Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 19.11.2020, RV/2101002/2020

§ 34 Abs. 7 Z 1 EStG 1988: Unterhaltszahlungen als außergewöhnliche Belastung mangels Familienbeihilfenbezugs; Höhe der ausländischen (hier: russischen) Unterhaltsverpflichtung.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Ri. in der Beschwerdesache N.N., Adr.Bf., über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes
Graz-Umgebung vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2014, Steuernummer xxx, zu Recht erkannt:

Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben.

Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.

Die Einkommensteuer 2014 wird mit -2.314,00 Euro (bisher -955,00) festgesetzt.

Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgabe sind dem Ende der Entscheidungsgründe dem als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Im Streitjahr 2014 machte der Bf. mit der am elektronisch eingbrachten Einkommensteuererklärung 2014 u.a. Kosten für Arbeitsmittel (Kz 719) iHv 300,00 Euro, Fachliteratur (Kz 720) iHv 100,00 Euro, Reisekosten (Kz 721) iHv 126,00 Euro als Werbungskosten und 4.800,00 Euro unter Kz 735 als andere außergewöhnliche Belastungen mit Selbstbehalt geltend.

Die belangte Behörde ersuchte den Bf. mit Ergänzungsvorhalt vom um Übermittlung der Belege für die beantragten ausländischen Unterhaltsleistungen, bzgl. Werbungskosten die dazu gehörenden Belege und eine Kostenaufstellung sowie um einen Ausdruck aus dem Pendlerrechner.

Der Bf. übermittelte elektronisch am das Antwortschreiben, in welchem er als notwendige Ausgaben anführte:
"3.600,00 Euro (12 x 300,00 Euro Kindesunterhalt)
3.000,00 Euro (12 x 250,00 Euro Ehegattenunterhalt nach §68a EheG)
1.200,00 Euro Mindestkosten für nötige Reiseaufwendungen für Familienzusammenführung und nötige Reisebegleitung
= 9.000,00 Euro aufgewendete Summe an außergewöhnlichen Sonderausgaben im Jahr 2014
1.200,00 Euro für weitere nötige Aufwendungen die durch das FLAG während des Aufenthalts nun nicht entlastet werden.
300,00 Euro sind etwa an Werbungskosten für benötigte aktuelle Fachliteratur und Kleidung ausgegeben worden.
84,00 Euro für diverse Dienstfahrten (200 km x 0,42€) für Besprechungen, die ich mit dem privaten PKW erledigte
1.476,00 Euro jährlich Pendlerpauschale und 50,00 Euro Pendeleuro laut Berechnung des Pendelrechners (siehe Anhang)
"
Der Bf. führte weiters aus, dass laut Scheidungs-Beschluss xxx bezüglich des erforderlichen regelmäßigen Kontaktrechts zu beiden Elternteilen eine außergerichtliche Regelung des Kontaktes vorbehalten und dann laut Definition eine Doppelresidenz geführt worden sei, die in dem Scheidungsbeschluss noch nicht genauer definiert worden sei und das BFG sich in GZ. xxx/2019 darauf beziehe. Wegen des Beschlusses des Bundesfinanzgerichtes, laut dem der Bf. für seinen Sohn während seines monatelangen Aufenthalts in Österreich keinen Anspruch auf Familienbeihilfe habe und in Folge auch den Anspruch auf kostenlose Mitversicherung verliere, werde entsprechend des damals unklar definierten Kontaktrechts im Beschluss des Scheidungsurteils xxx auf die entsprechende tatsächlich gelebte Situation in einer Doppelresidenz abgeändert.
Zum Wohl des Kindes komme der Bf. nach §68a EheG weiterhin für den nötigen Ehegattenunterhalt auf, da seine geschieden Ehefrau wegen Kinderpflege und mangelnder Ausbildung und des schlechten Arbeitsmarkes, nicht ausreichend für ihren Unterhalt sorgen könne.
Auch seien finanzielle Aufwendungen für die "nötige Familienheimfahrten bzw. Familienzusammenführung" laut Beschluss vom Bf. stets aufzubringen, um den vorgeschriebenen und bisherigen regelmäßigen Kontakt des Kindes zu beiden Elternteilen weiterhin zu gewährleisten.

Die weiteren Ausführungen betreffen die für das Beschwerdeverfahren 2014 nicht gegenständlichen Anbringen bzgl. Arbeitnehmerveranlagung 2013 und Kinderbeihilfe.

Dem Schreiben waren als Anhänge beigefügt: Auszüge des Pendlerrechners; Antrag auf Ehescheidung gem. § 55a EheG vom T.M. 2010; Schreiben der GKK vom bzgl. Beendigung der Mitversicherung des QQ.

Am wurde von der belangten Behörde der Einkommensteuerbescheid 2014 (Arbeitnehmerveranlagung) erlassen, wobei die beantragten Kosten für Arbeistmittel, Fachliteratur und Reisekosten ebsowenig anerkannt wurden, wie die außergewöhnlichen Belastungen. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass kein Kinderfreibetrag zustehe, da das Kind im Drittstaat sei und der Alleinverdienerabsetzbetrag nicht berücksichtigt werde, da es keine Kinder gebe, für die der Bf. oder die Ehepartnerin/ Partnerin mindestens 7 Monate den Kinderabsetzbetrag, welcher mit der Familienbeihilfe ausbezahlt würde, erhalten hätte. Weiters hätte die belangte Behörde trotz Aufforderung nicht alle Unterlagen erhalten, weshalb nur die nachgewiesenen Aufwendungen berücksichtigen hätten werden können.

Der Bf. erhob mit Schreiben vom , eingegangen bei der belangten Behörde am , Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid 2014. In der Arbeitnehmerveranlagung 2014 würden die in dem eingereichten Ergänzungsschreiben aufgelisteten außergewöhnlichen Belastungen für die Unterhaltszahlungen überhaupt nicht anerkannt und seien dem Bf. wegen der fehlenden Belege gestrichen worden. Leider sei es dem Bf. nicht möglich Überweisungsbelege diesbezüglich zu übermitteln, da es sich wegen der unnötigen teuren Auslandsüberweisungskosten ins EU-Ausland und des schwankenden und oft schlechten Wechselkurses als optimaler und auch praktikabler herausgestellt habe, die Unterhaltszahlungen in bar zu übergeben. Auch seien die geleisteten Unterhaltszuwendungen aufgrund der geführten Doppelresidenz in der Form nicht bis eigentlich unmöglich mit Belegen nachzuweisen. Der Bf. habe die Unterhaltszahlungen in bar auf die Seite gelegt (Privatverkäufe, Schenkungen) und in einer Geldkassette deponiert. Dies könne seine zweite Ehefrau auch belegen. Auch hätte der Bf. die Jahre zuvor schon das Scheidungsurteil mit den gerichtlich festgelegten Unterhaltszahlungen nachweislich beigelegt und das zuletzt auch telefonisch mitgeteilt, ebenso wie das mit den Unterhaltszahlungen in bar und der Doppelresidenz gehandhabt werde, und dass der Bf. nötige Unterhaltszuwendungen in Naturalien geleistet habe, was er alles auch ausführlich im Verfahren für die Familienbeihilfe geschildert hätte. Der Bf. sei, weil sein Fall bei der Bearbeiterin bereits bekannt sei und die Anträge schon mehrfach abgelehnt worden seien, recht ungläubig und abweisend behandelt worden, was ihn sehr aufgeregt hätte. Dem Bf. sei gesagt worden, dass es nicht glaubhaft genug sei, dass er in bar das Geld übergebe, und sei auf den Beschwerdeweg verwiesen worden. Der Bf. sei nachweislich gerichtlich dazu verpflichtet worden für den Unterhalt seines Kindes und auch seiner Frau finanziell aufzukommen und ein Kind habe einen entsprechenden Lebensbedarf (Regelbedarf), den es im Monat benötigt. Um diesen Betrag komme der Bf. nicht herum, denn dieser vom Kind benötigte finanzielle Bedarf müsse in irgendeiner Form finanziell von ihm aufgewendet werden. Außerdem würden zudem aufgrund der Doppelresidenz nachweislich auch zusätzliche Unterhaltskosten anfallen, die auch als außergewöhnliche Belastungen geltend gemacht werden könnten, da sein Sohn für den vorgeschriebenen Kontakt zu beiden Elternteilen gezwungenermaßen reisen müsse und er auch zusätzlich über den üblichen Kontakt bei ihm lebe, währenddessen der Bf. auch zusätzlich für den Unterhalt aufkomme. Es sei ein vorgeschriebenes Kinderrecht, dass es regelmäßigen persönlichen Kontakt zu den Eltern habe, wobei auch Begleitflüge notwendig seien.
Die für den Lebensbedarf anfallenden Unterhaltskosten könnten zudem auch leicht aus einer Tabelle des Regelbedarfs für das Alter eines Kindes ermittelt und überprüft werden und seien somit eigentlich damit auch glaubhaft genug. Ein stichhaltiger Nachweis mit Banküberweisungen sei seines Erachtens und in seinem Fall unnötig und umständlich sowie mit den anderen Aufwendungen unzumutbar.
Auch könne der Bf. dies die letzten Jahre unmöglich alles entsprechend nachweisen. Die anfallenden Unterhaltskosten wegen fehlender Belege oder Konto-Überweisungen zu streichen, käme dem gleich, dass sein unterhaltspflichtiges Kind überhaupt nicht anerkannt würde und für die Behörden in Österreich irrelevant sei. Es werde jetzt schon aufgrund des Urteils des BFG und dem dadurch aberkannten Anspruchs der Mitversicherung als Diabetiker extrem benachteiligt, wogegen er derzeit zum Wohl seines Kindes verzweifelt nach einer Lösung suche.
Als außergewöhnliche Belastung absetzbar seien Unterhaltsleistungen an Kinder allerdings auch dann, wenn (mangels Familienbeihilfenbezugs) kein Kinderabsetzbetrag und (weil keine Alimente geleistet werden) auch kein Unterhaltsabsetzbetrag zustehe. Dies treffe z.B. bei Unterhaltsleistungen für haushaltszugehörige und nicht haushaltszugehörige Kinder zu, die sich ständig in einem Land außerhalb des EU-/EWR-Raumes und der Schweiz aufhielten. Absetzbar sei in derartigen Fällen grundsätzlich der halbe laufende, nach den ausländischen Lebenshaltungskosten angemessene, Unterhalt, in der Praxis werde normalerweise ein pauschaler Abzug vorgenommen (Richtwert pro Kind ab 2012: 50,00 Euro monatlich). Ein Selbstbehalt werde nicht berechnet.
Laut Urteil des BFG habe der Bf. im Jahr 2013 und davor keinen Anspruch auf Familienbeihilfe, da sich sein Kind angeblich ständig im EU-Ausland aufhalte, somit seien die Kosten als außergewöhnliche Belastungen absetzbar.
Der Bf. stelle einen Abänderungsantrag für das Jahr 2014 und die letzten Jahre davor, dass ihm die außergewöhnlichen Belastungen für die Unterhaltskosten, wie sie die letzten Jahre stets in den Ergänzungsschreiben auch angegeben worden seien, entsprechend angerechnet werden. Zu den geleisteten Unterhaltskosten würden alle nötigen Aufwendungen die für den nötigen Unterhalt geleistet werden müssen zählen, da der Bf. auch zusätzlich und nachweislich für sein Kind in Österreich aufkommen müsse, und diese Kosten deshalb auch als außergewöhnliche Belastungen anzurechnen seien, da sie nicht durch das FLAG oder Absetzbeträge steuerlich entlastet würden.
Damit seien alle Unterhaltsleistungen auch in Form der Doppelresidenz, die der Bf.für den Unterhalt seines Kindes aufbringen müsse, steuerlich als außergewöhnliche Belastungen absetzbar, damit ihm durch die zusätzlichen Mehrbelastungen kein allzu großer finanzieller Nachteil entstünden, die durch das FLAG eigentlich entlastetet werden sollten.

Der Beschwerde waren folgende Schriftstücke beigegfügt, welche die Unterhaltsaufwendungen nachweisen sollten:
Schreiben der GKK vom bzgl. Beendigung der Mitversicherung des QQ; Schreiben RA Dr. AB vom , in welchem ein bar ausbezahlter Betrag iHv 2.000,00 Euro an Alimente an die erste Frau des Bf. erwähnt wird; Auslandsüberweisungsauftrag iHv 600,00 Euro btr. Alimente für QQ vom ; Beschluss des Bezirksgericht Graz-Ost vom T.M. 2010 über die pflegschaftsgerichtliche Genehmigung der Obsorge, des Besuchsrechts und des zu leistenden Unterhalts von 300,00 Euro/Monate zuzüglich sonstiger Aufwendungen iHv maximal 1.200,00 Euro/Jahr; Schreiben in russischer Sprache mit Rundstempel ohne Datum; Arzt-Honorarnote Dr. CC vom ; Zahlungsanweisung an Zahnarzt Dr. XX iHv 430,00 Euro vom ; Zahnarzt-Honorarnote Dr. XX iHv 70,00 Euro vom ; Buchungsbestätigung Flüge St. Petersburg - Wien () und retour () vom ; Buchungsbestätigung Flug Helsinki - Graz () vom ; Buchungsbestätigung Flug Helsinki - Wien () vom ; Auszüge ZMR btr. QQ vom , , ; Mailkorrespondenz Bf. - Bildungsdirektion Steiermark Februar/März 2020; Mailkorrespondenz Bf. - Frau ZZ vom März 2011; Rechnung Flüge Wien - St. Petersburg Mai 2011; Rechnung Russische Visa-Agentur vom ; Rechnung Flüge Wien - St. Petersburg Mai/August 2011; Buchungsänderung Flüge St. Petersburg - Wien und retour Mai/August 2015; Buchungsmitteilung Flüge St. Petersburg - Wien und retour Dezember 2017 /Jänner 2018; Buchungsmitteilung Flüge St. Petersburg - Wien und retour März/August ohne Jahresangabe.

Die belangte Behörde wies die Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung vom
ab, da nach § 34 Abs. 7 Z 2 EStG 1988 Leistungen des gesetzlichen Unterhalts bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 33 Abs. 4 Z 3 EStG 1988 durch den Unterhaltsabsetzbetrag abgegolten seien. Die zusätzlichen Reisekosten für den Sohn des Bf. hätten daher nicht anerkannt werden können. Die geltend gemachten Aufwendungen für den Ehegattenunterhalt in Höhe von 4.800,00 Euro seien gemäß § 34 Abs. 3 EStG 1988 weder aus tatsächlichen, rechtlichen noch sittlichen Gründen zwangsläufig erwachsen und daher keine außergewöhnliche Belastung in Sinne des Einkommensteuergesetzes. Trotz Aufforderung seien keine Belege zu den beantragten Unterhaltsleistungen übermittelt worden. Die beantragten Ausgaben in Summe von 6.000,00 Euro hätten somit nicht anerkannt werden können.

Der Bf. erhob mit Schreiben vom , eingegangen bei der belangten Behörde am , "Beschwerde gegen Beschwerdevorentscheidung Steuerbescheid 2014", welche als Antrag auf Entscheidung über die Beschwerde an das Bundesfinanzgericht gem. § 264 BAO (Vorlageantrag) zu behandeln ist.

Der Bf. beantragte "die entsprechende, steuerlich angemessene, volle Entlastung der angeführten regelmäßigen, anfallenden notwendigen Unterhaltskosten und auch der gesetzlich und gerichtlich verpflichtenden, notwendigen Reisekosten für mein Kind, welches in einer Doppelresidenz gleichermaßen im In- und EU-Ausland lebt, als außergewöhnliche Belastungen, um dessen gesetzlich gefordertes, bestmögliches Wohl zu gewährleisten oder eine entsprechende monatliche Anerkennung der Familienbeihilfe nach den Rechtssätzen der Doppelresidenz und gleichzeitig die Anerkennung der gerichtlich vereinbarten Unterhaltszahlung als außergewöhliche Belastungen oder der ganzjährigen Familienbeihilfe wegen der überwiegenden Unterhaltskostentragung nach dem FLAG. Es gibt keine entsprechende Judikatur wie die Unterhaltskosten bei der Doppelresidenz über die EU-Landesgrenze als außergewöhnliche Belastungen angerechnet werden, jedenfalls ist ein erhöhter, nötiger, finanzieller Bedarf erforderlich, der unmöglich mit Belegen bewiesen werden kann.
Eine Anerkennung der Familienbeihilfe teilweise oder ganz löst auch ein wesentliches anderes rechtliches Problem der Doppelresidenz, wofür es auch noch keine Rechtssprechung in der Doppelresidenz über die EU Landesgrenze gibt, nämlich der nötigen, gesetzlich geforderden Krankenversicherung für meinen Sohn."
Der Bf. führte u. a. weiters aus, dass es keine Bankbelege gebe, da er diverse Ersparnisse als Barrücklagen hätte und durch Privatverkäufe zusammenspare und dann davon den Unterhalt in bar zahle. Er sei nicht dazu verpflichtet den Unterhalt per Bank zu überweisen, um die geleisteten Unterhaltszahlungen damit zu belegen, es reiche, wenn es glaubwürdig sei. Auch hätte er nun der Kindesmutter das benötigte Rückreiseticket im Voraus bezahlt (knapp 400,00 Euro), was mit den damals gerichtlich vereinbarten Unterhaltszahlungen, die sie mittlerweile erhöht hätten einfach und unbürokratisch gegengerechnet werde, und die Kindesmutter, wenn es ihr finanziell besser ausgehe dann eben weniger Unterhalt für den Sohn bekomme.
Weiters gab der Bf. an, er hätte die Aufwendungen in den Ergänzungsschreiben zur Arbeitnehmerveranlagung immer pauschaliert angegeben.

Als Anlage legte der Bf. eine undatierte Bestätigung der Kindesmutter, dass sie die gerichtlich vereinbarten Unterhaltszahlungen und Naturalien erhalten habe, und das Schreiben RA Dr. AB vom vor.

Die belangte Behörde legte die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht am zur Entscheidung vor und beantragte die Abweisung der Beschwerde.

Der Bf. reichte mit Anbringen vom den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz, Gz xzz, vom T.M. 2020 und den Beschluss des Bezirksgericht Graz-Ost, Gz xyz, vom T.M. 2020 ein. In diesem durch Antrag vom initiierten Verfahren erfolgte die pflegschaftsgerichtliche Genehmigung der zwischen den Eltern am geschlossenen Vereinbarung, wonach eine Doppelresidenz mit hauptsächlichem Aufenthalt des Sohnes im Haushalt des Bf. vorliege.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Im Beschwerdeverfahren ist die Anerkennung der Unterhaltszahlungen des Bf. an seinen Sohn als außergewöhnliche Belastung strittig. Hingegen wurden in der Beschwerde die Nichtgewährung von Werbungskosten für Arbeitsmittel iHv 300,00 Euro, Fachliteratur iHv 100,00 Euro, Reisekosten iHv 126,00 Euro und die Nichtgewährung von 3.000,00 Euro für den Ehegattenunterhalt als außergewöhnliche Belastung nicht angefochten, weshalb diese Aufwendungen nicht streitgegenständlich sind.

Zu Spruchpunkt I. (Abänderung)

Nach § 34 Abs 1 EStG 1988 sind bei der Ermittlung des Einkommens (§ 2 Abs 2) eines unbeschränkt Steuerpflichtigen nach Abzug der Sonderausgaben (§ 18) außergewöhnliche Belastungen abzuziehen.

Gemäß § 34 Abs. 7 Z 1 EStG 1988 in der im Streitjahr geltenden Fassung sind Unterhaltsleistungen für ein Kind durch die Familienbeihilfe sowie gegebenenfalls den Kinderabsetzbetrag gemäß § 33 Abs. 3 abgegolten, und zwar auch dann, wenn nicht der Steuerpflichtige selbst, sondern sein mit ihm im gemeinsamen Haushalt lebender (Ehe)Partner (§ 106 Abs. 3) Anspruch auf diese Beträge hat.
Nach § 34 Abs. 7 Z 2 EStG 1988 sind Leistungen des gesetzlichen Unterhalts für ein Kind bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 33 Abs 4 Z 3 durch den Unterhaltsabsetzbetrag abgegolten.

Unterhaltsleistungen für minderjährige Kinder sind somit grundsätzlich bei haushaltszugehörigen Kindern durch die Familienbeihilfe und den Kinderabsetzbetrag bzw. bei nicht haushaltszugehörigen Kindern durch den Unterhaltsabsetzbetrag abgegolten (vgl. Jakom/Kanduth-Kristen EStG8, § 33 Rz 41 und 47).

Nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes kann der Gesetzgeber der verfassungsrechtlichen Verpflichtung zur Berücksichtigung der durch die Unterhaltsverpflichtung gegenüber Kindern bewirkten Minderung der Leistungsfähigkeit sowohl durch die Gewährung von Transferzahlungen als auch im Wege einer Entlastung im Besteuerungsverfahren entsprechen (vgl. ,
B 1285/00, und ). Im Endeffekt muss jedoch zumindest die Hälfte der Einkommensteile, die zur Bestreitung des gesetzlich geschuldeten Unterhalts der Kinder erforderlich sind, steuerfrei bleiben (vgl. , und
B 1340/00).

In seinem Erkenntnis vom , B 2366/00, hat der VfGH festgestellt, dass die gesetzliche Beschränkung des § 34 Abs. 7 EStG 1988 keinesfalls von vornherein ausschließt, dass Unterhaltsleistungen für sich ständig im Ausland aufhaltende, haushaltszugehörige Kinder nach den allgemeinen Regeln des Einkommensteuergesetzes 1988 berücksichtigt werden. Unterhaltsleistungen für haushaltszugehörige Kinder in einem Staat außerhalb der EU, des EWR-Raumes oder der Schweiz, bei denen der Anspruch auf Familienbeihilfe nach § 2 Abs. 5 FLAG 1967 ausgeschlossen ist, sind sohin als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigen (vgl. ).
Unterhaltsleistungen von in Österreich beschäftigten Steuerpflichtigen für deren nicht haushaltszugehörige Kinder, die sich ständig in einem Staat außerhalb des EU-Raumes oder der Schweiz aufhalten, sind ebenfalls als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigen (vgl. ; ). Die Berücksichtigung außergewöhnlicher Belastungen entspricht dem Leistungsfähigkeitsprinzip als einem wesentlichen Element der Einkommensteuer.
Unterhaltsleistungen von in Österreich beschäftigten Steuerpflichtigen für deren nicht haushaltszugehörige Kinder, die sich ständig in einem Staat außerhalb der Europäischen Union, des Europäischen Wirtschaftsraumes oder der Schweiz aufhalten, können daher im Ausmaß der Hälfte der gesetzlichen Unterhaltszahlungen als außergewöhnliche Belastung ohne Abzug eines Selbstbehaltes berücksichtigt werden (vgl. Fuchs in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, EStG: Kommentar20, § 34 Rz 51 und die dort angeführte höchstgerichtliche Judikatur).

Auch der Verwaltungsgerichtshof hat die Rechtsansicht, dass bei unbeschränkt steuerpflichtigen Personen, denen keine entsprechende Transferzahlung (insbesondere im Wege der Familienbeihilfe) zukommt, die verfassungsrechtlich gebotene, der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit auf Grund der Unterhaltsverpflichtung gegenüber minderjährigen Kindern entsprechende einkommensteuerliche Entlastung im Besteuerungsverfahren herbeizuführen ist (vgl. ; sowie , mwN) und wonach Unterhaltsleistungen für minderjährige Kinder im Ausland zur Hälfte der gesetzlichen Unterhaltspflicht als außergewöhnliche Belastung ohne Selbstbehalt anzuerkennen sind (vgl. ), geteilt.
Der VwGH bestätigte im Erkenntnis vom , 2006/15/0117 (bei Annahme eines gesetzlichen Unterhalts für ein elfjährige Kind von monatlich 100,00 Euro im Ausland) auch die Verwaltungspraxis, dass die Höhe des steuerlich anzuerkennenden Unterhalts mit 50,00 Euro je Monat und Kind geschätzt werden kann (vgl. Wanke in Wiesner/Grabner/Wanke, EStG, § 34 Anm. 52b, Stand: , rdb.at).

Das Bundesfinanzgericht hat - wie auch der Bf. selbst in Beschwerde vom ausführt - in seinem Erkenntnis vom T.M. 2019, xxx/2019, festgestellt, dass der Bf. ab Jänner 2013 (und damit auch für das hier gegenständliche Jahr 2014) keinen Anspruch auf Familienbeihilfe hat, da sich der Sohn ständig in St. Petersburg, Russland, aufhält. In diesem Erkenntnis hielt das Bundesfinanzgericht weiters fest, dass dem Vorbringen es läge ein Fall der "Doppelresidenz" vor, d.h., das Kind gehört im Kalendermonat zeitlich hintereinander zu unterschiedlichen Haushalten, nicht gefolgt werden kann.

Unstrittig ist, dass der Bf. für seinen im Drittland lebenden, nicht haushaltszugehörigen Sohn für das gegenständliche Beschwerdejahr 2014 keinen Anspruch auf Familienbeihilfe hatte, weswegen auch allfällige Unterhaltsleistungen nicht mit der Familienbeihilfe und dem Kinderabsetzbetrag (Voraussetzung dafür ist das Vorliegen eines Anspruches auf Familienbeihilfe) abgegolten sind. Auch ein Unterhaltsabsetzbetrag stand dem Bf. (unstrittig) nicht zu, da § 33 Abs. 4 Z 3 EStG 1988 dafür ua. voraussetzt, dass sich das Kind innerhalb der EU, des EWR-Raumes oder der Schweiz aufhält.
Nur ergänzend wird darauf hingewiesen, dass die Beurteilung des Bundesfinanzgerichts im abgeschlossenen Verfahren xxx/2019 auch durch die mit Anbringen vom vorgelegten Entscheidungen des LGZ Graz vom T.M. 2020 und BG Graz-Ost vom T.M. 2020 keine Änderung erfährt, da die mit Beschluss vom T.M. 2020 pflegschaftsgerichtlich genehmigte Doppelresidenz erst ab dem Jahr 2020 relevant ist.

Mangels Anspruch auf Familienbeihilfe und Absetzbeträgen hat die steuerliche Berücksichtigung von Unterhaltszahlungen gem. Judikatur der Höchstgerichte nach den allgemeinen Regeln des § 34 EStG 1988 zu erfolgen.

Das individuelle Ausmaß der zu berücksichtigenden Unterhaltspflicht des Steuerpflichtigen orientiert sich ua. am jeweiligen angemessenen Unterhalt im Ausland (vgl.
2 Ob 211/11k) und den eventuellen ausländischen Familienleistungen.

Werden die tatsächlichen Unterhaltskosten nicht nachgewiesen, ist nicht die Hälfte der tatsächlich geleisteten Unterhaltszahlungen, sondern nur die Hälfte der gesetzlichen ausländischen Unterhaltsverpflichtung als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigen. Dies insbesondere, als die aus Unterhaltszahlungen resultierende Belastung sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach zwangsläufig erwachsen muss (nochmals ).
Der Bf. hat im Übrigen in seiner Beschwerde (Seite 2 Absatz 2) vom und im Vorlageantrag (Seite 1 letzter Absatz, Seite 2 Absatz 1) vom selbst auf diese Rechtslage Bezug genommen.

Der Nachweis höherer Unterhaltsverpflichtungen und damit ein über den Hälfteteil von 50,00 Euro/monatlich liegender Betrag ist jedoch zulässig. Macht der Steuerpflichtige (die Hälfte) des tatsächlich geleisteten (jeweils gesetzlichen) Unterhalts geltend, hat er nachzuweisen, dass er dazu nach dem - von ihm zu belegenden - ausländischen Recht in dieser Höhe auch rechtlich verpflichtet ist.

In der Einkommensteuererklärung 2014 wurde vom Bf. unter Kz 735 ein Betrag iHv. 4.800,00 Euro als sonstige außergewöhnliche Belastungen mit Selbstbehalt geltend gemacht. Im Antwortschreiben des Bf. vom zum Ergänzungsersuchen vom führte der Bf. Kindes- und Ehegattenunterhalt iHv 4.800,00 Euro (12 x 300,00 Euro Kindesunterhalt + 1.200,00 Euro Reiseaufwendungen) + 3.000,00 Euro (Ehegattenunterhalt nach §68a EheG) + 1.200,00 Euro (zusätzliche Aufwendungen mangels FLAG-Entlastung), gesamt "9.000,00 Euro aufgewendete Summe an außergewöhnlichen Sonderausgaben [korrekt: Belastungen] im Jahr 2014" an.
Daraus ergibt sich ein Betrag iHv gesamt 6.000,00 Euro für Kindesunterhalt (= 12 x 300,00 Euro Unterhalt + 1.200,00 Euro Reiseaufwendungen + 1.200,00 Euro weitere Aufwendungen), welcher auch dem Betrag der nicht anerkannten Kindesunterhaltsleistungen in der Beschwerdevorentscheidung vom entspricht.

Angemerkt wird, dass es für das Bundesfinanzgericht nicht nachvollziehbar ist, wie die belangte Behörde in der Beschwerdevorentscheidung auf einen Betrag von 4.800,00 Euro für den - hier nicht beschwerdegegenständlichen - Ehegattenunterhalt gekommen ist.

Gemäß § 138 Abs 1 BAO haben die Abgabepflichtigen auf Verlangen der Abgabenbehörde in Erfüllung ihrer Offenlegungspflicht (§ 119 BAO) zur Beseitigung von Zweifeln den Inhalt ihrer Anbringen zu erläutern und zu ergänzen sowie dessen Richtigkeit zu beweisen. Kann ihnen ein Beweis nach den Umständen nicht zugemutet werden, so genügt die Glaubhaftmachung.

Nach der Judikatur des VwGH ist es bei Inanspruchnahme von Abgabenbegünstigungen in erster Linie Sache des Abgabenpflichtigen, den für die Begünstigung maßgebenden Sachverhalt nachzuweisen bzw. glaubhaft zu machen, während die Pflicht zur amtswegigen Ermittlung des Sachverhaltes durch die Abgabenbehörde in den Hintergrund tritt. Dies gilt insbesondere auch für die einkommensteuerliche Berücksichtigung von Aufwendungen als außergewöhnliche Belastung (). Ein Steuerpflichtige, der eine Begünstigung, somit auch eine Steuerermäßigung wegen außergewöhnlicher Belastung, in Anspruch nimmt, hat selbst einwandfrei und unter Ausschluss jeden Zweifels das Vorliegen jener Umstände darzulegen hat, auf welche die abgabenrechtliche Begünstigung gestützt werden kann, wobei die Gründe dafür einzeln anzuführen und zumindest glaubhaft zu machen sind (vgl. zB. ).
Den Steuerpflichtigen betrifft sohin die Behauptungs- und Beweislast über das Bestehen der Voraussetzungen für die Inanspruchnahme einer außergewöhnlichen Belastung dem Grunde und der Höhe nach.

Wie dargestellt beantragte der Bf. für das Jahr 2014 die Berücksichtigung von Kindesunterhaltleistungen iHv. gesamt 6.000,00 Euro, wobei der Bf. keine Bankbestätigungen vorlegen konnte. In der Beschwerde vom führte der Bf. dazu aus, dass es nicht möglich sei belegbare Überweisungsbelege zu übermitteln, da es sich wegen der unnötigen teuren Auslandsüberweisungskosten ins EU-Ausland und des schwankenden und oft schlechten Wechselkurses als optimaler und auch praktikabler herausstellte, die Unterhaltszahlungen in bar zu übergeben. Auch seien die geleisteten Unterhaltszuwendungen aufgrund der geführten Doppelresidenz in der Form nicht bis eigentlich unmöglich mit Belegen nachzuweisen. Die Unterhaltszahlungen seien in bar auf die Seite gelegt (Privatverkäufe, Schenkungen) und in einer Geldkassette deponiert worden.
Bezüglich Nachweisführung der Verpflichtung und der Leistung des Unterhalts legte der Bf. stattdessen mit der Beschwerde vom den Beschluss des Bezirksgerichts Graz-Ost, yyy, vom T.M. 2010 vor. Darin wurde für den minderjährigen Sohn QQ, Adresse XXX Sankt Petersburg, u.a. die Zahlung von Unterhaltsleistungen, iHv monatlich 300,00 Euro zuzüglich max. 1.200,00 Euro (Flugkosten, Reisen, etc.) pflegschaftsgerichtlich genehmigt.

Die zahlreichen weiteren, der Beschwerde angefügten, Unterlagen sind nicht geeignet, die Zahlungen für 2014 zu bestätigen, da lediglich zwei Dokumente das Beschwerdejahr 2014 betreffen und es sich bei diesen um Arzt-Honorare handelt (Arzt-Honorarnote Dr CC vom ; Zahlungsanweisung an Zahnarzt Dr. XX iHv 430,00 Euro vom ).

Das Bundesfinanzgericht sieht aus dem vorliegenden Scheidungsbeschluss und der pfelgschaftsgerichtlichen Genehemigung die Nachweisführung für die geltend gemachten Unterhaltsleistungen dem Grunde nach als erbracht an.

Hinsichtlich der Höhe ist festzustellen: Ein Nachweis im Sinn der angegebenen höchstgerichtlichen Judikatur, dass die beantragten Aufwendungen iHv. 6.000,00 Euro geleistet wurden, ist vom Bf. nicht erbracht worden. Aus den Ausführungen des Bf. und den vorgelegten Unterlagen ist für das Bundesfinanzgericht nicht erkennbar wann und welche Beträge tatsächlich geleistet wurden, zumal der Bf. im Vorlageantrag selbst darauf verweist, dass die Aufwendungen im Ergänzungsschreiben vom pauschal angegeben und Zahlungen an die Mutter zumindest teilweise mit dem Unterhalt gegenverrechnet worden seien. Auch die mit dem Vorlageantrag eingereichte undatierte Bestätigung der Mutter, dass sie die gerichtlich mindestens festgelegten Unterhaltszahlungen sowie, wenn notwendig, auch zusätzliche Unterstützung vom Bf. in den Jahren 2014 bis 2018 in bar übergeben bzw. via Naturalien erhalten habe, ersetzt den Nachweis nicht zumal diese lediglich eine allgemein gehaltene Formulierung enthält. Zwar ist für das Bundesfinanzgericht nachvollziehbar, dass Auslandsüberweisungen ins Drittland und speziell nach Russland kostenintensiver sind als innerhalb der EU, dies ändert aber nichts an der Verpflichtung des Steuerpflichtigen die für die Begünstigung notwendigen Nachweise zu erbringen und gegebenenfalls zeitnah für nachvollziehbare Beweismittel vorzusorgen.
Allerdings ist es für das Bundesfinanzgericht aufgrund der Verpflichtung laut Scheidungsbeschluss und des pflegschaftsgerichtlichen Beschlusses glaubhaft, dass der Bf. Unterhalt geleistet hat.

Wie oben ausgeführt, ist im Falle, dass die tatsächlichen Unterhaltskosten nicht nachgewiesen werden können, die Hälfte der gesetzlichen ausländischen - im Beschwerdefall russischen - Unterhaltsverpflichtung als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigen, wobei nach Verwaltungspraxis die Höhe des steuerlich anzuerkennenden Unterhalts mit 50,00 Euro je Monat und Kind geschätzt werden kann.

Das Bundesfinanzgericht hat jedoch anstelle des Ansatzes des von der Verwaltungspraxis herangezogenen Pauschbetrags iHv. 50,00 Euro/Monat die für den Sachverhalt notwendigen Feststellungen über die Höhe der gesetzlichen ausländischen [hier: russischen] Unterhaltsverpflichtung gem. § 269 Abs. 1 BAO ermittelt.

Es ergibt sich daraus folgende Berechnung des als außergewöhnliche Belastung ohne Selbstbehalt zu berücksichtigenden Unterhaltsbeitrags:

Der gesetzliche Kindesunterhalt in der Russischen Föderation wird im Familiengesetzbuch der Russischen Föderation (FGB) geregelt. Demnach können Eltern eine Vereinbarung über den Unterhalt entsprechend Kap. 16 FGB treffen (Art 80 Z 1 Abs. 2 FGB). Für die Vereinbarung ist die schriftliche und zudem notariell beglaubigte Form vorgeschrieben. Liegt eine solche Vereinbarung nicht vor, so berechnet sich die Höhe der zu zahlenden Unterhaltsbeträge wie folgt: Für ein Kind ein Viertel, für zwei Kinder ein Drittel, für drei Kinder und mehr die Hälfte des Verdienstes und anderer Einkommen der Eltern (Art 81 Z 1 FGB). Die Höhe dieser Anteile kann vom Gericht unter Berücksichtigung der materiellen oder familiären Lage der Parteien und anderer Umstände herabgesetzt oder erhöht werden (Art 81 Z 2 FGB). Die Festsetzung der Höhe der zu zahlenden Unterhaltsbeträge in einem festen Geldbetrag ist möglich (Art 83 FGB). Das Ende der Unterhaltsverpflichtung ergibt sich aus Art 120 FGB (siehe Lorenz, Russische Föderation, Stand: , in: Bergmann/Ferid/Henrich, Internationales Ehe- und Kindschaftsrecht, S. 42 und S. 64; zur Bemessung des von einem Elternteil zu zahlenden Unterhaltsbeitrags vgl. auch ).

Im Beschwerdefall wurden zwar der Scheidungbeschluss des Bezirksgericht Graz-Ost und der Beschluss über die pflegschaftsgerichtliche Genehmigung, jedoch keine wie nach Art 80 Z 1 Abs. 2 russ. FGB normierte Vereinbarung vorgelegt. Lediglich ein in kyrillisch verfasstes, undatiertes, mit einem notariellen Rundstempel versehenes Dokument, welches laut Auskunft des Bf. vom beinhalte, dass der Bf. das ganze Sorgerecht bekomme und bis auf weiteres für alles Notwendige was den gemeinsamen Sohn betreffe aufkommen solle, wurde eingereicht.

Da eine Vereinbarung nach Art 80 Z 1 Abs. 2 russ. FBG nicht vorliegt, ist der Unterhalt gem.
Art 81 Z 1 russ. FGB wie folgt zu berechnen:
Der Scheidungsvergleich vom , Seite 3, enthält bzgl. Kindesunterhalt folgende Feststellung über das Einkommen des Bf.: "Der Kindesvater erzielt durchschnittliche monatliche Nettoeinkünfte von rund 1.800,00 Euro, dies 14 Mal jährlich. Er hat keine weiteren Sorgepflichten."
Da der Bf. im Jahr 2014 neben Kindesunterhalt auch Ehegattenunterhalt leistete, geht das Bundesfinanzgericht in freier Beweiswürdigung gem. § 167 Abs. 2 BAO davon aus, dass die Kindesmutter im Beschwerdejahr 2014 über kein eigenes geregeltes Einkommen verfügte, zumal der Bf. in einem elektronischem Anbringen vom dem Bundesfinanzgericht glaubhaft mitteilte, dass sein Sohn und seine Exgattin, in Russland zusammen in einem Zimmer bei ihrer Mutter und ihrem Lebenspartner in deren großen Eigentumswohnung wohnen würden und der Unterhalt gerade reiche, um soweit ihre Lebenskosten zu decken. Die Großmutter erhalte dafür einen größeren Teil der Alimente (für Wohnen und Essen). Auch eine Familienbeihilfe beziehe die Kindesmutter nicht.

Nach russ. FGB würde bei mangelnder Einigung der Unterhalt gem. Art 81 Z 1 FBG mit einem Viertel des Einkommens festgelegt. Wie der OGH unter Verweis auf die gesicherte österreichische Rechtsprechung ausführt, "müssen Unterhaltsbeiträge, die im Ausland lebenden Kindern zufließen, einerseits in einem angemessenen Verhältnis zu den durchschnittlichen Lebensverhältnissen und zur Kaufkraft in ihrem Heimatland stehen. Andererseits sollen aber die unterhaltsberechtigten Kinder am Lebensstandard des in Österreich lebenden Verpflichteten teilnehmen. Demnach ist in solchen Fällen ein 'Mischunterhalt' zuzusprechen, der sich einerseits nach dem Bedarf des Unterhaltsberechtigten im Ausland, andererseits aber auch nach dem Nettoeinkommen des Unterhaltspflichtigen in Österreich richtet und das Kind so an den (besseren) Lebensverhältnissen des Unterhaltspflichtigen teilhaben lässt" ().
Der OGH hat in seiner Entscheidung weiters festgehalten, dass "angesichts der notorisch niedrigeren Lebenshaltungskosten in Russland der Unterhaltsbeitrag deutlich unter dem in Art 81 FGB normierten Richtwert von einem Viertel des väterlichen Einkommens festzusetzen ist."

Für den Beschwerdefall ist festzuhalten, dass der Sohn bei seiner Mutter in St. Petersburg, der zweitgrößten Stadt der russischen Föderation, lebt. Im Lebenshaltungskosten-Index 2014 für Europa belegte Österreich Platz 14, Russland Platz 24 (bei den Städten: Wien Platz 93, Graz Platz 113, Moskau Platz 117, St. Petersburg Platz 146,). Im Immobilienpreis-Index 2014 (Europa) belegte Russland Platz 8, Österreich Platz 26 (bei den Städten: Moskau Platz 2, St. Petersburg Platz 15, Wien Platz 48, Graz Platz 191). Die diesbezüglichen Daten sind unter https://de.numbeo.com/lebenshaltungskosten/startseite abrufbar.

Aufgrund der im Vergleich geringeren Lebenserhaltungskosten aber höheren Immobilienkosten geht das Bundesfinanzgericht in freier Beweiswürdigung gem. § 167 Abs. 2 BAO davon aus, dass die durchschnittlichen Lebensverhältnisse und die Kaufkraft von St. Petersburg insgesamt jener von Graz entspricht.

Daraus ableitend zieht das Bundefinanzgericht im Sinn der OGH-Judikatur für die Mischunterhaltsberechnung das vom Bezirksgericht Graz-Ost im Scheidungsbeschluss ermittelte und pflegschaftsgerichtlich genehmigte Nettoeinkommen heran, welches auch als die nach dem russ. FBG heranziehbare Einkommensgrundlage für den nach Art 81 FBG zu ermittelnden Kindesunterhalt zu werten ist.
Daraus ergibt sich für das Beschwerdejahr 2014 folgende Berechnung der ausländischen Unterhaltsverpflichtung:
14 x 1.800,00 Euro : 12 Monate = 2.100,00/Monat, davon ¼ gem. Art 81 Z 1 FBG = 525,00 Euro.

Von dieser ermittelten gesetzlichen Unterhaltsverpflichtung iHv. monatlich 525,00 Euro ist die Hälfte, d.s. 262,50 Euro/Monat bzw. 3.150,00 Euro/Jahr 2014, als außergewöhnliche Belastung ohne Selbstbehalt zu berücksichtigen.

Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Das Erkenntnis folgt in der Frage der steuerlichen Berücksichtigung von Unterhaltsleistungen für Kinder außerhalb eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, des Europäischen Wirtschaftsraumes oder der Schweiz der in dieser Entscheidung dargestellten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. ; ) und des Verfassungsgerichtshofes. Zudem waren Sachverhaltsfeststellungen in freier Beweiswürdigung zu treffen, weshalb die Unzulässigkeit einer ordentlichen Revision auszusprechen war.

Graz, am

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