so ist ein Viertel des Höchstbetrags als Sonderausgaben abzusetzen (Sonderausgabenviertel). (…)

3. a) Soweit Beträge nach Abs. 1 Z 3 als Sonderausgaben anerkannt worden sind, können sie aus einem anderen Rechtstitel nicht nochmals als Sonderausgaben berücksichtigt werden."

Der Antrag auf Sonderausgabenabzug der Bf in den ANV-Erklärungen 2014 -2017 umfasst:

1. Personenversicherungen (Kz 455):

a) Krankenversicherung (A-Versicherung):
Versicherungsnehmerin = Bf, versicherte Personen = Bf + Gatte.

Die im finanzgerichtlichen Verfahren nachgewiesenen Prämienzahlungen vom Bankkonto der Bf decken sich einerseits mit der von der Versicherung bestätigten Gesamthöhe (= abzügl. "Dienstgeberanteil") und anderseits mit den in den ANV-Erklärungen des Gatten für 2014-2017 unter der Kz 455 jeweils geltend gemachten Personenversicherungen, die in den zugehörigen ANV-Bescheiden im Rahmen des Sonderausgabenviertels zur Gänze berücksichtigt wurden.

Da die Bf als Erbin nach dem verstorbenen Gatten Antragstellerin und Adressatin der entsprechenden ANV-Bescheide - und damit auch Empfängerin der aus dem Sonderausgabenabzug resultierenden Steuergutschriften - war, erscheint es aus verfahrensökonomischen Gründen vertretbar, von einer Korrektur der in Rechtskraft erwachsenen ANV-Bescheide zur StNr. des verstorbenen Gatten Abstand zu nehmen. Im Gegenzug unterbleibt ein antragsgemäßer Ansatz der anteiligen Krankenversicherungsprämien in den verfahrensgegenständlichen ANV-Bescheiden der Bf.

b) Bestattungskostenversicherung (B-Versicherung):
Laufzeit 2009 - 2018; Versicherungsnehmerin = Bf; Prämie mtl. 66,30 €, entsprechende Abbuchungen 2014 -2017 vom Bankkonto der Bf liegen vor.

Da es sich um keine Personenversicherung iSd § 18 Abs. 1 Z 2 EStG 1988 handelt (weder Kranken- Unfall- oder Lebensversicherung, noch Versorgungs- oder Sterbekasse als Empfänger), ist ein Sonderausgabenabzug nicht zulässig.

2. Kirchenbeitragszahlungen (KZ 458):

Sämtliche Zahlungen wurden vom Bankkonto des Gatten und in Höhe der (ausschließlich) an den Gatten vorgeschriebenen Beträge geleistet. In der Folge wurden diese Beträge in den ANV-Erklärungen und ESt-Bescheiden des Gatten bis 2016 jeweils in voller Höhe berücksichtigt. Erst im Jahr 2017 erfolgte eine Teilzuordnung an die Bf durch die Kirchenbeitragsstelle (29,80 €). Dieser Betrag wurde gemäß der elektronischen Meldung im angefochtenen ANV-Bescheid der Bf für 2017 berücksichtigt.

Das betreff. Bankkonto wurde seit Jahren und bis zuletzt vom Gatten der Bf gegenüber dem FA als Konto zur Überweisung der Gutschriften aus den ANV-Veranlagungen und zur Überweisung der erhöhten Familienbeihilfe und des Kinderabsetzbetrages für die Tochter A. verwendet. Entsprechend weisen die im finanzgerichtlichen Ermittlungsverfahren vorgelegten Kontoauszüge zu diesem Bankkonto neben dem Eingang der Pensionsbezüge des Gatten auch die an diesen erfolgten FA-Überweisungen aus.

Das BFG sieht es daher als erwiesen an, dass dieses Bankkonto dem Gatten der Bf zuzuordnen ist. Dass die Kontenbezeichnung neben dem Gatten auch die Bf (und 2017 zudem die an derselben Adresse wie die Bf wohnhafte zweite Tochter B) enthält, mag den Zeichnungsberechtigungen für Geldtransaktionen von diesem Konto geschuldet sein, ändert an der steuerlichen Zuordnung des Kontos zum Gatten der Bf jedoch nichts.

Aufgrund der festgestellten Umständen hegt das BFG keine Bedenken, dass die Kirchenbeitragszahlungen in der beim Gatten berücksichtigten Höhe auch diesem zuzurechnen waren und nicht der Bf. Insofern war eine Sonderausgabenabzug bei der Bf unzulässig.

3. Spenden (Kz 451):

Von der Bf wurden trotz wiederholter Aufforderung keine Zahlungsnachweise übermittelt. Die im Juli 2020 vorgelegten Unterlagen enthielten lediglich mit der Kontoverbindung der Bf versehene und undatiert unterfertigte Spendenvordrucke diverser Einrichtungen, wie sie häufig in öffentlichen Einrichtungen aufliegen. Da die zugehörigen Abbuchungsnachweise nicht vorgelegt wurden, kann weder festgestellt werden, ob diese Zahlungen tatsächlich durchgeführt wurden, noch ggfs. in welcher Höhe bzw. wann und von welchem Bankkonto dies der Fall war. Da zudem im Jahr 2017 keinerlei Spendenbelege der Bf auf elektron. Weg übermittelt wurden - eben auch nicht von jenen Einrichtungen, an welche die Bf in den Jahren 2014 - 2016 gespendet haben will -, sieht das BFG den erforderlichen Zahlungsnachweis als nicht erbracht an.

III. außergewöhnliche Belastungen:

1. Die Bf begehrt in den ANV-Erklärungen 2014 - 2017 unter der Kz 476 (nachgewiesene Kosten der eigenen Behinderung ohne Selbstbehalt) den Abzug jenes Teiles der Pflegeheimkosten ihres Gatten, der durch dessen verfügbares Einkommen (Nettopensionsbezug samt Sonderzahlungen und Pflegegeld) nicht gedeckt gewesen sei und den sie infolge des geltenden Pflegeregresses übernehmen habe müssen.
Zudem beantragt die Bf Kosten des öffentlichen Verkehrsmittels für wöchentliche Besuchsfahrten zum Gatten in das Pflegeheim (707,20 € p.a.).

Die Einkünfte des Gatten und die Höhe der Pflegeheimkosten sind durch die Daten der Abgabenbehörde bzw. Bestätigungen der Pflegeinrichtung belegt.

Schuldig blieb die Bf jedoch den angeforderten Nachweis ihrer Inanspruchnahme aus dem Titel des Pflegeregresses (FA-Vorhalt Anforderung der "Pflegeregressvorschreibung").

Eine Behinderung der Bf im Sinne des § 35 Abs. 1 EStG 1988 ist nicht dokumentiert.

2. § 34 EStG 1988 lautet, soweit verfahrensrelevant:

"(1) Bei der Ermittlung des Einkommens (§ 2 Abs. 2) eines unbeschränkt Steuerpflichtigen sind nach Abzug der Sonderausgaben (§ 18) außergewöhnliche Belastungen abzuziehen. Die Belastung muß folgende Voraussetzungen erfüllen:

1. Sie muß außergewöhnlich sein (Abs. 2).

2. Sie muß zwangsläufig erwachsen (Abs. 3).

3. Sie muß die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wesentlich beeinträchtigen (Abs. 4).

Die Belastung darf weder Betriebsausgaben, Werbungskosten noch Sonderausgaben sein.

(2) Die Belastung ist außergewöhnlich, soweit sie höher ist als jene, die der Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse erwächst.

(3) Die Belastung erwächst dem Steuerpflichtigen zwangsläufig, wenn er sich ihr aus tatsächlichen, rechtlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann.

(4) Die Belastung beeinträchtigt wesentlich die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit, soweit sie einen vom Steuerpflichtigen von seinem Einkommen (§ 2 Abs. 2 in Verbindung mit Abs. 5) vor Abzug der außergewöhnlichen Belastungen zu berechnenden Selbstbehalt übersteigt. Der Selbstbehalt beträgt bei einem Einkommen

von höchstens 7 300 Euro …………………………………………………….…….6%

mehr als 7 300 Euro bis 14 600 Euro ………………………….……………… 8%

mehr als 14 600 Euro bis 36 400 Euro ………………………………........10% (…)

(5) Sind im Einkommen sonstige Bezüge im Sinne des § 67 enthalten, dann sind als Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit für Zwecke der Berechnung des Selbstbehaltes die zum laufenden Tarif zu versteuernden Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, erhöht um die sonstigen Bezüge gemäß § 67 Abs. 1 und 2, anzusetzen."

Nach § 34 Abs. 6 EStG 1988 können ohne den Selbstbehalt des § 34 Abs. 4 u.a. in Abzug gebracht werden "Mehraufwendungen aus dem Titel der Behinderung, wenn die Voraussetzungen des § 35 Abs. 1 vorliegen, soweit sie die Summe pflegebedingter Geldleistungen (Pflegegeld, Pflegezulage, Blindengeld oder Blindenzulage) übersteigen."

Bei Anerkennung von Aufwendungen als außergewöhnliche Belastung müssen die gesetzlich normierten Voraussetzungen (Außergewöhnlichkeit, Zwangsläufigkeit und wesentliche Beeinträchtigung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit) kumulativ erfüllt sein. Trifft auch nur eine dieser Voraussetzungen nicht zu, ist ein Abzug des betreffenden Aufwandes zu versagen.

Außergewöhnlich sind Belastungen nur, wenn sie unter gleichen Umständen nicht alle Steuerpflichtigen treffen ().

An einer Zwangsläufigkeit fehlt es, wenn der Aufwand als Folge einer freiwilligen Entscheidung des Steuerpflichtigen anfällt. Dazu gehört nach der VwGH-Judikatur etwa der Antritt einer Erbschaft, aus der eine Zahlungsverpflichtung - wie die Verpflichtung zur Zahlung von im Pflegeregress rückgeforderten Pflegekosten- resultiert (; ).

Eine wesentliche Beeinträchtigung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit iSd § 34 EStG setzt voraus, dass die Aufwendungen vom Steuerpflichtigen endgültig aus eigenem getragen werden. Soweit eine Belastung in wirtschaftlichem Zusammenhang mit einem Erwerb von Todes wegen steht und im Wert der übernommenen Vermögenssubstanz ihre Deckung findet, kommt es zu keiner Beeinträchtigung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit ().

Unterhaltsleistungen zwischen Ehegatten sind zufolge § 34 Abs. 7 EStG 1988 steuerlich nicht zu berücksichtigen, es sei denn sie würden beim StPfl. selbst eine außergewöhnliche Belastung darstellen (§ 34 Abs. 7 Z 4 EStG 1988).
Die Kosten der eigenen Unterbringung in einem Pflegeheim gehören nur zu den außergewöhnlichen Belastungen, wenn dadurch auch besondere Aufwendungen abzudecken sind, die durch Krankheit, Pflege- oder Betreuungsbedürftigkeit verursacht werden. Ist dies der Fall können die Kosten einer Heimunterbringung als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt werden, soweit diese Kosten über die Haushaltsersparnis hinausgehen. Bei Steuerpflichtigen mit einer Behinderung iSd § 35 Abs. 1 EStG ist die Belastung nur um eine Haushaltsersparnis zu vermindern, sonst erfolgt zusätzlich der Abzug eines Selbstbehalts nach § 34 Abs. 4 EStG 1988 (; ; ).

Nach ständiger VwGH-Rechtsprechung tritt bei Begünstigungstatbeständen - zu welchen sowohl die Bestimmungen betreffend den Sonderausgabenabzug (§ 18 EStG) als auch jene betreffend die Berücksichtigung außergewöhnlicher Belastungen (§§ 34f EStG) gehören - die Amtswegigkeit der Sachverhaltsermittlung gegenüber der Offenlegungspflicht des Begünstigungswerbers in den Hintergrund. Nimmt ein Abgabepflichtiger eine steuerliche Begünstigung in Anspruch, hat er selbst einwandfrei und unter Ausschluss jeden Zweifels das Vorliegen all jener Umstände darzulegen, auf welche die abgabenrechtliche Begünstigung gestützt werden kann (; ).

Die Bf begründet ihren Antrag auf Ansatz einer außergewöhnlichen Belastung in den ANV-Bescheiden 2014-2017 mit der Übernahme von Pflegeheimkosten des Gatten aufgrund von Pflegeregressverpflichtungen.

Die Anwendung eines solchen Regresses setzt zunächst Zahlungsvorschüsse durch den zuständigen Sozialhilferechtsträger voraus.

Nach § 5 Stmk. Sozialhilfegesetz (StmK. SHG) idF LGBL. Nr. 64/2014 (Geltungszeitraum - ) ist Hilfe aus den Mitteln der Sozialhilfe "nur so weit zu gewähren, als das Einkommen und das verwertbare Vermögen des Hilfeempfängers nicht ausreichen, um den Lebensbedarf zu sichern.

Hat der Hilfeempfänger Vermögen, dessen Verwertung ihm vorerst nicht möglich oder zumutbar ist, kann im Zuerkennungsbescheid oder in einem getrennten Verfahren die Sicherstellung des Ersatzanspruches verfügt werden." (Abs. 4 der Bestimmung)

§ 28 Stmk. SHG sah im Verfahrenszeitraum eine Ersatzpflicht (Regress) gegenüber dem Sozialhilfeträger für den Hilfeempfänger selbst (soweit hierdurch das Ausmaß des Lebensbedarfes (§ 7) nicht unterschritten wird) und dessen Erben (bis zur Höhe des Nachlasses) vor. Mit wurde die Regresspflicht aufgehoben.

Durch das Verfahrensergebnis ist erwiesen, dass die laufenden Einkünfte des Gatten der Bf (Pensionsbezug + Pflegegeld) die monatlichen Pflegheimkosten - unter Berücksichtigung dessen Lebensbedarfs (§7) - nicht zur Gänze abdeckten. Es bestand daher Ergänzungsbedarf.

Ohne Zuflüsse von dritter Seite und sofern die Pflegeinrichtung nicht Zugriff auf verwertbares Vermögen des Gatten hatte (z.B. Sparguthaben), bestand Veranlassung zu einer Maßnahme nach § 5 Abs.4 Stmk. SHG.

Ein Zuerkennungsbescheid nach § 5 Abs.4 Stmk. SHG wurde im Verfahren nicht vorgelegt.

Zur Vermögenssituation des Gatten ist bekannt, dass er bis zum Tod Hälfteeigentümer der Liegenschaft EZ-1KG-1 (Familienwohnsitz, 910 m²Grundstück mit Wohnhaus) und Alleineigentümer des angrenzenden Grundstücks EZ-2KG-2 (870 m² Garten, unbebaut) war.

Die Sicherstellung eines Ersatzanspruchs des Sozialhilfeträgers nach § 5 Abs. 4 Stmk. SHG auf diesen Liegenschaften ist dem (histor.) Grundbuchsstand ebenso wenig zu entnehmen, wie hypothekarische Belastungen anderer Art.

Das Fehlen eines Zuerkennungsbescheides nach § 5 Abs. 4 Stmk. SHG und das Unterbleiben von Sicherstellungsmaßnahmen durch den Sozialhilfeträger legt nahe, dass die aus dem Einkünften des Gatten nicht abdeckbaren Pflegekosten dennoch laufend bezahlt wurden.

Den (unvollständig) vorgelegten Kontoauszügen zum Bankkonto des Gatten sind regelmäßige Ergänzungszahlungen der Bf zur Abdeckung der fehlenden Beträge nicht zu entnehmen.

Auch auf den (ebenfalls nur in Fragmenten) vorgelegten Kontoauszügen zum Bankkonto der Bf finden sich weder entsprechenden Überweisungen auf das Bankkonto des Gatten noch an dessen Pflegeeinrichtung. Aufgrund der geringen Pensionshöhe hätten dafür ohne laufende Geldzuflüsse des Sohnes (aufgrund des ab 2014 (!) bestehenden Dienstverhältnisses mit seiner 1933 (!) geborenen Mutter) auch keine hinreichenden Mittel zur Verfügung gestanden.

Eine Klärung der von der Bf im Rahmen dieses Dienstverhältnisses erbrachten Leistungen kann im anhängigen Verfahren dahingestellt bleiben, da die Anerkennung der beantragten außergewöhnlichen Belastung bereits wegen der Nichtvorlage der angeforderten Regressverpflichtung und damit mangels erwiesener Zwangsläufigkeit scheitert.

Zudem erwarb die Bf mit Einantwortungsbeschluss vom 15.Jän.2020 die beiden zuvor genannten Liegenschaften (bzw. in einem Fall den zweiten Hälfteanteil) aufgrund einer bedingten Erbantrittserklärung nach Maßgabe eines im Herbst 2019 mit den fünf erbberechtigten Kindern getroffenen Erbteilungsübereinkommens.

In Sinne der VwGH-Judikatur steht damit der Zwangsläufigkeit des geltend gemachten Aufwandes auch der freiwillige Erbantritt der Bf entgegen ().

Auch eine allenfalls vorsorgliche Kostenübernahme zur Vermeidung der Sicherstellung eines Ersatzanspruches nach § 5 Abs. 4 Stmk. SHG vermochte diese Zwangsläufigkeit nicht zu vermitteln, diente sie doch letztlich nur der Sicherung eines unbelasteten Erbes der Bf nach dem Tod des Gatten.

Im Übrigen fanden die (angeblich) übernommenen Pflegheimkosten ohne Zweifel im späteren Erbanteil der Bf Deckung, sodass der geltend gemachten Belastung eine spätere Bereicherung des Bf gegenübersteht und damit keine endgültige Beeinträchtigung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit eintrat (VwGH 27.2.1009, 87/14/0004).

Tatsächlich wurden aber, wie ausgeführt, Zahlungen der Bf zur Abdeckung der Finanzierungslücke für die Pflegeheimkosten des Gatten gar nicht erwiesen.

Die im finanzgerichtlichen Ermittlungsverfahren belegte laufende Bedienung der Pflegeheimkosten erfolgte durch monatlichen Einzug der Pflegeeinrichtung wiederum vom Bankkonto des Gatten. Im Zusammenhang mit der Bezahlung des Kirchenbeitrags wurde bereits festgestellt, dass dieses Bankkonto allein dem Gatten der Bf zuzuordnen war.

Damit fehlt es aber auch am Nachweis der für den Abzug einer außergewöhnlichen Belastung erforderlichen wesentlichen Beeinträchtigung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Bf in den einzelnen Verfahrensjahren.

Dies betrifft selbst eine einzelne, von der Bf zum Nachweis ihrer Eigenleistung vorgelegte Bareinzahlung vom über 5.001,54 € auf das Bankkonto des Gatten, die von einem (legitimierten) Sparbuch mit dem Losungswort "J." (= Vorname der Bf) stammt. Da die Bf nicht nachwies, wer zu diesem Sparbuch legitimiert ist, blieb auch die Herkunft der überwiesenen Geldmittel offen. Das Losungswort eines (legitimierten) Sparbuches und entsprechende handschriftliche Notizen genügen für diesen Nachweis nicht. Aufgrund der geltenden Auskunftsbeschränkungen des KWG (Stichwort "Bankgeheimnis"), hatte es allein die Bf in der Hand, sich im anhängigen Verfahren als rechtmäßige Eigentümerin des Sparbuches eindeutig und zweifelsfrei auszuweisen.

Selbst im Fall einer klaren Zuordnung dieses Sparbuchs zur Bf, hätte dies dem Beschwerdebegehren allerdings nicht zum Erfolg verholfen, da eine außergewöhnliche Belastung nach der VwGH-Judikatur eine Leistung aus dem laufenden Einkommen des betreffenden Jahres voraussetzt ()

Wie gezeigt wurde, kommt die Anerkennung der beantragten Zahlungen als außergewöhnliche Belastung der Bf, aus mehreren Gründen nicht in Frage. Es fehlt sowohl am Nachweis der Zwangsläufigkeit des geltend gemachten Aufwands, als auch an der tatsächlichen Zahlung - und damit an der erforderlichen Beeinträchtigung ihrer wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit.

Inwieweit die beantragten Leistungen nach Abzug einer Haushaltsersparnis und - da die Bf nicht zum Personenkreis des § 35 Abs. 1 EStG gehört - eines Selbstbehalts nach § 34 Abs. 4 EStG einen relevanten Wert ergeben hätten, bedarf unter den gegebenen Umständen keiner Erörterung mehr.

Eine Berücksichtigung der geltend gemachten Pflegeheimkosten des Gatten als außergewöhnliche Belastung der Bf hatte insgesamt zu unterbleiben.

Aufwendungen für Besuchsfahrten naher Angehöriger sind nach der VwGH-Judikatur regelmäßig nicht außergewöhnlich, und zwar auch dann nicht, wenn die Angehörigen erkrankt bzw. pflegebedürftig sind ().

Im hier zu beurteilenden Fall kommt noch dazu, dass die Fahrtkosten der Bf für wöchentliche Besuche des Gatten mit öffentlichen Verkehrsmitteln mit 707,30 p.a. den in Verfahrenszeitraum jedenfalls über 1.500,- € liegenden Selbstbehalt der Bf (§ 34 Abs. 4f EStG) deutlich unterschritten.

Damit fehlt es auch diesen Kosten zur Qualifikation als außergewöhnliche Belastung neben der Außergewöhnlichkeit auch an der erforderlichen Beeinträchtigung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Bf. Eine Auseinandersetzung mit dem Erfordernis der Zwangsläufigkeit erübrigte sich unter diesen Umständen.

Auch in Bezug auf die Fahrtkosten war das Beschwerdebegehren der Bf somit nicht begründet.

Zur Zulässigkeit einer Revision:

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Eine gesicherte Rechtsprechung besteht bereits bei Vorliegen eines begründeten Erkenntnisses (vgl. )

Im anhängigen Verfahren lagen die genannten Voraussetzungen für die Zulässigkeit einer Revision nicht vor. Soweit nicht Sachverhaltsfragen maßgeblich waren, folgt die Entscheidung dem klaren Wortlaut der verwendeten gesetzlichen Bestimmungen sowie der angeführten, durchwegs gefestigten VwGH-Judikatur.

Graz, am

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Materie
Steuer
betroffene Normen
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.2100725.2020

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at