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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 05.11.2020, RV/2101272/2017

Vorweggenommene Werbungskosten bei Einkünften aus Vermietung und Verpachtung

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht (BFG) hat durch die Richterin***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch X-Steuerberatung über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des ***FA*** vom betreffend Feststellung der Einkünfte § 188 BAO 2012 zur Steuernummer 999/9999 zu Recht erkannt:

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Im anhängigen Rechtsmittelverfahren war zu klären, ob die Beschwerde führende Ehegatten-Miteigentumsgemeinschaft (Bf) bereits ab Dez. 2012 die Absicht hatte, die verfahrensgegenständliche Eigentumswohnung (EW) als Mietobjekt zu nutzen und daher die HalbjahresAfA und anteilige Betriebskosten für Dez. 2012 Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung des Jahres 2012 darstellen (Standpunkt der Bf), oder erst ab 2013 Vermietungseinkünfte der Bf vorlagen (Standpunkt des ***FA*** /FA).

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

I. Gemäß § 16 Abs. 1 EStG 1988 sind Werbungskosten die Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen. Aus dem Werbungskostenbegriff ergibt sich, dass es entscheidend auf den Veranlassungszusammenhang von Aufwendungen oder Ausgaben ankommt.

Die VwGH-Judikatur zum Bereich der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung schließt die Berücksichtigung von Werbungskosten betreffend Objekte, die zur Einkünfteerzielung bestimmt sind, noch bevor Einnahmen erzielt werden, dann nicht aus, wenn die ernsthafte Absicht zur späteren Erzielung positiver Einkünfte aus dieser Vermietung als klar erwiesen anzusehen ist. Eine bloß behauptete, nicht nach außen getretene Vermietungsabsicht genügt dafür nicht. Vielmehr sind bindende Vereinbarungen oder sonstige, über Absichtserklärungen hinausgehende Umstände für eine Anerkennung des Werbungskostencharakters erforderlich. Dazu ist die nach außen in Erscheinung getretene Vorgangsweise des Abgabepflichtigen daraufhin zu untersuchen, ob sie auf eine zielstrebige Erzielung von Einnahmen gerichtet ist. Entscheidend ist, ob eine unbefangene Person die herangezogenen Umstände als Vorbereitungsmaßnahmen für eine nachfolgende Vermietung ansehen würde. Die Frage, ob derartige Voraussetzungen vorliegen, ist eine gemäß § 167 Abs. 2 BAOauf der Ebene der Beweiswürdigung zu lösende Sachfrage (z.B. ; 2012/15/0104; ; ; ; ; ).

II. Der gegenständlichen Entscheidung liegt aufgrund des vorliegenden Ermittlungsergebnisses (Auswertung der vom BFG als unbedenklich erachteten FA-Vorlageunterlagen, -Datenbankinhalte, Grundbuchs- und ZMR-Daten) der folgende, als erwiesen erachtete Sachverhalt zugrunde:

Die Beschwerde führenden Ehegatten nutzten die verfahrensgegenständliche Eigentumswohnung (85 m² Nutzfläche + Terrasse/Gartenanteil und TG-Abstellplatz) von Juni 1996 bis zum Umzug in eine neue Eigentumswohnung Ende Nov. 2012 als gemeinsame Ehewohnung (lt. ZMR-Daten Hauptwohnsitzverlegung am ).

Dem Grundbuch ist zu ersehen, dass der Erwerb der zweiten Eigentumswohnung großteils fremdfinanziert erfolgte (lt. Kauf- und Bauträgervertrag vom April 2011 KP 420.000,- €/ Höchstbetragspfandrecht über 372.000,- € vom Okt. 2011).

Zwischen den Verfahrensparteien ist unstrittig, dass die vormalige Ehewohnung der Bf ab vermietet wurde.

Nach dem Ergebnis des abgabenbehördlichen Ermittlungsverfahrens erfolgte die erste Vermietung ab Juni 2013 auf Basis eines mündlichen Mietvertrages auf 3 Jahre befristet an einen ehemaligen Studienkollegen eines der Miteigentümer (Quelle: Vorlageunterlagen Oz 4/BVE ; OZ 6 u. OZ 7/FA-Vorhalteverfahren; OZ 9/ZMR-Daten).

Nach einem negativen Vermietungsergebnis im Jahr 2013 (darin enthalten die Ganzjahres-AfA und die ganzjährigen Betriebskosten des Mitobjekts für 2013), erzielt die Bf seit 2014 jährlich positive Vermietungseinkünfte aus der verfahrensgegenständlichen Eigentumswohnung. Aktuell liegen rechtskräftige Feststellungsbescheide (§ 188 BAO) für 2013-2018 mit erklärungsgemäßen Einkünften aus Vermietung und Verpachtung vor. Die Feststellungsbescheide für 2013 und 2014 erwuchsen nach erklärungsgemäßer Beschwerdevorentscheidung (BVE) in Rechtskraft, der Feststellungsbescheid zum Jahr 2015 wurde vom FA - nach zunächst vorläufigem Ergehen lt. Erklärung - im Jahr 2017 für endgültig erklärt.

Vor diesem Hintergrund sieht das BFG keine Veranlassung, bezüglich der zu beurteilenden Eigentumswohnung an einer erwiesenen, steuerlich relevanten Vermietungstätigkeit der Bf ab dem Jahr 2013 zu zweifeln.

Die Anerkennung der ganzjährigen Betriebskosten des Jahres 2013 als Werbungskosten im erstinstanzlichen Rechtsmittelverfahren belegt, dass über das Vorliegen einer manifesten Vermietungsabsicht ab Beginn des Jahres 2013 zwischen den Verfahrensparteien Einigkeit herrscht. Für die an das BFG herangetragene Beurteilung kommt es somit darauf an, ob von einer ernsthaften, nach außen klar zum Ausdruck kommenden Vermietungsabsicht der Bf bereits für die Zeit vor Ende 2012 auszugehen ist.

Im abgabenbehördlichen Ermittlungsverfahren verwies die Bf auf ihre Vermietungsabsicht ab . Beim Auszug aus der bisherigen Ehewohnung habe man eine rasche Vermietung beschlossen. Da die Wohnung aber "noch etwas hergerichtet werden" musste und dies wegen beruflicher Belastungen eines der Miteigentümer erst in den nachfolgenden Monaten erfolgen konnte, sei eine Vermietung an bereits im Dez. 2012 vorhandene Mietinteressenten zunächst unterblieben und die Vermietung erst ab erfolgt.

Trotz expliziter abgabenbehördlicher Aufforderung zur Vorlage von Beweismitteln zum Nachweis eines klar und eindeutig nach außen kommunizierten Vermietungsentschlusses (Vorlageunterlagen OZ 6/FA-Vorhalt 2.Sept.2015), blieb die Bf jegliche Konkretisierung der Mietinteressenten vom Dez. 2012 schuldig und beschränkten sich deren Nachweise für durchgeführte Sanierungsmaßnahmen auf zwei Rechnungen von Fachbetrieben aus dem Jahr 2013 (Rechnung v. für "fachgerechte gärtnerische Pflegearbeiten"; Rechnung v. betreffend Abschleifen/Lackierung des Parkettbodens). Beide Rechnungen fanden als Werbungskosten bei den Vermietungseinkünften des Jahres 2013 Berücksichtigung.

Einer weitergehenden Nachweisführung kam die Bf - entgegen ihrer Ankündigung im Vorlageantrag und trotz anschließend nochmaliger, ausdrücklicher Aufforderung durch das FA - nicht nach.

III. Auf Basis der dargestellten Rechts- und der festgestellten Sachlage erweist sich das dem BFG zur Entscheidung vorgelegte Rechtsmittelbegehren der Bf als nicht berechtigt.

Die Berücksichtigung einer Halbjahres-AfA und anteiliger Betriebskosten für Dez. 2012 als Werbungskosten der Vermietungstätigkeit der Bf betreffend ihre in den 1990iger Jahren erworbene Eigentumswohnung im Feststellungsbescheid (§ 188 BAO) 2012 hätte nach der gefestigten VwGH-Judikatur des Nachweises einer ernsthaften, nach außen klar zum Ausdruck kommenden Vermietungsabsicht noch vor Ende 2012 bedurft.

Dem ist die Bf trotz unmissverständlicher Aufforderung der Abgabenbehörde, deren Kenntnisnahme durch die Bf die Ankündigung weiterer - jedoch letztlich nicht nachgereichter - Beweismittel im Vorlageantrag dokumentiert, in keiner Weise nachgekommen. Tatsächlich beschränkte sich die Bf im mehrstufigen FA-Ermittlungsverfahren auf die Behauptung einer beabsichtigten raschen Vermietung nach dem Umzug in die neue Wohnung ab Dez. 2012 und des Vorhandenseins von Mietinteressenten zu diesem Zeitpunkt. Auch zu den Sanierungsarbeiten, welche der raschen Vermietung an die angeblichen Mietinteressenten entgegengestanden sein sollen, blieb es - bis auf zwei wenig überzeugende Belegdokumente - bei nicht konkretisierten Behauptungen.

Dass die - ohnehin erst im Frühjahr zweckmäßige - Gartengestaltung einem Vermietungsbeginn im Dezember 2012 entgegenstand, wird einer unbefangenen Person ebenso wenig glaubhaft zu machen sein wie dem BFG. Gleiches gilt für die - absehbare und daher zeitgerecht planbare - Notwendigkeit des Abschleifens der Parkettböden vor einer Vermietung der bisherigen Ehewohnung.

Es bedarf keiner weiteren Erörterung, dass unter den festgestellten Umständen den dargestellten Vorgaben der VwGH-Judikatur zum Nachweis vorweggenommener Werbungskosten im Verfahren nicht entsprochen wurde.

Tatsächlich wurden aus Sicht des BFG für das Jahr 2012 keinerlei Umstände dargetan, welche als ernsthafte Vorbereitungsmaßnahmen für eine künftige Vermietung der strittigen Eigentumswohnung zu beurteilen sind.

Dies wiegt umso schwerer, als wegen der weitgehenden Fremdfinanzierung der neuen Eigentumswohnung auch der (allenfalls vorübergehend verfolgte) Plan eines Verkaufes der bisher eigengenutzten Wohnung in Betracht zu ziehen ist. In dieser Situation hatte es allein die Bf in der Hand, eine bereits 2012 bestehende ernsthafte Vermietungsabsicht überzeugend darzutun. Unmissverständlich aufgefordert hatte sie das FA dazu.

Da das BFG in Würdigung der festgestellten Umstände (§ 267 Abs. 2 BAO) den von der VwGH-Judikatur geforderten Nachweis der Vermietungsabsicht betreffend die zu beurteilende EW für 2012 nicht als erbracht erachtet, war spruchgemäß zu entscheiden.

Zur Zulässigkeit einer Revision:

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im anhängigen Verfahren lagen solche Voraussetzungen nicht vor. Maßgeblich waren primär Sachverhaltsfragen. Im Übrigen folgt die Entscheidung der angeführten, gefestigten VwGH-Judikatur.

Graz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 16 Abs. 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 188 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.2101272.2017

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at