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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 24.11.2020, RV/2100848/2020

Schätzungsberechtigung und Schätzungsmethode (Handel mit Gebrauchtwagen und Ersatzteilen)

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Dr. Astrid Binder in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Oststeiermark vom betreffend Umsatzsteuer 2013 bis 2018 und Einkommensteuer 2013 bis 2018 sowie vom betreffend Festsetzung von Selbstbemessungsabgaben gem. § 201 BAO 01.2019-06.2019 zu Recht erkannt:

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Anlässlich einer beim Beschwerdeführer (Bf) durchgeführten Außenprüfung wurde im Bericht vom über das Ergebnis dieser Prüfung die Feststellung getroffen, dass an der Adresse des Bf mit gebrauchten Fahrzeugen bzw. mit Ersatzteilen aus diesen gebrauchten Fahrzeugen gehandelt worden sei.
Am hätten Organe der Finanzpolizei gemeinsam mit Organen der Polizei eine Kontrolle an dieser Adresse wegen des Verdachtes der illegalen Arbeitnehmerbeschäftigung und der illegalen Gewerbeausübung durchgeführt. Im Zuge dieser Amtshandlung sei festgestellt worden, dass der Bf einen regen Handel mit Fahrzeugen und Ersatzteilen betreibe und über entsprechende Lagerhallen verfüge.
Mit Schreiben vom sei der Bf vom Finanzamt aufgefordert worden, sich schriftlich zu rechtfertigen bzw. die Beschäftigung, die Betriebsanschrift, derzeitiges Vermögen und Einkommen, Sorgepflichten und allfällige Vorstrafen bekanntzugeben. Steuererklärungen für die Einkommen- und Umsatzsteuer seien zugesandt worden.

Dieser Aufforderung sei nicht entsprochen worden.
Aufgrund der vorliegenden Aktenlage, der vorliegenden Beweisunterhalten (anonyme Anzeigen, Fotos, Auskunftersuchen) werde davon ausgegangen, dass ein Handel mit gebrauchten Fahrzeugen und ein Handel mit Ersatzteilen vorliege.

Für den Zeitraum 2013 bis laufend seien weder Einkommensteuererklärungen, Umsatzsteuererklärungen und Umsatzsteuervoranmeldungen eingereicht noch Umsatzsteuervorauszahlungen geleistet worden.
Entsprechende Grundaufzeichnungen würden nicht vorliegen, sodass die Besteuerungsgrundlagen im Schätzungswege zu ermitteln seien.

Die vorgenommene Schätzung wurde wie folgt begründet:

"Aufgrund der vorliegenden Fotos des Betriebsstandortes (xxx) mit den darauf zu stehenden gebrauchten bzw. teils ausgeschlachteten Fahrzeugen, wird davon ausgegangen, dass jährlich mindestens 25 Fahrzeuge zugekauft, in weiterer Folge ausgeschlachtet und Einzelteile daraus verkauft werden.
Branchenüblich werden für solche Fahrzeuge zwischen 300,00 und 500,00 bezahlt. Der Erlös durch Einzelverkäufe der Teile je Fahrzeug liegt üblicherweise beim fünffachen des Einkaufspreises.
Aus dem Verkauf von Ersatzteilen ergibt sich ein jährlicher Umsatz in Höhe von € 50.000,00.
Der jährliche Wareneinsatz daraus ergibt sich daher mit € 10.000,00.
Somit ergibt sich eine Bemessungsgrundlage für die Umsatzsteuer in Höhe von €40.000,00, bei
der die Differenzbesteuerung zur Anwendung kommt.

Weiters wurden vom Autohaus XX GmbH nachweislich (siehe beil. Rechnungen)
gebrauchte Fahrzeuge erworben.
2013: Golf Sportline - EK 5.000,00
2014: Golf Sportline - EK 4.500,00
2015: Audi A3 - EK 4.200,00, Sharan Trendline - EK 1.000,00,
Golf Trendline - EK 4.200,00
2016: Passat Variant Highline - EK 7.857,86, VW Touran Trendline - EK 3.000,00
Golf Rabbit GT - EK 9.500,00
2017: VW Golf SDI - EK 1.100,00.

Aufgrund bisheriger Erhebungen wurden von weiteren KFZ Händler weitere Fahrzeuge für den Fahrzeughandel erworben.

Der jährliche Bruttoumsatz aus dem Handel mit gebrauchte Fahrzeugen wird mit € 20.000,00 geschätzt.
Für sämtliche Umsätze wird die Differenzbesteuerung angewendet.

Einkommensteuer:
Da keine Belege vorgelegt wurden, werden die Betriebsausgaben ebenfalls im Schätzungswege
ermittelt.
Vom erzielten Rohertrag werden pauschal 40% als Ausgaben gewährt.
Die Höhe dieses Ansatzes scheint ausreichend, da bisher aktenkundig bekannte Mitarbeiter bzw. Helfer nicht angemeldet waren bzw. angemeldet sind und weitere Aufwendungen zur Ausübung der Tätigkeit nicht erforderlich sind."

In den in der Folge ergangenen Sachbescheiden folgte das Finanzamt diesen Feststellungen.

Dagegen wandte sich der Bf mit dem Rechtsmittel der Beschwerde und führte aus, dass er den Zeugen Herrn P.R. gefragt hätte, ob er ein Gewerbe bei ihm anmelde. Er brauche keine Miete und Strom zu bezahlen. Er habe Herrn P.R. bezahlt, wenn er für ihn gearbeitet (Entsorgung der Autos) habe. Nachdem Herr P.R. nicht mehr gekommen sei, habe ihm Herr M.F. geholfen, die Autos zu entsorgen. Sie hätten bei den PKWs nur verkaufbare Teile ausgebaut. Nach der Anzeige habe Herr F. den Standort bei ihm abgemeldet. Er selbst sei bei Herrn F angemeldet gewesen. So habe sich das die letzten zehn Jahre zugetragen und er hätte nur "Minus" gemacht, was er auch belegen könnte. Sobald er aus der Haft entlassen werden (März oder April), werde er sich sofort melden.

In der Beschwerdevorentscheidung führte das Finanzamt dazu aus, dass sowohl bei Kontrollen durch die Finanzpolizei als auch bei Amtshandlungen der Polizeiinspektion und in diversen anderen Verfahren aufgrund von Anzeigen festgestellt worden sei, dass der Bf einen Ersatzteilhandel sowie einen Handel mit Gebrauchtwägen betreibe. Aufgrund der vorliegenden Beweismittel (Gutachten Abfallwirtschaft mit Luftbildern für das Straflandesgericht, anonyme Anzeigen, Fotos von ausgeschlachteten Fahrzeugen und Ersatzteilen) und auch der im Rahmen der Betriebsprüfung eingeholten Auskünfte stehe fest, dass der Bf sowohl einen Handel mit Autoersatzteilen betrieben, als auch Gebrauchtwägen veräußert habe.

Dass ein Ersatzteilhandel betrieben wurde, gehe schon aus den eigenen Ausführungen des Bf In der Beschwerde hervor ("Wir haben bei den PKW's nur die "verkaufbaren" Teile ausgebaut..."). Hinsichtlich des Gebrauchtwagenhandels seien im Rahmen eines Auskunftsersuchens allein von der XGmbH für die Jahre 2013-2017 Rechnungen ausgefolgt worden, aus denen der Verkauf von Gebrauchtwagen an den Abgabepflichtigen hervorgehe, wobei aufgrund der Angaben der Auskunftspersonen davon auszugehen sei, dass auch bei anderen Händlern Gebrauchtwägen zur Weiterveräußerung gekauft wurden. Auf den übermittelten Rechnungen der XGmbH sei jeweils der Beschwerdeführer selbst als Käufer der Fahrzeuge ausgewiesen (siehe Auskunftsersuchen vom ). Auch die von der Polizeiinspektion vorgelegten Anzeigen belegen, dass seitens des Bf ein Ersatzteilhandel und der Handel mit Gebrauchtwägen betrieben worden sei.
Zudem sei seitens der Betriebsprüfung festgestellt worden, dass der Beschwerdeführer über mehrere Lagerhallen zur Lagerung von Ersatzteilen und Gebrauchtwägen verfüge.

Außerdem habe der Bf im Zuge einer Befragung gegenüber dem Betriebsprüfer angegeben, dass er nichts zum Sachverhalt bzw. zur Höhe der Umsätze sagen könne. Er würde jedoch Hafturlaub beantragen und dann die Umsätze bekanntgeben (siehe Niederschrift vom ). Somit stehe fest, dass seitens des Bf Umsätze aus einer steuerpflichtigen Tätigkeit jedenfalls erzielt wurden. Jedoch habe der Bf weder Erklärungen betreffend Umsatzsteuer, Einkommensteuer noch Umsatzsteuervoranmeldungen abgegeben und auch keine betriebliche Tätigkeit gegenüber dem Finanzamt offengelegt.

Grundaufzeichnungen zur Ermittlung der steuerlichen Grundlagen seien nicht vorhanden. Betreffend die Mitwirkung des Abgabepflichtigen an der Ermittlung der Bemessungsgrundlagen sei auszuführen, dass er mehrmals aufgefordert worden sei, mitzuwirken und Umsätze der Höhe nach bekannt zu geben. Unter anderem wurde er auch mit Schreiben vom gem. § 116 FinStrG aufgefordert, sich zu rechtfertigen und Angaben zu Beschäftigung, Betriebsanschrift, derzeitigem Vermögen und Einkommen, etwaigen Sorgfaltspflichten und Vorstrafen zu machen. Der Bf. habe jedoch weder im laufenden Verfahren noch zuvor Erklärungen abgegeben noch Angaben zu seinem Betrieb und den Vermögensverhältnissen getätigt. Auch wenn auf die persönliche Lage des Steuerpflichtigen Bedacht zu nehmen sei (Inhaftierung in der Justizanstalt), so habe er trotz mehrmaliger Aufforderung nicht an der Ermittlung der Umsätze mitgewirkt.

Aus diesem Grund sei das Finanzamt zur Schätzung gemäß § 184 BAO berechtigt gewesen.

Zur Schätzung führte das Finanzamt aus, dass die Betriebsprüfung von etwa 25 ausgeschlachteten Fahrzeugen pro Jahr ausgehe. Der Berechnung sei der branchenübliche Einkaufspreis für zum Ausschlachten bestimmte Fahrzeuge zu Grunde gelegt (zw. € 300 und 500) und der Durchschnittspreis von € 400 zur Ermittlung des Einkaufs herangezogen worden. Der ermittelte Wareneinsatz belaufe sich sohin auf € 10.000/Jahr (400*25=10.000).

Der Erlös für Verkauf der Einzelteile aus diesen Fahrzeugen sei um ein Vielfaches höher und betrage üblicherweise das Fünffache des Einkaufspreises. Daraus ergebe sich der von der Betriebsprüfung geschätzte jährliche Erlös in Höhe von € 50.000 (10.000*5) aus dem Ersatzteilhandel, wobei die Bemessungsgrundlage für die Besteuerung abzüglich des geschätzten Wareneinsatzes € 40.000 (€ 50.000-10.000) betrage. In Bezug auf die ermittelte Bemessungsgrundlage sei entsprechend den einschlägigen Bestimmungen die Differenzbesteuerung zur Anwendung gebracht worden.

In Bezug auf den Handel mit Gebrauchtwägen seien die Erlöse seitens der Außenprüfung anhand des Auskunftsersuchen an die Firma XGmbH ermittelt worden, wobei aufgrund der Ermittlungsergebnisse Grund zu der Annahme bestehe, dass der Bf auch bei anderen Händlern Fahrzeuge gekauft habe. Die Betriebsprüfung sei in Bezug auf den Wiederverkauf der Fahrzeuge von einem Aufschlag in Höhe von 20% ausgegangen, was jedenfalls im Bereich des Üblichen sei und habe den Einkauf aufgrund der Ergebnisse des Auskunftsersuchens mit € 16.000 jährlich geschätzt, woraus sich unter Berücksichtigung des Aufschlags von 20 % Erlöse in Höhe von € 20.000 jährlich ergeben. Diese seien ebenso der Differenzbesteuerung zu unterwerfen gewesen.

Mangels vorliegender Belege seien die Betriebsausgaben seitens der Betriebsprüfung ebenfalls im Schätzungswege ermittelt und mit 40 % der erzielten Erlöse berücksichtigt worden, was jedenfalls angemessen erscheine.

In seinem dagegen gerichteten - als Vorlageantrag gewerteten - Schreiben wies der Bf darauf hin, dass er am aus der Haft entlassen werde und sich danach melden werde, um alles aufzuklären.

Am wurde der Bf neuerlich aufgefordert, sämtliche Unterlagen und Belege zur Ermittlung der Einkünfte im Beschwerdezeitraum mitzubringen und persönlich im Finanzamt zu erscheinen.

In dem Vorlagebericht vom , dem nach der Rechtsprechung Vorhaltscharakter zukommt, nahm das Finanzamt nach Wiedergabe des Sachverhaltes zum Vorbringen des Bf, er hätte noch keine Gelegenheit bekommen sich zu den Feststellungen des Finanzamtes zu äußern, Stellung wie folgt:

"Entgegen der Behauptung des Beschwerdeführers hatte dieser sowohl im Rahmen der Betriebsprüfung als auch im Beschwerdeverfahren die Möglichkeit an der Ermittlung der Besteuerungsgrundlagen mitzuwirken. Wie auch bereits o.a. wurde der Bf auch schon vor der Betriebsprüfung aufgefordert Erklärungen abzugeben und sich im Hinblick auf den Verdacht der Abgabenhinterziehung zu äußern. Zuletzt wurde der Bf, gegen den ein Finanzstrafverfahren eingeleitet wurde, mit Schreiben vom erneut aufgefordert, sich gemäß § 116 FinStRG zu verantworten und eine Stellungnahme abzugeben. Auch dieser Aufforderung ist der Abgabepflichtige nicht nachgekommen.
Der Bf wurde auch im Beschwerdeverfahren aufgefordert sich nach seiner Enthaftung mit dem Finanzamt in Verbindung zu setzen (siehe Vorhalt vom ). Laut Auskunft der Justizanstalt Graz-Jakomini wurde der Abgabepflichtige am entlassen. Allerdings hat sich der Bf nicht mit dem Finanzamt in Verbindung gesetzt.
Trotz mehrmaliger Versuche seitens des Finanzamtes, ist es nicht gelungen den Bf telefonisch zu erreichen, weswegen eine Vorladung elektronisch abgefertigt wurde (siehe auch Mail an Prüfer wegen Vorladung; Vorladung vom ). Auch dieser Vorladung ist der Abgabepflichtige, der laut telefonischer Auskunft seiner Ehegattin Kenntnis von der Aufforderung hatte (siehe Zustellung der Vorladung), nicht nachgekommen.
Das Finanzamt hat wiederholt versucht den Abgabepflichtigen in das Verfahren einzubinden und ihn aufgefordert an der Ermittlung der Besteuerungsgrundlagen mitzuwirken, was jedoch im gesamten Verfahren vom Beschwerdeführer verweigert wurde. Das Finanzamt hatte daher die Besteuerungsgrundlagen mangels vorliegender Unterlagen und Grundaufzeichnungen gemäß § 184 BAO im Schätzungswege zu ermitteln."

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Aufgrund der durchgeführten Ermittlungen steht für das Bundesfinanzgericht im vorliegenden Fall fest, dass der Bf, ein Kfz-Mechaniker, einen Handel mit Gebrauchtfahrzeugen und Autoteilen betrieben und Reparaturarbeiten durchgeführt hat.
Dies ergibt sich eindeutig aus dem Gutachten des Amtes der Steiermärkischen Landesregierung, Referat Abfallwirtschaft und Nachhaltigkeit vom sowie aus dem Abschlussbericht der Polizeidirektion vom .
Wie im Bericht über die beim Bf stattgefundene Betriebsprüfung festgestellt, wurden in den Streitjahren gebrauchte Fahrzeuge vom Autohaus Y angekauft. Das wird durch das Kundenkoto des Bf bei diesem Betrieb bestätigt. Das steht im Einklang mit der in der Beschwerdevorentscheidung, der nach der Rechtsprechung Vorhaltschrakter zukommt, angeführten Aussage des Zeugen, der angibt, dass er mit dem Bf ua bei diesem Autohaus Autos gekauft hätte.
Auch der Bf selbst spricht in seiner Beschwerde davon, er habe aus den PKWs nur verkaufbare Teile ausgebaut.

Obwohl der Bf bereits in der mit ihm am aufgenommenen Niederschrift versprochen hat, die Umsätze bekannt zu geben und Unterlagen vorzulegen, wurde letztlich jedoch trotz mehrmaliger diesbezüglicher Versuche des Finanzamtes jegliche Mitwirkung unterlassen. Auch die letzte Aufforderung des Finanzamtes vom bei der Ermittlung der Besteuerungsgrundlagen mitzuwirken, blieb ergebnislos.

Der Bf hat sich über einen mehrjährigen Zeitraum als gewerblicher Unternehmer betätigt, ohne seinen in den §§ 119 ff BAO festgelegten Verpflichtungen gegenüber der Abgabenbehörde nachzukommen und vernachlässigte seine Aufzeichungs- und Buchführungsverpflichtungen völlig und war auch nach Aufdeckung durch die Abgabenbehörde, trotz wiederholter Beteuerungen, nicht bereit, an der Ermittlung des für die Abgabenerhebung maßgeblichen Sachverhaltes mitzuwirken,

Die Berechtigung zur Schätzung ist somit gegenständlichenfalls gegeben.

Gemäß § 184 BAO hat die Behörde die Grundlagen für die Abgabenerhebung insbesondere dann zu schätzen, wenn der Abgabepflichtige über seine Angaben keine ausreichenden Erklärungen zu geben vermag oder wenn er Bücher und Aufzeichnungen, die er nach den Abgabenvorschriften zu führen hat, nicht vorlegt oder wenn die Bücher und Aufzeichnungen sachlich unrichtig sind oder solche formelle Mängel aufweisen, die geeignet sind, die sachliche Richtigkeit der Aufzeichnungen in Zweifel zu ziehen. D. h. es ist stets dann zu schätzen, wenn sich die Bemessungsgrundlagen nicht durch einwandfreie Unterlagen, Aufzeichnungen und sonstige Beweise zuverlässig ermitteln und berechnen lassen.

Ist die Schätzungsberechtigung gegeben, steht der Abgabenbehörde die Wahl der Schätzungsmethode grundsätzlich frei. Es ist jene Methode (allenfalls mehrere Methoden kombiniert) zu wählen, die im Einzelfall zur Erreichung des Zieles, den tatsächlichen Gegebenheiten, nämlich der tatsächlichen Besteuerungsgrundlage, möglichst nahe zu kommen, am geeignetsten erscheint (vgl. z.B. ).

Das Schätzungsverfahren muss jedoch einwandfrei abgeführt und die zum Schätzungsergebnis führenden Gedankengänge müssen schlüssig sein. Weiters sind dem Abgabepflichtigen nicht nur das Schätzungsergebnis, sondern auch die Ausgangspunkte, Überlegungen, Schlussfolgerungen und die angewendete Schätzungsmethode zur Wahrung des Parteiengehörs zur Kenntnis zu bringen. Das Ziel jeder Schätzung bleibt die Feststellung von Besteuerungsgrundlagen, die die größte Wahrscheinlichkeit der Richtigkeit für sich haben.

Die zum Schätzungsergebnis führenden Gedankengänge müssen schlüssig und folgerichtig sein und das Ergebnis, das in der Feststellung der Besteuerungsgrundlagen besteht, muss mit den Lebenserfahrungen in Einklang stehen. Zudem muss die Behörde auf alle vom Abgabepflichtigen substantiiert vorgetragenen, für die Schätzung relevanten Behauptungen eingehen (vgl. mwN).

Diesem Gebot ist das Finanzamt nachgekommen und hat in nachvollziehbarer Weise dargestellt, dass es von etwa 25 ausgeschlachteten Fahrzeugen pro Jahr ausgegangen ist. Als Grundlage für diese Annahme wurden die vorliegenden, von Polizeihubschraubern aus, aufgenommenen Luftbilder, die am Grundstück aufgenommenen Fotos, das für das Landesgericht für Strafsachen abgegebene Gutachten der Abteilung für Wasserwirtschaft und diverse Anzeigen herangezogen. Die Anzahl der in den bestehenden Lagerhallen vermuteten Fahrzeuge wurde dabei unberücksichtigt belassen.

Aufgrund der branchenüblichen Erfahrungswerte für zum Ausschlachten bestimmte Fahrzeuge, deren Einkaufspreis zwischen 300€ und 500€ liegen, wurde von einem Durchschnittspreis von 400€ ausgegangen. Aus dem Verkauf von Ersatzteilen ergibt sich somit rechnerisch ein Wareneinsatz von 10.000€ (400 X 25) und ein jährlicher Umsatz von 50.000€ ( 10.000 X 5).

Da es unbestritten ist, dass der Bf Gebrauchtwägen gekauft hat, wurde der jährliche Bruttoumsatz mit 20.000€ geschätzt. Dabei ging die Betriebsprüfung aufgrund des Ermittlungsergebnisses (Einkauf bei mehreren Händlern) von einem Einkauf von 16.000€ und einem den Erfahrungswerten entsprechenden Aufschlag in Höhe von 20% aus.

Da keinerlei Belege die Ausgaben betreffend vorgelegt wurden, aufgrund der Ermittlungen keine Aufwendungen für Entsorgungsleistungen vorliegen können, ferner der Zeuge R bestätigt als Gegenleistung für seine Mitarbeit nur die Hebebühne genutzt zu haben, sieht das Bundesfinanzgericht eine Schätzung in Höhe von 40% als durchaus angemessen an.

In diesem Zusammenhang wird letztlich darauf hingewiesen, dass es der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes entspricht, dass derjenige, der zu einer Schätzung begründet Anlass gibt, die mit jeder Schätzung verbundene Unsicherheit hinnehmen muss, da es im Wesen einer Schätzung liegt, dass die auf diese Weise ermittelten Größen die tatsächlich ermittelten Ergebnisse nur bis zu einem mehr oder weniger großen Genauigkeitsgrad erreichen. Derjenige, der zur Schätzung Anlass gibt, muss die mit jeder Schätzung verbundene Ungewissheit hinnehmen (vgl. z.B. ).

Zusammenfassend kann das Bundesfinanzgericht nicht erkennen, dass der Sachverhalt von der Abgabenbehörde unrichtig oder unsorgsam erhoben wurde, Parteiengehör verletzt oder rechtliche Würdigungen in unrichtiger Art und Weise getroffen worden sind. In Würdigung der gesamten Umstände wird die vorliegende Schätzung für sachgerecht erachtet.

Es war somit wie im Spruch ersichtlich zu entscheiden.

Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Dadiese Voraussetzungen im Beschwerdefall nicht vorliegen, weil lediglich ein der freienBeweiswürdigung unterliegender Sachverhalt zu beurteilen war, war die Revision unzulässig.

Graz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 184 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.2100848.2020

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at